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Art. 26 BV – Verletzung der Eigentumsgarantie durch Erlass einer Rückbauverfügung ohne vorgängige Durchführung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens

Art. 6 VwVG; Art. 48 VwVG; § 41 Abs. 1 VRG

Regeste:

Art. 6 VwVG; Art. 48 VwVG; § 41 Abs. 1 VRG – Die Parteistellung knüpft an die Rechtsmittelbefugnis bzw. Beschwerdeberechtigung nach § 41 Abs. 1 VRG an. Dementsprechend sind auch Dritte, die nicht Adressaten eines Entscheids sind, Partei, wenn ihnen eine Rechtsmittelbefugnis zukommt (E. 4b). Ferner ist nach § 41 Abs. 1 VRG zur Erhebung einer Verwaltungsbeschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder zu Unrecht keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (E. 5a). Aus den Akten geht hervor, dass die Beschwerdeführenden weder gegen das ursprüngliche Baugesuch noch gegen die bewilligte Projektänderung innert der Auflagefrist Einsprache erhoben haben. Sie haben sich somit am vorinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt. Den Beschwerdeführenden fehlt demzufolge die Beschwerdelegitimation als Dritte i.S.v. § 41 Abs. 1 Bst. a 1. Halbsatz VRG, sodass ihnen keine Parteistellung i.S.v. § 5 VRG zukommt resp. ihnen daher die Parteirechte verwehrt bleiben (E. 5c). Ebenso kann der Vorinstanz vorliegend keine mangelhafte öffentliche Auflage oder fehlerhafte Anweisung zur Profilierung vorgeworfen werden. Den Beschwerdeführenden wurde somit die Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren nicht zu Unrecht verwehrt, sodass ihnen auch in diesem Zusammenhang die Beschwerdelegitimation als Dritte i.S.v. § 41 Abs. 1 Bst. a 2. Halbsatz VRG fehlt und ihnen keine Parteistellung i.S.v. § 5 VRG zukommt (E. 6d).

Aus dem Sachverhalt:

A. (…)

B. V und W reichten als Gesuchstellende und unter Beizug der U AG, als Projektverfasserin das Baugesuch für den Umbau des Mehrfamilienhauses an der X-Strasse, ein. Konkret soll das Mehrfamilienhaus an der X-Strasse durch den Abbruch des westlichen Anbaus und dessen Neubau mit einer Aussentreppe, Balkonen und Terrasse sowie einem Velo-/Abstellraum im Untergeschoss und jeweils einem Küche- und Esszimmer in den Wohngeschossen umgestaltet werden. Ausserdem sind neue Lukarnen und Dachflächenfenster auf der West- und Ostseite, ein Windfang mit Vordach sowie eine Sichtschutzwand und weitere Änderungsarbeiten im Gebäudeinneren vorgesehen. Das Baugesuch wurde in den Amtsblättern öffentlich aufgelegt. Während der Auflagefrist wurden gemäss den Akten keine Einsprachen erhoben. An der Sitzung des Gemeinderates wurde mit Beschluss die baurechtliche Bewilligung für das Baugesuch mit Auflagen und Bedingungen erteilt.

C. Nach dem Erteilen der Baubewilligung reichte die U AG dem Baudepartement Änderungspläne ein. Anstelle eines Zimmers und anstelle eines Küche- und Esszimmers sollen nun im Erdgeschoss zwei Einzelgaragen eingebaut werden. Dadurch würde sich die Wohngrösse von 4,5 Zimmer auf 2,5 Zimmer reduzieren. Durch die geplanten Garagen würden zudem die im Kellergeschoss vorgesehenen Veloabstellplätze sowie der interne Zugang zum Kellergeschoss entfallen. Auf die mit der ursprünglichen Baubewilligung bewilligte Aussentreppe werde aufgrund einer projektierten Garageneinfahrt verzichtet. Diese Änderungspläne wurden in den Amtsblättern publiziert und öffentlich aufgelegt. Dagegen sind keine Einsprachen eingegangen. Mit Verfügung vom 21. März 2023 erteilte das Baudepartement die Bewilligung für die Änderungspläne.

