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Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungspraxis

Denkmalschutz

§§ 2 und 25 Abs. 1 DMSG

Regeste:
§§ 2 und 25 Abs. 1 DMSG – Mit der wiederholten Verwendung des Wortes «äusserst» und insbesondere der entsprechenden Ersetzung des Wortes «sehr» im Rahmen der Revision des DMSG im Jahr 2019 hat der Gesetzgeber die gesetzliche Regelung verschärfen wollen. Das Wort «äusserst» darf jedoch nicht restriktiver ausgelegt werden als der anhand der Originalfassungen des Granada-Abkommens zu verstehende Begriff «herausragend». Die Kantonsschule Zug erfüllt die geltenden Anforderungen des DMSG für eine Unterschutzstellung nicht.

Aus dem Sachverhalt:
Die im Eigentum des Kantons Zug stehende Kantonsschule Luegeten liegt im Zuger Quartier Loreto. Die Schulanlage am Lüssiweg wurde 1971–1975 vom Zuger Architekturbüro Hafner und Wiederkehr erstellt (Trakt 1, 2, 3, 5, 8). Für die Umgebungsgestaltung zeichnete der Zürcher Landschaftsarchitekt Fred Eicher verantwortlich. 1981–1991 realisierten Erich Weber und Fredy Schmid Architekten, Cham, die Erweiterungsbauten Trakt 4, 6, 7 sowie den südöstlichen und einen östlichen Anbau an Trakt 8. 1990–1992 erfolgte im Hauptgebäude ein Umbau von Schmid und Partner, Zug, mit Einbau der neuen Mediathek anstelle der früheren Mensa. 1999 erweiterte die Architekten Erich Weber AG, Cham, die Mediathek. 2001–2003 erstellten Enzmann und Fischer Architekten, Zürich, einen Ergänzungsbau für die Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (Trakt 9). Die jüngsten baulichen Ergänzungen des Ensembles betrafen 2016 neue provisorische Schulräume nordwestlich der Anlage und 2018 den Neubau einer Dreifachturnhalle (beide Gebäude von Wiederkehr Krummenacher Architekten, Zug), die nördlich des Innenhofes zu stehen kamen, zwischen dem Hauptgebäude (Trakt 1–3) und Trakt 8.

Die Gebäudegruppe Kantonsschule mit den Assek.-Nrn. 2557a, b und c ist seit dem 11. August 2014 im Inventar der schützenswerten Denkmäler des Kantons Zug aufgeführt; im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) ist sie innerhalb der Umgebungszone XII Loreto/Luegeten (mit Aufnahmekategorie b, Erhaltungsziel b) als Baugruppe 0.0.40 «Kantonsschule Luegeten, erste Bauetappe 1971–1975», mit einem «Hinweis» erwähnt.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2017 beantragte die Baudirektion des Kantons Zug bei der Direktion des Innern, die Schutzwürdigkeit der Gebäude der Kantonsschule Zug am Lüssiweg 22–28 abschliessend zu klären und sie aus dem Inventar zu entlassen. Die Gebäude aus den 1970er-Jahren seien sanierungsbedürftig, verschiedene Bauteile hätten das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Weiter sei die Kantonsschule ein wichtiger Bestandteil der kantonalen Mittelschulplanung. Der Standort solle auch in Zukunft beibehalten und an die aktuellen schulischen Bedürfnisse angepasst werden können. Vor diesem Hintergrund habe das Hochbauamt eine Machbarkeitsstudie in Varianten erarbeitet. Der Lenkungsausschuss habe diese zur Kenntnis genommen.

Am 7. Dezember 2017 führte die – zwischenzeitlich aufgrund der Teilrevision des Denkmalschutzgesetzes (DMSG) aufgehobene – kantonale Denkmalkommission einen Augenschein vor Ort durch. In ihrer anschliessenden Sitzung beschloss die Denkmalkommission, der Direktion des Innern die Unterschutzstellung des Objekts zu beantragen. Am 5. Juni 2018 stellte die Direktion des Innern den Entwurf des Unterschutzstellungsbeschlusses der Standortgemeinde und der Eigentümerschaft zur Stellungnahme zu. Am 6. Juli 2018 stimmte der Stadtrat von Zug der Unterschutzstellung zu. Mit Schreiben vom 6. August 2018 nahm die Baudirektion vom Unterschutzstellungsentwurf Kenntnis, verzichtete jedoch auf eine inhaltliche Stellungnahme.

Am 31. Januar 2019 beschloss der Kantonsrat eine Teilrevision des DMSG. Dagegen wurde in der Folge das Referendum ergriffen. In der Volksabstimmung vom 24. November 2019 stimmte die Zuger Stimmbevölkerung der Teilrevision des DMSG mit einem Ja-Anteil von 65,53 % zu. Am 14. Dezember 2019 trat der neue Erlass in Kraft.

Am 26. Mai 2020 teilte das Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug dem Stadtrat von Zug mit, seine Neubeurteilung der Gebäudegruppe Kantonsschule habe ergeben, dass beim hier interessierenden Objekt die Anforderungen an ein Schutzobjekt gemäss § 25 Abs. 1 lit. a DMSG nicht erfüllt seien. Die Kantonsschule mit den Assek.-Nrn. 2557a, 2557b und 2557c auf GS Nr. 3070, Lüssiweg 22–26, in Zug, solle daher nicht unter Schutz gestellt werden. Der Stadtrat werde gebeten, mitzuteilen ob er mit der beantragten Nicht-Unterschutzstellung und Entlassung des genannten Objekts aus dem Inventar der schützenswerten Denkmäler einverstanden sei. Mit Beschluss vom 16. Juni 2020 stimmte der Stadtrat von Zug der Nicht-Unterschutzstellung sowie der nachfolgenden Entlassung des Objekts aus dem Inventar der schützenswerten Denkmäler zu.

