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Art. 367 Abs. 3, 395 Abs. 1 und 2, 398 Abs. 1 und 2, 402 Abs. 1, 419 Abs. 1 und 2 ZGB

Regeste:

Art. 367 Abs. 3, 395 Abs. 1 und 2, 398 Abs. 1 und 2, 402 Abs. 1, 419 Abs. 1 und 2 ZGB. Kombinierte Beiratschaft auf eigenes Begehren. Umfang und Grenzen der notwendigen Inventarisierung und finanziellen Interessenwahrung («mündelsichere Anlagen») durch die Beirätin in Berücksichtigung vorbestehender, nicht zuletzt im Rahmen der Familie und im Interesse einer Familienunternehmung getätigter Vermögensanlagen.

Aus dem Sachverhalt:

Mit Beschluss vom 17. September 2007 errichtete der Bürgerrat X. für A., eine Beiratschaft auf eigenes Begehren nach Art. 395 ZGB und ernannte V. als Beirätin mit der Aufgabe, die finanziellen sowie administrativen Angelegenheiten von A. zu regeln und ihr Vermögen zu verwalten. Mit Eingabe vom 22. April 2008 liessen zwei der drei Kinder von A. gegen die Beirätin ein Amtsenthebungsgesuch einreichen mit dem Antrag, V. sei unverzüglich ihres Amtes als Beirätin nach Art. 395 Abs. 1 und 2 ZGB zu entheben. Mit Beschluss vom 22. September 2009 wies der Bürgerrat X. das Amtsenthebungsgesuch ab. Mit Beschluss vom 31. Mai 2011 hiess der Regierungsrat die Beschwerde gut. Er hob den Beschluss des Bürgerrates X. auf, enthob V. ihres Amtes als Beirätin von A. und wies den Bürgerrat X. an, für V. eine neue Beirätin bzw. einen neuen Beirat zu ernennen (Ziff. 3). Nachdem das Verwaltungsgericht den Antrag auf aufschiebende Wirkung der von V. gegen den Regierungsratsbeschluss erhobenen Beschwerde abgewiesen hatte, ernannte der Bürgerrat X. mit Beschluss vom 16. August 2011 W. zum neuen Beirat. Die von V. gegen ihre Amtsenthebung als Beirätin erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht ab. In seinem Urteil hatte es sich u.a. zur Frage des konkreten Umfangs der finanziellen Interessenwahrung für die altersdemente Person durch die Beirätin (Beschwerdeführerin) zu äussern. Zuvor stellte das Gericht fest, dass sich die Beirätin von der Verbeirateten zusätzlich auch noch privat zur Interessenwahrung hatte mandatieren lassen, was einen erheblichen Interessenkonflikt im Sinne des Ausschliessungsgrundes von Art. 384 Ziff. 3 ZGB und zusammen mit der mangelnden Kontrolle der konkreten Umstände der Ausübung des privaten Mandates eine Gefährdung der Mündelinteressen bewirkte.

Aus den Erwägungen:

