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Verlegung Steuerwohnsitz ins Ausland
Nichteintreten auf Einsprache gegen Ermessenseinschätzung

Rückerstattung der Verrechnungssteuer

Regeste:

Art. 23 Abs. 2 VStG – Keine Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs der Verrechnungssteuerbei fahrlässiger  Nichtdeklaration von Einkommen oder Vermögen (Erw. 2d).
§ 120 Abs. 2 StG –  Erkennt das Verwaltungsgericht in einem Verfahren, bei dem es um die Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs der  Verrechnungssteuer geht, dass eine steuerpflichtige Person Einkommen oder Vermögen bloss fahrlässig nicht deklariert hat, hat sie keine unnötigen Kosten im Sinne von § 120 Abs. 2 StG verursacht, womit sie die Gerichtskosten nicht übernehmen muss (Erw. 4c).
Art. 70d VStG – Dies gilt auch für nach dem 1. Januar 2019 hängige Verfahren, die sich noch unter der Rechtslage von vor dem 1. Januar 2019 abgespielt haben (Erw. 4d).
§ 120 Abs. 3 StG – In Verfahren, bei denen es um die Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs geht, hat eine vor Gericht obsiegende steuerpflichtige Person, die durch eine Fachperson vertreten wurde, Anspruch auf Zusprache einer Parteientschädigung (Erw. 4g/aa).

Aus dem Sachverhalt:

A. ist Steuervertreter der R. AG und ihres Alleinaktionärs R. Der Steuervertreter unterliess es, in der Steuererklärung 2015 von R. die gemäss Generalversammlungsbeschluss der R. AG vom 2. Juni 2015 an den Alleinaktionär ausbezahlte Dividende von Fr. 50'000.– anzugeben. Aufgeführt in der Steuererklärung wurde allerdings der Vermögenssteuerwert der Aktien der R. AG von Fr. 223'000.–. Am 3. Juni 2015 reichte der Steuervertreter A. im Auftrag der R. AG das Formular 103 der eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV) ein und meldete darin die Dividendenzahlung an R., worauf die R. AG eine Verrechnungssteuer von Fr. 17'500.– (35 % von Fr. 50'000.–) abführte. Die Steuerverwaltung des Kantons Zug bemerkte in der Folge die unterlassene Deklaration der Dividendenzahlung in der Steuererklärung von R. und erhöhte in der Veranlagung vom 5. Oktober 2016 den Wertschriftenertrag 2015 entsprechend um Fr. 50'000.–. Mit Entscheid vom gleichen Tag setzte sie zudem den Anspruch des Steuerpflichtigen auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer 2015 auf Fr. 1'058.40 fest, ohne dabei die von der R. AG an die ESTV abgeführten Fr. 17'500.– zu berücksichtigen. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2016 wandte sich der Steuervertreter an die Steuerverwaltung und erklärte, dass die Nichtdeklaration der Dividende sein Fehler gewesen sei. Dem Schreiben beigelegt war eine Kopie der Dividendendeklaration an die EStV vom 3. Juni 2015 sowie eine korrigierte Steuerdeklaration 2015. Die Steuerverwaltung betrachtete das Schreiben als Einsprache gegen den Rückerstattungsentscheid, wies diese am 16. November 2016 ab und bestätigte den Rückerstattungsanspruch von Fr. 1'058.40.

Mit Beschwerde vom 9. Dezember 2016 beim Verwaltungsgericht verlangte R. die Erhöhung des Rückerstattungsanspruchs um Fr. 17'500.–, gleichzeitig ersuchte er um eine Verfahrenssistierungssistierung bis das Bundesparlament das Verrechnungssteuergesetz revidiert habe. Der Gesetzgeber sei daran, die bestehende unklare Rechtslage bezüglich des Rückerstattungsanspruchs der Verrechnungssteuer bei versehentlich oder fahrlässig nicht deklarierten Einkünften zu korrigieren. Am 6. September 2017 sistierte der Vorsitzende das Verfahren auf unbestimmte Zeit, längstens aber bis zum 31. Dezember 2018. Nachdem sich das Parlament am 28. September 2018 auf eine Änderung des Verrechnungssteuergesetzes verständigen konnte und die für dieses Verfahren massgebenden Art. 23 Abs. 2 VStG und Art. 70d VStG nach unbenütztem Ablauf der Referendumsfrist am 17. Januar 2019 rückwirkend auf den 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt wurden (AS 2019 433 436), forderte das Verwaltungsgericht die Steuerverwaltung und die EStV am 11. Februar 2019 auf, sich zur veränderten Rechtslage zu äussern und entsprechend Antrag zu stellen. Sowohl die Steuerverwaltung als auch die EStV beantragten in der Folge Gutheissung der Beschwerde, jedoch unter Kostenfolgen zu Lasten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer stellte sich mit Stellungnahme vom 23. April 2019 auf den Standpunkt, dass er die Verfahrenskosten nicht zu übernehmen habe.

