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Art. 12 lit. a und j BGFA

Regeste:

Art. 12 lit. a und j BGFA

Anwältinnen und Anwälte sind nach Art. 12 lit. j BGFA verpflichtet, der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Anwaltsregister mitzuteilen. Solche Mitteilungen müssten nach der Praxis der Aufsichtskommission innert angemessener Frist, d.h. in der Regel innert maximal drei Monaten erfolgen (E. 2-3).
Anwältinnen und Anwälte sind gestützt auf Art. 12 lit. a BGFA verpflichtet, der Aufsichtsbehörde Änderungen der Verhältnisse bekannt zu geben, die für die Frage der Unabhängigkeit von Bedeutung sein könnten. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer unselbstständigen Tätigkeit nach der Eintragung ins Anwaltsregister (E. 4).

Aus den Erwägungen:

2. Nach Art. 12 lit. j BGFA sind die Anwältinnen und Anwälte verpflichtet, der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Anwaltsregister mitzuteilen. Solche Mitteilungen müssten nach der – dem Advokatenverein mit Schreiben vom 21. Juni 2005 bekannt gegebenen – Praxis der Aufsichtskommission innert angemessener Frist, d.h. in der Regel innert maximal drei Monaten erfolgen (vgl. ferner Fellmann, in: Fellmann/Zindel [Hrsg.], Kommentar zum Anwaltsgesetz 2. A. 2011, Art. 12 BGFA N 174a). Nach § 2 Abs. 2 BeurkG darf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kantons und der Gemeinden die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung nicht erteilt werden. Die Aufnahme einer solchen Tätigkeit durch im Anwaltsregister eingetragene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte steht der Aufrechterhaltung der Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung somit entgegen. Demzufolge ist die Aufnahme einer Angestelltentätigkeit beim Kanton oder den Gemeinden durch registrierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gestützt auf Art. 12 lit. j BGFA i.V.m. § 2 Abs. 2 BeurkG gegenüber der Aufsichtskommission meldepflichtig. Nur so kann sichergestellt werden, dass die erteilte Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung gelöscht und das Anwaltsregister, in welchem auch die Beurkundungsbefugnis vermerkt ist, auf dem aktuellsten Stand gehalten werden kann.

RA A. hat der Aufsichtskommission bis zum August 2021 keine Kenntnis davon gegeben, dass sie zwischen April 2016 und Dezember 2018 bei den Gemeinden X. und Y. als Urkundsperson in einem Pensum von je 100 % angestellt gewesen ist. Mit der Nichtbekanntgabe ihrer Anstellungen bei den Gemeinden X. und Y. hat somit RA A. gegen Art. 12 lit. j BGFA verstossen.

3. Bei der Aufgabe der freiberuflichen Anwaltstätigkeit handelt es sich ebenfalls um eine gemäss Art. 12 lit. j BGFA meldepflichtige Tatsache (Beschluss der Aufsichtskommission AK 2019 1 vom 19. Oktober 2019 E. 1 mit Hinweis auf BBl. 1999, S. 6047 u. 6058; im selben Sinne bereits Zirkulationsbeschluss AK 2005/2 vom 20. Juni 2005, vgl. dazu Fellmann, a.a.O., Art. 12 BGFA N 174a FN 1043).

RA A. hat die Aufsichtskommission erst auf Aufforderung mit Schreiben vom 12. August 2021 darüber informiert, dass sie im Jahre 2019 ein Sabbatical eingelegt und damit die Tätigkeit als freiberufliche Rechtsanwältin eingestellt hat. Somit liegt auch in diesem Fall eine Verletzung von Art. 12 lit. j BGFA vor.

4. Die Anwältinnen und Anwälte sind nach Art. 12 lit. a BGFA verpflichtet, ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft auszuüben. Die Anwältin bzw. der Anwalt ist nach Auffassung des Bundesgerichts gestützt auf Art. 12 lit. a BGFA verpflichtet, der Aufsichtsbehörde Änderungen der Verhältnisse bekannt zu geben, die für die Frage der Unabhängigkeit von Bedeutung sein könnten. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer unselbstständigen Tätigkeit nach der Eintragung ins Anwaltsregister, da die Aufsichtsbehörde in einem solchen Fall zu prüfen hat, ob die von der Anwältin bzw. dem Anwalt getroffenen Massnahmen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung genügen, um für die Sicherung der Unabhängigkeit Gewähr zu bieten, oder ob der Eintrag im Anwaltsregister infolge fehlender institutioneller Unabhängigkeit gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA zu löschen ist (vgl. Fellmann, a.a.O., Art. 12 BGFA N 176 mit Hinweis auf BGE 130 II 87 E. 7).

RA A. hat die Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte erst im August 2021 über ihre von April 2016 bis Ende Dezember 2018 erfolgten Anstellungen bei den Gemeinden X. und Y. sowie über das seit Januar 2020 bestehende Anstellungsverhältnis in der Privatwirtschaft informiert. Zwar hat sich das Bundesgericht im zitierten Entscheid nicht dazu geäussert, innert welcher Frist die Anwältin bzw. der Anwalt gestützt auf Art. 12 lit. a BGFA verpflichtet ist, der Aufsichtsbehörde Änderungen der Verhältnisse bekannt zu geben, die für die Frage der Unabhängigkeit von Bedeutung sein könnten. Da die institutionelle Unabhängigkeit von herausragender Bedeutung ist und Voraussetzung für das Vertrauen in den Anwalt und in die Justiz bildet (BGE 130 II 87 E. 41), hat eine Meldung an die Aufsichtsbehörde ohne Zweifel zeitnah zu erfolgen. Eine zeitnahe Meldung hat RA A. aber offenkundig nicht gemacht, weshalb sie auch mehrfach gegen Art. 12 lit. a BGFA verstossen hat.

Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte, 24. November 2021 (AK 2021 9)

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