8. a) Grundlage für die Rechnungsführung und Vermögensverwaltung des Beirates bildet das von Bundesrechts wegen gemäss Art. 398 Abs. 1 i.V.m. Art. 367 Abs. 3 ZGB bei der Übernahme der Beiratschaft durch den Beirat und einen Vertreter der Vormundschaftsbehörde aufzunehmende Inventar über das zu verwaltende Vermögen (Art. 398 Abs. 1 ZGB; vgl. BSK ZGB I, Albert Guler, Art. 398 Rz. 3 f.). Ist der Bevormundete urteilsfähig, so wird er, soweit tunlich, zur Inventaraufnahme zugezogen (Abs. 2). Das Inventar hat alle Aktiven und Passiven der schutzbedürftigen Person zu enthalten, also gegebenenfalls auch Geschäftsvermögen oder Anteile daran, ebenso Anteile an Gemeinschaftsvermögen, z.B. an einer unverteilten Erbschaft, aber auch Rechte und Anwartschaften. Ein Verweis auf andere Inventare, wie z.B. ein Steuerinventar, genügt in der Regel nicht, da für diese andere Bewertungskriterien gelten (Albert Guler, a.a.O., N 7 f.). Drittpersonen müssen bei der Inventaraufnahme mitwirken, d.h. sie haben auf Befragen alle sachdienlichen Angaben über das Mündelvermögen i.w.S. zu tätigen, wobei die Sachverhaltsaufnahmen vom Vertreter der Vormundschaftsbehörde und dem Amtsträger gemeinsam vorzunehmen sind, z.B. Befragungen der bevormundeten Person oder von Bezugspersonen (Albert Guler, a.a.O. N. 15 f.). Nach Gesetz sind Kapitalanlagen, die nicht genügend Sicherheit bieten, durch sichere Anlagen zu ersetzen (Art. 402 Abs. 1 ZGB). Dabei soll die Umwandlung nicht zur Unzeit, sondern unter Wahrung der Interessen des Bevormundeten bzw. Verbeirateten unternommen werden. Die grundsätzliche Umwandlungspflicht setzt nicht in jedem Fall ein, in dem die sog. Mündelsicherheit der Anlage nicht gegeben ist. Denn es müssen die persönlichen Verhältnisse der bevormundeten Person mit berücksichtigt werden. So dürfen z.B. im Gegensatz zur erstmaligen Anlage von Vermögenswerten bestehende Aktien einer Familien-Aktiengesellschaft im Besitz der bevormundeten Person verbleiben, auch wenn damit der Grundsatz der Risikoverteilung nicht gewahrt ist. Auch ererbte oder erworbene Nutzniessungsrechte dürfen behalten werden. Als Umwandlung zur Unzeit kann auch die Missachtung persönlicher, affektiver oder emotionaler Gründe oder Interessen auf Seiten der bevormundeten Person gelten, bzw. ein nicht den Interessen der bevormundeten Person entsprechendes Vorgehen. Die Vormundschaftsbehörde kann dem Amtsträger auch entsprechende Weisungen erteilen (vgl. Albert Guler, Art. 402 N 3 f.; Konferenz der kantonalen Vormundschaftsbehörden VBK, Empfehlungen für die Vermögensanlage im Rahmen von vormundschaftlichen Mandaten, ZVW 2001, 335). Tatsächlich sind «mündelsichere Anlagen» nicht gesetzlich definiert, meinen aber jedenfalls risikoarme, konservative Anlage in Nominalwerten, «wobei aber stets auf die konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten wie Höhe des Vermögens, absehbarer Bedarf und Anlagehorizont Rücksicht zu nehmen ist» (vgl. Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich, Anlage und Hinterlegung von Mündelvermögen, ZVW 2000, 62 mit Hinweisen). Zu würdigen ist die konkrete wirtschaftliche und persönliche Situation des Mündels und die beim Amtsantritt angetroffene Vermögensstruktur und Anlagestrategie. Umwandlungen von Anlagen der schutzbedürftigen Person sind also nur im Rahmen und nach Massgabe von Art. 402 Abs. 2 ZGB vorzunehmen, wobei eine umfassende Interessenabwägung unabdingbar ist (vgl. BGE 48 II 431 E. 2). Wie Kurt Affolter mahnt, sind Personsorge und Interessenwahrung immer auch in Bezug zu setzen zur Stellung des Mündels als «Teil einer sozialen Gemeinschaft». Die vormundschaftliche Betreuung unterscheidet sich damit insofern von anwaltlicher Tätigkeit, als die Betreuungsperson nicht unbesehen die Anliegen und Interessen der betreuten Person verfechten darf, sondern berechtigten Interessen Dritter soweit möglich Rechnung zu tragen hat. Er ist nicht einfach der verlängerte Arm des Mündels, sondern trägt selber gemäss Art. 409 Abs. 2 ZGB die Verantwortung für alle getroffenen Entscheide. Zu berücksichtigen sind demgemäss insbesondere Unterstützungsansprüche der Familie und der Schutz all jener Drittinteressen, die eine fürsorgerische Legitimation zur Anordnung einer vormundschaftlichen Massnahme abgeben; «es liegt im wohlverstandenen Interesse der betreuten Person, wenn sich die Betreuungsperson für ein sozialverträgliches Verhalten engagiert» (Kurt Affolter, Rechtsfragen aus dem Alltag der persönlichen Betreuung, AJP 1998, 647 ff., 649).