Aus den Erwägungen:

1. Gegen Einspracheentscheide des kantonalen Verrechnungssteueramtes betreffend Rückerstattung der Verrechnungssteuer kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung bei der kantonalen Rekurskommission schriftlich Beschwerde erhoben werden (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 [Verrechnungssteuergesetz, VStG, SR 642.21]). Gemäss § 50 Abs. 2 der Verordnung zum Steuergesetz vom 30. Januar 2001 (StV, BGS 632.11) übt das Verwaltungsgericht als einzige Beschwerdeinstanz die Funktion als Steuerrekurskommission im Bereich der Verrechnungssteuer aus. Das Verwaltungsgericht ist somit sachlich zuständig, um die am 9. Dezember 2016 erhobene Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der kantonalen Steuerverwaltung vom 16. November 2016 betreffend Rückerstattung der Verrechnungssteuer 2015 zu behandeln. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingereicht. Sie enthält ferner einen Antrag und eine Begründung (Art. 54 Abs. 1 Satz 2 VStG). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2. a) Die Rekurskommission trifft die erforderlichen Untersuchungsmassnahmen; die Artikel 48-50 des Verrechnungssteuergesetzes finden sinngemäss Anwendung (Art. 54 Abs. 2 VStG). Die Rekurskommission trifft den Beschwerdeentscheid auf Grund des Ergebnisses ihrer Untersuchung ohne Bindung an die gestellten Anträge (Art. 54 Abs. 5 VStG). Die kantonalen Behörden können von den ihnen als Veranlagungsbehörde eingeräumten Befugnissen Gebrauch machen (Art. 50 Abs. 3 VStG). Beschwerden gegen Bundessteuern, die das Verwaltungsgericht zu beurteilen hat, werden wie kantonale Steuerstreitigkeiten behandelt, unter Vorbehalt abweichender und ergänzender Vorschriften des Bundesrechts (§ 75 Abs. 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 1. April 1976 [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 162.1]) i.V.m. § 75 Abs. 1 VRG).

b) Die Verrechnungssteuer wird an der Quelle erhoben. Steuerpflichtig ist der Schuldner der steuerbaren Leistung (Art. 10 Abs. 1 VStG). Er hat die Leistung bei der Auszahlung, Überweisung, Gutschrift oder Verrechnung ohne Rücksicht auf die Person des Gläubigers um den Steuerbetrag zu kürzen (Art. 14 VStG). Der Empfänger der um die Steuern gekürzten Leistung kann aber nach Massgabe des Gesetzes die Rückerstattung der Verrechnungssteuer verlangen. Voraussetzung ist, dass die mit der Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte im Sinne von Art. 23 VStG ordnungsgemäss deklariert werden.

c) Bis zum 31. Dezember 2018 war für die Deklarationspflicht die Bestimmung von Art. 23 VStG in der Fassung vom 13. Oktober 1965 massgebend, welche im Übrigen heute als Art. 23 Abs. 1 VStG noch in Kraft steht. Die Regelung lautet wie folgt: Wer mit der Verrechnungssteuer belastete Einkünfte oder Vermögen, woraus solche Einkünfte fliessen, entgegen gesetzlicher Vorschrift der zuständigen Steuerbehörde nicht angibt, verwirkt den Anspruch auf Rückerstattung der von diesen Einkünften abgezogenen Verrechnungssteuer. Gestützt auf diese Bestimmung war eine ordnungsgemässe (d.h. spontane) Deklaration von Einkünften nicht mehr möglich, sobald die Steuerbehörde in Bezug auf nicht deklarierte Einkünfte, die der Verrechnungssteuer unterliegen, intervenierte (vgl. Kreisschreiben Nr. 40 [KS 40], Ziff. 1 und 3.2 mit Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 23 VStG). Dabei verwirkte der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bereits bei leichter Fahrlässigkeit (vgl. BGer 2C_85/2015 des Bundesgerichts vom 16. September 2015, E. 2.5 und E. 3.4 mit Hinweisen).

