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Zulassung als KVG-Leistungserbringerin

Regeste:

Art.37 Abs. 1 und 1bis KVG – Die in Art. 37 Abs. 1 KVG vorgesehene Zulassungsvoraussetzung einer mindestens dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte stellt keinen Verstoss gegen europäisches Recht dar (E. 4).

Für eine Zulassung unter der Auflage, die dreijährige Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte nachzuholen und während dieser Zeit die Leistungen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) über den Arbeitgeber abzurechnen, ist keine rechtliche Grundlage ersichtlich. Eine Zulassung von Personen, welche die Voraussetzung der dreijährigen Tätigkeit nicht erfüllen, ist nur bei Vorliegen einer Unterversorgung denkbar (E. 7).

Im Kanton Zug besteht im Bereich der Allgemeinmedizin keine Unterversorgung (E. 6).

Auch aus dem Binnenmarktgesetz kann kein Anspruch auf Erteilung einer ordentlichen Zulassung abgeleitet werden (E. 5).

Aus dem Sachverhalt:

Nachdem A. ihre Aus- und Weiterbildung in den Niederlanden abgeschlossen hatte, war sie dort von 2016 bis 2022 in verschiedenen Praxen als Hausärztin tätig. Im Februar 2021 anerkannte die Medizinalberufekommission (MEBEKO) die Ausbildung von A. und ihren Fachtitel als praktische Ärztin. Im Dezember 2021 erteilte der Kanton Schwyz ihr die Berufsausübungsbewilligung für den Kanton Schwyz, wo sie 17 Monate bis Ende Juli 2023 als Hausärztin in eigener Verantwortung in der Gruppenpraxis B. tätig war und ihre Leistungen über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) selbständig abrechnete. Seit dem 1. August 2023 ist A. mit einem Pensum von 50 % bei der C. in Zug tätig und verfügt über eine Berufsausübungsbewilligung des Kantons Zug.

Mit Verfügung vom 20. Oktober 2023 wies die Gesundheitsdirektion des Kantons Zug das Gesuch von A. vom 13. August 2023 um Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP im Kanton Zug ab. Begründet wurde die Abweisung damit, A. erfülle die Voraussetzung einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte nicht. Auf dieses Erfordernis könne nicht verzichtet werden, da im Kanton Zug im Bereich der Allgemeinmedizin keine Unterversorgung vorliege.

Gegen die Verfügung der Gesundheitsdirektion liess A. (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 20. November 2023 Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen. Sie liess zusammengefasst folgende Rechtsverletzungen durch die Gesundheitsdirektion geltend machen:

«(i) Verletzung des Staatsvertrages mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffend Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA), indem die angefochtene Verfügung es der Beschwerdeführerin verunmöglicht, ihre berufliche Tätigkeit im Kanton Zug auszuüben, da sie ihre ärztliche Leistungen nicht zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abrechnen darf, solange sie noch nicht drei Jahre an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte tätig war;

(ii) Verletzung des Binnenmarktgesetzes, indem die angefochtene Verfügung es der Beschwerdeführerin verunmöglicht, ihre bisher im Kanton Schwyz zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ausgeübte Tätigkeit auch im Kanton Zug auszuführen;

(iii) Verletzung von Art. 37 Abs. 1bis KVG, indem die Vorinstanz nicht auf das Erfordernis einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte verzichtet, obwohl dies vom Bundesgesetzgeber im Bereich der Allgemeinmedizin aus versorgungspolitischen Gründen explizit so vorgesehen ist;

(iv) Verletzung des verfassungsmässig gewährleisteten Verhältnismässigkeitsprinzips und der verfassungsmässig gewährleisteten Wirtschaftsfreiheit, unter anderem indem der Beschwerdeführerin es nicht gestattet wird, wenigstens unter Auflagen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätig zu werden, bis sie ihre dreijährige Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte abgeschlossen hat.»

Am 4. April 2024 liess die Beschwerdeführerin eine Replik einreichen mit den folgenden Anträgen:

«1. Die Verfügung der Gesundheitsdirektion des Kantons Zug vom 20. Oktober 2023 sei aufzuheben und die Beschwerdeführerin sei im Kanton Zug zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zuzulassen.

2. Eventualiter sei die Verfügung vom 20. Oktober 2023 aufzuheben und die Beschwerdeführerin sei im Kanton Zug zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zuzulassen, unter der Auflage, dass sie ihre Tätigkeit während drei Vollzeit-Beschäftigungsjahren (bzw. 6 Jahren bei einem 50 %-Pensum) an einer im Fachgebiet Allgemeine Innere Medizin anerkannten Weiterbildungsstätte ausüben wird. Zumindest sei der Beschwerdeführerin das Recht zu gewähren, die 3 Vollzeit-Beschäftigungsjahre (bzw. 6 Jahre bei einem 50 %-Pensum) bei ihrer Arbeitgeberin, der C. Zug, zu absolvieren und die von ihr während dieser Zeit erbrachten Leistungen über ihre Arbeitgeberin bzw. die dort tätigen Lehrärztinnen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abzurechnen.»

Aus den Erwägungen:

(…)

3. Seit dem 1. Januar 2022 dürfen gemäss Art. 36 KVG Leistungserbringer nach Art. 35 Abs. 2 lit. a–g, m und n KVG (Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Leistungserbringer) nur zulasten der OKP tätig sein, wenn sie vom Kanton zugelassen sind, auf dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt wird. Ärztinnen und Ärzte, die neu zulasten der OKP tätig werden wollen, müssen mindestens drei Jahre im beantragten Fachgebiet an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben (vgl. Art. 37 Abs. 1 KVG; Revision vom 19. Juni 2020, in Kraft seit dem 1. Januar 2022, AS 2021 413 «Zulassung von Leistungserbringern»). Die Beschwerdeführerin erfüllt diese Voraussetzung nicht, weshalb die Gesundheitsdirektion ihr Gesuch um Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP abwies und auch keine Ausnahmezulassung erteilte. Zu prüfen ist nachfolgend, ob dies zu Recht erfolgte.

4.

4.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, soweit ersichtlich sei rechtlich bis anhin noch nie geprüft worden, inwiefern die qualitativen Anforderungen des Zulassungsrechts, insbesondere das dreijährige Weiterbildungserfordernis, mit dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit
(FZA; SR 0.142.112.681) vereinbar sei. Die heute geltende Fassung sei vom Parlament erlassen worden. Sie unterscheide sich wesentlich von der Fassung, wie sie vom Bundesrat vorgeschlagen worden sei. Entsprechend könne der Botschaft des Bundesrates nichts dazu entnommen werden. Zur Zulässigkeit der mit dem neuen Zulassungsrecht eingeführten qualitativen Anforderungen, namentlich zur Zulässigkeit des hier in Frage stehenden dreijährigen Weiterbildungserfordernisses, existiere zudem soweit ersichtlich noch keine (höchstrichterliche) Praxis. Die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte (Art. 37 KVG) gelte zwar für alle Leistungserbringer unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Im Ergebnis treffe dieses Erfordernis ausländische Ärzte wie die Beschwerdeführerin jedoch klar stärker als inländische. Die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte verunmögliche es ausländischen Ärztinnen und Ärzten letztlich, in der Schweiz direkt zulasten der OKP tätig zu werden, ohne hier vorgängige Berufserfahrung erworben zu haben – und zwar selbst wenn sie über einen in der Schweiz anerkannten Facharzttitel verfügten und zuvor bereits in einem EU-Mitgliedstaat praktisch tätig gewesen seien. Dies anders als inländische Ärztinnen und Ärzte, welche ihre Ausbildung und Assistenztätigkeit in der Schweiz durchlaufen hätten und diese Voraussetzung in der Regel erfüllten. Die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte sei für Ärztinnen und Ärzte aus der EU – wie die Beschwerdeführerin – somit indirekt diskriminierend. Das Zulassungserfordernis einer mindestens dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte widerspreche darüber hinaus auch den im FZA enthaltenen umfassenden Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung von Diplomen und Fähigkeitsausweisen, welche die volle berufliche Mobilität gerade gewährleisten sollten. Insbesondere stehe das Erfordernis in direktem Widerspruch zu dem von der Schweiz übernommenen Art. 55 der Richtlinie 2005/36/EG und dem Anhang K des EFTA-Übereinkommens. Darin werde explizit statuiert, dass Ärztinnen und Ärzte, die ihre Berufsqualifikation in der EU/EFTA erworben hätten, von nationalen Vorgaben für eine Kassenzulassung (Absolvierung eines Vorbereitungslehrgangs und/oder Erwerb von Berufserfahrung) befreit seien, selbst wenn solche Voraussetzungen (auch) für Ärztinnen und Ärzte mit inländischen Berufsqualifikationen gälten. Des Weiteren habe sich die Schweiz im Rahmen des FZA ausdrücklich verpflichtet, in den unter das Abkommen fallenden Bereichen keine neuen Beschränkungen für Staatsangehörige der anderen Vertragsstaaten einzuführen (Art. 13 FZA; sog. Stillstandsklausel). Mit dieser Bestimmung sollte gerade vermieden werden, dass ein Vertragsstaat durch nationale Rechtsetzungsakte das Abkommen konterkariere/unterlaufe. Das erst zu Beginn 2022 in Kraft getretene Erfordernis einer mindestens dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte stelle eine solche unzulässige Beschränkung für Ärztinnen und Ärzte aus der EU dar. Eine objektive Rechtfertigung für diese doch ziemlich offensichtliche Benachteiligung ausländischer Staatsangehöriger sei nicht ersichtlich. Insbesondere sei – unter dem Blickwinkel der Verhältnismässigkeit – zu berücksichtigen, dass es sich beim Erfordernis einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten Ausbildungsstätte nicht bloss um eine vorübergehende bzw. befristete Massnahme handle. Hinzu komme, dass ohnehin nicht einzusehen sei, inwiefern die Anforderung, drei Jahre in einer schweizerischen Weiterbildungsstätte zu «arbeiten», die Qualität der Leistungserbringer steigern solle, zumal keine Weiterbildungsanforderungen damit verknüpft seien. Dass die Anforderung wenig zur Qualitätssicherung beitragen dürfte, zeige sich auch darin, dass sie nur für ambulante Praxen, nicht aber stationäre Leistungserbringer wie Spitäler (einschliesslich ihrer Ambulatorien) gelte. Ohnehin jedoch könnte die Qualitätssicherung auch auf andere beziehungsweise mildere Weise als mit einer erzwungenen, mehrjährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte erreicht werden. So sei im bundesrätlichen Gesetzesentwurf etwa noch vorgesehen gewesen, dass der Nachweis der für die Qualität der Leistungserbringung notwendigen Kenntnisse des schweizerischen Gesundheitssystems auch im Rahmen einer Prüfung erbracht werden könne. In der anschliessenden parlamentarischen Beratung sei die Bestimmung im Sinne des Tätigkeitserfordernisses dann unnötig verschärft worden. Soweit mit der zusätzlichen Zulassungsvoraussetzung eine Mengenbegrenzung beziehungsweise eine Kostenreduktion angestrebt werde, könne dieses Ziel bereits über die quantitative Zulassungsbeschränkung (Festlegung der Höchstzahlen) nach Art. 55a KVG erreicht werden.