Mit Beschluss vom 30. Juni 2020 entschied der Regierungsrat des Kantons Zug, die Gebäudegruppe Kantonsschule Lüssiweg 22–26, Zug, GB Zug GS Nr. 3070, werde nicht unter kantonalen Denkmalschutz gestellt.

Gegen den Beschluss des Regierungsrats reichten der Schweizer Heimatschutz, Zürich, und der Zuger Heimatschutz, Zug, am 30. Juli 2020 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein.

Mit Verfügung vom 4. September 2020 sistierte das Gericht das Beschwerdeverfahren bis zur Erledigung des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens betreffend das DMSG.

Mit BGE 147 I 308 vom 1. April 2021 hiess das Bundesgericht die bei ihm eingereichte Beschwerde teilweise gut, indem es § 25 Abs. 4 DMSG in der Fassung vom 31. Januar 2019 aufhob. Im Übrigen wies das Bundesgericht die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:
3.        

3.1 Am 14. Dezember 2019 traten die Änderungen des DMSG vom 31. Januar 2019 in Kraft. Die Übergangsbestimmungen sehen vor, dass Verfahren betreffend die Unterschutzstellung bzw. Inventarentlassung von Denkmälern, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts hängig sind, nach neuem Recht abgeschlossen werden (§ 44 Abs. 1 DMSG). Demnach sind vorliegend die neuen, ab 14. Dezember 2019 gültigen Bestimmungen des DMSG anwendbar.

3.2 Das DMSG umschreibt in § 2 den Begriff des Denkmals. Nach diesem Gesetz sind Denkmäler Siedlungsteile, Gebäudegruppen, gestaltete Freiräume, Verkehrsanlagen, Einzelbauten, archäologische Stätten und Funde sowie in einer engen Beziehung hiezu stehende bewegliche Objekte, die einen äusserst hohen wissenschaftlichen, kulturellen oder heimatkundlichen Wert darstellen (zwei von drei Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein). Objekte, deren Schutz erwogen wird, sind im Inventar der schützenswerten Denkmäler festzuhalten (§ 5 und § 21 Abs. 1 Satz 1 DMSG). Objekte, an deren Erhaltung ein äusserst hohes öffentliches Interesse besteht, werden unter kantonalen Schutz gestellt und in das Verzeichnis der geschützten Denkmäler eingetragen (§ 4 DMSG). Der Regierungsrat entscheidet über die Unterschutzstellung eines Denkmals, falls der Schutz des Denkmals nicht einvernehmlich durch öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Eigentümerschaft zustande kommt (§ 10 Abs. 1 lit. a DMSG). Gestützt auf § 25 Abs. 1 DMSG beschliesst er über die Unterschutzstellung und den Schutzumfang, wenn das Denkmal von äusserst hohem wissenschaftlichen, kulturellen oder heimatkundlichen Wert ist (zwei von drei Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein; lit. a), das öffentliche Interesse an dessen Erhaltung allfällige entgegenstehende Privatinteressen oder anderweitige öffentliche Interessen überwiegt (lit. b), die Massnahme verhältnismässig ist und eine langfristige Nutzung ermöglich wird (lit. c), die dem Gemeinwesen entstehenden Kosten auch auf Dauer tragbar erscheinen (lit. d).

3.3 Die Revision des DMSG per 14. Dezember 2019 führte nach der im Jahr 2008 durchgeführten Revision (vgl. Bericht und Antrag des Regierungsrats zur Revision vom 22. Januar 2008, Vorlage Nr. 1629.1, Laufnummer 12598) bezüglich der Unterschutzstellungsvoraussetzungen nochmals zu einer Verschärfung, indem der in § 25 Abs. 1 lit. a DMSG aufgelistete Wert neu äusserst hoch sein muss. Ziel der Revision war, im Rahmen der kantonalen Zuständigkeit strengere Voraussetzungen für den Schutz eines Objektes festzusetzen und dabei die Interessen der betroffenen Grundeigentümer stärker zu berücksichtigen. Das Gesetz enthält keine genauere Umschreibung der bei der Rechtsanwendung zu beachtenden Massstäbe. Die erhöhten Anforderungen gründen auf der Beschlussfassung der vorberatenden Kommission des Kantonsrats, welche ohne weitere Diskussion mit neun zu sechs Stimmen einem Antrag auf Änderung des «sehr hohen Wertes» zu «äusserst hohem Wert» in § 2 Abs. 1 DMSG entsprach. Die analoge Abänderung in § 4 Abs. 1 DMSG wurde mit neun zu fünf Stimmen bei einer Enthaltung gutgeheissen. Den Antrag, dass für die Schutzwürdigkeit eines Objekts nicht nur ein Kriterium, sondern zwei der drei Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen, nahm die Kommission mit zwölf zu drei Stimmen an. Der Antrag auf Abänderung in § 25 Abs. 1 lit. a DMSG wurde stillschweigend übernommen (vgl. Bericht und Antrag der vorberatenden Kommission vom 25. Juni 2018, Vorlage Nr. 2823.3, Laufnummer 15810). Was die Prüfung der Verhältnismässigkeit betrifft, so unterliegt diese als allgemeines Verfassungsprinzip nach Art. 5 Abs. 2 BV an sich der uneingeschränkten gerichtlichen Kognition. Verlangt aber bereits die Anwendung einer Gesetzesvorschrift gestützt auf unbestimmte Rechtsbegriffe eine Abwägung, hat das Gericht diese gegenüber dem Entscheid der Vorinstanz mit Zurückhaltung zu beurteilen (vgl. Marco Donatsch, in: Kommentar zum VRG des Kantons Zürich, 3. Aufl. 2014, § 50 N 33).