d) Am 28. September 2018 verabschiedeten die Eidgenössischen Räte eine Änderung des Verrechnungssteuergesetzes; insbesondere wurde Art. 23 VStG ein Absatz 2 angefügt, welcher bestimmte Voraussetzungen nennt, bei deren Eintreffen die Verwirkung des Anspruchs auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer ausnahmsweise nicht eintritt. Der Absatz lautet folgendermassen: Die Verwirkung tritt nicht ein, wenn die Einkünfte oder Vermögen in der Steuererklärung fahrlässig nicht angegeben wurden und in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungs-, Revisions- oder Nachsteuerverfahren: a. nachträglich angegeben werden; oder b. von der Steuerbehörde aus eigener Feststellung zu den Einkünften oder Vermögen hinzugerechnet werden. Eine Übergangsregelung in Art. 70d VStG bestimmt zusätzlich, dass der neue Art. 23 Abs. 2 VStG für Ansprüche gilt, die seit dem 1. Januar 2014 entstanden sind, sofern über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist.

3. Der Sachverhalt ist weitgehend unbestritten. Demnach hat der Beschwerdeführer verrechnungssteuerbelastete Einkünfte, konkret die an ihn erfolgte Dividendenzahlung der R. AG von Fr. 50'000.– in der Steuererklärung 2015 nicht angegeben und im weiteren Verlauf des Veranlagungsverfahrens auch nicht von sich aus nachdeklariert. Die Berücksichtigung der Dividende in der Veranlagung erfolgte vielmehr im Zuge einer Kontrolle der kantonalen Steuerverwaltung. Unter der bis zum 31. Dezember 2018 herrschenden Rechtslage wäre der Rückerstattungsanspruch damals wohl verwirkt gewesen, wobei dieser Punkt aufgrund der zuvor beschriebenen Gesetzesrevision nicht mehr abschliessend geklärt werden muss. Stattdessen sind nun die Voraussetzungen des neu eingefügten Art. 23 Abs. 2 VStG zu prüfen.

a) Das Erfordernis von Art. 23 Abs. 2 lit. b VStG ist aufgrund des Sachverhalts ohne weiteres erfüllt: Das Veranlagungsverfahren der Steuerperiode 2015 war beim Beschwerdeführer noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, als die Steuerbehörde aus eigener Feststellung verrechnungssteuerbelastete Einkünfte in der Höhe von Fr. 50'000.– dem steuerbaren Einkommen des Beschwerdeführers hinzurechnete. Ferner treffen die Voraussetzungen der Übergangsbestimmung Art. 70d VStG auf den Sachverhalt zu: Der Streit betrifft einen Anspruch, der nach dem 1. Januar 2014 entstanden ist. Ausserdem ist über diesen Anspruch noch nicht rechtskräftig entschieden worden.

b) Somit ist nur noch darüber zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer die verrechnungssteuerbelastete Dividende fahrlässig nicht deklariert hat.