4.2 Nach Art. 2 FZA dürfen die Staatsangehörigen einer Vertragspartei, die sich rechtmässig im Hoheitsgebiet der anderen aufhalten, bei der Anwendung des Abkommens nach den Anhängen I, II und III nicht auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden. Gemäss Art. 4 FZA ist das Recht auf Aufenthalt und Zugang zu einer Erwerbstätigkeit unter Vorbehalt von Art. 10 (Übergangsbestimmungen) nach Massgabe des Anhangs I gewährt. In Art. 15 Abs. 1 Anhang I FZA ist betreffend den Zugang zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit ein spezifiziertes Diskriminierungsverbot verankert. Nach dieser Bestimmung wird dem Selbstständigen im Aufnahmestaat hinsichtlich des Zugangs zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung eine Behandlung gewährt, die nicht weniger günstig ist als die den eigenen Staatsangehörigen gewährte Behandlung. Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung verbietet sowohl die offene oder direkte (formelle) Diskriminierung, d. h. jede Unterscheidung, die ausdrücklich auf die Staatsangehörigkeit abstellt, als auch die versteckte oder indirekte (materielle) Diskriminierung. Eine solche liegt vor, wenn eine benachteiligende Regelung an ein anderes Kriterium als die Staatsangehörigkeit anknüpft, aber in ihren Auswirkungen zum gleichen Ergebnis führt, ohne dass dies durch objektive Umstände gerechtfertigt wäre (Yvo Hangartner, Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit im Freizügigkeitsabkommen der Schweiz mit der Europäischen Gemeinschaft, AJP 2003 S. 265; zum Ganzen BGE 130 I 26 E. 3). Jedoch kann eine (materielle) Diskriminierung gerechtfertigt werden, wobei sowohl geschriebene Rechtfertigungsgründe (öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit, vgl. Art. 5 Anhang I FZA in Bezug auf die durch das Freizügigkeitsabkommen gewährleisteten Rechte) als auch ungeschriebene Rechtfertigungsgründe anerkannt sind. Bei letzteren handelt es sich letztlich um alle öffentlichen Interessen (wobei solche wirtschaftlicher Art nicht statthaft sind), so z. B. die Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts der Systeme sozialer Sicherheit, die «Einheitlichkeit des nationalen Bildungssystems» oder auch die Qualität der medizinischen Versorgung. Jedoch muss die Massnahme den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten, so dass sie und damit gerade die Differenzierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit geeignet zur Erreichung des angestrebten Ziels sein und hierfür auch das mildeste Mittel – bezogen auf den Eingriff und damit die Diskriminierung – darstellen muss (Astrid Epiney, Vorübergehende Wiedereinführung der bedarfsabhängigen Zulassung frei praktizierender Ärzte, in: Jusletter 22. April 2013, S. 4 f.). Die Massnahme muss mit anderen Worten geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist.

4.3 In dem von der Schweiz übernommenen Art. 55 der Richtlinie 2005/36/EG und dem Anhang K des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Übereinkommen) wird statuiert, dass Ärztinnen und Ärzte, die ihre Berufsqualifikationen in der EU/EFTA erworben haben, von allfälligen nationalen Vorgaben für eine Kassenzulassung (Absolvierung eines Vorbereitungslehrgangs und / oder Erwerb von Berufserfahrung) befreit sind, selbst wenn solche Voraussetzungen (auch) für Ärztinnen und Ärzte mit inländischen Berufsqualifikationen gelten.

4.4 Artikel 37 KVG enthält unbestrittenermassen keine direkte (offene) Diskriminierung. Er gilt ungeachtet der Staatsangehörigkeit der betroffenen Person. Die Beschwerdeführerin ist jedoch der Ansicht, es bestehe eine unzulässige indirekte (versteckte) Diskriminierung.

4.5 Aus der Botschaft vom 9. Mai 2018 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Zulassung von Leistungserbringern, Art. 37 KVG) geht hervor, dass mit der Vorlage zur Änderung des KVG die Anforderungen an die zulasten der OKP tätigen Leistungsempfänger erhöht und dadurch die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der von ihnen erbrachten Leistungen gesteigert werden sollen (BBl 2018 3126). Die Vorlage umfasste verschiedene Massnahmen auf drei Interventionsebenen. Die zweite Interventionsebene sah eine Stärkung der Voraussetzung für die Zulassung zur Tätigkeit zulasten der OKP vor. Die Anforderungen an die Leistungserbringer sollten erhöht werden, indem ein formelles Zulassungsverfahren eingeführt wird und die Tätigkeit der Leistungserbringer zulasten der OKP mit Auflagen verbunden werden sollte. Der Bundesrat hätte als eine Zulassungsvoraussetzung vorsehen können, dass Ärztinnen und Ärzte über die für die Qualität der Leistungserbringung notwendigen Kenntnisse des schweizerischen Gesundheitssystems verfügen und dass diese Kenntnisse mit einem Prüfungsverfahren kontrolliert werden. Von der Prüfung dispensiert würden Ärztinnen und Ärzte, die mindestens drei Jahre lang an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben, da anzunehmen sei, dass sie während dieser drei Jahren hinreichende Kenntnisse über das schweizerische Gesundheitssystem erwerben konnten. Das Parlament wich jedoch von der Vorlage des Bundesrats, insbesondere von der Erwähnung der «notwendigen Kenntnisse des schweizerischen Gesundheitssystems» und von der Prüfungsmöglichkeit, ab. Im Gegenzug verankerte das Parlament explizit das Erfordernis einer dreijährigen Tätigkeit im beantragten Fachgebiet. Zudem wurde per 18. März 2023 mit Art. 37 Abs. 1bis KVG für einzelne Fachrichtungen die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung von der Anforderung, während mindestens drei Jahren an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet zu haben, geschaffen.

4.6 Gemäss der Beschwerdeführerin habe sich das Parlament zu keinem Zeitpunkt mit den Auswirkungen der von ihm geänderten Bestimmungen auf das FZA befasst. Dies obwohl der Vorsteher des EDI in der parlamentarischen Beratung ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die vom Parlament geänderten Bestimmungen als nicht im Einklang mit dem FZA stehend betrachtet werden könnten, weil diese von den ausländischen Ärztinnen und Ärzten eine vorgängige Berufsausübung an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte verlangen würden (Amtl. Bulletin vom 3. Juni 2019, AB 2019 S. 248).

Mit Ausnahme dieser Ausführungen von Bundesrat Berset habe es in der gesamten parlamentarischen Beratung keine einzige Wortmeldung gegeben, die sich mit dem FZA befasst hätte. Das Parlament habe sich mit dem Hinweis des Kommissionssprechers begnügen lassen, wonach die Vereinbarkeit mit dem FZA «diskutiert» worden sei (vgl. Ständerat Stöckli, Amtl. Bulletin S AB 2019 S. 250).

 «Wir haben auch die Kompatibilität mit dem Freizügigkeitsabkommen diskutiert. Der Bundesrat hat gewisse Zweifel angemeldet, ob die Mehrheitslösung diesem entsprechen würde.»