Die Verhältnismässigkeit und Zumutbarkeit einer Unterschutzstellung kann umso eher bejaht werden, je höher die Schutzwürdigkeit eines Objektes zu gewichten ist. Das öffentliche Interesse verlangt, dass ein Baudenkmal recht eigentlich aus anderen Objekten herausragt und von bedeutendem kulturellem Wert ist (vgl. Walter Engeler, Das Baudenkmal im schweizerischen Recht, 2008, S. 48 f., 205 f.). Ein Gegenstand der Vergangenheit mit besonderem Zeugnischarakter wird durch das erkennende Betrachten der Gesellschaft zum Denkmal (vgl. Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege, Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz, 2007, S. 13). Bei den für die Denkmalwürdigkeit in § 25 Abs. 1 lit. a DMSG geforderten Qualifikationen der äusserst hohen Werthaltigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Davon spricht man, wenn eine gesetzliche Bestimmung die Voraussetzungen einer Rechtsfolge in offener unbestimmter Weise umschreibt. Jede offen formulierte Norm räumt einen gewissen Ermessensspielraum ein. Die Ausübung des Ermessens kann jedoch im Verwaltungsgerichtsverfahren dann nicht überprüft werden, wenn Entscheide des Regierungsrats zu beurteilen sind. Bei der Überprüfung der Anwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ebenfalls eine gewisse Zurückhaltung durch eine gerichtliche Instanz angezeigt. Auch das Bundesgericht übt in diesen Fällen Zurückhaltung und billigt den Verwaltungsbehörden einen gewissen Beurteilungsspielraum zu, wenn der Entscheid besonderes Fachwissen oder Vertrautheit mit den tatsächlichen Verhältnissen voraussetzt und soweit die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und die erforderlichen Abklärungen sorgfältig und umfassend durchgeführt wurden (BGE 135 II 384 E. 2.2.2). Es hat mehrfach festgehalten (vgl. BGer 1C_555/2010 vom 23. Februar 2011 E. 2.1, 1C_543/2009 vom 15. März 2010 E. 2.3), dass «bei der Prüfung der Frage, ob ein Objekt Schutz verdient, eine sachliche, auf wissenschaftliche Kriterien abgestützte Gesamtbeurteilung Platz zu greifen hat, welche den kulturellen, geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Zusammenhang eines Bauwerks berücksichtigt. Eine Baute soll als Zeuge und Ausdruck einer historischen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Situation erhalten bleiben. Da Denkmalschutzmassnahmen oftmals mit schwerwiegenden Eigentumseingriffen verbunden sind, dürfen sie aber nicht lediglich im Interesse eines begrenzten Kreises von Fachleuten erlassen werden. Sie müssen breiter abgestützt sein und von einem grösseren Teil der Bevölkerung befürwortet werden, um Anspruch auf eine gewisse Allgemeingültigkeit erheben zu können. Schliesslich gilt auch für Denkmalschutzmassnahmen der Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Danach müssen staatliche Hoheitsakte für das Erreichen eines im übergeordneten öffentlichen Interesse liegenden Zieles geeignet, notwendig und dem Betroffenen zumutbar sein. Ein Grundrechtseingriff ist namentlich dann unverhältnismässig, wenn eine ebenso geeignete mildere Anordnung für den angestrebten Erfolg ausreicht.» Dabei ist aber festzuhalten, dass rein finanzielle Interessen bei ausgewiesener Schutzbedürftigkeit für sich genommen nicht ausschlaggebend sein können. Je schutzwürdiger eine Baute ist, umso geringer sind Rentabilitätsüberlegungen zu gewichten (BGer 1C_55/2011 vom 1. April 2011 E. 7.1 mit Verweisen).

4.        

4.1 Mit BGE 147 I 308 hiess das Bundesgericht am 1. April 2021 eine von Privatpersonen eingereichte Beschwerde teilweise gut und hob § 25 Abs. 4 DMSG in der Fassung vom 31. Januar 2019 auf. Im Übrigen wies das Bundesgericht die Beschwerde ab. Mit § 25 Abs. 4 DMSG hob das Bundesgericht diejenige Bestimmung des Gesetzes auf, wonach Objekte, die jünger als 70 Jahre alt sind, nicht gegen den Willen der Eigentümerschaft unter Schutz gestellt werden, sofern sie nicht von regionaler oder nationaler Bedeutung sind (s. dazu BGE 147 I 308 E. 7.5). Diese Thematik ist jedoch im vorliegenden Verfahren nicht von Relevanz, weil der Regierungsrat in seinem Beschluss die für eine Unterschutzstellung notwendigen Erfordernisse von § 25 Abs. 1 lit. a–c DMSG per se verneinte und mit dem Alter der Kantonsschule Lüssiweg (weniger als 70 Jahre) gar nicht argumentierte.

4.2      

4.2.1 Gemäss dem Bundesgericht verletzen die von den Beschwerdeführern im bundesgerichtlichen Verfahren bemängelte Verwendung des Worts «äusserst» in § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 lit. a DMSG sowie das Erfordernis des Vorliegens von mindestens zwei Wertkriterien in § 2 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 lit. a DMSG Bundesrecht nicht, sofern die Gesetzesnovelle gemäss dem Übereinkommen vom 3. Oktober 1985 zum Schutz des baugeschichtlichen Erbes in Europa (sog. Granada-Übereinkommen; SR 0.440.4; für die Schweiz am 1. Juli 1996 in Kraft getreten) ausgelegt wird. Diesbezüglich wies es die Beschwerde ab.

4.2.2     Das Granada-Übereinkommen verlangt den Erlass geeigneter Vorschriften zum Schutz von Baudenkmälern (Art. 3 Ziff. 2 und Art. 4 Ziff. 2 i.V.m. Art. 1 Ziff. 1 Granada-Übereinkommen) und verpflichtet jede Vertragspartei, wirksame Kontroll- und Genehmigungsverfahren einzuführen (Art. 4 Ziff. 1 Granada-Übereinkommen). Diese Bestimmungen lauten wie folgt:

«Art. 1
Das baugeschichtliche Erbe im Sinne dieses Übereinkommens umfasst folgende unbewegliche Kulturgüter:
1.  Baudenkmäler: Alle Bauwerke von herausragendem geschichtlichem, archäologischem, künstlerischem, wissenschaftlichem, sozialem oder technischem Interesse, mit Einschluss zugehöriger Einrichtungen und Ausstattungen;

Art. 3
Jede Vertragspartei verpflichtet sich:
1.  gesetzliche Massnahmen zum Schutze ihres baugeschichtlichen Erbes zu treffen;
2.  geeignete Vorschriften zu erlassen, um den Schutz der Baudenkmäler, Baugruppen und Stätten zu gewährleisten.