b/aa) Sowohl die kantonale Steuerverwaltung als auch die EStV sind der Ansicht, dass das Handeln des Beschwerdeführers bzw. das seines Steuervertreters als fahrlässig einzustufen ist. Wie die Steuerverwaltung richtig feststellt, wird der Begriff der Fahrlässigkeit im Verrechnungssteuerrecht nicht näher definiert. In den Materialen zur Gesetzesrevision finden sich Anhaltspunkte zum Bedeutungsinhalt sowohl in der Botschaft des Bundesrates wie auch in der parlamentarischen Debatte. In der Botschaft wird dabei auf das Bundesgerichtsurteil 2A.299/2004 vom 13. Dezember 2004 E. 4.3 verwiesen (BBl 2018 2325, 2341). In diesem Entscheid, in dem es um den Verwirkungstatbestand in Art. 23 VStG nach alter Rechtslage ging, prüfte das Bundesgericht die Nichtdeklaration von Einkünften aus einem Verkauf von Partizipationsscheinen unter dem Aspekt der Fahrlässigkeit und umschrieb diesen Begriff dabei im Wesentlichen mit der Legaldefinition von Art. 12 Abs. 3 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0). Demzufolge handelt fahrlässig im Sinne des VStG, wer die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Betreffende die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. In der Debatte des erstberatenden Nationalrats verdeutlichte Bundesrat Maurer, der die Revisionsvorlage gegenüber dem Parlament namens des Bundesrats vertrat, eine fahrlässige Unterlassung im Sinne der neuen Bestimmung mit einem Beispiel wie folgt: "Wenn beim Ausfüllen einer Steuererklärung ein Fehler unterläuft, soll trotzdem die Verrechnungssteuer zurückerstattet werden." Etwas später im Votum subsumierte er unter Fahrlässigkeit Unterlassungen, die auf ein Versehen oder auf Vergesslichkeit zurückzuführen seien (Amtliches Bulletin 2018 N 623 f., Geschäft 18.030). In der Debatte des zweitberatenden Ständerats äusserte sich Pirmin Bischof (als Sprecher der vorberatenden Kommission) dahingehend, dass es bei Art. 23 Abs. 2 VStG um Fälle gehe, in denen eine steuerpflichtige Person es einmal unterlassen habe, etwas zu deklarieren. Vorsätzliche Nichtdeklarationen seien von der neuen Bestimmung nicht erfasst (Amtliches Bulletin 2018 S 595, Geschäft 18.030). Ständerat Erich Ettlin ergänzte später, Fahrlässigkeit bedeute, dass man sich nicht bewusst sei, einen Fehler gemacht zu haben, sonst wäre es ja ein Vorsatz (Amtliches Bulletin 2018 S 596, Geschäft 18.030).

b/bb) Hier hat der Beschwerdeführer seine Steuererklärung durch einen Steuervertreter ausfüllen und einreichen lassen. Die Handlungen des Vertreters gelten daher als seine eigenen. Aufgrund der konkreten Umstände ist zu untersuchen, ob der Steuervertreter bloss fahrlässig oder bereits vorsätzlich gehandelt hat. Direkter Vorsatz, das heisst dass der Steuervertreter mit Wissen und Willen die Dividendenzahlung in der Steuererklärung nicht angegeben hätte (vgl. Trechsel / Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich / St. Gallen 2018, Art. 12 N 3), kann zum Vornherein ausgeschlossen werden. Auch ein Eventualvorsatz, d.h. dass der Steuervertreter die unvollständige Dividendendeklaration ernsthaft für möglich gehalten, diese aber in Kauf genommen hätte (vgl. Trechsel / Pieth, a.a.O., Art. 12 N 13), erscheint höchst unwahrscheinlich. Dafür spricht insbesondere, dass der Steuervertreter wohl kein persönliches Interesse an einer unvollständig ausgefüllten Steuererklärung seines Klienten hatte. Das Gegenteil dürfte ziemlich sicher der Fall gewesen sein. Die gesamten Umstände sprechen ausserdem dafür, dass dem Steuervertreter ein professioneller Fehler unterlaufen sein muss. Dabei fällt vor allem ins Gewicht, dass er die Dividendenzahlung der R. AG an den Beschwerdeführer der EStV ordnungsgemäss meldete (…). Nach überstimmender Darstellung der kantonalen Steuerverwaltung und der EStV hatte er ferner die Beteiligung des Beschwerdeführers an der R. AG in den Vorjahren samt Zahlung von Bruttodividenden jeweils korrekt im Wertschriftenverzeichnis deklariert (VG Act. 21, S. 4; VG Act. 24, S. 6). Mit den Beschwerdegegnern kommt das Gericht somit zum Schluss, dass der Beschwerdeführer in der Steuererklärung 2015 die Deklaration der Dividende von Fr. 50'000.– aus Fahrlässigkeit unterliess.

c) Somit sind alle Voraussetzungen zur Anwendung von Art. 23 Abs. 2 VStG erfüllt. Die Rückerstattung der Verrechnungssteuer ist dem Beschwerdeführer nach neuem Recht zu gewähren. Die Beschwerde ist in Übereinstimmung mit allen Parteien im Hauptpunkt gutzuheissen.

