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Entzug der Betriebsbewilligung für eine private Spitex-Organisation während eines Aufsichtsverfah-rens

Regeste:

§ 17 VRG – Bei der angefochtenen Verfügung handelt es sich um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid, der für die Beschwerdeführerin einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat und sie deshalb zur Beschwerde dagegen legitimiert (Erw. I.2.2 f.). Die Beschwerdeführerin verfügt derzeit über kein fachliches Leitungspersonal mit Berufsausübungsbewilligung und es bestehen Zweifel an der Erfüllung weiterer Bewilligungsvoraussetzungen, sodass der temporäre Bewilligungsentzug auf zureichenden Gründen beruht (Erw. II.4). Der temporäre Bewilligungsentzug dient der öffentlichen Gesundheit (Erw. II.5). Zudem ist er verhältnismässig (Erw. II.6).

§ 45 Abs. 1 VRG – Der Entzug der aufschiebenden Wirkung der Verwaltungsbeschwerde gegen die angefochtene Verfügung ist rechtmässig (Erw. II.9).

Aus dem Sachverhalt:

Die A. GmbH mit Sitz in X. wurde zum Zweck der Erbringung von Pflege zu Hause auf ärztliche Verordnung nach Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) gegründet und am 1. Dezember 2016 im Handelsregister eingetragen. Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zug erteilte der A. GmbH am 30. Dezember 2016 eine Betriebsbewilligung für den Kanton Zug. Die fachliche und operative Leitung hatte die Pflegefachfrau B. inne. Bis am 23. April 2021 war B. Gesellschafterin und Vorsitzende der Geschäftsleitung der A. GmbH. Seit dem genannten Datum ist B. nicht mehr Gesellschafterin. Derzeit sind im Handelsregister C. als Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung und D. als Geschäftsführer eingetragen.

Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis vom 31. März 2021 wurde B. des Betrugs, der mehrfachen Urkundenfälschung, des Vergehens gegen das Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel sowie der Übertretung des Gesundheitsgesetzes des Kantons Zürich während ihrer Leitungstätigkeit für die A. GmbH schuldig gesprochen. Sie erhob gegen diesen Strafbefehl Einsprache, zog diese jedoch am 14. Juni 2021 wieder zurück. Der Strafbefehl ist demnach rechtskräftig.

Mit Verfügung vom 16. Juni 2021 eröffnete die Gesundheitsdirektion des Kantons Zug gegenüber B. ein Aufsichtsverfahren und entzog ihr die Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung für die Dauer des Disziplinarverfahrens. Diese Verfügung ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Mit Verfügung vom 18. Juni 2021 eröffnete die Gesundheitsdirektion des Kantons Zug zudem ein Aufsichtsverfahren gegen die A. GmbH und entzog ihr für die Dauer des Aufsichtsverfahrens die Betriebsbewilligung. Einer allfälligen Verwaltungsbeschwerde gegen diese Anordnung entzog sie die aufschiebende Wirkung. Gegen diese Verfügung erhob die A. GmbH (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 9. Juli 2021 beim Regierungsrat des Kantons Zug Verwaltungsbeschwerde.

Aus den Erwägungen:

I.

1. Anfechtungsobjekt ist die Verfügung der Gesundheitsdirektion vom 18. Juni 2021, mit welcher sie der Beschwerdeführerin für die Dauer des Aufsichtsverfahrens die Betriebsbewilligung entzogen hat. Ihre gesetzliche Grundlage findet diese Massnahme in § 10 i.V.m. § 26 Abs. 1 und § 27 des Gesetzes über das Gesundheitswesen im Kanton Zug (Gesundheitsgesetz, GesG; BGS 821.1). Entscheide der Gesundheitsdirektion, welche gestützt auf das Gesundheitsgesetz ergehen, können mit Beschwerde beim Regierungsrat angefochten werden (§ 40 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 1. April 1976 [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG; BGS 162.1] i.V.m. § 66 Abs. 2 GesG). Der Regierungsrat ist demnach zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig.