Art. 4
Jede Vertragspartei verpflichtet sich:
1.  wirksame Kontroll- und Genehmigungsverfahren einzuführen;
2.  zu verhindern, dass geschützte Kulturgüter verunstaltet, beeinträchtigt oder zerstört werden. In diesem Sinne verpflichten sich die Vertragsparteien, falls dies noch nicht geschehen ist, gesetzlich vorzuschreiben,

a)  dass jede beabsichtigte Zerstörung oder Veränderung von Baudenkmälern, die bereits geschützt sind oder für die Schutzmassnahmen eingeleitet worden sind, wie auch jede Beeinträchtigung ihrer Umgebung der zuständigen Behörde unterbreitet wird;
b)  …
c)  dass die Behörden vom Eigentümer eines geschützten Objektes verlangen können, gewisse Arbeiten durchzuführen, oder dass sie selber diese Arbeiten durchführen können, wenn der Eigentümer säumig ist;
d)  dass ein geschütztes Objekt enteignet werden kann.»

4.2.3     Das Bundesgericht führte, soweit dies für den vorliegenden Fall relevant ist, in seinem Entscheid Folgendes aus: Obwohl die im Granada-Übereinkommen aufgestellten Grundsätze und Regeln verpflichtend seien, beliessen sie den Staaten einen erheblichen Spielraum für deren Umsetzung. Insbesondere bezwecke die Konvention nicht eine Rechtsvereinheitlichung, sondern definiere lediglich einen Minimalstandard (BBl 1995 III 445, 451). Damit könnten die einzelnen Staaten die Kriterien für die Unterschutzstellung auch weitgehend selbst bestimmen, solange sie tauglich seien, den Zweck der Granada-Konvention zu erfüllen, bzw. damit nicht in Widerspruch träten oder diesen unterliefen. Der Kanton Zug stelle in den fraglichen Bestimmungen hohe Anforderungen an die Schutzgewährung. Dass es deswegen gar keine geschützten Objekte mehr geben werde, sei jedoch nicht ersichtlich. Es verstehe sich auch, dass der Kanton bei der Umsetzung seines Rechts die aufgrund von Art. 78 Abs. 2–5 BV ergangenen Schutzvorschriften des Bundes und dabei insbesondere das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) und dessen Umsetzungserlasse wie namentlich die Verordnung über den Natur- und Heimatschutz (NHV; SR 451.1) sowie die Verordnung über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS; SR 451.12) zu beachten haben werde. Nach Art. 1 Ziff. 1 der Granada-Konvention in der deutschsprachigen Fassung seien Baudenkmäler von «herausragendem … Interesse» zu schützen. Gemäss der Schlussbemerkung des Abkommens seien allerdings gleichermassen die französisch- und englischsprachigen Originalfassungen und nicht die deutsche Übersetzung verbindlich. Danach seien «monuments … particulièrement remarquables» bzw. «monuments of conspicuous … interest» zu schützen. Diese Formulierungen indizierten weniger strikte Anforderungen als die deutschsprachige Version. Das in der Gesetzesnovelle des Kantons Zug mehrfach verwendete Wort «äusserst» dürfe demnach nicht restriktiver ausgelegt werden als der anhand der Originalfassungen des Granada-Abkommens zu verstehende Begriff «herausragend». Der Zuger Gesetzgeber habe an sich keinen Hehl daraus gemacht, die gesetzliche Regelung mit der wiederholten Verwendung des Wortes «äusserst» und insbesondere der entsprechenden Ersetzung des Wortes «sehr» in der bisherigen Fassung von § 4 Abs. 1 DMSG verschärfen zu wollen. Bei einer freien Prüfung des Gesetzestexts wäre das möglicherweise von Belang. Mit Blick auf die erforderliche Völkerrechtskonformität sei jedoch lediglich zu prüfen, ob das neue Gesetz anhand der Granada-Konvention und deren Massstab ausgelegt werden könne, woran die konkrete Wortwahl nichts ändere. Es erscheine insoweit nicht ausgeschlossen, die neuen Bestimmungen, in denen das Wort «äusserst» vorkomme, im Sinne des Granada-Abkommens zu verstehen, auch wenn dadurch der gesetzgeberische Wille abgeschwächt werde. Insofern könne die Gesetzesnovelle demnach konventionskonform ausgelegt werden und verletze sie Bundesrecht nicht (BGE 147 I 308 E. 7.2 f.).

Auch bezüglich der Vorgabe, dass für die Anerkennung von Schutzwürdigkeit kumulativ mindestens zwei der in § 25 Abs. 1 lit. a DMSG definierten Kriterien erfüllt sein müssen, liegt gemäss dem Bundesgericht kein Verstoss gegen höherrangiges Recht vor. Das Bundesgericht begründet dies damit, dass gemäss Art. 1 Ziff. 1 i.V.m. Art. 3 Ziff. 2 und Art. 4 Ziff. 2 der Granada-Konvention alle Bauwerke von herausragendem geschichtlichem, archäologischem, wissenschaftlichem, sozialem oder technischem Interesse zu schützen seien. Dies werde erhärtet durch den Explanatory Report to the Convention for the Protection of the Architectural Heritage of Europe, wonach lediglich die «compliance with one or more of the[se] criteria» erforderlich sei (S. 5 des Reports). Es sei jedoch davon auszugehen, dass sich ohnehin in jedem schutzwürdigen Fall zumindest jeweils zwei der drei in § 25 Abs. 1 lit. a DMSG genannten Kriterien überlagerten. So sei ein kulturell oder heimatkundlich interessantes Objekt zwangsläufig auch von wissenschaftlichem bzw. ein heimatkundliches von kulturellem Interesse und umgekehrt. Das Kumulationserfordernis stosse insofern ins Leere und vermöge eine Schutzwürdigkeit nicht zu verhindern. Auch die fragliche Bestimmung lasse sich daher in diesem Sinne völker- und bundesrechtskonform auslegen.