D. Im Anschluss zur Baubewilligung reichte die neue Eigentümerin des Baugrundstücks, die P AG (nachfolgend: Bauherrschaft) erneut Änderungspläne ein.

E. Dagegen erhoben die Nachbarn A sowie B und C am 12. Juli 2023 Einsprache, woraufhin die Bauherrschaft Stellung nahm. Später zog Letztere das Abänderungsgesuch zurück.

F. Mit Schreiben vom 8. September 2023 teilte Rechtsanwalt S dem Baudepartement mit, dass er A, B, und C anwaltlich vertrete.

G. Am 20. September 2023 nahm Rechtsanwalt S Akteneinsicht beim Baudepartement. Gleichentags reichte er im Namen seiner Klientschaft eine Stellungnahme ein.

H. A, B und C, nun alle vertreten durch Rechtsanwalt D (nachfolgend: Beschwerdeführende), erhoben am 6. Oktober 2023 Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Zug und forderten u.a. in der Hauptsache, dass die Baubewilligung des Baudepartements aufzuheben sei.

(…)

Aus den Erwägungen:

(…)

4) Da vorliegend strittig ist, ob die Beschwerdeführenden als Partei des vorliegenden Verfahrens betreffend des Baugesuchs zu betrachten und damit zur Erhebung der Verwaltungsbeschwerde legitimiert sind, ist vorweg diese Frage zu prüfen. Sind die Eintretensvoraussetzungen erfüllt, haben die Rechtsschutzsuchenden Zugang zum Beschwerdeverfahren und damit Anspruch auf materielle Prüfung ihrer Begehren.

a) Die Beschwerdeführenden rügen, dass sie zu Unrecht nicht persönlich über den Erlass der Verfügung vom 21. März 2023 informiert worden seien, weshalb die Frist i.S.v. § 43 Abs. 1 VRG für sie erst am 20. September 2023, also am Tag der Akteneinsicht, und nicht bereits mit der Zustellung der angefochtenen Verfügung an die Verfügungsadressaten zu laufen begonnen habe. Sie bringen folglich vor, im gegenständlichen Verfahren als Partei legitimiert zu sein und machen daher das entsprechende Parteirecht der Zustellung des Entscheids an die Parteien durch die Post im Sinne des § 21 Abs. 1 VRG bzw. die Eröffnung des Entscheids i.S.v. § 48 Abs. 1 VRG geltend. Ihre Legitimation begründen sie grundsätzlich damit, dass sie die ursprünglichen eingereichten Baupläne und die Vereinbarung eines Näher- und Grenzbaurechts mitunterzeichnet haben und das Bauvorhaben an sich ein zwingend notwendiges Näherbaurecht voraussetze.

b) Zunächst ist eine Klärung des Parteibegriffs erforderlich. Als Parteien gelten gemäss Art. 6 Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (VwVG; SR 172.021) Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht. Im Verwaltungsverfahren des Kantons Zug ist der Begriff der Partei in § 5 VRG umschrieben. Dieser Paragraf stimmt wörtlich mit Art. 6 VwVG überein und beinhaltet zusätzlich noch Angaben zur Parteistellung von Behörden (Weiss, Verfahren der Verwaltungsrechtspflege im Kanton Zug, Diss., Zürich 1983, S. 82). Sofern einer Person Parteistellung zugesprochen wird, hat dies zur Folge, dass ihr sämtliche Parteirechte zukommen. Die Parteirechte ergeben sich insbesondere aus Art. 29 bis 32 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101), in welchen die grundlegenden Verfahrensgarantien verankert sind. Hierzu gehört allen voran der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), aus welchem sich insbesondere der Anspruch auf Information und Äusserung im Verfahren sowie Akteneinsicht und Mitwirkung am Beweisverfahren ergibt. Der Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 BV legt nahe, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör nur den Parteien zukommt (zum Ganzen: Häner, VwVG – Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren Kommentar, 2019, S. 121).

