Gerichtspraxis
Staats- und Verwaltungspraxis
Zivilrecht
Gesellschaftsrecht, Organisationsmangel
Honorar des Sachwalters; Art. 731b OR
Regeste:
Art. 731b Abs. 2 OR – Eine betragsmässige Festlegung des dem Sachwalter nach Abschluss der Arbeiten geschuldeten Honorars durch das Gericht ist ebenso wenig gesetzlich vorgeschrieben wie die nachträgliche Genehmigung.
Aus dem Sachverhalt:
Die E. Inc. (nachfolgend auch: Gesuchstellerin) ist Aktionärin der A. AG (nachfolgend auch: Gesuchsgegnerin). In der Auffassung, bei der A. AG liege ein Organisationsmangel vor, ersuchte die E. Inc. den Einzelrichter am Kantonsgericht Zug um Anordnung von Massnahmen nach Art. 731b Abs. 1bis OR. Der Einzelrichter stellte bei der A. AG einen Organisationsmangel fest. Er setzte B. ab April 2023 für sechs Monate und ab Oktober 2023 CA. und CB. (nachfolgend auch: Berufungskläger), beide von der D. AG, als Sachwalter der A. AG ein. B. sowie CA. und CB. ersuchten den Einzelrichter um Genehmigung ihrer Honorarnoten. Mit Entscheid vom 15. April 2024 genehmigte der Einzelrichter die Honorarnote von B. Mit Entscheid vom 4. Juni 2024 hielt der Einzelrichter fest, dass das Mandat der Sachwalter CA. und CB. beendet sei; zudem wies er gestützt auf ein in einem anderen Verfahren zwischenzeitlich ergangenes Urteil des Obergerichts Zug den Antrag von CA. und CB. auf Genehmigung ihres Honorars ab. Gegen diesen Entscheid reichten CA. und CB. beim Obergericht des Kantons Zug Berufung ein. Sie verlangten, dass ihr Honorar im Umfang von CHF 102'961.00 genehmigt und die A. AG zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet werde.
Aus den Erwägungen:
2. Im vorliegenden Berufungsverfahren stellt sich hauptsächlich die Frage, ob ein Sachwalter im Rahmen eines Organisationsmängelverfahrens nach Art. 731b OR einen Anspruch auf gerichtliche Genehmigung seines Honorars hat.
3. Die Vorinstanz verneinte diese Frage. Sie berief sich dabei im Wesentlichen auf das Urteil des Obergerichts Zug Z2 2024 16 vom 29. Mai 2024 und wies den Antrag der Berufungskläger auf Genehmigung ihrer Honorarnote mit folgender Begründung ab (…):
Eine Vorschrift, wonach das gestützt auf Art. 731b Abs. 2 OR geschuldete Honorar gerichtlich zu genehmigen sei, ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus einem gerichtlichen Entscheid. Zudem sei der verfügte Vorschuss von der Gesuchstellerin nicht an die Gerichtskasse, sondern direkt an die Sachwalter überwiesen worden. Die Sachwalter hätten daher direkt mit den Parteien abzurechnen. Da eine Verpflichtung zur Kostentragung in der Regel zeitgleich mit der Verpflichtung zur Leistung eines Kostenvorschusses und überdies oft erst im Endentscheid auferlegt werde, genüge es, wenn die Gesellschaft entweder bloss im Grundsatz zur Übernahme der Kosten verpflichtet werde oder wenn die Grundsätze der Honorierung festgelegt würden. Eine betragsmässige Festlegung durch das Gericht sei ebenso wenig vorgeschrieben wie die nachträgliche Genehmigung. Mit Entscheid vom 27. September 2023 sei die Gesuchsgegnerin bereits verpflichtet worden, die Kosten der Sachwalter zu bezahlen, und es seien die Grundsätze der Honorierung festgelegt worden. Mithin sei der Antrag betreffend Genehmigung des Honorars abzuweisen.
4. Die Berufungskläger erheben zusammengefasst die folgenden Rügen (…):
Das erwähnte Urteil des Obergerichts Zug sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Selbst wenn das Urteil einschlägig wäre, habe die Vorinstanz das Recht falsch angewandt: Es liege ein Entscheid vor, der die Genehmigung des Honorars und die Zusprechung von betragsmässig bestimmten Ansprüchen gegen die Gesuchsgegnerin vorsehe. Eventualiter verletze eine Auslegung von Art. 731b Abs. 2 OR, wonach das Honorar des Sachwalters nicht gerichtlich genehmigt werden und keine betragsmässig definierten Ansprüche gegen die Gesuchsgegnerin festgelegt werden müssten, das Recht. Schliesslich sei die Nichtgenehmigung ihres Honorars ein unzulässiger Überraschungsentscheid, der aufzuheben sei. Er verstosse auch gegen das «Rechtsgleichheitsgebot», da die Voraussetzungen für die im Entscheid vorgenommene Praxisänderung nicht gegeben seien.
5. Fehlt der Gesellschaft eines der vorgeschriebenen Organe oder ist eines dieser Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt, so kann ein Aktionär oder ein Gläubiger dem Gericht beantragen, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen (Art. 731b Abs. 1 Ziff. 1 und 2 OR). Beim Organisationsmängelverfahren handelt es sich um ein streitiges Summarverfahren (Urteil des Bundesgerichts 4A_387/2023 vom 2. Mai 2024 E. 2.2.2).
5.1 Art. 731b Abs. 1 OR gibt dem Gericht einen Ermessensspielraum, um eine mit Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalles angemessene Massnahme treffen zu können. Immerhin ist das Gericht bei der Auswahl der Massnahme an das Verhältnismässigkeitsprinzip gebunden. Ernennt es das fehlende Organ oder einen Sachwalter, so bestimmt es die Dauer, für welche die Ernennung gültig ist (Art. 731b Abs. 2 Satz 1 OR). Wird ein Sachwalter eingesetzt, sind zudem dessen Kompetenzen im Urteil zu bestimmen, wobei das Gericht auch bei der konkreten Instruktion des Sachwalters über ein Ermessen verfügt (Urteil des Bundesgerichts 4A_717/2014 vom 29. Juni 2015 E. 3.1). Das Gericht soll nicht anstelle der dafür zuständigen gesellschaftsinternen Organe eine permanente Ernennung vornehmen, sondern lediglich eine Lösung ad interim schaffen (Watter/Duss, Basler Kommentar, 6. A. 2024, Art. 731b OR N 22). Die Funktions- und Handlungsfähigkeit der juristischen Person soll grundsätzlich ohne weitere Inanspruchnahme des Gerichts gewährleistet werden (Urteil des Obergerichts Zug Z2 2021 37 vom 21. Februar 2022 E. 2.3.2; Schönbächler, Die Organisationsklage nach Art. 731b OR, 2013, S. 196). Das Amt des gerichtlich ernannten Organs oder Sachwalters endet mit dem Ablauf der vorgegebenen Zeit (Art. 731b Abs. 2 Satz 1 OR; Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4. A. 2009, § 13 N 495). Die vom Gericht ernannten Personen sind allerdings frei, vom angenommenen Mandat vorzeitig zurückzutreten (vgl. Schönbächler, a.a.O., S. 242 f.).
5.2 Keinen Ermessensspielraum gewährt das Gesetz dem Richter hingegen in Bezug auf die Tragung der Kosten der gerichtlich angeordneten Massnahmen (Massnahmekosten): Gemäss Art. 731b Abs. 2 Satz 2 OR sind die Kosten, welche die Massnahmen verursachen, der Gesellschaft aufzuerlegen, wobei diese für diese Kosten einen entsprechenden Kostenvorschuss zu leisten hat (vgl. Lehmann, Die «kleine Aktienrechtsrevision» [Teil 2], GesKR 2007 S. 420 ff., 423; Botschaft zur Revision des Obligationenrechts vom 19. Dezember 2001, BBl 2002, S. 3233 Ziff. 2.2.3). Damit schuf der Gesetzgeber Klarheit darüber, dass es diesbezüglich nur eine kostenpflichtige Person gibt: die Gesellschaft. Das Gericht kann im Organisationsmängelverfahren folglich die Massnahmekosten nicht etwa ganz oder teilweise anderen Verfahrensbeteiligten oder Dritten (beispielsweise den Organen, die den Organisationsmangel zu verantworten haben) auferlegen oder die Kosten entsprechend dem Verfahrensausgang nach Art. 106 Abs. 1 ZPO verteilen (vgl. Schönbächler, a.a.O., S. 416 f.).
5.3 Mit der Bevorschussung sodann soll erreicht werden, dass notwendige Massnahmen überhaupt umgesetzt werden. Revisionsstellen, Sachwalter oder andere mit Organfunktionen betrauten Personen übernehmen in den meisten Fällen ein entsprechendes Mandat nur bei Leistung eines Kostenvorschusses (Bohrer/ Kummer, Zürcher Kommentar, 3. A. 2018, Art. 731b OR N 60; Lehmann, a.a.O., S. 423).
5.4 Modifizierbar oder konkretisierbar durch das Gericht sind hingegen die Regeln über das Honorar in dem Sinn, als es nicht nur grundsätzlich die Übernahme der Kosten des von ihm ernannten Sachwalters durch die Gesellschaft, sondern auch die Art und Höhe der Honorierung anordnen kann, aber nicht muss (vgl. Vischer, Die Verantwortlichkeit des im Organisationsmängelverfahren eingesetzten Verwaltungsratsmitglieds und Sachwalters, HAVE 2017 S. 369). Da aber im Organisationsmängelverfahren eine Verpflichtung zur Kostentragung in der Regel zeitgleich mit der Verpflichtung zur Leistung eines Kostenvorschusses (vgl. Dalla Palma/von der Crone, Der Organisationsmangel in der Aktiengesellschaft und die Ernennung eines Sachwalters nach Art. 731b OR, SZW 5/2020 S. 577 ff., 585 f.) und überdies oft erst im Endentscheid (vgl. BGE 138 III 294 E. 3.3.1) festgelegt wird, genügt es, wenn die Gesellschaft entweder bloss im Grundsatz zur Übernahme der Kosten verpflichtet wird oder wenn die Grundsätze der Honorierung festgelegt werden (vgl. Vischer, a.a.O., S. 367). Eine betragsmässige Festlegung des nach Abschluss der Arbeiten geschuldeten Honorars durch das Gericht ist ebenso wenig vorgeschrieben wie die nachträgliche Genehmigung.
5.5 Anderes gilt etwa bei der Festlegung des Honorars eines Sachwalters im Nachlassverfahren nach Art. 293 ff. SchKG. In diesen Verfahren besteht mit Art. 55 GebV SchKG eine explizite Bestimmung, wonach das Nachlassgericht das Honorar des Sachwalters pauschal festsetzt. Die GebV SchKG regelt weiter, dass das Gericht dabei namentlich die Schwierigkeit und Bedeutung der Sache, den Umfang der Bemühungen, den Zeitaufwand sowie die Auslagen zu berücksichtigen hat (Art. 55 Abs. 3 GebV SchKG). Auch beispielsweise bei ausseramtlichen Konkursverwaltungen ist ausdrücklich normiert (Art. 47 Abs. 1 GebV SchKG), dass das Gericht das Entgelt festsetzt, unter Berücksichtigung namentlich von Schwierigkeit und Bedeutung der Sache, Umfang der Bemühungen sowie Zeitaufwand.
6. Vorliegend kann offenbleiben, ob das Urteil des Obergerichts Z2 2024 16 vom 29. Mai 2024 einschlägig ist (…). Denn nach dem Gesagten steht fest, dass die vorinstanzliche Auffassung, wonach das Honorar des Sachwalters nicht gerichtlich genehmigt werden kann und keine betragsmässig definierten Ansprüche gegen die Gesuchsgegnerin festgelegt werden müssen, das Recht nicht verletzt. Was die Berufungskläger dagegen vorbringen, überzeugt nicht.
6.1 Die Berufungskläger wenden ein, es wäre entbehrlich, im Gesetz auch noch festzuhalten, dass das Gericht die Gesellschaft zur Kostentragung zu verpflichten habe, wenn sich der Gehalt von Art. 731b Abs. 2 OR darin erschöpfe, dass die Gesellschaft die Kosten des Sachwalters zu tragen habe (…). Dieser Einwand ist nicht nachvollziehbar. Der zweite Satz dieser Bestimmung gibt nämlich vor, dass das Gericht bei der Verteilung der Kosten der von ihm verfügten Massnahmen über keinen Ermessensspielraum verfügt. Es hat zwingend sämtliche Kosten der Gesellschaft aufzuerlegen und kann nicht die Gesuchsteller – wie es beispielsweise bei einer Sonderuntersuchung nach Art. 697b Abs. 2 OR der Fall sein kann – verpflichten, die Kosten ganz oder teilweise zu tragen, sollten es die Umstände rechtfertigen. Folglich ist diese Regelung in Art. 731b Abs. 2 OR nicht entbehrlich.
6.2 Dass das Gericht auch die Höhe der Kostentragungspflicht zu bestimmen habe (…), ergibt sich daraus gerade nicht. Gegen diese Auffassung der Berufungskläger spricht im Übrigen auch die Systematik dieser Bestimmung: Als erstes verpflichtet das Gericht die Gesellschaft, die Kosten zu tragen. In diesem Zeitpunkt kann es – wie die Berufungskläger richtig vorbringen – die (endgültige) Höhe der Kosten noch nicht kennen. Hingegen kann es den Stundenansatz festlegen. Als zweites verpflichtet es die Gesellschaft, einen Vorschuss zu leisten. Als drittes müsste das Gericht – der Auffassung der Berufungskläger folgend – die Honorarnote des Sachwalters genehmigen. Doch dieser dritte Schritt ist bezeichnenderweise weder in Art. 731b Abs. 2 Satz 2 OR noch an anderer Stelle vorgesehen. Die Verpflichtung zur Leistung eines Vorschusses enthält denn auch nicht a maiore minus die Verpflichtung zur Genehmigung der Honorarnote (…).
6.3 Wie erwähnt, wird der Vorschuss zu einem Zeitpunkt festgelegt, zu dem der Sachwalter erst eingesetzt wird. Die Einsetzung erfolgt in aller Regel im Endentscheid. Auf dieses Argument gehen die Berufungskläger übrigens nicht ein, weshalb insoweit auf ihre Berufung nicht einzutreten ist. Ab der Einsetzung soll keine weitere Inanspruchnahme des Organisationsmängelrichters mehr erforderlich sein. Das Organisationsmängelverfahren ist damit grundsätzlich abgeschlossen. Ab dann besteht ein privatrechtliches Verhältnis zwischen Sachwalter und Gesellschaft. Der Sachwalter handelt nicht amtlich und schon gar nicht hoheitlich. Daher untersteht er auch nicht der Aufsicht des Gerichts, das ihn ernannt hat. Das Gericht kann ihm entsprechend auch keine nachträglichen Weisungen erteilen und ihn nicht aus eigenem Antrieb abberufen. Vorbehalten bleiben Änderungen gestützt auf Art. 731b Abs. 3 OR oder allgemeine zivilprozessuale Vorschriften (vgl. Vischer, a.a.O., S. 370). Ordnet das Gericht bei der Ernennung des Sachwalters nichts Gegenteiliges an, kann es später – vorbehältlich eines neuen, von einem Aktionär oder Gläubiger gestellten Gesuchs – nicht von sich aus intervenieren (vgl. Recordon, Les premiers pas de l'article 731b CO, SZW 2010 S. 1 ff., 7). Dass der Sachwalter öffentlich-rechtlich (mittels Gerichtsentscheids) eingesetzt wird, macht sein Verhältnis zur Gesellschaft – entgegen gewissen Lehrmeinungen (vgl. etwa Schönbächler, a.a.O., S. 221) – nicht (halb) öffentlich-rechtlich. Schliesslich wird bei der gerichtlichen Einsetzung einer Revisionsstelle oder eines Verwaltungsrates in der Lehre – soweit ersichtlich – auch nicht die Auffassung vertreten, das Mandatsverhältnis sei öffentlich-rechtlich und der Organisationsmängelrichter habe dereinst die Rechnung oder Honorarnote zu genehmigen. Der Sachwalter im Sinne von Art. 731b Abs. 1bis Ziff. 2 OR ist von der Funktion her nichts anderes als ein Verwaltungsrat mit beschränkten Befugnissen (vgl. Vischer, a.a.O., S. 386 f. m.H.). Öffentlich-rechtlich ist demgegenüber beispielsweise die Tätigkeit eines Sachwalters im Nachlassverfahren nach Art. 293 ff. SchKG oder die Tätigkeit einer ausseramtlichen Konkursverwaltung (vgl. vorne E. 5.5).
6.4 Dass der Vorschuss, zu dessen Leistung die Gesellschaft zu verpflichten ist, vom Gericht betragsmässig bestimmt werden muss, versteht sich von selbst und bedarf keiner ausdrücklichen Erwähnung im Gesetz. Entgegen dem, was die Berufungskläger suggerieren (vgl. act. 1 Rz 36), versteht es sich aber gerade nicht von selbst, dass die Regelung über die Kostentragungspflicht eine betragsmässige Festsetzung der Schlussabrechnung beinhaltet. Wie erwähnt, dient die Regelung über die Kostentragungspflicht dazu, Klarheit zu schaffen, dass ausschliesslich die Gesellschaft (und beispielsweise nicht auch andere Parteien des Organisationsmängelverfahrens und nicht die für den Organisationsmangel verantwortlichen Organe) kostenpflichtig ist.
7. Schliesslich überzeugt auch der Einwand der Berufungskläger nicht, wonach ein Entscheid (des Organisationsmängelrichters am Kantonsgericht Zug) vorliege, der die Genehmigung des Honorars und die Zusprechung von betragsmässig bestimmten Ansprüchen gegen die Gesuchsgegnerin vorsehe (…).
7.1 In Bezug auf die Kostentragung und das Honorar der eingesetzten Sachwalter legte der Einzelrichter im Entscheid vom 27. September 2023 Folgendes fest (…):
«2.1 Die Gesuchsgegnerin wird verpflichtet, die Kosten der eingesetzten Sachwalter zu bezahlen.
2.2 Die Gesuchstellerin hat CA. (als Mandatsleiterin) und CB. (als Mandatsleiter-StV.), beide (…), einen Kostenvorschuss von einstweilen CHF 10'000.00 innert 5 Tagen nach Erhalt dieses Entscheids für das Mandat als Sachwalter zu bezahlen, wobei festgehalten wird, dass das Stundenhonorar der Sachwalter CHF 330.00 zuzüglich 3 % Auslagen und die MWST beträgt, andernfalls die Ernennung von CA. (als Mandatsleiterin) und CB. (als Mandatsleiter-StV.) als Sachwalter als widerrufen gilt und die Gesuchsgegnerin aufgelöst und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs angeordnet wird. Das Honorar der Sachwalter wird nach rechtmässiger Wahl und Eintragung eines handlungsfähigen Verwaltungsrates der Gesuchsgegnerin effektiv abgerechnet und mit dem letztlich geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Ein allfälliger Restbetrag wird der Gesuchstellerin zurückerstattet. Einen allfälligen Fehlbetrag hat die Gesuchsgegnerin zu übernehmen. Die Gesuchsgegnerin hat der Gesuchstellerin diese Kosten zu ersetzen.»
7.2 In Dispositiv-Ziffer 2.1 wird die Gesuchsgegnerin in Anwendung von Art. 731b Abs. 2 OR lediglich zur Kostentragung verpflichtet. Es wird dort im Wesentlichen bloss der Gesetzeswortlaut wiedergegeben. Auch Dispositiv-Ziffer 2.2 lässt sich nicht entnehmen, dass die effektive Abrechnung des Sachwalterhonorars vom Gericht vorgenommen oder genehmigt wird. Das Gegenteil ist der Fall. In Dispositiv-Ziffer 2.2 legte der Einzelrichter die Grundsätze der Honorierung (Stundenansatz der Sachwalter, Höhe der Auslagen und Verpflichtung zur Tragung der Mehrwertsteuer) fest und bestimmte darüber hinaus, dass nach Wahl und Eintragung eines Verwaltungsrats bei der Gesuchsgegnerin effektiv abgerechnet wird und welcher Partei ein allfälliger Restbetrag des Kostenvorschusses zurückzuerstatten ist bzw. welche Partei einen Fehlbetrag zu übernehmen hat. Damit wurden sämtliche notwendigen Modalitäten in Bezug auf die Honorierung festgehalten. Die Berufungskläger als Sachwalter wären ohne Weiteres und ohne weitere Inanspruchnahme des Gerichts in der Lage gewesen, nach Beendigung ihres Amts mit der Gesuchsgegnerin abzurechnen und – im Falle eines Fehlbetrags – einen solchen bei der Gesuchsgegnerin einzufordern. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die einverlangten Kostenvorschüsse direkt an die Berufungskläger und nicht an die Gerichtskasse geleistet wurden. Wäre hingegen eine nachträgliche richterliche Genehmigung betreffend das Sachwalterhonorar vorgesehen gewesen, hätte im Entscheid festgehalten werden müssen, dass die Sachwalter nach Beendigung ihres Amts dem Gericht ihre Abrechnung zur Genehmigung vorzulegen haben.
8. Schliesslich können die Berufungskläger auch aus der Tatsache, dass der Einzelrichter am Kantonsgericht mit Entscheid vom 15. April 2024 die Honorarnote von B. im Betrag von insgesamt CHF 69'255.60 (inkl. MWST) genehmigte und die Gesuchsgegnerin verpflichtete, den Restbetrag von CHF 1'178.10 zu bezahlen (…), nichts zu ihren Gunsten ableiten (…).
8.1 Mit der Benennung bloss eines Entscheids gelingt es den Berufungsklägern nicht, eine bisher von den Gerichten oder vom Einzelrichter am Kantonsgericht Zug geübte Praxis aufzuzeigen, von der zu ihrem Nachteil, den sie im Übrigen auch nicht darlegen, abgewichen wurde. Mithin gehen ihre Ausführungen zur unzulässigen Praxisänderung ins Leere. Ausserdem besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Eine falsche Rechtsanwendung in einem einzigen Fall oder in einigen wenigen Fällen begründet jedenfalls keinen Anspruch, seinerseits ebenfalls abweichend von der Norm behandelt zu werden (Urteil des Bundesgerichts 1C_444/2014 vom 27. Januar 2015 E. 4.2).
8.2 Im Entscheid, mit dem der Einzelrichter das Honorar des Sachwalters B. genehmigte, hielt der Einzelrichter Folgendes fest: «Gestützt auf den Entscheid vom 14. März 2023 (Ziff. 2.1 und 4.2 [recte: 2.2] des Dispositivs […]) sowie die Eingabe von B. (ehemaliger Sachwalter der Gesuchsgegnerin) vom 7. März 2024 und unter Berücksichtigung, dass von den Parteien keine Einwendungen erfolgt sind, ergeht folgender Entscheid […]» (…). Die erwähnten Ziffern 2.1 und 2.2 des Dispositivs lauteten beim Entscheid über die Einsetzung des Sachwalters B. praktisch gleich wie bei der Einsetzung der Berufungskläger (vgl. zur Formulierung vorne E. 7.1). Die hauptsächlichen Unterschiede waren, dass der Vorschuss bei B. CHF 5'000.00 und jener bei den Berufungsklägern CHF 10'000.00 betrug und dass bei B. kein Stundenansatz festgelegt wurde (…).
Entgegen den Vorbringen der Berufungskläger (…) erging die Genehmigung im Falle von B's Honorar jedoch nicht «explizit gestützt auf» Dispositiv-Ziffern 2.1 und 2.2 des Entscheids über die Einsetzung. Dass der Einzelrichter bei der Genehmigung auf diese Dispositiv-Ziffern verwies, lag insofern nahe, als darin die Kostentragungspflicht und die Möglichkeit zur Abrechnung und Verrechnung festgehalten wurden. Daraus jedoch eine vorbehaltene gerichtliche Genehmigung abzuleiten, geht bereits deshalb fehl, weil diese oder die Möglichkeit zur Einreichung der Schlussabrechnung dort nicht erwähnt wurde (vgl. vorne E. 7.2). Zudem lag der Unterschied, den die Berufungskläger in der Berufung verschweigen, darin, dass über die Genehmigung des Honorars von B. – anders als beim Honorar der Berufungskläger (…) – nach Auffassung des Einzelrichters zwischen allen involvierten Parteien Einigkeit in allen Punkten herrschte (…: «[…] von den Parteien keine Einwendungen erfolgt sind […]»). Insofern stand einer Genehmigung aus Sicht des Einzelrichters nichts im Weg. Nach richtiger Auffassung jedoch war auch dies nicht zulässig, da auch beim Sachwalter B. kein Entscheid vorgelegen hatte, der eine Genehmigung vorsah. Deshalb können die Berufungskläger daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten.
8.3 Dass B's Honorar genehmigt wurde und jenes der Berufungskläger nicht, mögen Letztere als Ungleichbehandlung empfinden. Allerdings ist ihnen entgegenzuhalten, dass sie es – im Unterschied zum Sachwalter B. – versäumt haben, einen annähernd ausreichenden Kostenvorschuss zu verlangen oder nachzufordern. Ihr Kostenvorschuss betrug insgesamt bloss CHF 20'000.00. Weitere Vorschüsse verlangten sie – soweit ersichtlich – nie.
8.4 Die Rüge der Berufungskläger, beim angefochtenen Entscheid handle es sich um einen Überraschungsentscheid und ihnen sei das rechtliche Gehör nicht gewährt worden (…), verfängt schliesslich auch nicht. Sollte die Vorinstanz das rechtliche Gehör der Berufungskläger verletzt haben, würde diese Verletzung vorliegend geheilt. Denn die Berufungskläger konnten sich vor Obergericht, das sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüft, dazu äussern. Eine Rückweisung an die Vorinstanz käme einem unnötigen formalistischen Leerlauf gleich, weshalb davon abzusehen ist, zumal die Berufungskläger eine Rückweisung auch bloss eventualiter beantragten (vgl. Urteile des Bundesgerichts 4A_385/2021 vom 13. Januar 2022 E. 6.2.2, 4A_374/2020 vom 8. Februar 2021 E. 5.1 und 5A_28/2020 vom 13. November 2020 E. 3.3.7, je m.w.H.).
9. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass vorliegend keine Grundlage (Norm oder Entscheid) besteht, wonach der Organisationsmängelrichter das Sachwalterhonorar der Berufungskläger genehmigt und die Gesellschaft zur Zahlung in der Höhe des genehmigten Betrags verpflichtet. Richtigerweise hätte die Vorinstanz den Antrag der Berufungskläger jedoch nicht abweisen dürfen. Vielmehr hätte sie auf den Antrag mangels Zuständigkeit gar nicht eintreten dürfen. Folglich ist die Berufung – soweit darauf eingetreten wird – teilweise gutzuheissen und der Antrag auf Genehmigung und Verpflichtung zur Zahlung von CHF 102'961.00 ist durch Nichteintreten zu erledigen (vgl. Urteil des Obergerichts Zug Z2 2023 5 vom 19. Dezember 2023 E. 2.3 mit Hinweisen).
Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, II. Zivilabteilung, vom 18. September 2024 (Z2 2024 37)
Das Urteil ist rechtskräftig.