5.        

5.1 Das Verwaltungsgericht zieht aus dem BGE 147 I 308 folgende Schlüsse: Das Bundesgericht anerkennt, dass der Gesetzgeber des Kantons Zug im Rahmen der kantonalen Zuständigkeit strengere Voraussetzungen für den Schutz eines Objekts festsetzen und dabei die Interessen der betroffenen Grundeigentümer stärker berücksichtigen wollte. Mit der wiederholten Verwendung des Wortes «äusserst» und insbesondere der entsprechenden Ersetzung des Wortes «sehr» in der bisherigen Fassung von § 4 Abs. 1 DMSG habe man die gesetzliche Regelung verschärfen wollen. Der Kanton Zug stelle, so das Bundesgericht, in den fraglichen Bestimmungen zwar hohe Anforderungen an die Schutzgewährung. Das sei aber durchaus zulässig, sofern die Anwendung im Sinne des Granada-Abkommens erfolge. Gemäss diesem Abkommen sind Bauwerke von herausragendem geschichtlichem, archäologischem, künstlerischem, wissenschaftlichem, sozialem oder technischem Interesse zu schützen. Für das Verwaltungsgericht bedeutet dies auf der einen Seite, dass seit der Gesetzesrevision nur Objekte in das Verzeichnis der geschützten Denkmäler einzutragen sind, bei denen das öffentliche Interesse an ihrem Erhalt höher als sehr hoch ist. Das führt unweigerlich dazu, dass aufgrund der Revision weniger Objekte unter Denkmalschutz gestellt werden, wie dies auch der Zuger Stimmbevölkerung in den Abstimmungserläuterungen zur Teilrevision des Denkmalschutzgesetzes vom 31. Januar 2019 dargelegt wurde. Der Kantonsrat hat im Übrigen der Gesetzesänderung im Wissen darum zugestimmt, dass die vorberatende Kommission diese damit begründete, es solle eine Fokussierung auf Objekte stattfinden, die einen ausgesprochen hohen wissenschaftlichen, kulturellen oder heimatkundlichen Wert aufweisen und das Gesetz in dieser Hinsicht verschärft werden (Bericht und Antrag der vorberatenden Kommission vom 25. Juni 2018, Vorlage Nr. 2823.3, Laufnummer 15810). Eine restriktivere Anwendung des Denkmalbegriffs bzw. eine Erhöhung der Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung ist somit gewollt und sowohl demokratisch als auch rechtlich legitimiert. Auf der anderen Seite scheint das Bundesgericht anzudeuten, dass eine strikte Anwendung des Wortes «äusserst» im DMSG wohl gegen die Granada-Konvention verstösst und daher nicht zulässig wäre. Tatsächlich schlösse dies vermutlich Objekte aus, die ebenfalls in hohem Masse zum Kulturgüter- und damit Identitätserhalt beitragen. «Äusserst hoch» kann in diesem Zusammenhang eigentlich nur noch mit «extrem hoch» gesteigert werden, was den Denkmalschutz praktisch obsolet machen würde. Um dem Gesetzgebungsauftrag nachzukommen (Verschärfung der Anforderungen an eine Unterschutzstellung, indem ein Denkmal von mehr als sehr hohem wissenschaftlichem, kulturellem oder heimatkundlichem Wert sein muss [wobei zwei von drei Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen]), ohne gegen das Völkerrecht zu verstossen, legt daher das Bundesgericht fest, dass das Wort «äusserst» nicht restriktiver ausgelegt werden darf als der anhand der Originalfassungen des Granada-Abkommens zu verstehende Begriff «herausragend». Dieser Richtschnur ist zu folgen.

5.2 Im Folgenden ist zu prüfen, ob der regierungsrätliche Entscheid – die Nichtunterschutzstellung der Kantonsschule Lüssiweg, Zug, – der gerichtlichen Überprüfung standhält. Dabei ist nochmals darauf hinzuweisen, dass eine Unterschutzstellung nur in Frage kommt, wenn ein Objekt von mehr als sehr hohem wissenschaftlichem, kulturellem oder heimatkundlichem Wert ist (wobei zwei von drei Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen). Und ebenfalls ist noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass das Gericht Zurückhaltung zu üben hat, auch wenn eine andere Bewertung, als sie der Regierungsrat vorgenommen hat, allenfalls denkbar wäre.