b) Weiter ist hier vor dem Hintergrund der zerstrittenen familiären Verhältnisse, die schliesslich den Anlass für die Anordnung der vormundschaftlichen Massnahme gegeben haben, unter Hinweis auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts (GVP 2010, 161 f.) Folgendes festzustellen: Die vormundschaftlichen Organe haben aufgrund ihrer Amtspflichten und Verantwortlichkeit falls nötig allfälligen Rechtsansprüchen der betreuten Person nachzugehen, wenn beispielsweise begründeter Verdacht besteht, dass die betreute Person vor der Anordnung der Massnahme in bestimmten, genügend konkretisierten Geschäften oder Sachverhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) in der Lage gewesen sein könnte, ihre Interessen ausreichend zu wahren. Bekanntlich tritt die Urteilsunfähigkeit einer Person in der Regel nur schleichend ein und kann sie im Nachhinein kaum auf einen bestimmten Termin festgelegt werden. Sicher kann von den vormundschaftlichen Organen nicht verlangt werden, auf allgemeines Begehren – auch von Kindern – hin generell solchen Sachverhalten nachzuforschen. Dies liesse sich im Regelfall nicht mit dem vormundschaftsrechtlichen Auftrag und den persönlichkeitsrechtlichen Interessen der betreuten Person rechtfertigen. Vor allem muss dabei ein direkter Bezug zum jeweils aktuellen persönlichen und fürsorgerischen Interesse der betreuten Person vorausgesetzt werden. In diesem Rahmen haben die vormundschaftlichen Behörden und Amtsträger aufgrund ihrer gesetzlichen Aufgaben in der kombinierten Vertretungs- und Verwaltungsbeistandschaft gemäss Art. 392 Ziff. 1 und 393 Ziff. 2 ZGB, aber ebenso in der Verwaltungsbeiratschaft nach Art. 395 Abs. 2 ZGB das Recht und die Pflicht, für die verbeiständete Person alle tatsächlichen und rechtlichen Handlungen vorzunehmen, die die Erfüllung ihres Mandats mit sich bringt (GVP 2010, 169 f.). So muss sich auch der Verwaltungsbeirat u.a. um die materielle Existenz der ihm anvertrauten Person sorgen. Reichen die eigenen, unmittelbar verfügbaren Mittel (Renten, sonstige Einkünfte und allfällig vorhandenes Vermögen) nicht aus, muss er sich an unterhalts- und unterstützungspflichtige Verwandte bzw. an die Sozialhilfe wenden, und erst recht hat er allfällige rechtliche bzw. finanzielle Ansprüche auch aus der Vergangenheit für die von ihm vertretene Person geltend zu machen, soweit dies nicht bereits geschehen wäre. Dabei hat der Beirat die Interessen der verbeirateten Person zu verfolgen, nicht jene ihrer Angehöriger oder Dritter, und erst recht nicht subjektive Gerechtigkeitsvorstellungen. Die immer wegleitende Maxime des Mündelwohls verlangt die Vornahme aller durch das Schutzbedürfnis gebotenen Eingriffe, «untersagt aber Handlungen, die über das Notwendige hinausgehen» (Kurt Affolter). Die Massnahme hat mit den Worten Hegnauers als «Rettungsdampfer», nicht als «Kanonenboot» zu dienen (zitiert von Kurt Affolter, a.a.O: S. 650). Allfällige Ansprüche gegenüber Dritten hat der Beirat zwar nicht erst dann zu verfolgen, wenn die materielle Existenz der verbeirateten Person sonst geradezu gefährdet wäre, doch müssen sämtliche in Erwägung gezogenen Massnahmen jeweils in ihrem Interesse liegen, wozu nicht zuletzt auch die Bewahrung des Familienfriedens oder beispielsweise der Erhalt einer Familienunternehmung gehört. Denn massgebend ist für das Mündelwohl in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auch die sich aus Art. 272 ZGB zwischen Eltern und Kindern ergebende Rücksichtspflicht (Kurt Affolter, a.a.O. S. 652). Zumal in den in der Praxis nicht seltenen Fällen, in denen die Massnahme gerade dem Schutz der verbeirateten Person vor finanziellen Beanspruchungen und Bedrängnissen aus dem Kreis der Familie dienen sollte, erwiese es sich nachgerade als unverantwortlich, ohne Not vorbestehende Verträge oder Regelungen aus dem Kreis der Familie, die bereits früher bewusst und einvernehmlich getroffen wurden, in Frage stellen zu wollen. Unklare bzw. umstrittene erbrechtliche Ansprüche von Familienmitgliedern untereinander oder das subjektive Empfinden von Ungerechtigkeiten Einzelner haben den Beirat insofern nicht zu bekümmern. Der Verwaltungsbeirat hat wie der Vormund gemäss Art. 413 Abs. 1 ZGB das Vermögen der betreuten Person sorgfältig zu verwalten (vgl. BSK ZGB I, Ernst Langenegger, Art. 395 Rz. 15). Damit verweist der Gesetzgeber notwendigerweise auf einen Ermessensspielraum, und der Amtsträger ist gut beraten, entsprechende Schritte nur mit Zurückhaltung und v.a. im Einvernehmen mit der Vormundschaftsbehörde zu prüfen und in Erwägung zu ziehen.

