Gerichtspraxis
Staats- und Verwaltungspraxis
Zivilrecht
Gesellschaftsrecht, Organisationsmangel
Erbrecht
Duplex-Begehren bei erbrechtlichen Informationsansprüchen
Regeste:
Die Eventualmaxime bei doppelseitigen Klagen (Erw. 3.1 und 3.3). Keine analoge Anwendung der
Bestimmungen zur Widerklage (Art. 224 ZPO) und zur Klageänderung (Art. 227 und 230 ZPO) auf das duplex-Begehren bei doppelseitigen Klagen (Erw. 3.2). Die erbrechtliche Auskunftspflicht setzt einen minimalen Interessennachweis der um Auskunft ersuchenden Partei in der Form einer Plausibilisierung des objektiven Konnexes der verlangten Informationen zu möglichen erbrechtlichen Ansprüchen voraus (Erw. 4.1). Anforderungen an das Rechtsbegehren bei erbrechtlichen Informationsansprüchen (Erw. 5.2–5.3).
Aus den Erwägungen:
3.1 Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt des Prozesses Rechtsbegehren, Tatsachenbehauptungen und Beweismittel einzubringen sind, um beim Gericht noch Berücksichtigung zu finden, regelt die Eventualmaxime. Gemäss dem Grundsatz der Eventualmaxime (auch Konzentrationsgrundsatz genannt) haben die Parteien alle Angriffs- und Verteidigungsmittel früh und konzentriert vorzubringen. Damit sollen in erster Linie Prozessverschleppungen vermieden werden (Sutter-Somm, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. A. 2017, § 4 N 367–368). Soll das Rechtsbegehren geändert werden, beurteilt sich die Zulässigkeit grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Klageänderung gemäss Art. 227 bzw. Art. 230 ZPO (vgl. Willisegger, Basler Kommentar, 4. A. 2024, Art. 229 ZPO N 28). Insofern stellt die Klageänderung eine Relativierung der Eventualmaxime dar (vgl. Klingler, Die Eventualmaxime in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, Rz 651). Vom Anwendungsbereich von Art. 227 ZPO nicht erfasst wird das Rechtsbegehren der beklagten Partei (vgl. Willisegger, a.a.O., Art. 227 ZPO N 17). Die beklagte Partei stellt in der Klageantwort zwar ein eigenes Rechtsbegehren. Dieses Antwortbegehren in Form eines Nichteintretens- oder Abweisungsantrags hat jedoch nicht die gleiche Bindungswirkung wie das Klagebegehren, weshalb es nicht unter das Verbot der Klageänderung fällt (Willisegger, a.a.O., Art. 222 ZPO N 11; Ammann, Die Erbteilungsklage im Schweizerischen Erbrecht unter besonderer Berücksichtigung der Kompetenzen des Erbteilungsgerichts [de lege lata und de lege ferenda], 2020, S. 307; Antognini, Dos & Don’ts bei der erbrechtlichen Teilungsklage, ZZZ 60/2022 S. 426). Die beklagte Partei kann ihre Verteidigung so lange ändern, als sie Noven vortragen kann. Die Beschränkungen der Klageänderung gelten nicht für sie (Leuenberger, in: Sutter-Somm / Hasenböhler / Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. A. 2016, Art. 227 ZPO N 10).