5.3

5.3.1 Der Regierungsrat stützte sich in seinem Nichtunterschutzstellungsbeschluss vom 30. Juni 2020 im Wesentlichen auf einen Fachbericht des Amts für Denkmalpflege und Archäologie vom 3. November 2017 (Bf-Beil. 4), gemäss welchem die Kantonsschule Zug nach Ansicht des Amts die damals geltenden Anforderungen für eine Unterschutzstellung erfüllte (sehr hoher kultureller und heimatkundlicher Wert), aus dem der Regierungsrat jedoch den Schluss zog, dass die inzwischen erhöhten Anforderungen (äusserst hoher Wert) nicht mehr erfüllt seien. Im Fachbericht wurde ausgeführt, die aus mehreren kubischen Baukörpern gebildete, in Materialien, Farben und Formen sehr sorgfältig gestaltete Anlage der Kantonsschule Zug sei ein sehr qualitätsvolles und wichtiges Zeugnis des Schulbaus der 1970er-Jahre. Sie sei nicht nur ein wichtiges Glied im Werk der für Zug sehr bedeutenden Architekten Hafner und Wiederkehr, sondern präge auch das Quartier Luegeten/Loreto wesentlich. Die Schulbauten seien daher von sehr hohem kulturellem und heimatkundlichem Wert und sollten unter Schutz gestellt werden. Zum Schutzumfang gehörten die Bauten der ersten Etappe von Hafner und Wiederkehr (Trakte 1–3, 5 und 8, siehe Plan Erhaltungsziele S. 7), die Aussenanlage des Landschaftsarchitekten Fred Eicher sowie das von den Architekten zusammen mit Willy Rotzler entworfene Konzept für die Kunst am Bau in der gleichen Schulanlage. Die vom Hochbauamt erstellte und von der Denkmalpflege begleitete Machbarkeitsstudie zeige auf, dass eine Gesamterneuerung der Anlage und Anpassung an die heutigen schulischen Bedürfnisse auch unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Schutzziele möglich sei. Durch die Beschränkung des Schutzumfangs auf die Ursprungsbauten von 1971–1975 bestehe zudem ein grosser Planungsspielraum. Mit einem sorgfältigen Sanierungs- und Umbaukonzept könnten die Qualitäten der kulturell sehr wertvollen Anlage erhalten und gestärkt werden. Den architektonischen Ausdruck der Bauten bestimme das spannungsvolle Nebeneinander der kubischen Baukörper mit ihrer einheitlichen Fassadenstruktur. Der Funktionalismus, ein Resultat einer pragmatischen Haltung während der Hochkonjunktur der Nachkriegsjahrzehnte, zeige sich hier in einer gekonnten Verbindung von einer einfachen konstruktiven Struktur, der zeitgenössischen Materialisierung und einer straffen, rationellen Grundrissentwicklung. Die Reduktion auf einzelne Volumen, Formen, Farben und Materialien, die spielerisch zusammengesetzt seien, und die grosse Sorgfalt bei der Detailgestaltung seien charakteristische Elemente der Architektur von Hafner und Wiederkehr. Verwiesen sei hier, so der Fachbericht weiter, auf die konstruktiv äusserst bemerkenswerte Haupttreppe des Obergymnasiums oder das Kunstkonzept, welches sich in die Architektur einfüge. Die Architekten hätten eine Schulanlage geschaffen, die sich auszeichne durch klare kubische Gestaltung, ausgewogene Proportionierung, spannungsreiche Materialisierung und zurückhaltenden, aber gezielten Farbeinsatz. Sie stelle ein wichtiges Entwicklungselement im Werk der für Zug bedeutenden Architekten dar. Lage, Formensprache und Materialisierung machten die Schulanlage Luegeten zu einem wichtigen Zeugen eines Schulhausbaus der 1970er-Jahre. Verunklärend wirkten die späteren Erweiterungsbauten von Erich Weber und Fredy Schmid, welche die Sprache der 1970er-Jahre nur partiell fortführten.

5.3.2 Auch im Antrag der Direktion des Innern (DI-Beil. 13), welcher am 5. Juni 2018 der Stadt Zug und dem Regierungsrat zur Stellungnahme zugestellt wurde, wurde die Unterschutzstellung der Kantonsschule Lüssiweg 22–28 als Baudenkmal von regionaler Bedeutung – ebenfalls vor dem Hintergrund der damals geltenden Gesetzgebung – noch bejaht. Die Gebäude hätten einen sehr hohen kulturellen und heimatkundlichen Wert. Die Direktion des Innern führte aus, die regional bedeutenden Architekten Hafner und Wiederkehr hätten bei der Kantonsschule Zug Themen weitergeführt, die sie kurz zuvor beim Lehrerseminar St. Michael in Zug (1959–1961) erprobt und entwickelt hätten, und welche im Schulhaus Freudenberg von Jacques Schrader (1956–1960) in Zürich einen prägenden Vorgänger hätten. Die Architektur zeige eine zeitbedingte, zweckorientierte Zurückhaltung, die bereits auf spätere Bauten der Architekten verweise. Wie im Baarer Schulhaus Sternmatt II (Wettbewerb 1976) beschwöre die einfache, rationale Fassadenstruktur aus Stahl, Glas und Beton Bilder der Technik. Die rote Stahlrahmenkonstruktion stehe unter dem Einfluss der Entwicklung des Bauens mit vorfabrizierten Bauelementen und gleichzeitig in der Tradition der sogenannten Solothurner Schule, einer losen Gruppierung von jungen Architekten, welche die Architektur in der Schweiz in den 1960er- und 1970er-Jahren wesentlich geprägt hätten und die gerade für Schulbauten wegweisend gewesen seien. Die Schulanlage Luegeten von 1971–1975 sei ein äusserst typischer Schulbau der 1970er-Jahre. Mit ihrem architektonischen Konzept, der sorgfältigen Durchgestaltung der Proportionen, Farben und Materialien sowie der Integration eines umfassenden Kunst-am-Bau-Konzepts wiederspiegle sie in exemplarischer Weise die Strömung der späten Nachkriegsarchitektur in der Schweiz. Trotz der späteren Erweiterungen, welche das architektonische Konzept an einzelnen Stellen verunklärt hätten, sei dieser Charakter bis heute spürbar. Die historische Bausubstanz der Ursprungsbauten sei in den wesentlichen Teilen mitsamt den bauzeitlichen Oberflächen und der Kunst am Bau noch erhalten. Die Kantonsschule Zug sei ein herausragender Zeuge der Architektur der 1970er-Jahre im Kanton Zug und daher von sehr hoher kultureller Bedeutung. Sie stehe am nordöstlichen Rand des Siedlungsgebiets der Stadt Zug, am Übergang zur Landwirtschaftszone. Gegenüber dem Nordosttrakt schliesse die Ortsbildschutzzone Lüssi an. Mit ihrer klaren kubischen Architektur und der charakteristischen gerasterten Fassade präge die Kantonsschule Luegeten die Gegend massgeblich mit. Sie bette sich volumetrisch zurückhaltend in die Hanglage ein, setze aber gleichzeitig mit ihrer Architektursprache einen deutlichen Akzent: Sie stehe für den Aufschwung der Nachkriegszeit, als Zug mit Wohnquartieren nach Norden expandiert sei und auch die benachbarte Gemeinde Baar stetig an Wohnbevölkerung zugenommen habe. Als Zeugin dieser Siedlungsentwicklung in den 1960er- und 1970er-Jahren wie auch als markanter Abschluss der Neubauquartiere am Rande zur Landwirtschaftszone komme der Kantonsschule Luegeten deshalb ein sehr hoher heimatkundlicher Wert zu. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Kantonsschule Lüssiweg, Assek.-Nrn. 2557a (Trakt 1–3), 2557b und 2557c, GS Nr. 3070 in Zug, einen sehr hohen kulturellen und heimatkundlichen Wert habe.