Ein Jahr später habe sich das Parlament erneut mit dem Freizügigkeitsabkommen befasst, als es mittels parlamentarischer Initiative eine Ausnahme für die Verbesserung der Versorgungssicherheit beraten habe. Allerdings habe sich die SGK-N auch damals auf einen pauschalen Hinweis auf das Urteil C-4852/2015 des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2018 beschränkt, wonach die vom Parlament erlassene Regelung sich mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit rechtfertigen lasse. Diese würde zum einen eine gewisse Qualität der Versorgungsleistungen sichern und zum anderen die Bereitstellung bezahlbarerer medizinischer Leistungen für alle ermöglichen. Das Parlament habe weder die Auswirkungen auf die medizinische Versorgung noch das Freizügigkeitsabkommen bedacht, als es den Zugang ausländischer Ärztinnen und Ärzte beschränkt habe.

Bei der Beratung der parlamentarischen Initiative sei demgegenüber für die vorberatende Kommission des Ständerats ein Wandel der Einschätzung über die Vereinbarkeit mit dem Freizügigkeitsabkommen auszumachen gewesen (vgl. Ettlin, Amtl. Bulletin 2. März 2023, AB 2023 S. 61):

«Generell kam die Diskussion auf, ob Artikel 37 KVG in der in Kraft getretenen Fassung mit dem Freizügigkeitsabkommen grundsätzlich kompatibel ist. Die Inkompatibilität, die der Gesetzgeber in Kauf genommen hat, wird mit der Ausnahme etwas gemindert. Das konnten wir immerhin feststellen.»

Im Nationalrat habe sich Nationalrätin Weichelt wie folgt zur Verletzung des Diskriminierungsverbotes geäussert (Amtl. Bulletin vom 28. Februar 2023, AB 2023 S. 60):

«Ich erlaube mir, noch etwas zur Inkompatibilität mit dem europäischen Recht zu sagen. Die Bestimmungen im heutigen Recht stehen nicht im Einklang mit dem Freizügigkeitsabkommen. Die Bestimmungen verstossen gegen das Nichtdiskriminierungsverbot.»

Besonders kritisch habe sich der Bundesrat über die Vereinbarkeit der vom Parlament erlassenen Regelung geäussert. Dies ungeachtet der mit der parlamentarischen Initiative vorgeschlagenen Änderung (vgl. Stellungnahme des Bundesrates vom 25. Januar 2023 zum Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 29. November 2022 betreffend die parlamentarische Initiative «Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht gemäss Artikel 37 Absatz 1 KVG bei nachgewiesener Unterversorgung»):

«Damit unterstreicht die SGK-N, dass Artikel 37 KVG mit den Zulassungsvoraussetzungen, die von der EU als zumindest teilweise FZA-widrig betrachtet werden, für die Ärztinnen und Ärzte grundsätzlich Bestand haben soll. Eine wie von der EU geforderte FZA-konforme Regelung in Artikel 37 KVG würde bedingen, dass dessen Regelungsinhalt ganz grundsätzlich überdacht wird. Unabhängig davon, wie die rechtliche Analyse der Situation ausfällt, fordert der Bundesrat die eidgenössischen Räte auf, über eine Anpassung der entsprechenden Bestimmung nachzudenken. Eine Neufassung von Artikel 37 KVG mit dem Ziel, die Anliegen der EU aufzunehmen, würde die Möglichkeit schaffen, eine Änderung von Anhang III FZA zu erwirken, die den Zugang der Schweiz zum europäischen Vorwarnmechanismus zu Berufsausübungsverboten im Bereich der Gesundheitsberufe und der Betreuung von Minderjährigen öffnen würde.»

Zur Begründung der Vereinbarkeit mit dem FZA habe das Parlament auf die Rechtsprechung verwiesen, namentlich auf das Urteil BVGer C-4852/2015 vom 8. März 2018 E. 9.6 (vgl. Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates zur Parlamentarischen Initiative zur Ausnahme von der dreijährigen Tätigkeitspflicht gemäss Artikel 37 Absatz 1 KVG bei nachgewiesener Unterversorgung [22.431] vom 29. November 2022). Dieses Urteil betreffe jedoch, ebenso wie der BGE 130 I 26 E. 3, welcher dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liege, die quantitativen Anforderungen (Höchstzahlen).

4.7 Wie diese Darstellung der Abläufe durch die Beschwerdeführerin aufzeigt, befasste sich das Parlament entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin sehr wohl mit den Auswirkungen auf das Freizügigkeitsabkommen, als es den Zugang ausländischer Ärztinnen und Ärzte beschränkte. Sowohl der Bundesrat als auch verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier stellten mehrfach und ausdrücklich die Vereinbarkeit des Revisionsvorhabens mit dem europäischen Recht in Frage. Dennoch wurde die heutige Fassung von Art. 37 KVG beschlossen. Das ist als klare Willensäusserung des Gesetzgebers zu werten. Die Bundesversammlung wich bewusst vom Vorschlag des Bundesrats ab, mit Blick auf das FZA eine blosse Prüfung gelten zu lassen, und beharrte trotz Kritik von verschiedener Seite auf einer dreijährigen Tätigkeit an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte als Zulassungsvoraussetzung. Die Bundesversammlung war sich dabei der Frage nach dem Verhältnis der Zulassungsvoraussetzungen zum europäischen Recht absolut bewusst. Der sich aus Art. 37 Abs.1 KVG ergebende klare Wille des Bundesgesetzgebers ist aufgrund des verfassungsmässigen Gebots der Anwendung von Bundesrecht (Art. 46 Abs. 1 BV) zu respektieren und umzusetzen.

Im Rahmen der Schaffung von Art. 37 Abs. 1bis KVG im März 2023 setzte sich zudem das Parlament nochmals mit dem Umstand auseinander, dass die Zulassungsvoraussetzung einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte eine Hürde für Ärztinnen und Ärzte darstellt, welche diese Voraussetzung nicht erfüllen. Trotz der einschränkenden Folgen dieses Erfordernisses entschied sich das Parlament für eine sehr rigide, eng gefasste und befristete Ausnahmeregelung. Der Bundesrat hatte in einer Stellungnahme an die Bundesversammlung immerhin festgehalten (Stellungnahme zum Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 29. November 2022 zur parlamentarischen Initiative 22.431 «Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht gemäss Artikel 37 Absatz 1 KVG bei nachgewiesener Unterversorgung»):

«Mit der Änderung von Artikel 37 Absatz 1 KVG wurden die Zulassungsvoraussetzungen für die Ärztinnen und Ärzte erhöht. Unabhängig von einer allfälligen Zulassungsbeschränkung nach Artikel 55a KVG ist es Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland trotz eines anerkannten Facharzttitels im ambulanten Bereich nicht mehr möglich, direkt und sofort zulasten der OKP tätig zu werden, weder über eine selbstständige Tätigkeit noch über eine Tätigkeit in einer Einrichtung, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärztinnen und Ärzte dient. Sie müssen zuerst mindestens drei Jahre im beantragten Fachgebiet an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben.»

Es besteht in diesem Bereich zudem eine übereinstimmende Rechtsprechung. Gemäss dieser wurde im Zulassungsrecht der letzten zwanzig Jahre kein Verstoss gegen das FZA erkannt. Im Urteil BVGer C-4852/2015 vom 8. März 2018 E. 9.6, auf welches die Bundesversammlung in ihren Beratungen Bezug genommen hatte, kam das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass die Einschränkung der Personenfreizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Gesundheit, wie der Gewährung einer bezahlbaren Gesundheitsversorgung, der Sicherheit der Patientinnen und Patienten und der Qualitätssicherung der schweizerischen Gesundheitssysteme, gerechtfertigt sei. Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich dabei namentlich auf das Grundsatzurteil des Bundesgerichts BGE 130 I 26, in welchem erkannt wurde, die Zulassungssteuerung verletze weder das FZA, die Wirtschaftsfreiheit noch die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen. Es ist zwar der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass diese Urteile altrechtliche, von den Kantonen erlassene Höchstzahlen und somit quantitative Beschränkungen betreffen. Die hier interessierenden qualitativen Anforderungen wurden bisher, soweit ersichtlich, weder vom Bundesgericht noch vom Bundesverwaltungsgericht auf ihre Vereinbarkeit mit dem FZA überprüft. Dennoch zeigen die erwähnten Urteile eine klare Tendenz in der vorliegend zu beantwortenden Frage auf.

Immerhin befasste sich das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich in seinem Urteil AN.2020.00002 vom 31. März 2021 E. 6 mit einer Regelung, welche mit der heutigen Regelung von Art. 37 Abs. 1 KVG Ähnlichkeiten aufwies. In der damals geltenden Fassung von Art. 55a KVG war vorgesehen, dass für Personen, welche mindestens drei Jahre an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet hatten, keinerlei Bedürfnisnachweis erforderlich ist (Art. 55a Abs. 2 aKVG). Personen mit einer Schweizer Weiterbildung waren dadurch vollständig von der Zulassungsteuerung ausgenommen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich anerkannte zwar, dass sich diese Regelung zum Nachteil von ausländischen Staatsangehörigen auswirken konnte, da Schweizer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, welche ihren Weiterbildungstitel mehrheitlich in der Schweiz erwerben, dadurch bevorzugt wurden. Es kam jedoch zum Schluss, dass – sofern darin allenfalls eine indirekte Diskriminierung zu sehen wäre, die gegen das Diskriminierungsverbot des FZA verstiesse – sich diese Regelung mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, namentlich der Gewährleistung einer bezahlbaren Gesundheitsversorgung, der Patientensicherheit und der Qualitätssicherung des schweizerischen Gesundheitssystems rechtfertigen liesse; sie erschiene auch als verhältnismässig. Die durch die Regelung allenfalls resultierende indirekte Diskriminierung sei sachlich gerechtfertigt und erweise sich mit dem übergeordneten Recht vereinbar. Auch die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern kam in ihrem Beschwerdeentscheid 2023.GSI.2579 vom 4. Juli 2024 E. 5.3.3 zum Schluss, dass ein allfälliger Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot gerechtfertigt und verhältnismässig und damit Art. 37 Abs. 1 KVG mit dem FZA vereinbar sei.