c) Hinzu kommt unter verfahrensmässigen Gesichtspunkten, dass gerade in einem Fall wie diesem vorausgesetzt werden muss, dass die Prüfung und Anordnung prozessualer Schritte hinsichtlich früherer, im Rahmen der Familie getroffener vermögensrechtlicher Entscheide von weitreichender Tragweite nicht ohne Einbezug der Vormundschaftsbehörde und letztlich überhaupt nur auf Weisung derselben ergriffen werden. Tatsächlich können solche Weisungen betreffend die Umwandlung bzw. Sanierung von Vermögensanlagen und -ansprüchen gestützt auf Art. 420 Abs. 2 ZGB angefochten werden, nämlich von Beirat, verbeirateter Person und nicht zuletzt von Dritten, die Mündelinteressen geltend machen (Albert Guler, Art. 402 Rz 5). Ohne Zweifel wären hierzu also auch die Beschwerdegegner als Kinder legitimiert. (...)

Ausgangspunkt ist die gesetzliche Anordnung, dass sich der Beistand und jedenfalls auch der Verwaltungsbeirat - ihm kommt im Umfang seiner Aufgabe die nötige Vertreterstellung und damit die entsprechende Verantwortung zu (Yvo Biderbost, Art. 419 Rz 29) - grundsätzlich auf die Verwaltung und Fürsorge für die Erhaltung des Vermögens zu beschränken hat (Art. 419 Abs. 1 ZGB). Für Verfügungen, die darüber hinausgehen, bedarf er besonderer Ermächtigung, die ihm der Vertretene selbst oder, wenn dieser hiezu nicht fähig ist, die Vormundschaftsbehörde erteilt (Abs. 2). Fällt praxisgemäss unter die zustimmungsbedürftigen ausserordentlichen Verwaltungshandlungen z.B. eine Wohnungsliquidation mit allen Folgegeschäften und insbesondere der nicht unterhaltsbedingte Rückzug von Vermögenssubstanz (Yvo Biderbost, Art. 419 Rz 12), so muss dies umso mehr für so weitreichende geplante Aktionen gelten, wie sie hier die Beirätin ins Auge gefasst hat und auch schon aktiv betreibt. Zweifellos kann vorliegend aber auf die verbeiratete Person für eine Zustimmung aufgrund ihrer Demenz und extremen Vergesslichkeit nicht abgestellt werden, wobei es hierfür ohnehin aufgrund der wichtigen und folgenreichen Fragen jedenfalls gleichzeitig eines aktuellen (fach-)ärztlichen Arztzeugnisses zur Ermächtigungsfähigkeit bedürfte (Yvo Biderbost, Art. 419 Rz 21). Es steht somit die Behörde in der Pflicht, wobei sie selber die verbeiratete Person persönlich zu den konkreten Verwaltungshandlungen anzuhören hätte (was aufgrund der Akten in den wenigen, stets nur allgemein gehaltenen Gesprächen mit ihr nie geschehen ist). Unabhängig von bestehendem «freiem» Einkommen entfällt somit im Ergebnis bei einer kombinierten Beiratschaft die Möglichkeit zusätzlicher privater Mandatierung des Beirats im Kleid des Mitwirkungsbeirats für Aufgaben, die im Kern Fragen der dem Beirat von Gesetzes wegen zukommenden Vermögensverwaltung betreffen.