5.3.3 Im hier angefochtenen Beschluss vom 30. Juni 2020, der auf der neuen Gesetzgebung basiert, wonach ein Denkmal einen äusserst hohen wissenschaftlichen, kulturellen oder heimatkundlichen Wert aufweisen muss, beurteilte der Regierungsrat den Wert der Kantonsschule Lüssiweg 22–28 wie folgt: Abklärungen der Denkmalpflege hätten ergeben, dass die Schulanlage Luegeten zwar ein zeittypischer Vertreter des Schulbaus um 1970 sei, dass sie aber weder ein besonders frühes noch ein besonders herausragendes Beispiel für diesen Bautyp darstelle. Die Erkenntnisse, die aus dem Gebäude für die Architektur- und Kunstgeschichte der Region gewonnen werden könnten, seien daher nicht von einem derart grossen Interesse, dass von einem äusserst hohen wissenschaftlichen Wert gesprochen werden könne. Die Schulanlage bestehe aus mehreren Baukörpern. Sie sei geprägt von zeitgenössischen Materialien, einer rationellen Bauweise und Funktionalismus. Die Schulanlage verfüge über einfache und den Funktionen entsprechend gegliederte Baumasse, eine konstruktive Struktur und eine rationelle Grundrissentwicklung. Mit ihrem architektonischen Konzept, das auch die Kunst integriere, stelle die Anlage einen typischen Schulbau der Nachkriegsmoderne dar. Im Vergleich mit den anderen Schulbauten derselben Epoche im Kanton Zug – etwa dem Lehrerseminar St. Michael in Zug (1959–1961), dem ehemaligen Seminar Bernarda in Menzingen (1955–1958, heute Kantonsschule Menzingen) oder dem Schulhaus Sternmatt in Baar (1957) – seien die Bauten der Kantonsschule Zug aber späte Vertreter dieser Architekturströmung. Ausserdem hätten die späteren Erweiterungen der 1980er-Jahre mit diagonal eingepassten neuen Gebäuden und Passerellen die ursprünglich streng orthogonale Gliederung verunklärt. Trotz ihrer Zeugenschaft für die städtebauliche Entwicklung der 1960er- und 1970er-Jahre komme der Schulanlage deshalb aus architekturhistorischer Perspektive keine äusserst hohe Bedeutung im Sinne des teilrevidierten DMSG zu. Luftbilder aus der Bauzeit zeigten, dass die Kantonsschule zum Zeitpunkt ihrer Erstellung in einer weitgehend unbebauten Umgebung gestanden habe. Wie eine Ansammlung von Würfeln habe sie in die Landschaft gesetzt geschienen und damals sehr prägend gewirkt. Zwischenzeitlich habe sich dieses Quartier stark entwickelt, die verschiedenen Siedlungsteile seien zusammengewachsen. Die damals landschaftsprägende Wirkung der Schulanlage sei heute infolge der baulichen Entwicklung der Umgebung nicht mehr spürbar. Es lasse sich daher nicht länger eine äusserst hohe heimatkundliche Bedeutung des Objekts feststellen. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der erforderliche äusserst hohe wissenschaftliche, kulturelle oder heimatkundliche Wert für die Gebäudegruppe Kantonsschule nicht gegeben und eine Unterschutzstellung dieses somit nicht als herausragend zu qualifizierenden Objekts nicht zu verfügen sei.