Artikel 6 VwVG ist daher immer im Zusammenhang mit der Beschwerdelegitimation von Art. 48 VwVG zu lesen. Danach ist Partei, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat sowie jede andere Person, Organisation oder Behörde, die das Bundesrecht zur Beschwerde ermächtigt. Indem § 5 VRG den Wortlaut von Art. 6 VwVG übernimmt, knüpft die Parteistellung grundsätzlich auch im Kanton Zug an die Rechtsmittelbefugnis bzw. Beschwerdeberechtigung nach § 41 Abs. 1 VRG an. Dem steht nicht entgegen, dass § 41 Abs. 1 VRG bezüglich der Beschwerdelegitimation nicht wörtlich mit § 48 VwVG übereinstimmt. Dementsprechend sind auch Dritte, die nicht Adressaten eines Entscheids sind, Partei, wenn ihnen eine Rechtsmittelbefugnis zukommt (zum Ganzen: Weiss, Verfahren der Verwaltungsrechtspflege im Kanton Zug, Diss., Zürich 1983, S. 83 f.).

5) Das Bauvorhaben findet ausschliesslich auf dem GS Nr. X statt. Auf dem im Eigentum der Beschwerdeführenden stehenden GS Nr. Y werden keine baulichen Veränderungen vorgenommen. Entsprechend gelten im vorliegenden Fall die Beschwerdeführenden nicht als Direktbetroffene bzw. sind nicht die Adressaten der Verfügung vom 21. März 2023. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführenden begründet auch die Unterzeichnung der ursprünglichen genehmigten Eingabepläne bzw. die Unterzeichnung einer privatrechtlichen Vereinbarung über ein Näher- und Grenzbaurecht keine direkte Betroffenheit im Baubewilligungsverfahren. Folglich ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob den Beschwerdeführenden als Dritte Parteistellung und damit die Rechtsmittelbefugnis zukommt.

a) Nach § 41 Abs. 1 VRG ist zur Erhebung einer Verwaltungsbeschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder zu Unrecht keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Bst. a). Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn die betroffene Person infolge eines Fehlers der Behörde nicht als Partei auftreten konnte, obwohl sie dazu berechtigt gewesen wäre (vgl. dazu Seiler, Stämpflis Handkommentar zum BGG, Bern 2015, Art. 89 N 30). Ferner ist gemäss § 41 Abs. 1 VRG zur Verwaltungsbeschwerde berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (Bst. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Bst. c). Zur Erhebung der Verwaltungsbeschwerde ist demnach legitimiert, wer durch eine Verfügung in höherem Masse als die Allgemeinheit berührt wird und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht (BGE 131 II 587, E. 2.1). Die in § 41 Abs. 1 VRG genannten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.

Paragraf 45 Abs. 2 PBG hält fest, dass im Baubewilligungsverfahren zur Baueinsprache berechtigt ist, wer durch das Baugesuch besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Die Einsprache bildet somit die Voraussetzung, mit dem Dritte im erstinstanzlichen Bauverfahren Parteistellung erlangen können. Gemäss Abs. 3 muss die Einsprache innert der Auflagefrist schriftlich beim Gemeinderat eingereicht werden und hat einen Antrag und eine Begründung zu enthalten.

Gegen den Einspracheentscheid der Gemeinde ist gemäss § 67 Abs. 1 PBG i.V.m. § 39 ff. VRG die Erhebung der Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat zulässig, sofern keine Ausnahme der in § 67 Abs. 2 PBG erwähnten Fälle einschlägig ist und die zuvor genannten Legitimationsvoraussetzungen i.S.v. § 41 Abs. 1 VRG erfüllt sind. Die Anfechtung einer Baubewilligung lässt sich dem Ausnahmekatalog von § 67 Abs. 2 PBG nicht entnehmen. Folglich kommen vorliegend die Rechtsschutzbestimmungen nach VRG zur Anwendung.