5.

5.1 Die Beschwerdeführerin führt aus, sie verfüge bereits über eine Berufsausübungsbewilligung und OKP-Zulassung im Kanton Schwyz, wo sie 17 Monate tätig gewesen sei. Der Kanton Schwyz habe somit bereits festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die persönlichen (qualitativen) Anforderungen für eine Abrechnung über die OKP erfülle. Da im Bereich der bundesrechtlich geregelten qualitativen Anforderungen ohne Weiteres von gleichwertigen Zulassungssystemen im Sinne von Art. 2 Abs. 5 des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt
(Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02) auszugehen sei, bestehe von vornherein kein Raum mehr für eine Auflage oder Bedingung gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM; eine Beschränkung des durch Art. 2 Abs. 4 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 BGBM garantierten Marktzugangs sei daher weder verhältnismässig noch unerlässlich (Art. 3 Abs. 1 lit. c bzw. b BGBM). Für den Kanton Zug gebe es somit keinen Grund, die persönliche Qualifikation der Beschwerdeführerin erneut zu prüfen oder gar abweichend vom Kanton Schwyz zu beurteilen. Zwar dürften Leistungserbringer gemäss Art. 36 KVG nur zulasten der OKP tätig sein, wenn sie vom Kanton zugelassen seien, auf dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt werde. Eine entsprechende Zulassung sei gestützt auf das BGMG jedoch ohne Weiteres zu erteilen, wenn ein anderer Kanton zuvor bereits festgestellt habe, dass die persönlichen Zulassungsbedingungen erfüllt seien. Dies zumindest solange wie vorliegend keine zahlenmässige (quantitative) Beschränkung in Frage stehe. Demzufolge sei der Beschwerdeführerin die OKP-Zulassung gestützt auf die Erstzulassung im Kanton Schwyz auch im Kanton Zug zu erteilen, zumal hier ausschliesslich die persönliche Qualifikation der Beschwerdeführerin (qualitative Anforderungen) und nicht eine zahlenmässige Beschränkung (quantitative Anforderungen) in Frage stehe.

5.2 Das BGBM gewährleistet, dass Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz für die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt haben (Art. 1 Abs. 1 BGBM). Gemäss Art. 2 Abs. 4 BGBM hat jede Person, die eine Erwerbstätigkeit rechtmässig ausübt, das Recht, sich zwecks Ausübung dieser Tätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz niederzulassen und diese Tätigkeit unter Vorbehalt von Artikel 3 nach den Vorschriften des Ortes der Erstniederlassung auszuüben. Dies gilt auch wenn die Tätigkeit am Ort der Erstniederlassung aufgegeben wird. Bei der Anwendung der in Art. 2 Abs. 1–4 BGBM genannten Grundsätze gelten die kantonalen beziehungsweise kommunalen Marktzugangsordnungen als gleichwertig (Art. 2 Abs. 5 BGBM). Hat eine zuständige kantonale Vollzugsbehörde festgestellt, dass der Marktzugang für eine Ware, Dienstleistung oder Arbeitsleistung mit dem Bundesrecht übereinstimmt, oder hat sie den Marktzugang bewilligt, so gilt dieser Entscheid für die ganze Schweiz (Art. 2 Abs. 6 BGBM). Gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM darf ortsfremden Anbieterinnen und Anbietern der freie Zugang zum Markt nicht verweigert werden. Beschränkungen sind in Form von Auflagen oder Bedingungen auszugestalten und nur zulässig, wenn sie:

a. gleichermassen auch für ortsansässige Personen gelten;

b. zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen unerlässlich sind; und

c. verhältnismässig sind.

5.3 Mit der Gesundheitsdirektion ist einig zu gehen, dass es bei der Zulassung zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenversicherung nicht um die Frage geht, ob eine Arztperson ihre Erwerbstätigkeit rechtmassig ausüben darf. Das Recht zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung wird mit der Berufsausübungsbewilligung erteilt. Die entsprechenden Voraussetzungen, geregelt in Art. 36 Medizinalberufegesetz (MedBG; SR 811.11), erfüllt die Beschwerdeführerin, weshalb die Gesundheitsdirektion der Beschwerdeführerin am 28. Juni 2023 eine Berufsausausübungsbewilligung erteilte. Die Zulassung zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenversicherung betrifft hingegen nicht das Recht zur Berufsausübung, sondern das Recht, Leistungen zulasten der obligatorischen Krankenversicherung abzurechnen. Das Binnenmarktrecht gilt im Zulassungsrecht nicht, da ansonsten der Wille des Gesetzgebers, nur unter strengen Voraussetzungen Ausnahmezulassungen zuzulassen und die Zahl der Ärztinnen und Ärzte durch kantonale Höchstzahlen zu steuern, nicht umsetzbar wäre. Denn könnte jede Ärztin und jeder Arzt gestützt auf die Zulassung in einem Kanton auch in jedem anderen Kanton eine Zulassung erlangen, blieben die Vorgaben von Art. 37 Abs. 1bis und Art. 55a KVG toter Buchstabe. So hatte das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2021 schon einmal zu entscheiden, ob ein Arzt mit Haupttätigkeit im Kanton Schwyz einen Anspruch habe, im Kanton Zug ebenfalls eine Zulassung zu erhalten. Das Gericht wies die Beschwerde ab und hielt mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts fest, dass einem Zulassungsentscheid stets nur eine auf den betreffenden Kanton beschränkte Wirkung zukomme, da sonst der gesetzgeberische Wille, die Zulassung jeweils den einzelnen Kantonen vorzubehalten, zum Vornherein illusorisch würde. Leistungserbringer, die in einem Kanton vom Zulassungsstopp ausgenommen seien, könnten sich ansonsten in diesem niederlassen und anschliessend in einen anderen wechseln, in welchem sie der Beschränkung unterliegen. So könnten die entsprechenden kantonalen Regelungen beliebig umgangen werden. Würde ein Kanton Gesuchsteller zudem anders behandeln, weil sie bisher in einem anderen Kanton niedergelassen gewesen sind, würde er denjenigen gegenüber rechtsungleich handeln, die direkt in diesem Kanton um eine Zulassung nachsuchen (BVGer C-6306/2019 vom 15. Dezember 2021 E. 6.5.5 m.w.H.).

Die Regelung von Art. 37 KVG enthält daher, entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin, nicht nur qualitative, sondern insbesondere auch quantitative Aspekte, indem die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte beschränkt werden soll.

Dass jeder Kanton für sich über die Erteilung von Zulassungen zu entscheiden hat, ergibt sich im Übrigen auch aus Art. 37 Abs. 1bis KVG. Denn eine Ausnahme vom Erfordernis einer dreijährigen Tätigkeit an einer Weiterbildungsstätte kann gemäss dieser Norm nur gewährt werden, «wenn auf dem Kantonsgebiet (…) eine Unterversorgung besteht». Es liegt auf der Hand, dass die Beurteilung durch die Behörden in einem Kanton betreffend die Versorgungssituation in ebendiesem Kanton zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Bedeutung für spätere Gesuche um zusätzliche Ausnahmezulassungen auch in allen übrigen Kantonen haben kann. Daran ändern auch die generellen Grundsätze des Binnenmarktgesetzes nichts, die als deutlich älteres und allgemeineres Recht angesichts der neueren, spezifischen Regelungen von Art. 55a und Art. 37 KVG in den Hintergrund treten. Aus dem Binnenmarktrecht kann die Beschwerdeführerin daher keinen Anspruch auf Erteilung einer ordentlichen Zulassung ableiten.

6.

6.1 Nach Art. 37 Abs. 1bis KVG können Kantone Leistungserbringer wie die Beschwerdeführerin, welche über den Weiterbildungstitel praktische Ärztin als einzigen Weiterbildungstitel verfügen, von der Anforderung, während mindestens drei Jahren an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet zu haben, ausnehmen, wenn auf dem Kantonsgebiet in dem betroffenen Bereich eine Unterversorgung besteht.

6.2 Die Gesundheitsdirektion kommt in ihrer Verfügung zusammengefasst zum Schluss, dass diese Ausnahmebestimmung vorliegend nicht greife. Für den Kanton Zug sei gestützt auf Art. 3 Abs. 4 i.V.m. Anhang 1 der Verordnung des EDI vom 28. November 2022 über die Festlegung der regionalen Versorgungsgrade je medizinisches Fachgebiet im ambulanten Bereich (SR 832.107.1) im Bereich Allgemeine Medizin und Prakt. Ärztin/Prakt. Arzt ein Versorgungsgrad von 104,6 % ermittelt worden. Die Versorgung im Kanton Zug im Bereich der Allgemeinmedizin liege somit über dem Schweizer Durchschnitt. Unter der Annahme, dass die Schweiz insgesamt über eine genügende Ärztedichte im Bereich der Allgemeinmedizin verfüge, sei eine Unterversorgung bei einem Versorgungsgrad, der über dem schweizerischen Durchschnitt liegt, nicht möglich.