2.1 Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen eine Verfügung aus dem Bereich des vorsorglichen Rechtsschutzes (vgl. Regina Kiener, in: Alain Griffel, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. Auflage 2014, § 6 N. 10). Solche Verfügungen schliessen das Verfahren nicht ab, sondern ergehen als sogenannte selbständig eröffnete Zwischenentscheide. Das Verwaltungsrechtspflegegesetz enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen über Zwischenentscheide. Gemäss § 4 VRG gelten als Entscheide im Sinne dieses Gesetzes Anordnungen und Feststellungen der diesem Gesetz unterstellten Verwaltungsbehörden mit hoheitlicher Wirkung sowie Urteile des Verwaltungsgerichtes. Darunter fallen auch Zwischenentscheide wie die vorliegende Verfügung über die Anordnung eines Entzugs der Betriebsbewilligung während der Dauer eines Aufsichtsverfahrens samt dem Entzug der aufschiebenden Wirkung einer Verwaltungsbeschwerde.

2.2 Wer zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist, muss sich am Verfahren vor allen kantonalen Vorinstanzen als Partei beteiligen können (Art. 111 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Mit dieser Bestimmung wird der kantonalrechtliche Parteibegriff über das Bundesgerichtsgesetz vorgegeben. Es handelt sich dabei um eine Mindestanforderung, d.h. die Beschwerdebefugnis darf im kantonalen Verfahren nicht enger umschrieben werden als diejenige vor Bundesgericht. Der Kanton Zug hat die Beschwerdeberechtigung für die Verwaltungsbeschwerde in § 41 VRG und für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in § 62 VRG geregelt. Die Bestimmungen weisen denselben Wortlaut auf wie Art. 89 Abs. 1 BGG, wo es um die Beschwerdeberechtigung gegen so genannte Endentscheide bzw. verfahrensabschliessende Entscheide in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geht. Vorliegend geht es indessen um die Beschwerde gegen eine Verfügung aus dem Bereich des vorsorglichen Rechtsschutzes. Solche Verfügungen schliessen das Verfahren nicht ab, sondern ergehen als sogenannte selbständig eröffnete Zwischenentscheide. In Art. 93 Abs. 1 BGG wurde die Berechtigung zur Beschwerdeführung ans Bundesgericht gegen solche Entscheide eingeschränkt. Der Kanton Zug hat diese Bestimmung zwar nicht ausdrücklich in sein Verwaltungsrechtspflegegesetz übernommen, aber da der Zuger Gesetzgeber die Beschwerdelegitimation bei Zwischenentscheiden im Verwaltungsrechtspflegegesetz gegenüber der Regelung im Bundesgerichtsgesetz nicht ausdrücklich erweitert hat, haben im Kanton Zug bei Zwischenentscheiden die Mindestvorschriften des Bundesgerichtsgesetzes zu gelten. Demzufolge ist es im Kanton Zug möglich, gegen selbständig eröffnete Zwischenentscheide Beschwerde zu führen, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 Bst. b BGG). Sind diese Voraussetzungen alternativ erfüllt, verfügt ein Beschwerdeführer im Kanton Zug über ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder der Änderung dieses Entscheids im Sinne von § 41 Abs. 1 Bst. c VRG bzw. von § 62 Abs. 1 Bst. c VRG (vgl. GVP 2017, S. 18 f. E. 2.a/aa mit Hinweis).

2.3 Die angefochtene Verfügung im Bereich des vorsorglichen Rechtsschutzes, d.h. der Entzug der Betriebsbewilligung für die Dauer des Aufsichtsverfahrens und der Entzug der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Verwaltungsbeschwerde, hat für die Beschwerdeführerin einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge. Solange sie über keine Betriebsbewilligung des Kantons Zug verfügt, darf sie ihre Geschäftstätigkeit im Kanton Zug nicht ausüben. Darin liegt ein nicht wiedergutzumachender Nachteil, der die Beschwerdeführerin zur Beschwerde gegen den angefochtenen Zwischenentscheid legitimiert.

II.

(…)

3.1 Gemäss § 26 Abs. 1 Bst. a GesG wird eine Betriebsbewilligung der Gesundheitsdirektion benötigt, wenn Verrichtungen im Gesundheitswesen, die nach § 6 GesG bewilligungspflichtig sind, nicht im Namen und auf Rechnung der Inhaberin oder des Inhabers einer Berufsausübungsbewilligung erbracht werden. Die Bewilligung wird gemäss § 27 Abs. 1 GesG erteilt, wenn der Betrieb den angebotenen Leistungen entsprechend eingerichtet ist (Bst. a); über das für eine fachgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten notwendige Personal verfügt (Bst. b); eine geeignete Qualitätssicherung eingeführt bzw. umgesetzt hat (Bst. c); das fachliche Leitungspersonal bezeichnet hat, das für die Einhaltung der gesundheitspolizeilichen Vorschriften verantwortlich ist; diese Personen müssen über Bewilligungen gemäss § 6 ff. GesG verfügen (Bst. d); auf den Zeitpunkt der Betriebsaufnahme eine der Art und dem Risiko angemessene Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat (Bst. e). Im Übrigen gelten für die Bewilligungserteilung, den Bewilligungsentzug und die Publikation die allgemeinen Bestimmungen für die Berufe im Gesundheitswesen sinngemäss (§ 27 Abs. 3 GesG). Demzufolge wird für eine Betriebsbewilligung sinngemäss verlangt, dass der gesuchstellende Betrieb handlungsfähig und (beruflich) vertrauenswürdig ist (§ 9 Abs. 1 Bst. b GesG). In § 10 Abs. 1 GesG sind die Voraussetzungen für einen Bewilligungsentzug aufgeführt. Gemäss § 10 Abs. 1 Bst. a GesG entzieht die Gesundheitsdirektion die Bewilligung, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung weggefallen sind. Der Entzug kann für die ganze oder für einen Teil der Tätigkeit und auf bestimmte oder unbestimmte Zeit verfügt werden (§ 10 Abs. 2 GesG).

3.2 Im Gesundheitsgesetz des Kantons Zug sind keine besonderen Vorschriften zum einstweiligen Rechtsschutz zum Schutz der öffentlichen Gesundheit während eines laufenden Verfahrens vorgesehen. Für die Verwaltungsverfahren gemäss Gesundheitsgesetz gilt das Verwaltungsrechtspflegegesetz (§ 1 VRG). Gemäss § 17 VRG kann die Behörde zur Erhaltung des Zustandes oder zur Sicherung bedrohter rechtlicher Interessen vorsorgliche Massnahmen treffen.

3.3 Vorsorgliche Massnahmen sind provisorische Anordnungen in Verfügungsform, die im Hinblick auf ein einzuleitendes Hauptverfahren oder während der Dauer desselben erlassen werden (vgl. Regina Kiener, a.a.O., § 6 N. 1). Die Anordnung vorsorglicher Massnahmen ist nicht voraussetzungslos möglich, sondern bedarf besonderer Gründe. Zum einen muss die Anordnung dringlich sein. Ferner muss die Massnahme der Erreichung eines legitimen Ziels dienen, d.h. darauf gerichtet sein, wichtige öffentliche oder private Interessen vor schweren, nicht wiedergutzumachenden Nachteilen zu schützen. Die Massnahme muss geeignet und in persönlicher, sachlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht erforderlich sein, um die legitimen öffentlichen oder privaten Interessen vor einem nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteil zu schützen. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit im engeren Sinne muss schliesslich eine Interessenabwägung den Ausschlag zugunsten des einstweiligen Rechtsschutzes geben. Insbesondere muss die Massnahme der betroffenen Person auch zumutbar sein. Verhältnismässig sind vorsorgliche Massnahmen dann, wenn sie sich zur Abwehr eines bereits eingetretenen oder drohenden Nachteils eignen und in persönlicher, örtlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht nicht über das zur Wahrung der gefährdeten Interessen Erforderliche hinausgehen (vgl. Regina Kiener, a.a.O., § 6 N. 16).

4. Im Lichte der vorangehenden Erwägungen ist zuerst zu prüfen, ob der Entzug der Betriebsbewilligung während der Dauer des Aufsichtsverfahrens auf zureichenden Gründen beruht.

4.1 Die Gesundheitsdirektion hat den Bewilligungsentzug in erster Linie angeordnet, weil sie der damals noch für die Beschwerdeführerin fachlich verantwortlichen B. mit Verfügung vom 16. Juni 2021 die Berufsausübungsbewilligung befristet entzogen hat. Dadurch ist nach Auffassung der Gesundheitsdirektion die Voraussetzung, dass ein Gesundheitsbetrieb über fachliches Leitungspersonal mit Berufsausübungsbewilligung verfügen muss (vgl. § 27 Abs. 1 Bst. d GesG), nicht mehr erfüllt. Dieser Beurteilung der Gesundheitsdirektion ist zu folgen. Bei der Erteilung der Betriebsbewilligung an die Beschwerdeführerin wurde B. als operativ und fachlich verantwortliche Person bezeichnet (Dispositiv-Ziffer 2 der Verfügung des Kantonsarztes vom 30. Dezember 2016). Mit Verfügung vom 16. Juni 2021 hat die Gesundheitsdirektion B. jedoch die Berufsausübungsbewilligung als Pflegefachperson für die Dauer des gegen sie geführten Disziplinarverfahrens entzogen. Zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung hat die Beschwerdeführerin die Voraussetzung gemäss § 27 Abs. 1 Bst. d GesG demnach nicht mehr erfüllt. Inzwischen ist B. nicht mehr Gesellschafterin und Vorsitzende der Geschäftsführung der Beschwerdeführerin. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass nunmehr E. die fachliche Leitung innehabe, trifft gemäss der vorliegenden Aktenlage aber nicht zu. Zwar hat die Beschwerdeführerin einen Arbeitsvertrag zwischen ihr und E. eingereicht, wonach letztere ab dem 1. Juli 2021 als «Leitung Pflege (Dipl. Pflegefachfrau HF)» eingestellt wurde. Nach den Angaben der Gesundheitsdirektion hat E. diese Stelle jedoch nie angetreten (vgl. E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Amt für Gesundheit und E. vom 1. bzw. 4. Oktober 2021). Die Beschwerdeführerin hat diese Feststellung der Gesundheitsdirektion nicht bestritten und in keiner Weise widerlegt. Ferner ist weder ersichtlich noch wird von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass C., der aktuelle Gesellschafter und Vorsitzende der Geschäftsführung, über eine Berufs­ausübungsbewilligung verfügen würde. Dasselbe gilt in Bezug auf D., welcher seit kurzem (Handelsregistereintrag vom 2. März 2022) als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin fungiert. Dadurch fehlt es der Beschwerdeführerin an einer fachlich verantwortlichen Person mit Berufsausübungsbewilligung und damit an der Voraussetzung gemäss § 27 Abs. 1 Bst. d GesG für eine Betriebsbewilligung. Da diese Voraussetzung für die Erteilung der Betriebsbewilligung entfallen ist, hat die Gesundheitsdirektion hierin zu Recht einen Grund für deren Entzug für die Dauer des Aufsichtsverfahrens erblickt (vgl. § 27 Abs. 3 i.V.m. § 10 Abs. 1 Bst. a GesG).

4.2 Die Gesundheitsdirektion hat der Beschwerdeführerin die Betriebsbewilligung zudem auch deshalb vorsorglich entzogen, weil nach ihrem damaligen Kenntnisstand mehrere weitere Bewilligungsvoraussetzungen nicht erfüllt waren. Sie hat in der angefochtenen Verfügung festgehalten, dass angesichts der im Kanton Zürich festgestellten Missstände in der Betriebsorganisation der Beschwerdeführerin, der damit zusammenhängenden Verstösse gegen die gesundheitspolizeilichen Vorschriften und der mutmasslichen Patientengefährdung davon auszugehen sei, dass das für eine fachgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten notwendige Personal nicht vorhanden sei und die Qualitätssicherung versagte. Auch diese Beurteilung durch die Gesundheitsdirektion ist nicht zu beanstanden. Zwar ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin zutreffend, dass die Gesundheitsdirektion zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung nicht von der Rechtskraft des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis gegen B., durch den diese des Betrugs, der mehrfachen Urkundenfälschung, des Vergehens gegen das Arbeitsgesetz und der Übertretung des Gesundheitsgesetzes des Kantons Zürich schuldig gesprochen wurde, ausgehen konnte. Die Gesundheitsdirektion war jedoch nach einem Amtshilfegesuch vom 9. Juni 2021 an die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich im Besitz der fallrelevanten Unterlagen in Zusammenhang mit dem Entzug der Berufsausübungsbewilligung von B. und des genannten Strafbefehls. Diesen Akten war zu entnehmen, dass B. das von ihr angestellte Personal nicht kompetenzgerecht eingesetzt hat, was mindestens zu einer abstrakten Gefährdung von Patientinnen und Patienten geführt hat. Ferner sind ihr eine mangelhafte Patientendokumentation und eine falsche Abrechnung vorgeworfen worden (vgl. Verfügung der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich vom 20. Mai 2021 gegenüber B. betreffend Entzug der Bewilligung zur fachlich eigenverantwortlichen Berufsausübung als Pflegefachfrau). Zudem reichte B. der Gesundheitsdirektion mit E-Mail vom 2. Juni 2021 und per Post (Eingang bei der Gesundheitsdirektion: 10. Juni 2021) ihre eigene Stellungnahme vom 22. April 2021 zu den gegen sie im Kanton Zürich geführten Verfahren ein. Darin schilderte sie selber ihre Schwierigkeiten bei der Betriebsführung, beim Personaleinsatz sowie der Leistungsdokumentation und -abrechnung. Insbesondere anerkannte sie, gegenüber der F. Versicherung im Unwissen über das korrekte Vorgehen falsch abgerechnet zu haben. Auch habe sie zugelassen, dass ihr Personal an ihrer Stelle den Pflegebericht schrieb. Zudem habe sie – aus Verantwortungsgefühl – eine Person ohne die nötige fachliche Ausbildung eingesetzt und entlöhnt. Wie bereits ausgeführt, ist für eine Betriebsbewilligung vorausgesetzt, dass das für eine fachgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten notwendige Personal vorhanden ist und eine geeignete Qualitätssicherung eingeführt bzw. umgesetzt ist (§ 27 Abs. 1 Bst. b und c GesG). Dass die Gesundheitsdirektion aufgrund des genannten Strafbefehls, des Entzugs der Berufsausübungsbewilligung von B. im Kanton Zürich, der weiteren im Rahmen der Amtshilfe erlangten Unterlagen sowie der Eingabe von B. Zweifel daran hatte, dass diese Vor­aussetzungen für die Betriebsbewilligung der Beschwerdeführerin noch gegeben sind, ist nachvollziehbar. Sie musste davon ausgehen, dass die gemäss Betriebsbewilligung operativ und fachlich verantwortliche Pflegefachfrau B. den Betrieb nicht ordnungsgemäss führte. Nach dem befristeten Entzug der Berufsausübungsbewilligung von B. war umso mehr anzunehmen, dass es der Beschwerdeführerin am erforderlichen Fachpersonal und der Qualitätssicherung mangelte. Dass bei den Verurteilungen von B. wegen Betrugs und Urkundenfälschung der Deliktsbetrag gering war, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, spielt im vorliegenden Verwaltungsverfahren keine Rolle. Auch ihr Einwand, dass keine Patientinnen und Patienten zu Schaden gekommen seien, verfängt nicht. Entscheidend ist, dass aufgrund der Betriebsorganisation und -führung eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten nicht ausgeschlossen werden kann. Wie bereits dargelegt, geht der Anordnung von vorsorglichen Massnahmen überdies nur eine summarische Prüfung der Rechts- und Sachlage voraus. Im Rahmen dieser summarischen Prüfung lagen der Gesundheitsdirektion hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Betriebsbewilligung gemäss § 27 Abs. 1 Bst. b und c GesG nicht erfüllt. Damit liegt ein weiterer Grund für den befristeten Entzug der Betriebsbewilligung vor (§ 27 Abs. 3 i.V.m. § 10 Abs. 1 Bst. a GesG).