Gemäss § 43 Abs. 1 VRG ist die Verwaltungsbeschwerde innert 20 Tagen nach der Mitteilung eines Entscheids bei der Beschwerdeinstanz schriftlich einzureichen. Nach § 48 VRG ist der Beschwerdeentscheid zu begründen und den Parteien schriftlich mitzuteilen. In § 21 Abs. 1 VRG wird konkretisiert, dass der Entscheid den Parteien durch die Post zuzustellen ist.

b) Bei der durch die Beschwerdeführenden angefochtenen Verfügung der Vorinstanz vom 21. März 2023 handelt es sich um die Baubewilligung der Projektänderung zum Baugesuch, das durch V und W als Gesuchstellende mit Beizug der U AG als Projektverfasserin initiiert wurde. Nach den dem Regierungsrat vorliegenden Unterlagen wurden die damaligen Baueingabepläne von den Beschwerdeführenden mitunterzeichnet. Ausserdem wurde vor Einreichung dieses Baugesuchs von den Beschwerdeführenden und V und W eine obligatorische Vereinbarung über ein Grenz- und Näherbaurecht unterzeichnet. Das Baugesuch wurde in den Amtsblättern publiziert und öffentlich aufgelegt. Aus den Akten geht nicht hervor, dass die Beschwerdeführenden während der Auflagefrist eine Einsprache erhoben haben. Das ursprüngliche Baugesuch wurde von der Vorinstanz bewilligt. Der Beschluss wurde an die Gesuchstellenden, die Projektverfasserin und an kommunale sowie kantonale Amtsstellen versendet. Dagegen konnte gemäss Rechtsmittelbelehrung i.S.v. § 43 Abs. 1 VRG innert 20 Tagen nach der Mitteilung des Entscheids beim Regierungsrat des Kantons Zug Verwaltungsbeschwerde erhoben werden. Innert Frist sind keine Beschwerden beim Regierungsrat des Kantons Zug eingegangen, womit der Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist.

Ein paar Monate später hat die U AG der Vorinstanz Änderungspläne zum Baugesuch eingereicht. Diese Änderungspläne wurden ebenfalls in den Amtsblättern publiziert und öffentlich aufgelegt. Gegen die Projektänderung wurden innert Frist ebenfalls keine Einsprachen eingereicht. Am 21. März 2021 erteilte die Vorinstanz die Bewilligung für die Projektänderung. Gemäss den vorinstanzlichen Akten wurde diese an die Gesuchstellenden, die Projektverfasser und an kommunale sowie kantonale Amtsstellen versendet. Gegen die Verfügung konnte innert 20 Tagen seit der Eröffnung beim Regierungsrat des Kantons Zug Verwaltungsbeschwerde erhoben werden (§ 43 Abs. 1 VRG). Beim Regierungsrat ist innert Frist keine Beschwerde eingegangen, womit auch die Verfügung vom 21. März 2023 in Rechtskraft erwachsen ist.

Den vorinstanzlichen Akten ist weiter zu entnehmen, dass im Nachgang zur Verfügung vom 21. März 2023 die P AG als neue Bauherrschaft am 5. Juni 2023 eine erneute Projektänderung zum Baugesuch eingereicht hat. Die Beschwerdeführenden haben daraufhin am 12. Juli 2023 je eine Einsprache eingereicht mit dem Antrag, das Baugesuch sei vollumfänglich abzuweisen und eventualiter ein anderes Konzept für die Garagen zu erarbeiten. Mit Schreiben vom 8. September 2023 zeigte Rechtsanwalt S, der Vorinstanz an, dass er die Beschwerdeführenden nun anwaltlich vertrete. Am 20. September 2023 nahm er Akteneinsicht bei der Vorin­stanz. Im Zuge der Akteneinsicht wurde ihm eine Kopie der Verfügung vom 21. März 2023 aus­gehändigt. Gleichentags liessen die Beschwerdeführenden eine Stellungnahme bei der Vorin­stanz einreichen u. a. mit dem Antrag, dass an den Einsprachen vom 12. Juli 2023 festgehalten werde. Mit Eingabe vom 6. Oktober 2023 reichten die Beschwerdeführenden die Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Zug ein.

c) Aus den Verfahrensakten und dem soeben geschilderten Sachverhalt geht hervor, dass die Beschwerdeführenden weder gegen das ursprüngliche Baugesuch noch gegen die mit Verfügung vom 21. März 2023 bewilligte Projektänderung innert der Auflagefrist Einsprache erhoben haben. Sie haben sich somit am vorinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt. Den Beschwerdeführenden fehlt somit die Beschwerdelegitimation als Dritte i.S.v. § 41 Abs. 1 Bst. a 1. Halbsatz VRG, sodass ihnen in diesem Zusammenhang auch keine Parteistellung i.S.v. § 5 VRG zukommt resp. ihnen daher die Parteirechte verwehrt bleiben.