6.3 Gemäss der Beschwerdeführerin greift dieser von der Gesundheitsdirektion vorgenommene direkte Schluss von dem vom EDI im Zusammenhang mit der Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich ermittelten Versorgungsgrad auf das Fehlen einer Unterversorgung im Bereich der Allgemeinmedizin zu kurz und werde den tatsächlichen Versorgungsverhältnissen nicht gerecht. Das Modell zur Festlegung der Versorgungsgrade beruhe aus methodischen Gründen u. a. auf der Annahme, dass das Versorgungsangebot auf nationaler Ebene genau dem Bedarf bzw. dem optimalen Versorgungsniveau entspreche. Grundlage für die vom EDI ermittelten Versorgungsgrade bilde der Obsan-Bericht vom Mai 2022 (vgl. Schlussbericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums und von BSS Volkswirtschaftliche Beratung im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit, 05 /2022). Diesem Bericht sei zu entnehmen, dass diese Annahme nicht realistisch sei, was im Bericht an verschiedenen Stellen explizit festgehalten werde (vgl. insb. Ziff. 2.2. und 6.1). Entsprechend empfehle der Bericht, dass der Versorgungsgrad gerade nicht direkt als quantitatives Mass der Unter- und Überversorgung verstanden und interpretiert werden sollte (vgl. Ziff. 2.2). Bestätigt werde dies auch durch den Bundesrat, der in seiner Stellungnahme vom 25. Januar 2023 ausdrücklich festhalte, dass die Kantone zur Beurteilung, ob in einem Fachbereich eine Mangellage vorliege oder nicht, nicht allein auf die vom EDI festgelegten Versorgungsgrade abstellen könnten. Vielmehr sollten sie sich bei ihrer Beurteilung auf ein Bündel von Indikatoren abstützen. Zu berücksichtigen sei insbesondere auch das Angebot an Ärztinnen und Ärzten aufgrund von deren Arbeitszeit in Vollzeitäquivalenten (vgl. Stellungnahme des Bundesrates vom 25. Januar 2023 zu 22.431, Parlamentarische Initiative, Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht gemäss Artikel 37 Absatz 1 KVG bei nachgewiesener Unterversorgung, Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 29. November 2022, BBl 2023 343). Dieselbe Auffassung habe auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung zum bisherigen Recht vertreten, wonach bei der Beurteilung auch die Dichte und die effektive Arbeitszeit der in einer Region niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte berücksichtigt werden müsse (vgl. BVGer C-1994/2010 vom 4. Oktober 2010, bestätigt in C-1837/2014 vom 26. November 2014 und C-3572/2017 vom 10. Oktober 2018 E. 9.2.2.1). Aus einem für den Kanton Zug festgelegten Versorgungsgrad von 104,6 % könne somit gerade nicht geschlossen werden, dass im Kanton Zug im Bereich der Allgemeinmedizin keine Mangellage vorliege. Die Annahme, wonach das Versorgungsangebot auf nationaler Ebene genau dem Bedarf bzw. dem optimalen Versorgungsniveau entspreche, treffe zumindest für den Bereich der Allgemeinmedizin bekanntlich nicht zu. So verkenne die Gesundheitsdirektion, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen OSZE-Staaten zwar allgemein über eine vergleichsweise hohe Ärztedichte verfügen möge. Für ambulant tätige Ärztinnen/Ärzte mit dem Hauptfachgebiet Allgemeine Innere Medizin, Kinder- und Jugendmedizin und Praktische Ärztin/Praktischer Arzt zeichne sich gesamtschweizerisch jedoch ein problematisches Bild: Die Dichte in Vollzeitäquivalent (VZÄ) pro 1000 Einwohner/Einwohnerinnen liege mit 0,8 VZÄ seit Jahren unter dem empfohlenen Wert von 1 (vgl. FMH-Ärztestatistik 2022, S. 27). Der Schweiz fehlten somit jährlich Hunderte von Ärzten im Bereich der Allgemeinmedizin (vgl. hierzu ausführlich jüngst auch SRF News «Deshalb gehen der Schweiz die Hausärztinnen und Hausärzte aus», abrufbar unter: https://www.srf.ch/news/schweiz/allgemeinmedizin-deshalb-gehen-der-schweiz-die-hausaerztinnen-und-hausaerzte-aus). Nichts anderes zeige sodann auch ein Blick auf die Praxis der Nachbarkantone: Praktisch alle Nachbarkantone würden anerkennen, dass in ihrem Kantonsgebiet eine Unterversorgung bestehe. Sie alle verzichteten auf das Erfordernis einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte und machten von der Ausnahmebestimmung nach Art. 37 Abs. 1bis KVG Gebrauch. Im Einzelnen handle es sich um die Kantone Aargau, Basel-Land, Basel-Stadt, Bern, St. Gallen, Thurgau, Luzern, Schaffhausen und Zürich. Bemerkenswert sei, dass der Kanton Zürich für den Bereich der Allgemeinmedizin gar einen Versorgungsgrad von 105,7 % ausweise. Dieser Versorgungsgrad schliesse die Annahme einer Unterversorgung also gerade nicht aus. Machten praktisch alle Nachbarkantone im Bereich der Allgemeinmedizin von der Ausnahmebestimmung in Art. 37 Abs. 1bis KVG Gebrauch, so zeige dies, dass die Schweiz in diesem Bereich gerade nicht über eine genügende Ärztedichte bzw. optimales Versorgungsniveau verfüge. Dies gelte jedenfalls für das Einzugsgebiet des Kantons Zug, wo die Kantone im Bereich der Allgemeinmedizin tatsächlich eine Unterversorgung festgestellt hätten. Nichts anderes könne daher für den Kanton Zug gelten, welcher eine geringere Ärztedichte aufweise als der gesamtschweizerische Durchschnitt und als ein Grossteil seiner Nachbarkantone. Im Einzelnen: Aus der Ärztestatistik des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahr 2022, ergänzt um die Ärztedichte pro Kanton für den Bereich der Allgemeinmedizin mit FMH-Abschluss, ergebe sich, dass diese Ärztedichte im Kanton Zug mit 66 Allgemeinmedizinern pro 100'000 Einwohner unter dem Schweizer Durchschnitt von 70 Allgemeinmedizinern pro 100'000 Einwohner liege (Ärztestatistik 2022 des Bundesamtes für Statistik). Zu beachten sei sodann, dass fünf der Kantone, die für ihr Kantonsgebiet eine Unterversorgung im Bereich der Allgemeinmedizin festgestellt hätten, eine höhere Ärztedichte als der Kanton Zug auswiesen:

•           BL 80 Ärzte pro 100'000 Einwohner: 14 Ärzte mehr als ZG

•           BS 106 Ärzte pro 100'000 Einwohner: 40 Ärzte mehr als ZG

•           BE 79 Ärzte pro 100'000 Einwohner: 13 Ärzte mehr als ZG

•           ZH 71 Ärzte pro 100'000 Einwohner: 5 Ärzte mehr als ZG

•           SH 67 Ärzte pro 100'000 Einwohner: 1 Arzt mehr als ZG

Das gleiche Bild ergebe sich, wenn die Ärztestatistik der FMH aus dem Jahr 2022 beigezogen werde, welche die Ärztedichte mittels der Anzahl an Einwohnern pro Arzt angebe. Würden hier neben den Fachärzten für Allgemeine Innere Medizin auch praktische Ärzte mitberücksichtigt, so ergebe sich für den Kanton Zug eine Ärztedichte von 1'237 Einwohnern pro Arzt bzw. Allgemeinmediziner. Die Ärztedichte im Kanton Zug liege auch hier unter dem schweizerischen Durchschnitt von 1'182 Einwohnern pro Arzt bzw. Algemeinmediziner (vgl. FMH Ärztestatistik, abrufbar unter: https://aerztestatistik.fmh.ch). Auch hier zeige sich, dass fünf Kantone im Bereich der Allgemeinmedizin eine höhere Ärztedichte als der Kanton Zug aufwiesen (ZG 1'237 Einwohner pro Arzt):

•           BL 1'159 Einwohner pro Arzt: 78 Einwohner weniger pro Arzt als in ZG

•           BS 803 Einwohner pro Arzt: 434 Einwohner weniger pro Arzt als in ZG

•           BE 1'103 Einwohner pro Arzt: 134 Einwohner weniger pro Arzt als in ZG

•           ZH 1'212 Einwohner pro Arzt: 25 Einwohner weniger pro Arzt als in ZG

•           SH 1'136 Einwohner pro Arzt: 101 Einwohner weniger pro Arzt als in ZG