4. Strittig unter den Parteien sind die Kostenfolgen und die etwaige Ausrichtung einer Parteientschädigung. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass die Verfahrenskosten den Beschwerdegegnern aufzuerlegen seien und dass ihm eine Parteientschädigung zuzusprechen sei. Die Steuerverwaltung und die EStV beantragen eine Auferlegung der Kosten zu Lasten des Beschwerdeführers und verneinen dessen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

a) Es ist zunächst zu klären, gestützt auf welcher Rechtsgrundlage der Entscheid zu den Verfahrenskosten und der Parteientschädigung zu ergehen hat.

a/aa) Artikel 54 VStG regelt das Verfahren vor der kantonalen Rekurskommission gegen Rückerstattungsentscheide der kantonalen Steuerbehörden. Dort, aber auch an anderen Stellen des VStG, finden sich aber keine Vorschriften zu den Kosten und der Parteientschädigung in diesem Verfahren. Artikel 55 VStG lässt ausdrücklich zu, dass sich das Einsprache- und das Beschwerdeverfahren nach den für die Anfechtung und Überprüfung der Steuerveranlagung massgebenden kantonalen Verfahrensvorschriften richtet, wenn eine entsprechende Rechtsgrundlage im kantonalen Recht existiert und der Entscheid über die Rückerstattung mit einer Veranlagungsverfügung verbunden worden ist.

a/bb) In § 75 Abs. 2 VRG i.V.m. § 75 Abs. 1 VRG wird bestimmt, dass Beschwerden gegen Bundessteuern, die das Verwaltungsgericht zu beurteilen hat, wie kantonale Steuerstreitigkeiten behandelt werden, unter Vorbehalt abweichender und ergänzender Vorschriften des Bundesrechts. Es gibt somit eine kantonalrechtliche Bestimmung, um die Beschwerdeverfahren nach Art. 58 Abs. 2 VStG auf der Grundlage kantonaler Gesetze zu führen, sofern ein bestimmter Aspekt des Verfahrens nicht schon selber im Verrechnungssteuergesetz selber geregelt ist. Bei kantonalen Steuerstreitigkeiten wird das Verfahren in erster Linie durch das Steuergesetz vom 25. Mai 2000 (StG, BGS 632.1) als Spezialgesetz geregelt. Für dort nicht behandelte Fragen verweist es auf das VRG, welches sinngemäss anzuwenden sei (§ 121 Abs. 1 StG).

a/cc) Stellt man allerdings auf den Wortlaut von Art. 55 VStG ab, dann wäre die subsidiäre Anwendung von kantonalem Recht nur dann möglich, wenn der Entscheid über den Rückerstattungsanspruch mit einer Veranlagungsverfügung verbunden wurde. Im vorliegenden Fall wurden der Veranlagungs- und Rückerstattungsentscheid zwar am gleichen Tag versendet, doch wurden die Entscheide nicht miteinander verbunden. Wie aus den Akten ersichtlich gab es zwei Verfügungen, wobei der Steuervertreter Adressat des Veranlagungsentscheids war und der Beschwerdeführer den Rückerstattungsentscheid direkt erhielt (Rek. Act. 4 und 6). In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass nicht einzusehen sei, warum abweichende Verfahrensvorschriften für Einsprache- und Beschwerdeverfahren vorzusehen seien, wenn die Rückerstattung ausserhalb des Veranlagungsverfahrens vorgesehen sei (Knüsel, in: Zweifel / Beusch / Bauer-Balmelli: Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2. Aufl., Basel 2012, Art. 55 N 2). Das Gericht schliesst sich dieser Ansicht an, womit im vorliegenden Fall bei den Kostenfolgen und der Parteientschädigung in erster Linie auf die Vorschriften im kantonalen Steuergesetz abzustellen ist und in zweiter Linie auf das VRG.

b) Paragraph 120 Abs. 1 StG bestimmt, dass die amtlichen Kosten des Rekursverfahrens (vor Verwaltungsgericht) der unterliegenden Partei ganz bzw. bei teilweiser Gutheissung im Verhältnis des Unterliegens aufzuerlegen sind. Gemäss Absatz 2 der Bestimmung werden der obsiegenden steuerpflichtigen Person die Kosten ganz oder teilweise auferlegt, wenn sie bei pflichtgemässem Verhalten schon im Veranlagungs- oder Einspracheverfahren zu ihrem Recht gekommen wäre. Weiter bestimmt Absatz 3, dass der obsiegenden steuerpflichtigen Person für die Vertretung durch eine Fachperson eine angemessene Entschädigung zugesprochen wird. Schliesslich ist Absatz 4 zu entnehmen, dass von einer Kostenauflage abgesehen werden kann, wenn besondere Verhältnisse es rechtfertigen.

