Navigieren auf Kanton Zug

Inhaltsnavigation auf dieser Seite

Navigation

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Bau- und Planungsrecht

§ 29 Abs. 4 PBG

Regeste:

§ 29 Abs. 4 PBG – Nur wesentliche Änderungen einer Arealbebauung verlangen die Zustimmung von mindestens Dreivierteln der wesentlich stärker belasteten Eigentümer.

Aus dem Sachverhalt:

Am 10. Juni 2015 liess die A. AG beim Gemeinderat Q. ein Gesuch für den Neubau einer Mobilkommunikationsanlage einreichen. Gegen das Vorhaben beantragte B. mit weiteren Einsprechern zusammen u.a., das Baugesuch sei nicht zu bewilligen, weil die zulässigen Strahlenwerte nicht eingehalten würden, die Voraussetzungen für eine Änderung der Arealüberbauung nicht erfüllt seien, elementare Grundsätze der Umweltschutzgesetzgebung verletzt seien und die Mobilfunkanlage nicht in das Landschaftsbild passe. Nachdem das Amt für Umweltschutz des Kantons Zug dem Gemeinderat Q. u.a. mitgeteilt hatte, die Grenzwerte der Verordnung über den Schutz vor nichtionsierender Strahlung würden eingehalten, wies der Gemeinderat Q. die Einsprachen ab. Gleichzeitig erteilte er die Baubewilligung unter Auflagen und Bedingungen. Gegen die Beschlüsse des Gemeinderats Q. liess B. beim Regierungsrat Beschwerde einreichen. Nach einem Augenschein der Baudirektion wies der Regierungsrat die Beschwerde mit Beschluss vom 7. März 2017 ab, soweit er darauf eintrat. Dagegen liess B. am 10. April 2017 Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen und beantragen, der Beschluss des Regierungsrats sowie die Entscheide des Gemeinderats Q. betreffend die Bewilligung des Baugesuchs und die Einsprache seien aufzuheben; eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an den Regierungsrat des Kantons Zug zurückzuweisen.

Aus den Erwägungen:

(...)

4.

(...)

b) (...) § 29 Abs. 4 PBG bestimmt Folgendes: Arealbebauungen können etappenweise realisiert werden. Änderungen an ganz oder teilweise erstellten Arealbebauungen: a) sind nur mit Rücksicht auf das Ganze bewilligungsfähig; b) bedürfen der Zustimmung jener Eigentümerinnen und Eigentümer der Arealfläche, welche von den Änderungen wesentlich stärker belastet werden. Die erforderliche Zustimmung liegt vor, wenn mindestens eine Dreiviertelmehrheit der betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer der anrechenbaren Geschossfläche der Arealbebauung mit den Änderungen einverstanden ist.

Arealbebauungen und Teile von solchen dürfen nachträglich geändert werden. Voraussetzung ist, dass die spezifischen Anforderungen, die eine Arealbebauung erfüllen muss, beachtet werden. Ist eine Arealbebauung einmal erstellt, so behält sie grundsätzlich ihren Charakter als Arealbebauung. Das gemäss den erhöhten Anforderungen und der grösseren Gestaltungsfreiheit verwirklichte Konzept hat in gewissem Sinne normativen Charakter, indem es Ausgangspunkt für weitere baurechtliche Entscheide bleibt (GVP 1987/1988 S. 69; sowie Urteil Verwaltungsgericht Zug V 2011 134 Erw. 3e).