Zu prüfen ist, ob dies auch im Rahmen von Erbteilungsklagen gilt. Bei der Erbteilungsklage handelt es sich um eine sogenannte actio duplex (doppelseitige Klage). Das heisst, die beklagte Partei kann ohne Erhebung einer Widerklage eigene, über die Klageabweisung hinausgehende Gegenrechtsbegehren stellen. Somit ist im Erbteilungsprozess jede Partei sowohl Kläger wie auch Beklagter (vgl. Wolf, Berner Kommentar, 2014, Art. 604 ZGB N 70; Hrubesch-Millauer/Bosshardt/Kocher, Rechtsbegehren im Erbrecht, Successio 1/2018 S. 24; Sutter-Somm, Die Erbteilungsklage als doppelseitige Klage [actio duplex] und deren Verhältnis zur Erbteilungswiderklage, Successio 1/2022 S. 28). Dies gilt in der Lehre nach Ansicht diverser Autoren zwar nicht absolut. Die Wirkungen der actio duplex würden nur insoweit greifen, als die beklagten Miterben sich mit ihren Anträgen auf den vom Kläger angebrachten Streitgegenstand beschränken würden. Der Streitgegenstand der Erbteilungsklage umfasse einzig die Liquidation der klägerischen Erbquote und das persönliche Ausscheiden des Klägers aus der Erbengemeinschaft, nicht aber die vollständige Auflösung der Erbengemeinschaft unter Totalliquidation des Gesamtnachlasses. Wenn die beklagte Partei ihren eigenen Teilungsanspruch – oder andere Begehren – geltend mache, sei Widerklage zu erheben. Dies gelte auch dann, wenn es sich um einen konnexen Gegenanspruch handle (z.B. Auskunfts-, Ausgleichungs- und Herabsetzungsanspruch). Bei den Anträgen der beklagten Partei könne es sich daher nur insofern um Gegenrechtsbegehren im Rahmen einer actio duplex handeln, als sie sich auf den Teilungsanspruch des Klägers beziehen würden (vgl. Minnig, Basler Kommentar, 7. A. 2023, Art. 604 ZGB N 10; Bopp, Was sind doppelseitige Klagen?, ZZZ 66/2024 S. 141 f.; Ammann, a.a.O., S. 274 und 295–298). Wie Weibel dagegen zurecht ausführt, ist diese Auffassung abzulehnen, da sie zu einer gänzlich unpraktikablen Zersplitterung des Erbteilungsprozesses führen würde. Der teilungswillige Kläger hat nämlich keinen Anspruch darauf, dass die Erbschaft insgesamt geteilt wird. Er kann seine Miterben nicht dazu zwingen, die Erbengemeinschaft auch unter sich aufzulösen. Zudem lässt die kritisierte Ansicht ausser Acht, dass es bei jeder Teilungshandlung sachenrechtlich immer um eine Gesamtteilungsklage geht. Denn das gesamthänderische Eigentum aller Erben an sämtlichen Erbschaftsaktiven führt dazu, dass der ausscheidende Erbe seine Rechte an allen Aktiven aufgibt, welche bei den in der Erbengemeinschaft verbleibenden Erben bleiben, während letztere ihre Rechte an allen Aktiven aufgeben, welche der ausscheidende Erbe zu Alleineigentum zugewiesen erhält. Ausserdem steht die von Weibel kritisierte Lehrmeinung nicht im Einklang mit der Rechtsprechung und damit mit der geltenden Rechtslage (Weibel, a.a.O., Art. 604 ZGB N 36a–36b und 40; vgl. Ammann, a.a.O., S. 270–272, 295 und 387 f. mit Hinweisen zur Rechtsprechung).
Insofern mussten die Beklagten ihre Auskunftsbegehren nicht im Sinne einer Widerklage geltend machen. Aus ihren schriftlichen und mündlichen Ausführungen geht denn auch nicht hervor, dass sich ihre Informationsbegehren auf die Liquidation der eigenen Erbquote beziehen würden. Die Beklagten versuchen mit ihren Anträgen, auf die Liquidation der klägerischen Erbquote Einfluss zu nehmen. Insofern geht es darum, den Teilungsanspruch des Klägers zu ermitteln. Mit dem Entscheid über die Liquidation der klägerischen Erbquote durch Zuweisung von Nachlasswerten wird indirekt und automatisch auch entschieden, an welchen Vermögenswerten der Teilungsmasse die Beklagten ihre (gesamthänderische) Berechtigung verlieren (Ammann, a.a.O., S. 295 und 387 f.). Im Ergebnis ist die vorliegende Klage betreffend Auskunft und Rechenschaftsablage als doppelseitig anzusehen. Die Beklagte 3 musste demzufolge ihre Begehren nicht in Form einer Widerklage in den Prozess einbringen.