Damit sei erstellt, dass die Ärztedichte im Kanton Zug im Bereich der Allgemeinmedizin unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt liege. Dies werde durch die FMH-Statistiken aus dem Jahr 2022, in welcher auch praktische Ärzte berücksichtigt würden, und die Statistiken des Bundesamtes für Statistik bestätigt. Auch liege die Ärztedichte im Kanton Zug unter derjenigen der Mehrheit der genannten Kantone, welche von der Ausnahmebestimmung nach Art. 37 Abs. 1bis KVG Gebrauch machten und in welchen somit eine Unterversorgung festgestellt worden sei. Für den Kanton Zug könne daher nichts anderes gelten. Es sei nicht begründbar, warum für den Kanton Zug eine andere Versorgungslage gelten solle als in praktisch allen anderen umliegenden Kantonen. Eine von den umliegenden Kantonen abweichende Zuger Praxis berge die Gefahr einer Abwanderung von Patientinnen und Patienten in andere Kantone. Eine solche Situation sei gesundheitspolitisch unerwünscht. Im Sinne eines kantonsübergreifenden einheitlichen Vollzugs der bundesrechtlichen Zulassungsbestimmungen und zur Verwirklichung eines einheitlichen schweizerischen medizinischen Versorgungsraumes sei eine einheitliche Auslegung und Anwendung der Ausnahmebestimmung nach Art. 37 Abs. 1bis KVG zu fordern. Dies umso mehr, als die Anstellung der Beschwerdeführerin bei der C. Zug vorliegend ohnehin keinen Ausbau des dort tätigen Ärzteteams darstelle, sondern vielmehr als – prozentmässig nicht einmal vollständigen – Ersatz für einen in Pension gegangenen Kollegen erfolge. Die Gesundheitsdirektion Zug sei daher sowohl zur Sicherstellung der Grundversorgung als auch im Sinne eines kantonsübergreifend kohärenten Gesetzesvollzugs gehalten, die Beschwerdeführerin, welche über den Weiterbildungstitel praktische Ärztin als einzigen Weiterbildungstitel verfüge, von der Anforderung, während mindestens drei Jahren an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet zu haben, im Sinne von Art. 37 Abs. 1bis KVG auszunehmen.

6.4       Die Gesundheitsdirektion entgegnete, zum Hintergrund von Art. 37 Abs. 1bis KVG sei festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Revision des KVG vom Juni 2020 den Kantonen die frühere Möglichkeit, bei Unterversorgung Ausnahmen zu gewähren (Art. 4 der Verordnung über die Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung [VEZL; SR 832.103]), bewusst entzogen habe. Ab dem Inkrafttreten der Änderung am 1. Januar 2022 sei es daher in keinem Kanton mehr möglich, ausnahmeweise eine Zulassung zu erteilen, wenn eine Gesuchstellerin oder ein Gesuchsteller die Zulassungsvoraussetzungen nicht vollständig erfülle. Da in der Folge von einigen Kantonen befürchtet worden sei, dass sich ohne jede Ausnahmemöglichkeit in bestimmten Regionen die Versorgungssituation verschlechtern könnte, habe die Bundesversammlung aufgrund der Parlamentarischen Initiative 22.431 mit Art. 37 Abs. 1bis KVG eine stark beschränkte Ausnahmemöglichkeit per 18. März 2023 wieder eingeführt. Allerdings sei die heutige Ausnahmeregelung viel restriktiver als die frühere, da sie bloss noch für vier Fachgebiete der Grundversorgung überhaupt Ausnahmen zulasse, und dies ausdrücklich nur bei nachgewiesener Unterversorgung. Zudem gelte die Bestimmung befristet bis zum 31. Dezember 2027; nach diesem Zeitpunkt würden die Kantone auch im Bereich der Grundversorgung wiederum keine Ausnahmen mehr gewähren können. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass das Bundesparlament die frühere (in manchen Kantonen sehr grosszügige) Praxis hinsichtlich der Erteilung von Ausnahmezulassungen kritisch gesehen und den Kantonen im vergangenen Jahr nur zögerlich und lediglich in einem sehr begrenzten Umfang Ausnahmen wieder erlaubt habe. Bei der Frage, was mit dem Begriff «Unterversorgung» gemeint sei, habe sich das Parlament gemäss den Materialien bewusst für ein erhebliches Ermessen der kantonalen Behörden entschieden. Ein grosser Ermessensspielraum ergebe sich auch aus dem Umstand, dass es sich bei Art. 37 Abs. 1bis KVG um eine Kann-Bestimmung handle. Selbst wenn also ein Kanton eine Unterversorgung feststellen würde, könnte er einem Leistungserbringer, der die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfülle und der damit keinen Anspruch auf eine ordentliche Zulassung habe, eine Ausnahmezulassung verweigern. Dies wäre etwa dann denkbar, wenn der Kanton Qualitätskriterien höher werte, wenn nur eine sehr leichte Unterversorgung bestehe, wenn diese erst seit kurzer Zeit andaure oder wenn auch ohne Erteilung von Ausnahmezulassungen mit einer Verbesserung der Versorgungslage zu rechnen sei (z. B. wenn die Eröffnung einer neuen Arztpraxis bereits absehbar sei). In den Randziffern 54 bis 61 führe die Beschwerdeführerin aus, es könne vom Versorgungsgrad, welchen das EDI im Zusammenhang mit der Festlegung der Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte ermittelt habe, nicht direkt auf eine Unterversorgung geschlossen werden. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin habe die Gesundheitsdirektion nicht direkt und insbesondere nicht ohne weitere Abklärungen auf den vom EDI festgelegten Versorgungsgrad abgestellt. Wie die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung zeigten, habe sich die Gesundheitsdirektion vorgängig mit der Dichte von Ärztinnen und Ärzten in der Schweiz im Vergleich mit anderen OSZE-Staaten auseinandergesetzt und festgestellt, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen OSZE-Staaten über eine vergleichsweise hohe Ärztedichte verfüge und die Menge der von Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern geleisteten Vollzeitäquivalenten im Verhältnis zur Einwohnerzahl seit Jahren stabil sei (vgl. angefochtene Verfügung, Ziff. 3.6). Es sei zwar richtig, dass die vom EDI bestimmten Versorgungsgrade primär eine Aussage darüber machten, ob die Versorgung in einem Kanton über oder unter dem Schweizer Mittel liege. Ein Versorgungsgrad von über 100 Prozent bedeute daher eine überdurchschnittliche Versorgung im landesweiten Vergleich, was nicht mit einer Überversorgung gleichzusetzen sei. Im Umkehrschluss bedeute aber selbst ein Versorgungsgrad von unter 100 Prozent keineswegs, dass eine Unterversorgung bestehe. So könne auch in einem Fachgebiet mit einem Versorgungsgrad von 80 oder 90 Prozent eine Überversorgung bestehen, sofern die Schweiz insgesamt in diesem Fachgebiet deutlich überversorgt sei. Notwendig sei daher stets eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der landesweiten Versorgungslage. Im Tätigkeitsgebiet der Beschwerdeführerin liege der Versorgungsgrad unbestritten über dem Schweizer Mittel. Nun könne zwar nicht direkt geschlossen werden, diese überdurchschnittliche Versorgung entspreche einer Überversorgung. Was aber gesagt werden könne, sei Folgendes: Nur wenn die Schweiz als Land im Bereich der Allgemeinmedizin stark unterversorgt wäre, könne in einem Kanton bei einem Versorgungsgrad von über 100 Prozent eine Unterversorgung bestehen. Sei die Schweiz in einem Fachgebiet insgesamt ausreichend versorgt (d. h. 100 Prozent Versorgungsgrad = genügende Versorgung), sei bei einem kantonalen Versorgungsgrad von über 100 Prozent eine Unterversorgung in jedem Fall ausgeschlossen. Gemäss den von der OECD erhobenen Zahlen verfüge die Schweiz über eine der höchsten Ärztedichten aller OECD-Staaten, die in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen sei und jene in Ländern wie Frankreich, Belgien, Finnland, den Niederlanden, Irland, Italien oder Schweden überschreite. Gleichzeitig liege auch der Anteil der Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner in der Ärzteschaft über dem OECD-Durchschnitt. Da deshalb nicht angenommen werden könne, dass die Schweiz im Bereich der Allgemeinmedizin stark unterversorgt sei, könne die im landesweiten Vergleich überdurchschnittliche Versorgung im Kanton Zug keiner Unterversorgung entsprechen. Es sei dabei zu beachten, dass gemäss der Ärztestatistik der FMH die Zahl aller Ärztinnen und Ärzte im Kanton Zug allein in den letzten 10 Jahren um 44 Prozent angestiegen sei (von 350 auf 503). Damit sei das Wachstum der Ärzteschaft deutlich höher als das Bevölkerungswachstum gewesen. Während im Jahr 2012 noch eine Ärztin oder ein Arzt pro 333 Einwohner gezählt worden sei, seien es 2022 bereits eine Ärztin oder ein Arzt für nur noch 261 Einwohner gewesen. Im Bereich der Allgemeinmedizin sei das Wachstum nicht ganz so ausgeprägt gewesen wie in den Spezialgebieten, aber immer noch deutlich. So sei die Zahl der Ärztinnen und Ärzte im Gebiet der Allgemeinmedizin in nur zehn Jahren von 105 auf 136 gestiegen, was einem Anstieg von ungefähr 30 Prozent entspreche. Dass andere Kantone die Ausnahmeregelung von Art. 37 Abs. 1bis KVG möglicherweise in einer Weise handhabten, dass sie die vom Bundesgesetzgeber vorgesehenen Ausnahmen kurzerhand zur Regel erklärten, sei für den Kanton Zug nicht von Bedeutung. So führe die Beschwerdeführerin, neben anderen, ausgerechnet Basel-Stadt als Beispiel für einen Kanton mit angeblicher Unterversorgung auf – dabei sei die Ärztedichte im Kanton Basel-Stadt die höchste im ganzen Land. Gemäss FMH-Statistik hätten 2022 im Stadtkanton 2'111 Ärztinnen und Ärzte gearbeitet, was ein beispielloses Betreuungsverhältnis von einer Ärztin oder einem Arzt pro 93 Einwohnerinnen und Einwohner bedeute. Auch im Bereich der Allgemeinmedizin verfüge der Kanton Basel-Stadt über die höchste Ärztedichte aller Kantone, hier habe das Betreuungsverhältnis eine Ärztin oder ein Arzt pro 501 Einwohnerinnen und Einwohner betragen. Sollte der Kanton Basel-Stadt dennoch eine Unterversorgung annehmen und die Ausnahmeregelung von Art. 37 Abs. 1bis KVG anwenden, zeige dies deutlich auf, dass der Kanton Zug die Auslegung dieser Norm nicht von jener von Kantonen wie Basel-Stadt abhängig machen sollte. Was die Situation im Kanton Zug angehe, würde gemäss der Webseite der Zuger Gesellschaft für Hausarztmedizin die überwiegende Mehrheit der allgemeinmedizinischen Arztpraxen neue Patientinnen und Patienten aufnehmen. Per 1. Februar 2024 hätten gemäss diesem Verzeichnis von insgesamt 81 verzeichneten Ärztinnen und Ärzten 30 ohne Weiteres und 41 unter bestimmten Umständen neue Patientinnen und Patienten aufgenommen. Lediglich 10 Ärztinnen und Ärzte hätten angegeben, keine neuen Patientinnen und Patienten aufzunehmen. Die Gesundheitsdirektion weise darauf hin, dass dieses Verzeichnis nicht alle im Kanton Zug tätigen Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner umfasse und die tatsächliche Zahl von Ärztinnen und Ärzten, die neue Patientinnen und Patienten aufnähmen, deshalb höher sei. Sodann ergäben stichprobenhafte Überprüfungen via Online-Buchungstools, dass praktisch immer innerhalb der nächsten drei Arbeitstage ein Termin bei einer Allgemeinmedizinerin oder einem Allgemeinmediziner gebucht werden könne. Es sei davon auszugehen, dass auch bei diversen Praxen, die keine Online-Buchungen anböten, auf telefonische Nachfrage hin kurzfristige Termine wahrgenommen werden könnten. Der Umstand, dass möglicherweise nicht jederzeit ein sofortiger Termin in der Wunschpraxis zur Verfügung stehe und bei kurzfristigen Terminwünschen allenfalls eine andere Praxis besucht werden müsse, könne nicht als Massstab für die Annahme einer Unterversorgung angesehen werden. Im Gegenteil wäre die jederzeitige Verfügbarkeit von Terminen in sämtlichen Praxen ein Zeichen für eine erhebliche Überversorgung. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, es herrsche im Kanton Zug in ihrem Fachgebiet eine Unterversorgung, sei aus den genannten Gründen unzutreffend. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung nach Art. 37 Abs. 1bis KVG seien daher nicht erfüllt und der Beschwerdeführerin könne keine Ausnahmezulassung erteilt werden.