(...)

g) Zunächst ist festzuhalten, dass eine Änderung der Arealbebauung vorliegt. Bei der Mobilfunkanlage handelt es sich um eine Baute bzw. Anlage i.S.v. § 4 V PBG. Diese Bestimmung lautet: Bauten und Anlagen sind künstlich geschaffene und auf Dauer angelegte Einrichtungen, die den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen (Abs. 1). Namentlich sind es unter oder über dem Boden errichtete Gebäude und Anlagen aller Art, einschliesslich An-, Um- und Aufbauten, Keller, Strassen, Parkplätze, Mauern und Terrainveränderungen und dergleichen. Ferner sind es Fahrnisbauten und provisorische Bauten (Abs. 2). Die Mobilfunkanlage ist eine künstlich geschaffene und auf Dauer angelegte Einrichtung, die den Raum äusserlich erheblich verändert (was jedoch nicht i.S. einer Beeinträchtigung zu verstehen ist, die, wie in Erw. 3f gezeigt, nicht besteht) und die Umwelt aufgrund der Strahlung beeinträchtigt, selbst wenn sich diese innerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens befindet. Die optischen Veränderungen des Raums bzw. der Arealbebauung lassen sich den eingereichten Bildern des Beschwerdeführers entnehmen. Selbst wenn es sich bei der Anlage um eine durchschnittlich dimensionierte Mobilfunkanlage handelt, wie von den Beschwerdegegnern vorgebracht, so ist die Antenne als die Dächer überragendes Element dennoch wahrnehmbar. Entsprechend unterliegt die Anlage auch einer Baubewilligungspflicht (siehe zur Qualifikation als Baute auch Bundesamt für Umwelt, Leitfaden Mobilfunk für Gemeinden und Städte, Ziff. 3.3.2). Mit anderen Worten hat die geplante Mobilfunkanlage so wahrnehmbare Auswirkungen auf die Umgebung, dass von einer Änderung der Arealbebauung durch die Anlage ausgegangen werden muss.

h) Auch wenn die geplante Mobilfunkanlage eine Änderung der Arealbebauung darstellt, kann diese im vorliegenden Fall gleichwohl nicht als wesentlich bezeichnet werden. Ob eine Änderung der Arealbebauung wesentlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So wurde beispielsweise die Änderung des Farbtons von Rollläden in einer Arealüberbauung mit einheitlichen Rollläden als massgebliche Veränderung qualifiziert (Urteil des Verwaltungsgerichts V 2011 134). In einem anderen Verfahren wurden verschiedenste Änderungen an einem Garten mit Zäunen, einem Geräteschrank und Erdaufschüttungen hingegen als unwesentliche Änderung der Arealbebauung qualifiziert bzw. festgestellt, dass die dort vorgesehenen Veränderungen derart marginal seien, dass sie nicht der Bewilligungspflicht unterständen (Urteil des Verwaltungsgerichts V 2016 88). Vorliegend ist zu beachten, dass dem Augenschein besondere Bedeutung zukommt, weil sich der unbestritten gebliebenen Aussage des Regierungsrats entnehmen lässt, dass der Plan der ursprünglichen Überbauung aus dem Jahr 1977 nicht mehr verfügbar ist. Somit kann für die Beurteilung der Arealbebauung nur auf die faktischen Gegebenheiten, mit anderen Worten auf die aktuelle Erscheinung des Areals, abgestellt werden. Wie sich dem Protokoll des Augenscheins vom 8. Februar 2016 an der Strasse C. entnehmen lässt, weist die Arealüberbauung durchaus einheitliche Architekturelemente auf. Gleichwohl besteht hinsichtlich der Dachstruktur keine einheitliche Gestaltung, wie sich sowohl dem Augenschein als auch der vom Gericht selbst durchgeführten Begutachtung der räumlichen Situation entnehmen lässt. Ausserdem existieren Spezialstrukturen wie (...). Der Regierungsrat ging u.a. aufgrund dieser nicht durchwegs ähnlichen Architektursprache davon aus, dass die geplante Mobilfunkantenne als durchschnittlich dimensionierte Mobilfunkantenne zu keiner wesentlichen Änderung der Arealüberbauung führe.