3.2 Das Rechtsbegehren im Rahmen einer doppelseitigen Klage ist nach herrschender Lehre auch keine spezielle (erleichterte) Form der Widerklage, sondern ein wesensverschiedener Behelf, der der beklagten Partei neben der Widerklage offensteht (Bopp, a.a.O., S. 139). Die Widerklage nach Art. 224 ZPO ist von doppelseitigen Klagen abzugrenzen. Eine Widerklage ist eine selbstständige Klage, welche der Beklagte gegenüber dem Kläger in dem von Letzterem angehobenen Verfahren erhebt. Dies eröffnet der beklagten Partei die Möglichkeit, über die Abwehr des eingeklagten Rechts hinaus einen eigenen Rechtsanspruch geltend zu machen. Der Beklagte beschränkt sich somit nicht bloss auf die Verteidigung, sondern geht prozesstaktisch in den Gegenangriff über. Zu beachten ist, dass diese Unterscheidung wesentliche praktische Auswirkungen zeitigt. Einerseits trifft die beklagte Partei bei doppelseitigen Klagen, anders als den Widerkläger, keine Pflicht zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses (vgl. Art. 98 ZPO) und zu einer Sicherheitsleistung für die Parteientschädigung (vgl. Art. 99 ZPO). Andererseits wirkt sich ein Klagerückzug unterschiedlich auf die Rechtsbegehren der beklagten Partei aus (vgl. Art. 241 Abs. 2 und 3 ZPO). Während ein unselbstständiges Gegenrechtsbegehren im Rahmen einer actio duplex mit dem Klagerückzug dahinfällt, verfügt eine Widerklage über prozessuale Selbstständigkeit, sodass das Verfahren diesbezüglich trotz Klagerückzug weiterzuführen ist (vgl. Sutter-Somm, a.a.O., S. 28 und 30). Bei der Teilungsklage lässt sich das duplex-Begehren somit als ein besonderes, auf eine modifizierte Gutheissung abzielendes Antwortbegehren im Sinne von Art. 222 ZPO einordnen. Daraus folgt, dass insbesondere die Bestimmungen zur Widerklage (Art. 224 ZPO) und zur Klageänderung (Art. 227 und 230 ZPO) auf das duplex-Begehren nicht anwendbar sind (vgl. Bopp, a.a.O., S. 149).
Demzufolge kann für die Frage nach der zeitlichen Schranke von duplex-Begehren entgegen dem Dafürhalten der Beklagten 2 nicht mittels Analogieschlusses auf die Bestimmung zur Widerklage verwiesen werden, die zwingend mit der Klageantwort zu erheben ist (vgl. Willisegger, a.a.O., Art. 224 ZPO N 31–34). Es ist vielmehr zu prüfen, ob die duplex-Begehren vor dem Eintritt der Novenschranke gestellt wurden.
3.3 Die Parteien haben das Recht, zweimal unbeschränkt Tatsachen zu behaupten und Beweise einzureichen bzw. zu beantragen. Ein erstes Mal im Rahmen des ersten Schriftenwechsels; ein zweites Mal entweder im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels oder - wenn kein solcher durchgeführt wird - an einer Instruktionsverhandlung (Art. 226 Abs. 2 ZPO) oder «zu Beginn der Hauptverhandlung» vor den ersten Parteivorträgen (Art. 229 Abs. 2 ZPO). Danach tritt der Aktenschluss ein. Für die Konstellation, dass zuerst ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet wird, hat das Bundesgericht entschieden, dass auch in diesem Fall am Grundsatz der zweimaligen freien Äusserungsmöglichkeit festzuhalten ist. Der zweite Schriftenwechsel bildet danach die letzte Gelegenheit, unbeschränkt Tatsachen zu behaupten und Beweismittel vorzubringen. Wäre es möglich, an einer einem doppelten Schriftenwechsel folgenden Instruktions- oder Hauptverhandlung oder nach einem einfachen Schriftenwechsel mit anschliessender Instruktionsverhandlung noch unbeschränkt Tatsachen vorzubringen, wäre die Eventualmaxime in das Ermessen des Gerichts gestellt und eine Partei wüsste von vornherein nie, wann der Aktenschluss eintritt. Ein solches Vorgehen widerspricht einem geordneten und für die Parteien berechenbaren Prozessablauf. Die Parteien haben mithin nur zweimal das Recht, unbeschränkt Tatsachen und Beweismittel vorzutragen (vgl. BGE 147 III 475 E. 2.3.3.6, 144 III 67 E. 2.1 und 140 III 312 E. 6.3.2.1–6.3.2.3; Facincani/Sutter/Wissler, Bundesgericht definiert den «Beginn der Hauptverhandlung», Jusletter vom 10. Januar 2022 Rz 10; Sogo/Naegeli, Kurzkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. A. 2021, Art. 229 ZPO N 4; Schneuwly, Parteivorbringen in den einzelnen Verfahrensabschnitten des ordentlichen, erstinstanzlichen Zivilverfahrens, SJZ 119/2023 S. 352).
Im vorliegenden Verfahren konnten sich alle Parteien im Rahmen des doppelten Schriftenwechsels zweimal unbeschränkt äussern. Die Beklagte 3 stellte ihre Auskunftsbegehren mit Duplik vom 20. März 2023 und damit noch während des regulären Schriftenwechsels, in dem sie sich unbeschränkt äussern durfte (act. 52). Mithin erfolgten die Auskunftsbegehren der Beklagten 3 rechtzeitig und sind zulässig.