c) Vorliegend liesse sich mit einigem Recht argumentieren, dass der nunmehr obsiegende Beschwerdeführer ohne Ergreifung eines Rechtsmittels zu seinem Recht gekommen wäre, wenn sein Vertreter die Steuererklärung ordnungsgemäss ausgefüllt hätte, wozu er ja verpflichtet gewesen wäre (vgl. § 125 Abs. 2 StG). In diesem Falle hätte der Beschwerdeführer die Verrechnungssteuer auf die Dividendenzahlung von Fr. 50'000.– nämlich ohne Weiteres zurückerhalten. Doch verkennt diese Sichtweise Sinn und Zweck des neuen Art. 23 Abs. 2 VStG, in welchem der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt hat, dass ein fahrlässiges Nichtdeklarieren von verrechnungssteuerbelasteten Einkünften einem Steuerpflichtigen nicht zum Schaden gereichen soll. In Zukunft dürften sich Rechtstreitigkeiten im Zusammenhang mit dieser neuen Bestimmung daher im Wesentlichen um die Frage drehen, ob ein Steuerpflichtiger in der Steuererklärung eine verrechnungssteuerbelastete Einkunft bloss fahrlässig oder mit Absicht bzw. eventualabsichtlich nicht angegeben hat. Sollte das Verwaltungsgericht dabei auf Fahrlässigkeit erkennen, müssten bei konsequenter Anwendung von § 120 Abs. 2 StG einem Beschwerdeführer trotz Obsiegens die Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Dies würde aber zum stossenden Ergebnis führen, dass ein Beschwerdeführer in solchen Verfahren ungeachtet des Ausgangs die Gerichtskosten immer übernehmen müsste. Dies kann jedoch nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass in Beschwerdeverfahren nach Art. 54 Abs. 1 VStG, d.h. bei Beschwerden gegen Rückerstattungsentscheide betreffend die Verrechnungssteuer, § 120 Abs. 2 StG gegenüber dem obsiegenden Steuerpflichtigen nicht anzuwenden ist, wenn das Gericht zum Schluss kommt, dass die Vorinstanz Art. 23 Abs. 2 VStG zu Unrecht nicht angewendet hat.

d) Der Sachverhalt, der zum vorliegenden Verfahren führte, spielte sich zwar noch unter alter Rechtslage ab, und es ging im Rechtsstreit nicht um die Frage, ob der Beschwerdeführer seine Verfahrenspflichten fahrlässig oder absichtlich missachtet hatte. Doch weist der Beschwerdeführer zu Recht auf die Rückwirkungsklausel in Art. 70d VStG hin. Der Gesetzgeber hat diese Rückwirkung entgegen der Vorbehalte von Bundesrat Ueli Maurer in der parlamentarischen Debatte (Amtliches Bulletin 2018 N 624, Geschäft 18.030) ausdrücklich so beschlossen, insbesondere hat er sie mit keinen einschränkenden Klauseln bezüglich der Kostenauflage in den noch hängigen Beschwerdeverfahren versehen. Es vermag auch nicht einzuleuchten, weshalb der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens bei den Verfahrenskosten anders behandelt werden sollte, als Beschwerdeführer, welche die Deklaration von verrechnungssteuerbelasteten Dividenden nach dem 1. Januar 2019 fahrlässig unterlassen haben. Dem von der Rückwirkungsklausel uneingeschränkt profitierenden Beschwerdeführer sind konsequenterweise somit keine Verfahrenskosten aufzuerlegen, und es ist ihm der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 2'000.– zurückzuzahlen.