Aufgrund der bereits mehrfach erwähnten heterogenen Architektur des Areals Y. und seiner Umgebung ist das Gericht in Übereinstimmung mit dem Regierungsrat der Ansicht, dass die geplante Mobilfunkanlage eine bloss unwesentliche Änderung darstellt. Entsprechend ist die vom Regierungsrat vorgenommene Qualifikation nicht zu beanstanden; dies umso mehr, als dass die Auslegung des Begriffs der wesentlichen Änderung durch den Regierungsrat ohnehin nur mit Zurückhaltung überprüft werden muss.

i) Aus dem bisher Gesagten folgt, dass es sich bei der geplanten Mobilfunkanlage um eine unwesentliche Änderung der Arealbebauung Y. handelt. Fraglich und zwischen den Parteien umstritten ist weiter, ob eine solche unwesentliche Änderung die Voraussetzungen von § 29 Abs. 4 PBG (Bewilligungsfähigkeit als Ganzes und Zustimmung von mindestens Dreivierteln derjenigen Eigentümer, die von der Änderung wesentlich stärker betroffen sind) erfüllen muss. Namentlich ist strittig, ob die Bestimmung nur auf wesentliche Änderungen (wie von den Beschwerdegegnern argumentiert) oder auch auf unwesentliche anwendbar ist, indem der Beschwerdeführer geltend macht, auch bei unwesentlichen Änderungen einer Arealbebauung sei die Zustimmung der erheblich betroffenen Eigentümer erforderlich. Gemäss Beschwerdeführer sind alle Eigentümer der Arealfläche wesentlich betroffen, da sie Sichtkontakt zur Mobilfunkanlage haben. Die fragliche Bestimmung ist demnach auszulegen.

j) Die Gesetzesbestimmungen sind in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. An einen klaren Gesetzeswortlaut ist die rechtsanwendende Behörde gebunden. Abweichungen vom klaren Wortlaut sind indessen zulässig oder sogar geboten, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass er nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben. Vom klaren Wortlaut kann ferner abgewichen werden, wenn die grammatikalische Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann. Im Übrigen sind bei der Auslegung alle herkömmlichen Auslegungselemente zu berücksichtigen, wobei das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus befolgt und es ablehnt, die einzelnen Auslegungselemente einer Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 143 IV 122 Erw. 3.2.3 m.w.H.).

k) § 29 Abs. 4 PBG lautet wie folgt: Arealbebauungen können etappenweise realisiert werden. Änderungen an ganz oder teilweise erstellten Arealbebauungen sind nur mit Rücksicht auf das Ganze bewilligungsfähig (lit. a); sie bedürfen der Zustimmung jener Eigentümerinnen und Eigentümer der Arealfläche, welche von den Änderungen wesentlich stärker belastet werden. Die erforderliche Zustimmung liegt vor, wenn mindestens eine Dreiviertelmehrheit der betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer der anrechenbaren Geschossfläche der Arealbebauung mit den Änderungen einverstanden ist (lit. b).

Der Beschwerdeführer leitet aus dem Wortlaut der Bestimmung ab, dass diese bei jeder Änderung einer Arealbebauung anzuwenden ist. Ob die Änderungen wesentlich seien oder nicht, spiele keine Rolle, da sich eine entsprechende Unterscheidung aus dem Wortlaut der Norm nicht ableiten liesse. Der Regierungsrat hingegen betont, der Wortlaut der Bestimmung spreche gerade dafür, dass sie nur auf wesentliche Änderungen anwendbar sei.

Betrachtet man lediglich den Wortlaut von § 29 Abs. 4 PBG, so ergibt sich, dass einzig bei der Belastung der Eigentümer von Wesentlichkeit gesprochen wird. Explizit nicht erwähnt wird das Erfordernis der Wesentlichkeit jedoch bei der Änderung. Hinweise darauf, dass die Wesentlichkeit auch für die Änderung gelten soll, lassen sich weder Abs. 4 noch den anderen Absätzen der Bestimmung entnehmen. Dass die Wesentlichkeit der Belastung gerade nicht mit der Wesentlichkeit der Änderung gleichgesetzt werden darf, bestätigt denn auch der Regierungsrat selbst, indem er im angefochtenen Beschluss auf S. 16 unten ausführt, dass bei einer wesentlichen Änderung keine hohen Anforderungen an die Wesentlichkeit der Belastung gestellt werden dürfen. Auch die weiteren Normen des PBG führen zu keinem anderen Schluss. Somit kann festgehalten werden, dass Wortlaut und Systematik von § 29 Abs. 4 PBG grundsätzlich für die Position des Beschwerdeführers, dass für die Anwendbarkeit der Bestimmung keine wesentliche Änderung vorausgesetzt ist, sprechen.