(…)
4.1 Gemäss Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB haben alle Erben einander gegenseitig unaufgefordert alles mitzuteilen, was für die Teilung des Nachlasses von Belang sein kann. Diese Mitteilungspflicht dient der richtigen Abwicklung des Nachlasses (Brückner/Weibel/ Pesenti, a.a.O., Rz 28). Gemäss Art. 607 Abs. 3 ZGB haben Miterben, die sich im Besitz von Erbschaftssachen befinden oder obligatorische Pflichten gegenüber dem Erblasser haben (mithin dessen Schuldner sind bzw. bei dessen Tod waren), einander darüber bei der Teilung gegenseitig genauen Aufschluss zu geben. Art. 610 Abs. 2 ZGB statuiert eine bewusst weit formulierte gegenseitige Pflicht der Erben, sich über ihr Verhältnis zum Erblasser zu informieren, soweit dieses für die gleichmässige und gerechte Verteilung der Erbschaft von Bedeutung ist. Die auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhenden gegenseitigen Informationsrechte und -pflichten der Erben dienen dem Grundsatz der Gleichbehandlung und damit Gleichberechtigung der Erben und auf diese Weise letztlich der fairen Nachlassabwicklung (Weibel, a.a.O., Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 15–16). Die Auskunftspflicht, einschliesslich die Pflicht zur Gewährung von Akteneinsicht als Teil davon, erstreckt sich nicht bloss auf den Nachlass, sondern insbesondere auf alle Zuwendungen, die zur Ausgleichung zu bringen sind oder der Herabsetzung unterliegen und daher gleichfalls die Teilung beeinflussen (Urteil des Bundesgerichts 5A_994/2014 vom 11. Januar 2016 E. 2.1).
Der Erblasser kann seine Erben von der Pflicht zur Erteilung der Informationen nicht dispensieren (Weibel, a.a.O., Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 16; Brückner/Weibel/Pesenti, a.a.O., Rz 29). Jeder Erbe ist einzeln zur Information verpflichtet (Weibel, a.a.O., Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 27). Die Auskunftspflicht der Erben untereinander erstreckt sich auch auf das Verhältnis des Erblassers zu den anderen Erben sowie zu Dritten, einschliesslich Gesellschaften. Die Erben sollen sich daher z.B. über Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten, Vorbezüge auf ihren Erbanteil, Darlehen, sonstige Vereinbarungen mit dem Erblasser etc. gegenseitig Auskunft geben, und es sind auch die entsprechenden Unterlagen offenzulegen, z.B. Steuerunterlagen oder Bankbelege und schriftliche Vereinbarungen. Die Informationsverpflichteten können sich ihrer gegenseitigen Informationspflicht auch nicht mit dem Hinweis entschlagen, dass eine Auskunft bereits erteilt worden sei (vgl. Weibel, a.a.O., Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 34–35 mit Hinweisen). Im Zivilverfahren kann sich der Beklagte der Verurteilung und der damit verbundenen Strafandrohung auch nicht dadurch entziehen, dass er erklärt, er wisse nichts und habe keine relevanten Akten, auch nicht dadurch, dass er einige Informationen oder Akten herausrückt und erklärt, mehr wisse und habe er nicht, und erst recht nicht dadurch, dass er erklärt, der Kläger könne die verlangte Information auch bei anderen Personen, wie etwa Banken, erheben (vgl. Brückner/Weibel/Pesenti, a.a.O., Rz 40c). Die Miterben dürfen auch keine Geschäfte mit dem Erblasser oder Zuwendungen desselben verschweigen mit dem Argument, diese seien erbrechtlich nicht von Belang (vgl. Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis C1 21 167 vom 24. Februar 2022 E. 3, in: ZWR 2022 S. 268–273). Die Auskunftspflicht ist schon dort zu bejahen, wo solche Vorgänge stattgefunden haben, die unter irgendeinem Titel bei der Erbteilung in Berücksichtigung fallen könnten, und wo das Wissen darum zur Gewährleistung der richtigen Nachlassabwicklung notwendig scheint, unabhängig von Aufbewahrungs- oder Verjährungsfristen. Wie der zur Auskunftserteilung angehaltene Erbe das gezeigte Verhältnis zum Erblasser selber qualifiziert, kann im Verfahren um die Auskunftserteilung keine Rolle spielen (vgl. Brückner / Weibel / Pesenti, a.a.O., Rz 30).