6) Im Rahmen der Prüfung der Beschwerdelegitimation ist ferner zu beurteilen, ob den Beschwerdeführenden i.S.v. § 41 Abs. 1 Bst. a 2. Halbsatz VRG die Möglichkeit, sich am vorin­stanzlichen Verfahren zu beteiligen, zu Unrecht, z. B. aufgrund eines Verfahrensfehlers, ent­zogen wurde.

6.1) Öffentliche Auflage

a) Die Beschwerdeführenden rügen, die Vorinstanz habe sich zu Unrecht darauf beschränkt, die Änderungspläne in den Amtsblättern zu publizieren und öffentlich aufzulegen, anstatt sie direkt zu informieren. Dadurch seien sie in ihren Verfahrensrechten verletzt worden. Dazu lassen sie weiter ausführen, dass von der zum Ursprungsprojekt zustimmenden Nachbarschaft vernünftigerweise nicht erwartet werden könne, dass diese ab dem Zeitpunkt ihrer Zustimmung wöchentlich das Amtsblatt konsultiere, um darin Änderungen des Projekts zu suchen. Folglich hätte die Vor­instanz den Beschwerdeführenden die Änderungspläne und die Verfügung vom 21. März 2023 persönlich zustellen sollen.

b) Im Zusammenhang mit der Publikation und Auflage eines Bauvorhabens sieht § 45 Abs. 1 PBG vor, dass das Baugesuch öffentlich aufzulegen ist. Im Gegensatz zu anderen Kantonen ist hier keine weitere Informationspflicht, z. B. der Eigentümerschaften, deren Grundstücke an das Baugrundstück angrenzen, vorgesehen. Aus den vorliegenden Akten geht hervor, dass sowohl das ursprüngliche Baugesuch als auch die nachfolgende Projektänderung im Amtsblatt öffentlich publiziert wurden. Mit der öffentlichen Auflage wurde die gesetzliche Bestimmung befolgt. Als Folge daraus wurde den Beschwerdeführenden die Möglichkeit, sich am Verfahren zu beteiligen, gewährt.

Zudem gelten gemäss § 6a Abs. 2 Gesetz über die Veröffentlichung der Erlasse und das Amtsblatt des Kantons Zug vom 29. Januar 1981 (Publikationsgesetz, PublG-ZG; BGS 152.3) Erlasse und amtliche Texte, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes veröffentlicht worden sind, als bekannt. Das von den Beschwerdeführenden vorgebrachte Argument, von einer Nachbarschaft, die ihre Zustimmung erteilt habe, könne nicht erwartet werden, dass sie wöchentlich das Amtsblatt nach Änderungen des Projekts durchsehe, ist daher nicht stichhaltig.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass sich aus den Akten nicht ergibt, dass sich die Beschwerdeführenden, obwohl sie Kenntnis von dem strittigen Bauvorhaben hatten, bei der Nachbarschaft nach dem Stand der Dinge erkundigt hätten, was ihnen als Eigentümerschaft des unmittelbar angrenzenden Grundstücks durchaus zumutbar gewesen wäre. Es wäre ihnen auch jederzeit möglich gewesen, sich bei der Vorinstanz über den Stand des Bauvorhabens zu informieren.

c) Der Vorinstanz kann somit keine fehlerhafte öffentliche Auflage vorgeworfen werden, sie hat die gesetzlichen Vorgaben im Sinne von § 45 Abs. 1 PBG eingehalten. Darüber hinaus wird den Beschwerdeführenden der Inhalt des Amtsblatts i.S.v. § 6a Abs. 2 PublG-ZG als allgemein bekanntes Wissen angerechnet.