l) Der Regierungsrat stützt sich zu Gunsten seiner Auslegung von § 29 Abs. 4 PBG schwergewichtig auf eine historische und teleologische Auslegung der Bestimmung.

Zur Entstehungsgeschichte von § 29 Abs. 4 PBG lässt sich Folgendes entnehmen: Im Bericht und Antrag des Regierungsrats vom 10. August 2010 führte dieser im Rahmen der Teilrevision des Planungs- und Baugesetzes zu § 29 PBG u.a. aus, mit der Neuformulierung der Bestimmung solle die Rechtssicherheit für alle Betroffenen erhöht werden, ohne dass die Anforderungen an die Arealbebauungen gelockert würden. Ein Problem seien die Änderungen von bestehenden Arealbebauungen, für welche im Gesetz eine Regelung getroffen werden solle. Der Regierungsrat stellte den Antrag, § 29 Abs. 3 PBG (der in der endgültigen Fassung zu Abs. 4 wurde) wie folgt zu formulieren: «Arealbebauungen können etappenweise realisiert werden. Änderungen an ganz oder teilweise erstellten Arealbebauungen a) sind nur mit Rücksicht auf das Ganze bewilligungsfähig; b) bedürfen der Zustimmung jener Eigentümerinnen und Eigentümer des Areals, welche von den Änderungen wesentlich stärker belastet werden.» (mit Hervorhebungen durch das Gericht). Die Raumplanungskommission erklärte am 15. Dezember 2010, dass sie mit der vom Regierungsrat vorgeschlagenen neuen Bestimmung grundsätzlich einverstanden sei und lediglich eine Präzisierung vorschlage. Ihr Vorschlag lautete wie folgt: «Arealbebauungen können etappenweise realisiert werden. Änderungen an ganz oder teilweise erstellten Arealbebauungen a) sind nur mit Rücksicht auf das Ganze bewilligungsfähig; b) bedürfen dann der Zustimmung der Eigentümerinnen und Eigentümer der Arealfläche, wenn die Änderungen wesentlich sind. Die erforderliche Zustimmung liegt vor, wenn mindestens eine Dreiviertelmehrheit der Eigentümerinnen und Eigentümer der anrechenbaren Geschossflächen der Arealbebauung mit den Änderungen einverstanden ist.» (mit Hervorhebungen durch das Gericht).