Die Informationspflicht besteht ab Eröffnung des Erbgangs und bezieht sich auf alles, was bei einer objektiven Betrachtung möglicherweise geeignet erscheint, die Teilung in irgendeiner Weise zu beeinflussen, wozu ungeachtet der konkreten güterrechtlichen Verhältnisse insbesondere auch zu Lebzeiten des Erblassers getätigte Zuwendungen zu rechnen sind, und zwar grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung. Auch inoffizielle Informationen zum Nachlass, wie beispielsweise jene zu nicht deklarierten Vermögenswerten oder Bankkonten, sind zu erteilen. Ebenso ist auch über Konten Auskunft zu erteilen, an denen der auskunftsverpflichtete Erbe bloss wirtschaftlich berechtigt ist, ohne Kontoinhaber zu sein. Entsprechend kann die Informationspflicht nicht allein dadurch bestritten werden, dass z.B. eine bestimmte rechtliche Ausgestaltung oder die ausgleichungs- oder pflichtteilsrechtliche Irrelevanz erfolgter Zuwendungen behauptet wird. Da es genügt, dass eine Tatsache möglicherweise geeignet ist, die Teilung zu beeinflussen, ist auch über unsichere, bedingte und ungewisse Gegenstände und Rechtsgeschäfte Auskunft zu erteilen. Vom Kläger wird demnach nur – aber immerhin – ein minimaler Interessennachweis in der Form einer Plausibilisierung des objektiven Konnexes der verlangten Informationen zu möglichen erbrechtlichen Ansprüchen gefordert, der aufgrund des erbrechtlichen Bezugs in aller Regel ohne Weiteres gegeben sein wird. Fehlt allerdings ein solcher Bezug (beispielsweise zufolge Verwirkung des Herabsetzungsanspruchs, für dessen Prüfung und mögliche Geltendmachung Informationen verlangt werden), oder ist er nicht hinreichend nachgewiesen, so fehlt das rechtlich geschützte Interesse und entfällt damit der auf das Erbrecht abgestützte Informationsanspruch (vgl. Weibel, a.a.O., Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 32–33 mit Hinweisen; Brückner/Weibel/Pesenti, a.a.O., Rz 30; Urteil des Bundesgerichts 5A_994/2014 vom 11. Januar 2016 E. 5.3).
(…)
5.2 Der materiellrechtliche Informationsanspruch ist sodann klageweise durchzusetzen. Es sind also entsprechende Rechtsbegehren im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. b ZPO zu stellen (Göksu, Informationsrechte der Erben, AJP 7/2012 S. 962). Rechtsbegehren sind so zu formulieren, dass sie bei gänzlicher Gutheissung der Klage ohne Ergänzung und Verdeutlichung zum Inhalt des Entscheiddispositivs erhoben und alsdann vollstreckt werden können. Für die Bejahung eines rechtsgenüglichen Rechtsbegehrens muss eine die Herausgabe von Sachen verlangende Klagepartei jedoch nicht jede einzelne im Klagebegehren genau umschreiben. Unklare Rechtsbegehren sind nämlich nach Treu und Glauben auch unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen. Es ist jedenfalls mit Bezug auf die Herausgabe schikanös und damit rechtsmissbräuchlich (Art. 2 Abs. 2 ZGB), wenn eine beklagte Partei in dieser Situation von der Klagepartei verlangt, es müsse eine Spezifizierung des Herausgabebegehrens erfolgen. Bei Auskunftsbegehren kann vom Kläger mithin einzig verlangt werden, dass er die gewünschten Auskünfte so präzis wie möglich umschreibt; ist ihm dies nicht möglich, ist auch ein nicht näher spezifiziertes, allgemein gehaltenes Auskunftsbegehren zulässig. Erweist sich ein Rechtsbegehren als ungenügend, ist (insoweit) auf die Klage nicht einzutreten (vgl. Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau ZOR.2023.53 vom 15. August 2024 E. 5.2.1–5.2.2; Leuenberger, a.a.O., Art. 221 ZPO N 38 und 40; Göksu, Informationsrechte der Erben, AJP 7/2012 S. 962; Weibel, a.a.O., Vorbem. zu Art. 607 ff. ZGB N 45).
5.3 Die Auskunftsbegehren des Klägers – und im Übrigen auch jene der Beklagten 2 und 4 – sind allgemein gehalten und benennen keine zum Nachlass gehörende Gegenstände, Zuwendungen oder Rechtsgeschäfte, über die Auskunft zu erteilen wäre. Sofern aus den Vorbringen der Parteien hingegen hervorgeht, worüber die Parteien um Auskunft ersuchen, sind allgemein gehaltene Auskunftsbegehren zulässig und zu prüfen. Andernfalls ist auf die Begehren mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten.
(…)
Teilentscheid des Kantonsgerichts Zug vom 18. Dezember 2024 A1 2021 66