e) An diesem Ergebnis vermag im Übrigen die Argumentation der Steuerverwaltung nichts zu ändern. Diese wirft dem Beschwerdeführer unter Abstützung auf § 23 Abs. 1 Ziff. 3 VRG vor, unnötig Kosten verursacht zu haben. Abgesehen davon, dass für die Kostenauflage hier das Steuergesetz zur Anwendung kommt und nicht das VRG, hat – retrospektiv betrachtet – der von der Rückwirkungsklausel profitierende Beschwerdeführer keine unnötigen Kosten verursacht. Der Gesetzgeber hat mit der Gesetzesänderung in Kauf genommen, dass Steuerpflichtige Rechtsmittelverfahren auslösen können, wenn sie im Wertschriftenverzeichnis verrechnungssteuerbelastete Einkünfte nicht deklarieren und sie deshalb die Verrechnungssteuer nicht zurückerhalten. Wenn sich im Verlauf dieser Verfahren herausstellt, dass die unterlassene Deklaration bloss fahrlässig und nicht absichtlich erfolgte, haben sie im Lichte der neuen Bestimmung von Art. 23 Abs. 2 VStG gar keine unnötigen Kosten verursachen können. Die Argumentation lautet mithin ähnlich wie bei § 120 Abs. 2 StG. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer Einsprache erhoben hat und anschliessend ans Verwaltungsgericht gelangt ist, bedeutet nicht, dass er dadurch unnötig Kosten verursacht hätte. Wie er nachvollziehbar ausführt, musste er diese Rechtsmittel ergreifen. Hätte er es nicht gemacht, wäre sein Anspruch nach alter Rechtslage beurteilt worden und nun wohl verwirkt.

f) Es stellt sich die Frage, ob die Gerichtskosten der EStV angelastet werden könnten, welche sich den Anträgen des Beschwerdeführers bis zum Inkrafttreten der neuen Gesetzesbestimmungen widersetzte.

f/aa) Das Bundesgericht hat in einem Verfahren, welches die direkte Bundessteuer betraf, festgehalten, dass der Beizug der EStV in Verfahren gegen die kantonalen Steuerbehörden in erster Linie dazu diene, die Fachkompetenz und die breiten Kenntnisse der EStV für eine umstrittene Veranlagung dienstbar zu machen. Die EStV könne ihre Stellungnahme auch mit Anträgen verbinden, wie dies in Rechtsstreitigkeiten üblich sei. Es würde aber zu weit führen, aus so einer weitgehend unterstützenden Teilnahme ableiten zu wollen, die EStV greife als Partei in das Verfahren ein und übernehme das Kostenrisiko. Dies hiesse nämlich den umfassenden Auftrag der EStV zur Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs zu verkennen. Solange die EStV nicht selber Beschwerde erhebe, sei sie nicht Partei. Gestützt auf diese Überlegungen folgte das Bundesgericht dem entsprechenden Antrag der EStV, womit diese im vorinstanzlichen Verfahren keine Verfahrenskosten und Parteientschädigungen zu zahlen hatte (BGer 2C_200/2014 vom 4. Juni 2015 E. 3.2, 3.5 und 3.6).

f/bb) Bei der Rückerstattung der Verrechnungssteuer durch die Kantone räumt der Gesetzgeber der EStV eine ähnliche Stellung ein wie beim Vollzug der Vorschriften der direkten Bundessteuer durch die Kantone (vgl. Art. 34 Abs. 2 VStG mit Art. 102 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG, SR 642.11]). In beiden Fällen wird bestimmt, dass die EStV für eine einheitliche Anwendung der Bundesvorschriften sorgt. Entsprechend wird bei Beschwerdeverfahren vor der kantonalen Rekurskommission, welche die Rückerstattung der Verrechnungssteuer betreffen, der EStV eine ähnliche Verfahrensstellung eingeräumt wie bei Beschwerdeverfahren vor der kantonalen Steuerrekurskommission betreffend die Veranlagung der direkten Bundessteuer. In beiden Fällen hat die Rekursinstanz – hier das Verwaltungsgericht – der EStV Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. Art. 54 Abs. 3 VStG und Art. 142 Abs. 1 DBG). In analoger Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum DBG ist somit die EStV, welche vorliegend unter Abstützung auf Art. 54 Abs. 3 VStG ihre Fachmeinung als Aufsichtsinstanz eingebracht hat, nicht als Partei zu qualifizieren, welche das Kostenrisiko übernimmt. Damit sind ihr keine Gerichtskosten aufzuerlegen. Im Übrigen ist sie aufgrund der gleichen Überlegungen auch nicht zur Ausrichtung einer Parteientschädigung zu verpflichten. Der Steuerverwaltung des Kantons Zug sind aufgrund von § 24 Abs. 1 VRG ohnehin keine Gerichtskosten aufzuerlegen, da das Verwaltungsgericht und die Steuerverwaltung dem gleichen Gemeinwesen angehören.

g) Schliesslich harrt die Frage nach Zusprache einer Parteientschädigung einer Klärung.

g/aa) Der Beschwerdeführer, der von einer Fachperson vertreten wurde, beantragt die Zusprache einer Parteientschädigung. Gemäss § 120 Abs. 3 StG würde diese Entschädigung dem obsiegenden Beschwerdeführer zustehen. Um zu begründen, weshalb es nicht angezeigt sei, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zuzusprechen, verweist die Steuerverwaltung auf die Literatur zu Art. 63 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021). Dies wohl deshalb, da die Bestimmung von Art. 144 Abs. 4 DBG, welche die Parteientschädigung bei Verfahren betreffend die direkte Bundessteuer regelt, auf das VwVG verweist. Allerdings hat die Steuerverwaltung dabei übersehen, dass Art. 144 Abs. 4 DBG auf Art. 64 Abs. 1-3 VwVG verweist und nicht auf Art. 63 VwVG. In den Kommentaren zu dieser letztgenannten Bestimmung werden im Übrigen differenzierte Ansichten vertreten. Im von der Steuerverwaltung zitierten Kommentar führt der Autor aus, dass unnötig verursachte Parteikosten auch dem Verursacher auferlegt werden könnten, ähnlich wie bei den Gerichtskosten, die in Art. 63 VwVG geregelt seien (Maillard Marcel, in: Waldmann / Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., Zürich / Basel / Genf 2016, Art. 64 N 29). In einem anderen Kommentar steht allerdings, dass einer obsiegenden Partei eine Parteientschädigung zugesprochen werden müsse (Beusch Michael, in: Auer / Müller / Schindler [Hrsg.], Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Kommentar, 2. Aufl., Zürich / St. Gallen 2019, Art. 64 N 9 und Art. 63 N 20). Ein Abweichen von diesem sogenannten Unterliegerprinzip wird vom Verfasser dieser Kommentarstelle nicht diskutiert, und es wird auch keine Analogie zu Art. 63 VwVG hergestellt. Für die zu beantwortende Frage erscheinen dem Gericht allerdings die Ausführungen zu Art. 144 Abs. 4 DBG im Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer der Herausgeber Martin Zweifel und Michael Beusch stringenter zu sein. Darin wird nämlich unter anderem die Ansicht vertreten, dass bei der Zusprechung einer Parteientschädigung genauso wie bei der Verlegung der Verfahrenskosten vom Unterliegerprinzip ausnahmsweise abgewichen werden könne, namentlich dann, wenn die obsiegende Partei ein unnötiges Beschwerdeverfahren oder in unnötiger Weise Parteikosten verursacht habe (Hunziker Silvia und Mayer-Knobel Jsabelle, in: Zweifel / Beusch [Hrsg.]: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 3. Aufl., Basel 2017, Art. 144 N 23). Vorliegend wurde bereits festgestellt, dass der obsiegende Beschwerdeführer das Beschwerdeverfahren nicht unnötig geführt hat. Deshalb kann ihm nun auch nicht angekreidet werden, dass die Kosten seiner Rechtsvertretung grundsätzlich unnötig waren. Es gibt also keinen Grund, bei den Parteikosten vom Unterliegerprinzip abzuweichen. Die Steuerverwaltung bringt vor, sie habe die Rückerstattung wegen der durch den Bund vorgenommenen Praxisverschärfung im KS Nr. 40 verweigern müssen. Dies trifft wohl zu, doch taugt das Argument nicht, um damit dem Beschwerdeführer die Zusprechung einer Parteientschädigung zu verweigern. Das Unterliegerprinzip bewirkt nämlich eine auf dem blossen Unterliegen im Verfahren beruhende Kostenersatzpflicht im Sinne einer gesetzlichen Kausalhaftung. Deshalb kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen eine Partei unterlegen ist (Hunziker / Mayer-Knobel, a.a.O., Art. 144 N 6). Die kantonale Steuerverwaltung ist damit zur Leistung einer Parteientschädigung an den Beschwerdeführer zu verpflichten. Wie zuvor ausgeführt, kann diese Verpflichtung der EStV nicht überbunden werden.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. August 2019, A 2016 34
Das Urteil ist rechtskräftig.

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