In der ersten Lesung im Kantonsrat erfolgten verschiedene Voten zum neuen § 29 PBG betreffend Änderungen von Arealbebauungen. So wurde u.a. Folgendes gesagt: Votum Strub, Kommissionspräsidentin: «Bei den Änderungen muss zwischen den wesentlichen und den unwesentlichen Änderungen unterschieden werden. Die unwesentlichen Änderungen sind unproblematisch, da dafür keine Zustimmung von den Eigentümern der Arealfläche erforderlich ist. Anders ist die Situation bei einer wesentlichen Änderung an einer Arealbebauung. Als wesentliche Änderung gilt zum Beispiel eine Änderung beim Grundkonzept der Überbauung. Für wesentliche Änderungen ist nach der geltenden Rechtsprechung die Zustimmung von allen Eigentümern der Arealfläche notwendig. Das heisst mit anderen Worten, dass eine wesentliche Änderung einer Arealbebauung an der Zustimmung eines einzelnen Eigentümers scheitern kann. Damit Letzteres verhindert werden kann und wesentliche Änderungen bei einer Arealbebauung möglich sind, schlägt die Kommission eine Präzisierung vor. Für eine wesentliche Änderung einer Arealbebauung soll nicht mehr das Prinzip der Einstimmigkeit gelten, sondern gemäss Vorschlag der Kommission genügt es, wenn mindestens eine Dreiviertelmehrheit der Eigentümer der anrechenbaren Geschossflächen der Arealbebauung mit der Änderung einverstanden ist.» Votum Schmid: «Die CVP-Fraktion will sicherstellen, dass nicht ein Einzelner oder Wenige sinnvolle Änderungen oder Neuerung blockieren können. Darum unterstützen wir hier die Kommission. Wir hoffen, dass der Vorschlag der Kommission einfacher umzusetzen sein wird als derjenige der Regierung. Noch eine Bitte: Beim Regierungsvorschlag geht es ja darum, dass nur diejenigen zustimmen müssen, die wesentlich stärker belastet werden. Der Votant könnte sich auch vorstellen, dass wir das so machen, dass drei Viertel derjenigen, die wesentlich stärker belastet werden, zustimmen müssen. Das wäre besser.» [Ausserdem bat der Votant um eine Abklärung bis zur zweiten Lesung, welcher der beiden Vorschläge erneuerungsfreundlicher sei.] Votum Abt: «Die FDP-Fraktion ist der Ansicht, dass Bst. b der Regierung einfacher in der Handhabung ist als der Vorschlag der Kommission. Wir stellen deshalb den Antrag, anstelle von § 4b der Kommission den § 3b der Regierungsvorlage einzubauen.» Votum Tännler, Baudirektor: [...] Somit ist die Kommissionslösung viel strenger als die regierungsrätliche [...]. Mit anderen Worten: Es muss höchstens die Zustimmung jener in diesem Block vorliegen, wo der Eigentümer diese Änderung will. Sicher nicht in den anderen Liegenschaften. [...] Ich könnte noch x andere Beispiele nennen, wo dieser Kommissionsansatz zwar klar ist, aber viel schlechter und strenger als der liberale Ansatz der Regierung. [...] Der regierungsrätliche Vorschlag ist nicht so klar wie der Vorschlag der Kommission, weil es immer eine Einzelfallabwägung ist. Wer ist jetzt stärker belastet? Was ist wesentlich und was unwesentlich? Wer ist belastet und wer nicht? Da kann man dann lang diskutieren. Der Eine glaubt, er sei belastet, der andere nicht. Da muss dann das Gericht entscheiden, da wird sich eine Praxis ergeben.»

In der Folge nahm der Regierungsrat den Abklärungsauftrag entgegen, ob der Kommissionsvorschlag mit dem Vorschlag der Regierung verknüpft werden könne. Zudem stellte sich der Kantonsrat mit grosser Mehrheit hinter die Vorlage des Regierungsrats. Entsprechend war das Resultat der ersten Lesung die Übernahme des Vorschlags des Regierungsrats (jedoch als Abs. 4 von § 29 PBG anstelle von Abs. 3).

Am 3. Mai 2011 erstattete der Regierungsrat dem Kantonsrat schliesslich Bericht zu verschiedenen Abklärungsaufträgen. Zur Frage «Geht eine Kombination bei § 29 Abs. 4 PBG (Änderungen bei Arealbebauungen) zwischen der regierungsrätlichen Version und der Kommissionsversion?» führte der Regierungsrat aus: «Ja, eine Kombination des Vorschlags des Regierungsrates und jenem der Raumplanungskommission ist grundsätzlich möglich und rechtlich auch zulässig. Der Regierungsrat beantragt bei § 29 Abs. 4:

