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Einsicht in Akten eines Aufsichtsbeschwerdeverfahrens

Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts

Regeste:

§ 40 und § 61 Abs. 1 Ziff. 1 VRG, § 67 Abs. 2 lit. b PBG – Das Verwaltungsgericht ist auch dann zuständig, wenn nur Inhalte der gemeindlichen Baubewilligung, nicht aber der sich auf Bundesrecht stützende kantonale Gesamtentscheid, welcher integrierenden Bestandteil der gemeindlichen Baubewilligung bildet, beanstandet werden.

Aus dem Sachverhalt:

Der Gemeinderat hatte eine Baubewilligung erteilt. Bestandteil der Baubewilligung war der kantonale Gesamtentscheid des Amts für Raum und Verkehr des Kantons Zug betreffend Zustimmung zu Bauvorhaben ausserhalb Bauzonen und Ausnahmebewilligung für die Unterschreitung des Gewässerabstands. Im Verwaltungsgerichtsverfahren macht die Beschwerdegegnerin bzw. Bauherrin geltend, nicht das Verwaltungsgericht sondern, der Regierungsrat sei Beschwerdeinstanz. Der Beschwerdeführer beanstande nämlich ausschliesslich die mangelnde Erschliessung des Baugrundstücks; die Beschwerde betreffe die Ausnahmebewilligung des Amts für Raum und Verkehr nicht.

Aus den Erwägungen:

1. a) Die Beschwerdegegnerin 1 (nachfolgend: Bauherrin) bestreitet die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Fall. Sie bringt vor, der Beschwerdeführer beanstande ausschliesslich die mangelnde Erschliessung, welche die Ausnahmebewilligung des Amts für Raum und Verkehr nicht betreffe. Damit sei der Regierungsrat als Beschwerdeinstanz zuständig und die 20-tägige Beschwerdefrist anwendbar, die nicht eingehalten sei.

Dazu ist Folgendes zu erwägen: Gemäss § 61 Abs. 1 Ziff. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 1. April 1976 (VRG, BGS 162.1) ist gegen Verwaltungsentscheide unterer kantonaler Verwaltungsbehörden die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig, soweit sich ihre Entscheide auf Bundesrecht stützen und die Gesetzgebung keinen Weiterzug an den Regierungsrat oder das Bundesverwaltungsgericht vorsieht. Beschwerden gegen Entscheide des Gemeinderats sind an den Regierungsrat zu richten (§ 40 Abs. 1 Satz 2 VRG). Alle Entscheide unterer kantonaler Verwaltungsbehörden, die sich auf kantonales Recht stützen, können unter Vorbehalt abweichender gesetzlicher Bestimmungen beim Regierungsrat angefochten werden (§ 40 Abs. 2 VRG). Der kantonale Gesamtentscheid vom 19. November 2018, der zusammen mit dem gemeindlichen Baubewilligungsentscheid vom 15. Januar 2019 eröffnet wurde, stützt sich zum Teil auf Bundesrecht (Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700] und Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 [GSchV, SR 814.201]). In diesem Fall muss der kantonale Gesamtentscheid gestützt auf § 61 Abs. 1 Ziff. 1 VRG direkt beim Verwaltungsgericht angefochten werden. Gemäss § 67 Abs. 2 lit. b des Planungs- und Baugesetzes vom 26. November 1998 (PBG, BGS 721.11) sind Beschwerden gegen Entscheide des Gemeinderates über Baugesuche und Baueinsprachen als Verwaltungsgerichtsbeschwerden zu behandeln, wenn in derselben Sache ein kantonaler Entscheid vom Verwaltungsgericht zu beurteilen ist. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall die Beschwerde gegen den Entscheid über das Baugesuch und die Einsprache ebenfalls als Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln ist. Der Wortlaut der Bestimmung von § 67 Abs. 2 lit. b PBG erlaubt keine abweichende Interpretation. Immer wenn ein kantonaler Entscheid vom Verwaltungsgericht zu beurteilen ist, ist auch ein Entscheid des Gemeinderates über Baugesuche und Baueinsprachen in derselben Sache vom Verwaltungsgericht zu beurteilen. Wann ein Entscheid in derselben Sache vorliegt, ergibt sich aus § 54 Abs. 2 der Verordnung zum Planungs- und Baugesetz vom 20. November 2018 (BGS 721.111), wonach die Baubewilligung und der Einspracheentscheid der gemeindlichen Baubewilligungsbehörde gleichzeitig zuzustellen sind. Die Auffassung der Bauherrin, wonach auch dann, wenn sich der kantonale Gesamtentscheid, der zusammen mit dem gemeindlichen Baubewilligungsentscheid eröffnet wurde, auf Bundesrecht stützt, der Regierungsrat zuständig sein soll, wenn nur Inhalte der Baubewilligung angefochten seien, welche in die kommunale Zuständigkeit fallen würden, geht von der falschen Annahme aus, dass bereits im Zeitpunkt des Entscheids und damit der Wahl der Rechtsmittelbelehrung bekannt ist, welche Teilinhalte eines Entscheids der künftige Beschwerdeführer anfechten will. Weiter ist zu beachten, dass unter Umständen mehrere potentielle Beschwerdeführer einen Teilaspekt eines Entscheids anfechten könnten. In diesem Fall gäbe es dann einen gegabelten Rechtsweg und allenfalls in der gleichen Sache sich widersprechende Entscheide, was man mit der Einführung der Bestimmung von § 67 Abs. 2 lit. b PBG verhindern wollte. Es ist ohne Weiteres denkbar, dass ein Beschwerdeführer Teile eines Gesamtentscheids oder den ganzen Gesamtentscheid, ein anderer nur den gemeindlichen Entscheid oder Teile davon anfechten will. Nach der Auslegungsweise der Bauherrin würde dies dazu führen, dass zwei unterschiedliche Instanzen in der gleichen Sache gleichzeitig zuständig wären. Es kann nicht sein, dass vor dem Eintreten auf eine Beschwerde erst geprüft werden müsste, ob in der gleichen Sache noch weitere Verfahren eingeleitet sind, worauf dann die Zuständigkeit festgelegt würde. Dies widerspräche den gesetzlichen Intentionen und liefe den Interessen der Betroffenen an einer eindeutigen und klaren Zuständigkeitsordnung zuwider. Im vorliegenden Fall sind daher die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts sowie auch die 30-tägige Beschwerdefrist gegeben.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2019, V 2019 20
Das Urteil ist rechtskräftig.

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