6.2) Profilierung von Bauvorhaben

a) Die Beschwerdeführenden bemängeln weiter, dass die Profilierung nach Rechtskraft der ursprünglichen Baubewilligung entfernt und im Rahmen der Änderungseingabe fälschlicherweise nicht mehr erstellt worden sei.

b) Paragraf 28 Abs. 1 V PBG hält fest, dass vor der Publikation des Baugesuchs der Gesuchsteller bzw. die Gesuchstellerin bei Gebäuden Profile zu errichten hat, welche das künftige Volumen, insbesondere die Umrisse und die First- sowie die Gebäudehöhe, erkennen lassen und die Erdgeschosskote deutlich sichtbar bezeichnen. Andere Bauten und Anlagen sind je nach Möglichkeit im Gelände abzustecken. Absatz 2 derselben Bestimmung hält fest, dass die Profile nur mit Zustimmung der Baubehörde beseitigt werden dürfen. Wenn der Entscheid rechtskräftig ist, sind sie binnen Monatsfrist zu entfernen.

Die Aussteckung soll Personen, die in ihren Interessen betroffen sein können, die Möglichkeit geben, sich über das Projekt zu informieren. In diesem Sinne macht die Aussteckung Private auf ein Baugesuch aufmerksam. Die Aussteckung ist unerlässlich, da auch der aufmerksame, potenziell berechtigte Dritte eine Publikation übersehen kann (Mäder, Das Baubewilligungsverfahren, Diss. Zürich 1991, N 279; Walker Späh, Aussteckung – Hilfsmittel zur Visualisierung von Bauprojekten, in: PBG 2014/4, S. 5). Dieser Hinweis umreisst gleichsam die Hauptfunktion der Bauaussteckung bzw. des Baugespanns und zeigt, dass die Aussteckung bzw. Profilierung dem Rechtsschutz Dritter dient (Marti, in: Rüssli/Hänni/Furrer [Hrsg.], Staats- und Verwaltungsrecht auf vier Ebenen, Festschrift für Tobias Jaag, Zürich 2012, S. 224). Die Aussteckung dient somit sowohl der Visualisierung des Bauvorhabens als auch der Publizität des Baugesuchs. Sie zeigt damit zum Beispiel der Nachbarschaft, inwieweit eine allfällige Beeinträchtigung der Besonnung, der Belichtung und der Aussicht durch das geplante Bauwerk oder die Anlage erfolgen kann. Die Profilierung ermöglicht somit eine Beurteilung, ob berechtigte Interessen durch das Bauvorhaben beeinträchtigt werden können. Schliesslich dient sie dem Entscheid, ob das Baugesuch mit den Planunterlagen überhaupt eingesehen oder ob gegen das Bauvorhaben Einsprache erhoben werden soll und erleichtert der Baupolizeibehörde die Prüfung des Bauvorhabens (vgl. dazu Spencer, Die Bauaussteckung als landestypische Einheit, in: Zeitschrift der juristischen Nachwuchsforscher, 2/2023, S. 47 f.).

Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass die Publikation des Baugesuchs im Amtsblatt allein dem Publizitätsbedürfnis grundsätzlich nicht genügt. Der Gesetzgeber hat deshalb die Aussteckung des Bauvorhabens als ein zweites Informationsinstrument vorgesehen, das auch die Rechte Dritter wahren soll. Auf eine Aussteckung im ordentlichen Baubewilligungsverfahren kann aufgrund dessen in der Regel nicht verzichtet werden (vgl. auch: Waldmann/Hänni, Raumplanungsgesetz, Bern 2006, Art. 33 N 13 mit Hinweis auf BGE 115 Ia 24).