«Arealbebauungen können etappenweise realisiert werden. Änderungen an ganz oder teilweise erstellten Arealbebauungen a) sind nur mit Rücksicht auf das Ganze bewilligungsfähig; b) bedürfen der Zustimmung jener Eigentümerinnen und Eigentümer der Arealfläche, welche von den Änderungen wesentlich stärker belastet werden. Die erforderliche Zustimmung liegt vor, wenn mindestens eine Dreiviertelmehrheit der betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer der anrechenbaren Geschossfläche der Arealbebauung mit den Änderungen einverstanden ist.» Im Anschluss daran wurde diese Version schliesslich in der zweiten Lesung als heute geltender § 29 Abs. 4 PBG angenommen.

m) Würdigend ist dazu Folgendes festzuhalten: Insbesondere aufgrund der Voten im Kantonsrat sticht ins Auge, dass der Gesetzgeber eine liberale Lösung für die Änderung von Arealbebauungen angestrebt hat. Weiter ergibt sich, dass die Unterscheidung von wesentlichen und unwesentlichen Änderungen sowohl in den Beratungen des Kantonsrats als auch im Gesetzesentwurf der Kommission thematisiert wurde. Gerade der Wunsch nach einer liberalen Lösung spricht dafür, dass von einem Zustimmungserfordernis bei unwesentlichen Änderungen abgesehen werden sollte. Wie nämlich die Kommissionspräsidentin (sinngemäss) ausgeführt hat, wäre es für Bauvorhaben bei Arealbebauungen sehr beschwerlich, ebenfalls bei unwesentlichen Änderungen die Zustimmung einer grossen Zahl von Eigentümern einzuholen. Auch die weiteren Äusserungen in der parlamentarischen Beratung zeigen, dass der Gesetzgeber genau solche Situationen vermeiden und stattdessen eine baufreundlichere Regelung einführen wollte. Obgleich sich dies nicht im Wortlaut der Bestimmung niederschlägt, so ist dennoch aufgrund der klaren Materialen die gesetzgeberische Intention auszumachen, dass nur bei wesentlichen Änderungen die Zustimmung von mindestens Dreivierteln der wesentlich stärker belasteten Eigentümer erforderlich ist. Diese Absicht ist auch sachgerecht, weil andernfalls Änderungen von Arealbebauungen unnötig erschwert würden. Denn es ist nicht einzusehen, welches legitime Bedürfnis dafür bestehen sollte, ebenfalls bei unwesentlichen Änderungen die Zustimmung von mindestens Dreivierteln der stärker belasteten Eigentümer zu verlangen. Somit führt die historische Auslegung von § 29 Abs. 4 PBG zu hinreichend klaren und überzeugenden Ergebnissen, um der Position der Beschwerdegegner zu folgen und vom Wortlaut der Bestimmung abzuweichen. Daher bedürfen nur wesentliche Änderungen an ganz oder teilweise erstellten Arealbebauungen der Zustimmung jener Eigentümerinnen und Eigentümer der Arealfläche, welche von den Änderungen wesentlich stärker belastet werden. Dies entspricht im Übrigen auch der bisherigen Praxis des Verwaltungsgerichts Zug (siehe z.B. bereits zum alten Recht Urteil V 2006 54 Erw. 5d).

Als Ergebnis ist demnach festzuhalten, dass die Beschwerdegegner zu Recht vorbringen, § 29 Abs. 4 PBG verlange nur bei wesentlichen Änderungen der Arealbebauung die Zustimmung von mindestens Dreivierteln der wesentlich stärker belasteten Eigentümer.

(...)

p) Zusammenfassend ergibt sich demnach, dass die geplante Mobilfunkanlage zu einer Änderung der Arealbebauung Y. führt. Da sie unwesentlich ist, setzt sie nicht die Zustimmung von mindestens Dreivierteln der wesentlich stärker belasteten Eigentümer, sondern lediglich eine umfassende Interessenabwägung voraus, welche pflichtgemäss vorgenommen worden ist. Der Regierungsrat hat kein Recht verletzt, indem er festgestellt hat, dass die geplante Mobilfunkanlage die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, weshalb sie zu bewilligen ist. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, womit sie abzuweisen ist.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Juli 2018, V 2017 42
Das Urteil ist rechtskräftig.

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch