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Staatliche Beiträge an die Kosten der Behandlung suchtbedingter Störungen (§ 7 Abs. 3 EG BetmG)

Regeste:

Aus § 7 Abs. 3 EG BetmG ergibt sich nicht, dass die Kosten einer stationären Suchttherapie vollumfänglich von der öffentlichen Hand getragen werden. Die Norm legt lediglich den Verteilschlüssel zwischen dem Kanton und den Gemeinden fest, nicht aber die Höhe des staatlichen Beitrags. Da der Gesetzgeber die Höhe des staatlichen Beitrags nicht festlegte, stünde die Regelung dieser Frage dem Verordnungsgeber offen. Da dieser keine Präzisierung des Gesetzestextes vornahm, müssen die für die Kostengutsprachen zuständigen Gemeinden die gesetzlichen Vorgaben auslegen. Dabei haben sie sich an den allgemeinen Bestimmungen für soziale Einrichtungen zu orientieren.

Aus den Erwägungen:

2.     Das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Betäubungsmittel (EG BetmG; BGS 861.52) unterscheidet bei den Massnahmen gegen den Betäubungsmittelmissbrauch zwischen den Bereichen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Stationäre Suchttherapien zählen zum Bereich Sekundärprävention. Die Sekundärprävention zielt auf die frühzeitige Erfassung und Behandlung einer Suchtentwicklung (§ 7 Abs. 1 EG BetmG). Für den Bereich der Sekundärprävention sind Kanton und Gemeinden gemeinsam zuständig. Die staatlichen Beiträge werden grundsätzlich je zur Hälfte vom Kanton und von den Gemeinden nach Massgabe der ständigen Wohnbevölkerung getragen (§ 7 Abs. 2 EG BetmG). Der staatliche Beitrag an die Tagestaxe für den Drogenentzug und für die Rehabilitation von Personen mit suchtbedingten Störungen wird je zur Hälfte vom Kanton und von der zuständigen Gemeinde getragen (§ 7 Abs. 3 EG BetmG).

2.1    Der Beschwerdeführer macht geltend, nach § 7 Abs. 3 BetmG werde der staatliche Beitrag an die Tagestaxe für den Drogenentzug und für die Rehabilitation von Abhängigen je zur Hälfte von Kanton und zuständiger Gemeinde getragen. Es sei keine Eigenleistung vorgesehen, sondern eine Vollfinanzierung der Taxe durch Kanton und Gemeinde.

Die Vorinstanz führt dagegen aus, die Höhe von Eigenleistungen im IVSE-Bereich sei gesetzlich nicht festgeschrieben. § 7 Abs. 3 EG BetmG besage, dass Kanton und Gemeinde einen Beitrag an die Tagestaxe leisten würden. Damit werde jedoch nicht gesagt, dass der Kanton und die Gemeinde die ganze Tagestaxe übernehmen müssten. Es entspreche der gegenwärtigen Praxis im Kanton Zug, eine angemessene, zumutbare und verhältnismässige Eigenleistung zu erheben.

2.2    Da der Beschwerdeführer und die Vorinstanz den Inhalt von § 7 Abs. 3 EG BetmG unterschiedlich verstehen, ist sein Inhalt auf dem Weg der Auslegung zu bestimmen. Die Bestimmung lautet wie folgt:

«Der staatliche Beitrag an die Tagestaxe für den Drogenentzug und für die Rehabilitation von Personen mit suchtbedingten Störungen wird je zur Hälfte vom Kanton und von der zuständigen Gemeinde getragen.»

Die zentrale Frage vorliegend ist, ob sich aus der Wendung «der staatliche Beitrag an die Tagestaxe» ableiten lässt, dass der Staat die Tagestaxe in jedem Fall vollumfänglich übernehmen müsse. Dies ist zu verneinen, da sich aus dem Wortlaut ergibt, dass es sich lediglich um einen Beitrag an die Tagestaxe handeln soll. Bei einer Auslegung, die eine stets vollständige Deckung der Kosten fordert, käme dem Wort «Beitrag» keinerlei Bedeutung zu. Der Gesetzgeber hätte nicht von einem blossen «Beitrag an die Tagestaxe» gesprochen, wenn er die gesamte Tagestaxe gemeint hätte. Viel eher hätte er für diesen Fall eine Formulierung gewählt, welche die vollständige Übernahme der Behandlungskosten vorsieht (z. B.: «Die Tagestaxe für den Drogenentzug […] wird je zur Hälfte vom Kanton und von der zuständigen Gemeinde getragen.»). Aus dem geltenden Gesetzestext lässt sich jedoch nur ableiten, dass der Kanton und die Gemeinden den staatlichen Beitrag an die Therapiekosten zu gleichen Teilen tragen sollen, nicht aber, wie hoch ihr gemeinsamer Anteil an den Gesamtkosten sein soll.

2.3    Als Zwischenfazit kann somit festgehalten werden, dass § 7 Abs. 3 EG BetmG entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht besagt, dass die Kosten einer stationären Suchttherapie stets vollumfänglich von der öffentlichen Hand getragen werden. Die Norm legt lediglich den Verteilschlüssel zwischen dem Kanton und den Gemeinden fest, nicht aber die Höhe des staatlichen Beitrags.

2.4    Aufgrund des Umstands, dass der Gesetzgeber die Höhe des staatlichen Beitrags an die Tagestaxe nicht festlegte, stünde die Regelung dieser Frage dem Verordnungsgeber offen. Da dieser keine Präzisierung des Gesetzestextes vornahm, müssen die für die Kostengutsprache zuständigen Gemeinden die gesetzlichen Vorgaben auslegen. Dabei haben sie zu beachten, dass § 7 Abs. 3 EG BetmG zwar nicht die Übernahme aller Behandlungskosten durch den Staat vorschreibt, diese aber auch nicht ausschliesst. Die Gemeinden sind daher verpflichtet, für eine rechtsgleiche Regelung zu sorgen, welche die Umstände des Einzelfalls genügend berücksichtigt. Da es sich bei den stationären Therapie- und Rehabilitationsangeboten im Suchtbereich um soziale Einrichtungen handelt, bietet sich hierfür ein Rückgriff auf die allgemeinen Bestimmungen für soziale Einrichtungen an.

Das Gesetz über soziale Einrichtungen (SEG; BGS 861.5) verlangt – neben anderen Voraussetzungen – dass die betroffene Person für einen angemessenen Teil der Aufenthaltskosten selbst aufkommt (sog. Eigenleistung; § 20 Abs. 1 Bst. b SEG; vgl. auch Art. 28 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 2 IVSE). Auf die sozialen Einrichtungen im Suchtbereich sind die Regeln des SEG aufgrund eines Verweises auf das EG BetmG zwar nicht direkt anwendbar (§ 2 Abs. 2 SEG; § 27 Abs. 2 Verordnung zum Gesetz über soziale Einrichtungen [SEV; BGS 861.512]). Da das EG BetmG die Höhe der Eigenleistung aber selbst nicht regelt, liegt wiederum eine analoge Anwendung der Regeln des SEG nahe. Damit wird eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung unter den verschiedenen Bereichen der sozialen Einrichtungen vermieden. Denn es wäre stossend, wenn etwa Personen mit einer Behinderung für ihren Aufenthalt in einer sozialen Einrichtung eine deutlich höhere Eigenleistung erbringen müssten als Personen in einer sozialen Einrichtung im Suchtbereich 

2.5    Gemäss § 30 Abs. 1 SEV kann die Direktion des Innern die Eigenleistung von betreuten Personen in Form von Pauschalbeträgen festlegen. Die Direktion des Innern erliess gestützt darauf das Reglement über die Bemessung der Eigenleistung von betreuten Personen an die Kosten für den Aufenthalt in einer sozialen Einrichtung (BGS 861.514). Nach diesem Reglement beträgt die Eigenleistung für Personen in Tagesstrukturen 35 Franken pro Tag (§ 3 Abs. 1 Reglement). Für Personen in Behindertenwohnheimen, die Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben, beträgt die Eigenleistung 186.45 Franken pro Kalendertag zuzüglich einer allfälligen Hilflosenentschädigung (§ 4 Abs. 1 Reglement). Die Eigenleistung für den Aufenthalt in einer anderen stationären Einrichtung beträgt 134.30 Franken (§ 4 Abs. 1a Reglement). Für Minderjährige nach Abschluss der Schulberechtigung und Erwachsene ohne Anspruch auf Ergänzungsleistungen beträgt die Eigenleistung für den Aufenthalt in einer stationären Einrichtung 30 Franken pro Kalendertag (§ 7 Abs. 1 Reglement).

Vorliegend berechnete die Vorinstanz aufgrund des erweiterten SKOS-Budgets einen mutmasslichen Einnahmenüberschuss von 755.90 Franken pro Monat bei voraussichtlichen Auslagen von 1108.20 Franken pro Monat. (…) Die Vorinstanz hielt bereits im angefochtenen Entscheid fest, dass sich die Auslagen des Beschwerdeführers situationsbedingt verändern könnten, was eine Neuberechnung des erweiterten SKOS-Budgets durch die fallführende Sozialarbeiterin nötig machen würde. Entsprechende Anpassungen seien jederzeit möglich. (…) Unter der Annahme, dass diese möglicherweise notwendigen Anpassungen im Verlauf der Weiterführung der Therapie vorgenommen wurden, ist die provisorische Berechnung der voraussichtlichen Eigenleistungen im angefochtenen Entscheid nicht zu beanstanden.

2.6      Auch im Vergleich zur Praxis betreffend die Eigenleistungen in anderen sozialen Einrichtungen erscheint der angefochtene Entscheid verhältnismässig. Die darin vorläufig festgelegte Eigenleistung des Beschwerdeführers beträgt rund 25 Franken pro Tag. Von Personen mit Behinderung in Tagesstrukturen wird hingegen eine Eigenleistung von 35 Franken pro Tag verlangt. Von Minderjährigen nach Abschluss der Schulberechtigung und von Erwachsenen ohne Anspruch auf Ergänzungsleistungen werden bei einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung 30 Franken pro Tag als Eigenleistung erwartet. Der dem Beschwerdeführer provisorisch auferlegte Beitrag liegt somit deutlich unter jener Eigenleistung, die von Personen in anderen, vergleichbaren sozialen Einrichtungen erwartet würde. Die Rüge des Beschwerdeführers, die von ihm verlangte Eigenleistung sei unverhältnismässig, ist daher unberechtigt. Der Entscheid der Vorinstanz ist auch in dieser Hinsicht nicht zu beanstanden.

Entscheid des Regierungsrats vom 23. August 2022

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