Von dieser grundsätzlichen Aussteckungspflicht kann ausnahmsweise abgewichen werden, wenn ein Vorhaben mittels Profilierung nicht darstellbar ist. Ob ein Vorhaben darstellbar ist, entscheidet sich nicht nach dem Aufwand, sondern nach der technischen Machbarkeit und der Darstellungskraft einer allfälligen Aussteckung (Walker Späh, Aussteckung – Hilfsmittel zur Visualisierung von Bauprojekten, in: PBG 2010/4, S. 5). So ist bei reinen Innenumbauten oder Nutzungsänderungen eine Aussteckung nicht möglich (Griffel/Liniger/Rausch/Thurnherr, Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, Expertenwissen für die Praxis, 2016, Rz. 7.111).

c) Wie bereits ausgeführt, reichten V und W als Gesuchstellende und unter Beizug der U AG als Projektverfasserin das ursprüngliche Baugesuch für den Umbau des Mehrfamilienhauses an der X-Strasse ein. An der Sitzung der Vorinstanz wurde mit Beschluss die baurechtliche Bewilligung für das ursprüngliche Baugesuch mit Auflagen und Bedingungen erteilt. Gemäss der Beschwerdeschrift sei die Profilierung nach dem Eintreten der Rechtskraft der Baubewilligung vom entfernt und im Rahmen der Projektänderung nicht mehr erstellt worden.

Den mit Verfügung vom 21. März 2023 bewilligten Plänen zur Projektänderung kann entnommen werden, dass das geänderte Bauvorhaben hauptsächlich im Gebäudeinneren der Liegenschaft der Bauherrschaft stattfindet. Es sollen anstelle eines Zimmers und anstelle einer Küche und eines Esszimmers zwei Einzelgaragen im Erdgeschoss eingebaut werden. Dadurch würde sich die Wohngrösse von 4,5 Zimmer auf 2,5 Zimmer reduzieren. Durch die geplanten Garagen würden zudem die im Kellergeschoss vorgesehenen Veloabstellplätze sowie der interne Zugang zum Kellergeschoss entfallen. Auf die mit der ursprünglichen Baubewilligung bewilligten Aussentreppe werde aufgrund einer projektierten Garageneinfahrt verzichtet, was wiederum dem heute vorzufindenden Grundriss entsprechen würde.

Damit entfällt das Erfordernis einer erneuten Profilierung des Bauvorhabens, da es sich im vorliegenden Fall um blosse Innenumbauten handelt, die mittels Profilierung gar nicht darstellbar sind. Überdies hat die Bauherrschaft in korrekter Weise die Profilierung nach dem Eintreten der Rechtskraft des ursprünglichen Baubewilligungsentscheids entfernt.

d) Der Vorinstanz kann somit weder eine mangelhafte öffentliche Auflage i.S.v. § 45 Abs. 1 PBG noch eine fehlerhafte Anweisung zur Profilierung vorgeworfen werden. Den Beschwerdeführenden wurde somit die Teilnahme am vorinstanzlichen Verfahren nicht zu Unrecht verwehrt, sodass ihnen auch in diesem Zusammenhang die Beschwerdelegitimation als Dritte i.S.v. § 41 Abs. 1 Bst. a 2. Halbsatz VRG fehlt und ihnen keine Parteistellung i.S.v. § 5 VRG zukommt.

7) Als Ergebnis ist festzuhalten, dass den Beschwerdeführenden mangels Parteistellung kein Rechtsschutz in der zu beurteilenden Streitsache zusteht und sie im Rahmen des Verwaltungsbeschwerdeverfahrens nicht beschwerdelegitimiert sind. Weder sind ihre Rechte oder Pflichten durch die angefochtene Verfügung berührt noch steht ihnen als Dritte ein Rechtsmittel dagegen zur Verfügung. Im Übrigen ist erneut festzuhalten, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführenden die Unterzeichnung der ursprünglichen genehmigten Eingabepläne bzw. die Unterzeichnung einer privatrechtlichen Vereinbarung über ein Näher- und Grenzbaurecht keine Parteistellung begründet. Da den Beschwerdeführenden im vorliegenden Verfahren keine Parteistellung zukommt, war die Vorinstanz folglich nicht verpflichtet, ihnen die Änderungspläne oder die vorinstanzliche Verfügung vom 21. März 2023 zuzustellen. Auf die Verwaltungsbeschwerde kann daher nicht eingetreten werden.

(…)

Regierungsratsbeschluss vom 25.06.2024, BD 2024-06-25

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