6.5 Die Ausführungen der Gesundheitsdirektion sind erstens überzeugend, nachvollziehbar und schlüssig. Und zweitens ist die Gesundheitsdirektion als kantonale Fachbehörde im Gesundheitswesen wohl am besten in der Lage zu beurteilen, ob im Bereich der Allgemeinmedizin im Kanton Zug eine Unterversorgung vorhanden ist oder nicht. Die von der Gesundheitsdirektion vorgenommene, auf ein Bündel von Indikatoren abgestützte Beurteilung, bei welcher nicht allein auf die vom EDI festgelegten Versorgungsgrade abgestellt wurde, hat klar aufgezeigt, dass es im Kanton Zug im Bereich Allgemeinmedizin jedenfalls keine Unterversorgung gibt. Dabei ist der Gesundheitsdirektion insbesondere zuzustimmen, dass unter der Annahme, dass die Schweiz insgesamt über eine genügende Ärztedichte im Bereich der Allgemeinmedizin verfügt – welche Annahme bei einem Vergleich mit anderen OSZE-Staaten und unter Beizug der Menge der von Allgemeinmedizinerinnen und -medizinern geleisteten Vollzeitäquivalente im Verhältnis zur Einwohnerzahl durchaus zulässig ist –, eine Unterversorgung bei einem Versorgungsgrad, der über dem schweizerischen Durchschnitt liegt (was im Kanton Zug der Fall ist), nicht möglich ist. Nur im Fall einer erheblichen Unterversorgung des gesamten Landes (d. h. 100 % Versorgungsgrad = deutliche Unterversorgung), dem wie vorangehend ausgeführt eben nicht so ist, wäre bei einem knapp fünf Prozent über dem Schweizer Schnitt liegenden Versorgungsgrad eine Unterversorgung erst denkbar. Auch die von der Gesundheitsdirektion vorgenommenen Internetrecherchen und Abklärungen, aus denen offenbar hervorgegangen ist, dass nur ein kleiner Teil der im Kanton Zug praktizierenden Ärztinnen und Ärzte nicht bereit bzw. nicht in der Lage ist, neue Patientinnen und Patienten aufzunehmen, zeigt glaubhaft auf, dass im Kanton Zug im Bereich Allgemeinmedizin keine Unterversorgung herrscht. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen die von der Gesundheitsdirektion vorgenommene Einschätzung der kantonalen Versorgungslage im Bereich Allgemeinmedizin nicht zu erschüttern. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Gesundheitsdirektion ihre Einschätzung korrekt vorgenommen und die Ausnahmebestimmung von Art. 37 Abs. 1bis KVG zu Recht nicht angewandt hat.

7.

7.1 Bezüglich ihres Eventualantrags führt die Beschwerdeführerin Folgendes aus: Sollte das Verwaltungsgericht wider Erwarten der Auffassung sein, dass das Erfordernis einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Ausbildungsstätte mit den Anforderungen des Freizügigkeitsabkommens zu vereinbaren sei und die Ausnahmebestimmung nach Art. 37 Abs. 1bis KVG vorliegend nicht angerufen werden könne, so sei die Beschwerdeführerin gleichwohl zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Kanton Zug zuzulassen. Dies jedoch unter der Auflage, dass die Tätigkeit während drei Vollzeit-Beschäftigungsjahren an einer im Fachgebiet Allgemeine Innere Medizin anerkannten Weiterbildungsstätte erfolge. Denn werde wie vorliegend ausschliesslich die Voraussetzung einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte nicht erfüllt, so müsse es der Beschwerdeführerin möglich sein, diese dreijährige praktische Tätigkeit nachzuholen. Ein Arbeitgeber, der als zertifizierte Weiterbildungsstätte beim SIWF (Schweizerisches Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung) registriert sei, könne die Beschwerdeführerin daher anstellen und deren Leistungen zulasten der OKP abrechnen. Die Beschwerdeführerin werde diesbezüglich einer Person in Weiterbildung gleichgesetzt, ohne jedoch eine eigentliche Assistenzarztfunktion einzunehmen. Es handle sich dabei vielmehr um eine praktische Tätigkeit zum Erwerb der Zulassungsvoraussetzungen. Diese Möglichkeit, die dreijährige Tätigkeit nachzuholen, sehe das Bundesamt für Gesundheit ausdrücklich vor (vgl. in diesem Sinne BAG, FAQ zur Umsetzung der KVG-Änderung «Zulassung von Leistungserbringern», Stand: 25. August 2023, Bst. k; ebenso BAG, Informationsschreiben: Beschäftigung von Personen in Weiterbildung und in Erlangung einer praktischen Tätigkeit beziehungsweise klinischen Erfahrung vom 28. März 2023). Werde die Voraussetzung einer dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte nicht bzw. noch nicht erfüllt, so würden die Gesuchstellenden in anderen Kantonen daher gleichfalls zugelassen. Dies jedoch unter der Auflage, dass eine Abrechnung über die OKP während drei Vollzeit-Beschäftigungsjahren nur dann erfolgen könne, wenn die Gesuchstellenden an einer im entsprechenden Fachgebiet anerkannten Weiterbildungsstätte tätig seien (dies sei etwa im Kanton St. Gallen so gehandhabt worden, bevor die Ausnahmebestimmung nach Art. 37 Abs. 1bis KVG in Kraft getreten sei; vgl. Verfügung des Gesundheitsdepartements St. Gallen vom 15. Juli 2022). Eine solche Zulassung unter Auflage, wie sie in anderen Kantonen bereits praktiziert werde, dränge sich sowohl aus Gründen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) als auch des verfassungsmässig gewährleisteten Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV) auf. Mit der dargelegten Auflage werde vollumfänglich sichergestellt, dass die Abrechnung über die OKP während drei Vollzeit-Beschäftigungsjahren nur an einer bzw. über eine im entsprechenden Fachgebiet anerkannte Weiterbildungsstätte erfolge und das Zulassungserfordernis entsprechend erfüllt werde. Die Zulassung unter Auflage stelle sodann im Vergleich zu einer Zulassungsverweigerung klarerweise eine mildere Massnahme dar. Entsprechend sei auch der Kanton Zug gehalten, eine solche Zulassung unter Auflage zu verfügen, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben seien. Dies sei vorliegend der Fall: Die C. in Zug, für welche die Beschwerdeführerin tätig sei, sei eine im SIWF-Weiterbildungsregister eingetragene Weiterbildungsstätte der Kategorie III. Mit Dres. med. D. und E. stünden in der C. sogar zwei Lehrärztinnen zur Verfügung. Demnach sei die C. ohne weiteres berechtigt, die Leistungen der Beschwerdeführerin entsprechend abzurechnen. Die Gesundheitsdirektion sei daher verpflichtet, die Beschwerdeführerin zumindest unter Auflage zuzulassen, da dies gegenüber einer gänzlichen Zulassungsverweigerung eine mildere und ebenso geeignete Massnahme darstelle. Dies umso mehr, als die Tätigkeit der Beschwerdeführerin bei der C. dringend notwendig sei, um einen zumindest teilweisen Ersatz für den bereits in Pension gegangenen Kollegen sicherstellen zu können. Vor diesem Hintergrund sei es schlicht nicht nachvollziehbar und verstosse offensichtlich gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete Wirtschaftsfreiheit und gegen das verfassungsmässig gewährleistete Verhältnismässigkeitsprinzip, wenn die Gesundheitsdirektion das Gesuch der Beschwerdeführerin vollumfänglich abweise, anstatt deren Zulassung zumindest unter Auflage zu gewähren.