5.4 Das Gericht schliesst sich dem Amt für Denkmalpflege und Archäologie, der Direktion des Innern und dem Regierungsrat an, dass die Kantonsschule Lüssiweg einen sehr hohen kulturellen und heimatkundlichen Wert hat. Es geht aber auch mit dem Regierungsrat einig, dass ein darüber hinaus gehender Wert nicht gegeben ist, wie er gemäss dem teilrevidierten DMSG für eine Unterschutzstellung verlangt wird (s. dazu auch E. 5.1). Etwas anderes kann auch dem Fachbericht des Amts für Denkmalpflege und Archäologie (Stand: 3. November 2017; Bf-Beil. 4) nicht entnommen werden. Einzig der (undatierte) Antrag der Direktion des Innern (DI-Beil. 13) führt aus, die Kantonsschule Zug sei ein herausragender Zeuge der Architektur der 1970er-Jahre im Kanton Zug. Diese allein dastehende Aussage wird aber erstens dadurch relativiert, dass das Amt für Denkmalpflege und Archäologie in seinem Fachbericht ausführt, die Schulanlage stelle nur – aber immerhin – ein wichtiges Entwicklungselement im Werk der für Zug bedeutenden Architekten Hafner und Wiederkehr dar. Weiter führt das Amt aus, Lage, Formensprache und Materialisierung machten die Schulanlage Luegeten zu einem (nur) wichtigen Zeugen eines Schulhausbaus der 1970er-Jahre. Das Wort «herausragend» findet sich an keiner Stelle des Fachberichts des Amts für Denkmalpflege und Archäologie zur Kantonsschule Lüssiweg 22–28. Und zweitens hat der Regierungsrat den entsprechenden Antrag der Direktion des Innern nie behandelt bzw. zu seinem Beschluss gemacht, so dass nicht gesagt werden könnte, der Regierungsrat habe den Bauten jemals einen herausragenden Wert zugesprochen. Vielmehr ist entsprechend der Ansicht des Regierungsrats – und entgegen der Meinung des Beschwerdeführers – darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass die Bauten der Kantonsschule Zug späte Vertreter des Schulbaus der Architekturströmung der Nachkriegsmoderne sind, einen wesentlichen Einfluss hat. Frühen Werken, die eine Epoche einleiten, ist ein höherer kultureller Wert zuzusprechen als späteren. Es kommt hinzu, dass es im Kanton Zug weiterhin mehrere Schulbauten dieser Architekturströmung gibt, so etwa das Lehrerseminar St. Michael in Zug (heute: Pädagogische Hochschule Zug), das ehemalige Seminar Bernarda in Menzingen (heute: Kantonsschule Menzingen) oder das Schulhaus Sternmatt in Baar – wohlgemerkt allesamt Projekte der Architekten Hafner und Wiederkehr. Das Verwaltungsgericht hat schon einmal zum Ausdruck gebracht, dass von einer herausragenden und einzigartigen Bedeutung, wie sie das teilrevidierte DMSG für eine Unterschutzstellung verlangt, nicht ausgegangen werden kann, wenn ein Objekt in ähnlicher Ausstattung im Kanton nicht selten ist (vgl. VGer ZG V 2019 12 vom 17. Dezember 2019 E. 4). Und schliesslich stimmt das Gericht dem Regierungsrat auch zu, wenn dieser darauf hinweist, dass die späteren Erweiterungen der Schulanlage Lüssiweg 22–28 mit diagonal eingepassten neuen Gebäuden und Passerellen die ursprünglich streng orthogonale Gliederung verunklärt haben, was ebenfalls dazu beiträgt, dass der Schulanlage aus architekturhistorischer Perspektive keine äusserst hohe kulturelle Bedeutung zukommt.

5.5 Ein Denkmal hat einen heimatkundlichen Wert, wenn ihm eine hohe identitätsstiftende Bedeutung für einen Ort oder eine Region zukommt. Dies ist der Fall, wenn das Denkmal das Ortsbild oder die Landschaft prägt, wenn es an ein historisches Ereignis oder an eine Persönlichkeit erinnert, die für den Ort sehr wichtig waren (Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Merkblatt «Was ist ein Denkmal?», Juni 2021). Die bauliche Entwicklung der Umgebung der Kantonsschule Zug hat dazu geführt, dass die ehemals landschaftsprägende Wirkung der Schulanlage in der zum Zeitpunkt ihrer Erstellung weniger stark bebauten Umgebung heute in geringerem Mass spürbar ist als früher. Eine äusserst hohe heimatkundliche Bedeutung des Objekts kann daher nicht festgestellt werden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Gebäudegruppe Kantonsschule im ISOS innerhalb der Umgebungszone XII Loreto/Luegeten (mit Aufnahmekategorie b, Erhaltungsziel b) als Baugruppe 0.0.40 «Kantonsschule Luegeten, erste Bauetappe 1971–1975», mit einem «Hinweis» erwähnt ist. Auch bezüglich des heimatkundlichen Werts werden somit die Anforderungen von § 25 Abs. 1 lit. a DMSG nicht erfüllt.

5.6 Mit dem wissenschaftlichen Wert der Kantonsschule Lüssiweg argumentiert der Beschwerdeführer nicht. Es ist denn auch offensichtlich, dass die Schulanlage nicht die für die Forschung äusserst hohe Bedeutung hat, wie sie in § 2 Abs. 1 sowie § 25 Abs. 1 lit. a DMSG für eine Unterschutzstellung verlangt wird.

5.7 Im Übrigen ist dem Regierungsrat zuzustimmen, wenn er darauf hinweist, dass neben dem Interesse an der Erhaltung von Bauwerken im vorliegenden Fall auch andere öffentliche Interessen, insbesondere bildungspolitische und raumplanerische Interessen, sowie Verhältnismässigkeitsüberlegungen einer Unterschutzstellung entgegenstehen. Angesichts steigender Schülerzahlen und entsprechendem Schulraumbedarf ist es wichtig, dass die Kantonsschule in ihrer Weiterentwicklung flexibel bleibt. Um dies zu erreichen, ist sie auf eine flexible, d.h. uneingeschränkte Nutzung des fraglichen Objekts angewiesen. Die Klassen werden grösser, und die gegebenen Strukturen des Objekts entsprechen nicht mehr heutigen schulischen Erfordernissen. Die vorhandenen Klassenzimmer mit ihren ca. 60 m2 sind zu klein für Vollklassen. Sie sind aber auch nicht zur Verwendung als Gruppenräume geeignet, da sie hierfür wiederum zu gross sind. Der Kanton ist also auf eine freie Nutzung des Rohbaus angewiesen, um den vorhandenen Mankos des Objekts baulich beizukommen. Es kommen energetische Überlegungen hinzu. Insbesondere würden geschützte Fassaden die Erreichung heute akzeptabler Dämmwerte zu vernünftigen Preisen verunmöglichen. Eine Sanierung könnte im Unterschutzstellungsfall bloss in ungenügendem Masse erfolgen und wäre unnötig kostenintensiv.

5.8       Zusammenfassend ergibt sich, dass der Regierungsrat kein Recht verletzt hat, indem er festgestellt hat, dass bei der Gebäudegruppe Kantonsschule weder ein äusserst hoher wissenschaftlicher noch ein äusserst hoher kultureller oder ein äusserst hoher heimatkundlicher Wert gegeben und daher eine Unterschutzstellung dieses Objekts nicht zu verfügen ist. Die gegen den Regierungsratsbeschluss eingereichte Beschwerde erweist sich als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. April 2022 V 2020 44
Auf eine Beschwerde gegen das Urteil ist das Bundesgericht mit Entscheid
1C_308/2022 vom 19. Juli 2023 nicht eingetreten.

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