Des Weiteren sind auch die Zweifel der Gesundheitsdirektion am Vorliegen der allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen gemäss § 9 Abs. 1 GesG, insbesondere an der Vertrauenswürdigkeit gemäss Buchstabe b, nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Beschwerdeverfahren behauptet, mit E. eine neue fachliche Leitung mit Berufsausübungsbewilligung eingesetzt zu haben. Diese Behauptung hat sich aber als falsch herausgestellt, zumal eine Nachfrage der Gesundheitsdirektion ergeben hat, dass die genannte Person diese Stelle nicht angetreten hat. Die Beschwerdeführerin hat demnach gegenüber der Gesundheitsdirektion unwahre Angaben gemacht. Die Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin ist darüber hinaus auch deshalb beeinträchtigt, weil sie die Gesundheitsdirektion bewusst im Glauben gelassen hat, dass der gegen B. ausgefällte Strafbefehl noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Dieses treuwidrige Verhalten gegenüber der Gesundheitsdirektion als Aufsichts- und Bewilligungsbehörde muss sich die Beschwerdeführerin entgegenhalten lassen. Die Gesundheitsdirektion ist daher auch in diesem Punkt zu Recht vom Vorliegen eines Grunds für den Entzug der Betriebsbewilligung der Beschwerdeführerin ausgegangen (§ 27 Abs. 3 i.V.m. § 10 Abs. 1 Bst. a GesG).

5. Weiter ist zu prüfen, ob der Entzug der Betriebsbewilligung der Erreichung eines legitimen Ziels dient, d.h. darauf gerichtet ist, wichtige öffentliche oder private Interessen vor schweren, nicht wiedergutzumachenden Nachteilen zu schützen. Betroffenes polizeiliches Schutzgut ist vorliegend die öffentliche Gesundheit (Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2014, § 54 N. 16). Die angefochtene Verfügung dient dem Ziel, eine Gesundheitsgefährdung von Patientinnen und Patienten durch die Beschwerdeführerin zu verhindern. Zur Erreichung dieses Ziels ist der befristete Bewilligungsentzug legitim.

6. Schliesslich ist zu prüfen, ob die angeordnete vorsorgliche Massnahme geeignet und erforderlich ist, um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.

6.1 Die ordnungsgemässe Inanspruchnahme der Betriebsbewilligung liegt im öffentlichen Interesse. Es dient der Sicherstellung des Patientinnen- und Patientenwohls, dass ein Betrieb über eine fachliche Leitung mit einer Berufsausübungsbewilligung und eine funktionierende Betriebsorganisation samt Qualitätssicherung verfügen muss. Da diese Voraussetzungen vorliegend – wie oben dargelegt – nicht erfüllt sind, ist der vorsorgliche Entzug der Betriebsbewilligung dazu geeignet, die öffentliche Gesundheit zu gewährleisten.

6.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, im Sinne der Verhältnismässigkeit könnten ihr statt des vorsorglichen Bewilligungsentzugs auch Auflagen in Bezug auf die Qualitätssicherung und die Abrechnung gemacht werden. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin jedoch zum einen, dass sich der Mangel der fachlichen Leitung durch eine Person mit Berufsausübungsbewilligung mit einer blossen Auflage nicht beheben liesse. Die Betriebsbewilligung wäre auch dann gültig, wenn die Auflage nicht erfüllt würde (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Ver­waltungsrecht, 8. Auflage 2020, N. 920). Die Beschwerdeführerin könnte ihre Geschäftstätigkeit demnach auch ohne Leitungsperson mit Berufsausübungsbewilligung ausüben, was sich mit Blick auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit nicht vertreten liesse. Zum andern ist wiederum darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin gegenüber der Gesundheitsdirektion falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht hat. Dieses Verhalten der Beschwerdeführerin lässt nicht darauf vertrauen, dass sie allfällige Auflagen, die ihr anstelle eines vorsorglichen Bewilligungsentzugs gemacht würden, auch tatsächlich erfüllen würde. Blosse Auflagen zur Betriebsbewilligung anstelle des angeordneten vorsorglichen Bewilligungsentzugs wären deshalb nicht ausreichend, um eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten auszuschliessen. Der Entzug der Betriebsbewilligung während des Aufsichtsverfahrens erweist sich somit als erforderlich.