7.2 Tatsächlich scheint das BAG Ärztinnen und Ärzte, welche (ausschliesslich) die Zulassungsvoraussetzung der dreijährigen Tätigkeit an einer schweizerischen Ausbildungsstätte noch nicht erfüllen, Personen in Weiterbildung zu einem Facharzttitel gleichzusetzen (FAQ des BAG zur Umsetzung der KVG-Änderung «Zulassung von Leistungserbringern», Stand: 25. August 2023, Ziff. 1.1 lit. k., S. 3, und BAG-Informationsschreiben zur Beschäftigung von Personen in Weiterbildung und in Erlangung einer praktischen Tätigkeit vom 28. März 2023). Dies hat zur Folge, dass ein Arbeitgeber, der als Weiterbildungsstätte zertifiziert ist, die Leistungen dieser Ärztinnen und Ärzte zu Lasten der OKP abrechnen darf, obwohl die persönliche Zulassungsvoraussetzung der dreijährigen Tätigkeit (noch) nicht erfüllt ist (und auch keine Weiterbildung zu einem Facharzttitel erfolgt). Die Zulassungsvoraussetzung der dreijährigen Tätigkeit muss nach dieser Auffassung also nicht bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung vorliegen, sondern kann nachgeholt werden, und die Leistungen können während dieser Zeit über den Arbeitgeber abgerechnet werden. Diese Rechtsauffassung scheint auch der Kanton Zürich zu vertreten (Merkblatt Medizin der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich vom November 2023, Abschnitt B, Ziff. 1.4.4, S. 28; Beilage 5 der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 11. Dezember 2023).

7.3 Das Gericht stimmt der Gesundheitsdirektion vollumfänglich zu, wenn diese ausführt, dass die FAQ des BAG – wie auch das BAG selber festhält – eine Meinungsäusserung des Bundesamts sind (siehe Fussnote 1 der FAQ). Die darin festgehaltenen Äusserungen waren nicht Teil des Gesetzgebungsprozesses und lassen deshalb keinen Rückschluss auf den Willen des Gesetzgebers zu. Die Auffassung, dass die Voraussetzung der dreijährigen Tätigkeit nicht bereits bei Erteilung der Zulassung vorliegen muss, sondern nachgeholt werden kann sowie die daraus folgende Ansicht, die Leistungen solcher Personen könnten wie bei Personen in Weiterbildung über den Arbeitgeber abgerechnet werden, lässt sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Materialien stützen. Im Gegenteil: Der Wortlaut von Art. 37 Abs. 1 KVG («… müssen mindestens drei Jahre […] gearbeitet haben») lässt keine andere Interpretation zu, als dass die Zulassungsvoraussetzung der dreijährigen Tätigkeit bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung erfüllt sein muss. Weder im Gesetzestext von Art. 37 Abs. 1 KVG noch in den Materialien finden sich Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber (Fach-)Ärztinnen und (Fach-)Ärzte, welche die Zulassungsvoraussetzung der dreijährigen Tätigkeit in einer schweizerischen Ausbildungsstätte noch nicht erfüllen, hinsichtlich der Abrechnung zu Lasten der OKP mit Personen in Weiterbildung gleichsetzen und ihnen damit die Möglichkeit geben wollte, die dreijährige Tätigkeit nach der erteilten Zulassung nachzuholen. Diese Sachverhalte sind auch absolut nicht vergleichbar. Eine Person in Weiterbildung zu einem Facharzttitel ist unter Aufsicht tätig und nur eine Art Hilfsperson der Zulassungsinhaberin oder des Zulassungsinhabers (wie z. B. auch eine MPA). Die indirekte Abrechnung von Leistungen solcher Hilfspersonen als Leistungen von zugelassenen Leistungserbringern ist nichts Neues. Eine Fachärztin oder ein Facharzt ist hingegen fachlich eigenverantwortlich tätig und keine Hilfsperson der Zulassungsinhaberin oder des Zulassungsinhabers. Es besteht bei Leistungen dieser Personen mithin kein Unterschied zur Tätigkeit von Zulassungsinhaberinnen und Zulassungsinhabern. Es ist daher bemerkenswert, dass das BAG in seinen FAQ die Analogie zwischen Personen in Weiterbildung zum Facharzt/zur Fachärztin und eigenverantwortlich tätigen Fachärztinnen und Fachärzten nur in Form eines Verweises gezogen hat (Ziff. 1.1 lit. l der FAQ). Bei einer Interpretation, die dem Wortlaut des Gesetzes so deutlich widerspricht («… müssen mindestens drei Jahre […] gearbeitet haben»), wäre eine Auslegung nach juristischer Methodik, aus welchen Gründen Art. 37 Abs. 1 KVG den Willen des Gesetzgebers falsch oder unvollständig wiedergeben solle, von zentraler Bedeutung. Dem Gesetzgeber war sehr wohl bewusst, dass die Zulassungsvoraussetzung der dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte für neu in die Schweiz kommende Ärztinnen und Ärzte Schwierigkeiten zur Folge haben beziehungsweise dazu führen kann, dass neu in die Schweiz kommende Ärztinnen und Ärzte unter Umständen nicht (sofort) zu Lasten der OKP tätig werden können. Er begegnete diesem Umstand aber nicht etwa damit, die Zulassungsbedingungen für die einzelnen Arztpersonen generell zu lockern. Vielmehr war es das Ziel des Gesetzgebers, die Zulassungsbedingungen nur für den Fall einer nachgewiesenen Unterversorgung zu lockern (BBI 2022 3125, Seite 4/12). Er schuf in der Folge Art. 37 Abs. 1bis KVG, welcher die Kantone ermächtigt, bei einer Unterversorgung auf Kantonsgebiet Leistungserbringer von der Anforderung der dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte auszunehmen. Da der Wortlaut des Artikel 37 Abs. 1 KVG klar ist und die Materialien keinerlei Hinweise auf eine andere Auslegung geben, gibt es keinen Anlass, vom Wortlaut dieser Norm abzuweichen. Eine Gleichsetzung von eigenverantwortlich tätigen Fachärztinnen und Fachärzten mit Personen in Weiterbildung (hinsichtlich der Abrechnung zu Lasten der OKP) ist eine Umgehung der Zulassungsregelung. Diese Ansicht scheint auch das SIWF zu vertreten. Dieses hat festgestellt, dass viele der im Weiterbildungsregister aufgeführten Praxisweiterbildnerinnen und -weiterbildner ihre Anerkennung für die Anstellung eines Facharztes oder einer Fachärztin nutzen. Das SIWF verlangt deshalb bei jedem Gesuch um Neuanerkennung einer Weiterbildungsstätte eine Bestätigung, dass das Gesuch um Anerkennung tatsächlich die Anstellung eines Arztes in Weiterbildung zum Zweck hat und nicht der Umgehung der Zulassungsregelung dient (Screenshot der Website des SIWF vom 14. Dezember 2023).

7.4 Das Gesagte bedeutet, dass für eine Zulassung unter der Auflage, die dreijährige Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte nachzuholen und während dieser Zeit die Leistungen zu Lasten der OKP über den Arbeitgeber abzurechnen, keine rechtliche Grundlage ersichtlich ist. Eine Zulassung von Personen, welche die Voraussetzung der dreijährigen Tätigkeit nicht erfüllen, ist nur bei Vorliegen einer Unterversorgung denkbar (Art. 37 Abs. 1bis KVG), was wie ausgeführt nicht der Fall ist. Auch diesbezüglich ist daher die Beschwerde abzuweisen.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2024 V 2023 108

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