6.3 Schliesslich ist die Verhältnismässigkeit zwischen dem angestrebten Zweck und den Auswirkungen auf die betroffene Person, mithin die Zumutbarkeit der vorsorglichen Massnahme, zu prüfen. Der vorsorgliche Entzug der Betriebsbewilligung stellt zwar einen schweren Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Beschwerdeführerin dar. Die fehlende fachliche Leitung der Beschwerdeführerin durch eine Person mit Berufsausübungsbewilligung und die weiteren Indizien für Missstände bei der Betriebsorganisation, beim Personaleinsatz, bei der Patientendokumentation und bei der Qualitätssicherung lassen aber befürchten, dass eine fachgerechte Behandlung der Patientinnen und Patienten durch die Beschwerdeführerin nicht gewährleistet ist. Eine erhebliche Gesundheitsgefährdung von Patientinnen und Patienten ist bei dieser Ausgangslage nicht auszuschliessen. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin ihr wirtschaftliches Interesse nicht näher begründet und nicht dargelegt, aus welchen Gründen ihr der vorsorgliche Bewilligungsentzug nicht zumutbar sein sollte. Im Rahmen der Interessenabwägung ist somit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit grösseres Gewicht beizumessen als dem wirtschaftlichen Interesse der Beschwerdeführerin. Der vorsorgliche Bewilligungsentzug ist der Beschwerdeführerin deshalb zumutbar.

7. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Gesundheitsdirektion der Beschwerdeführerin die Betriebsbewilligung während der Dauer des Aufsichtsverfahrens zu Recht entzogen hat. Die Beschwerde ist in diesem Punkt unbegründet und abzuweisen.

8. Schliesslich ist der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu prüfen.

8.1 Die Verwaltungsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung, sofern die anordnende Behörde nicht aus zwingenden Gründen den sofortigen Vollzug des anfechtbaren Entscheides angeordnet hat (§ 45 Abs. 1 VRG). Es vermögen nur überzeugende Gründe einen Entzug der aufschiebenden Wirkung zu rechtfertigen. Weil die Folgen der in Frage stehenden Anordnung eintreten, bevor die Beschwerdeinstanz die Rechtmässigkeit geprüft hat, ist erforderlich, dass ein schwerer Nachteil droht, wenn die aufschiebende Wirkung nicht entzogen wird. Dieser kann etwa in einer zeitlich unmittelbar bevorstehenden oder inhaltlich schweren Bedrohung bedeutender polizeilicher Schutzgüter bestehen (vgl. Regina Kiener, a.a.O., § 25 N. 25 f.).

8.2 Der Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist im vorliegenden Fall angezeigt und gerechtfertigt, damit die vorsorgliche Massnahme – der Entzug der Betriebsbewilligung der Beschwerdeführerin während des Aufsichtsverfahrens – sofort Wirkung entfaltet. Wie dargelegt, erfolgt der befristete Bewilligungsentzug zur Gewährleistung der Patientinnen- und Patientensicherheit. Diese vorsorgliche Massnahme ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich und der Beschwerdeführerin zumutbar. Durch eine zeitliche Verzögerung der vorsorglichen Massnahme durch das erhobene Rechtsmittel würde eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit drohen. Weder ist ersichtlich noch wird von der Beschwerdeführerin näher begründet, aus welchen Gründen der Entzug der aufschiebenden Wirkung entbehrlich wäre. Namentlich sind keine privaten Interessen der Beschwerdeführerin auszumachen, die den Entzug der aufschiebenden Wirkung als unverhältnismässig erscheinen lassen würden. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist daher abzuweisen.

9. Zusammenfassend erweisen sich der vorsorgliche Entzug der Betriebsbewilligung während der Dauer des Aufsichtsverfahrens und der Entzug der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Verwaltungsbeschwerde gegen diese Anordnung als rechtmässig. Demnach sind die Beschwerde sowie der Antrag auf Wiederherstellung von deren aufschiebender Wirkung abzuweisen.

10. Der Entzug der aufschiebenden Wirkung durch die Gesundheitsdirektion gilt nur für das vorliegende Verwaltungsbeschwerdeverfahren. Damit die vorsorgliche Massnahme, d.h. der befristete Entzug der Betriebsbewilligung, im Fall der Anfechtung dieses Entscheids beim Verwaltungsgericht weiterhin gilt, ist der Entzug der aufschiebenden Wirkung erneut anzuordnen (vgl. Regina Kiener, a.a.O., § 25 N. 30). Demzufolge ist einer allfälligen Verwaltungsgerichtsbeschwerde die aufschiebende Wirkung zu entziehen.

Entscheid des Regierungsrates vom 10. Mai 2022

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