d) Gestützt darauf ist zum vorliegenden Fall festzustellen, dass das Vermögen von A, d.h. dessen Bestandteile und deren Höhe, beim Amtsantritt der Beirätin grundsätzlich bekannt war. Auch bezüglich der Steuerpflicht gab es - ungeachtet der weiteren, teuren geleisteten Beratungsleistungen - kaum unmittelbar offene Fragen. Ihre Vermögensverhältnisse sind nicht zuletzt das Ergebnis von erbrechtlichen und familienrechtlichen Verträgen, welche sie in der zum Teil weit zurückliegenden Vergangenheit selber, zudem mit anwaltlicher Unterstützung, mit ihren Kindern geschlossen hat, und zwar zu Zeitpunkten, in denen ihre Urteils- und Hand-lungsfähigkeit als gegeben vorauszusetzen und jedenfalls nicht von den vormundschaftlichen Organen nachträglich in Frage zu stellen ist. Es ist offensichtlich, dass die Unternehmerwitwe dabei aus verständlichen Gründen auch immer dem weiteren Gedeihen des Familienunternehmens besondere Beachtung geschenkt, ja offensichtlich mitunter den Vorrang eingeräumt hat. Dabei mögen auch vielfältige familieninterne Diskussionen und vielleicht sogar abwechselnde Druckversuche der Kinder untereinander und gegenüber der Mutter erfolgt sein. Es mag auch sein und leuchtet aufgrund der ersichtlichen Umstände ohne weiteres ein, dass die Errichtung und die Ausgestaltung der AA. Stiftung von A.  durchaus als Belastung empfunden worden ist, was der von der Beschwerdeführerin eingereichte, sehr persönliche Brief von C. an seine Mutter vom 27. Februar 2004 belegt, in dem dieser Bezug darauf nahm, dass sie sich offenbar Geldsorgen mache wegen der von ihnen am 8. September 2003 vor dem Notar in X. mitsamt Beistatuten unterzeichneten Familienstiftung. Er erläuterte darin seiner Mutter die im Interesse des Familienunternehmens und des Familienfriedens liegenden Hintergründe dazu noch einmal ausführlich und rang regelrecht um ihr Vertrauen. A. war damals aber urteils- und handlungsfähig und auch anwaltlich vertreten gewesen. Sie hat ihre eigenen Entscheide selber zu verantworten gehabt, und dies war - auch in der nachträglichen Betrachtung - ihr Recht und bleibt zu respektieren. Die unternehmenspolitischen und damit immer auch «familienpolitischen» Entscheide sind hier nicht zu kommentieren, so wenig als eventuellen späteren erbrechtlichen Auseinandersetzungen unter den Kindern von A. vorzugreifen wäre oder versucht werden sollte, gerechte(re) Verhältnisse zu schaffen. Die vormundschaftlichen Organe vermögen gar nicht alle Hintergründe bezüglich der Unternehmensnachfolge und der erbrechtlich relevanten Entscheide im Schosse dieser bedeutenden Unternehmerfamilie auszuleuchten, und diese gehen sie auch nichts an.

e) Ebensowenig erscheint dem Gericht als erstellt, dass die materielle Existenz und die bisherige gehobene Lebenshaltung von A. aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Liegenschaften in X. wie auch im Ausland, den bestehenden Renteneingängen und den durch die AA. Stiftung offensichtlich garantierten Leistungen in Frage gestellt ist, nicht zuletzt wegen der unveränderten Verhältnisse im Vergleich zur Zeit vor der Anordnung der Massnahme. A. ist offensichtlich aktuell nicht auf weitere unmittelbare Liquidität - gemäss der Beschwerdeführerin auf ein tägliches «Einkommen» von Fr. 2'400.– angewiesen, sondern vielmehr auf den Schutz vor Ansprüchen Dritter, gegen die sie sich im Falle der Liquidität ohne Hilfe nicht zu wehren vermöchte. Nachdem zudem nicht offensichtliche liquide Ansprüche der Verbeirateten infolge Untätigkeit der vormundschaftlichen Organe dahinzufallen drohen (vgl. GVP 2010, 171) - dies auch in Berücksichtigung des Anlagehorizonts für die hochbetagte schutzbedürftige Person - , erkennt das Verwaltungsgericht im Entscheid der Vorinstanz keine Rechtsverletzung, der im Ergebnis unterbindet, dass die Beirätin die von ihr in den Vordergrund gerückten Bemühungen um eine Aufarbeitung oder Sanierung der innerhalb der Familie von A. bestehenden finanziellen Regelungen weiter soll verfolgen können. Im Gegenteil besteht für solche Schritte angesichts der unveränderten, gesicherten finanziellen Verhältnissen von A. aus vormundschaftsrechtlicher Sicht keine Veranlassung, und keinesfalls darf die Vormundschaftsbehörde die Beschwerdeführerin, sei es als Beirätin, sei es als privat Mandatierte, hierbei gewähren lassen. Wäre die Erbteilung des verstorbenen Gatten aus familiären Gründen gar noch nicht erfolgt, hätten ebenfalls nicht die vormundschaftlichen Organe diesbezüglich Druck auszuüben, nachdem die verbeiratete Person sehr betagt ist und ihr angemessener Lebensunterhalt offensichtlich gewährleistet ist. Der Beirat von A.muss aufgrund des bekannten Sachverhalts entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin keinen direkten Zugriff auf alle ihr allenfalls zustehenden Vermögenswerte wie z.B. die von ihr angeführten Wertschriftenanlagen bei der AA. Stiftung haben, und sie muss sich auch nicht um deren «mündelsichere» Umschichtung kümmern, da es sich um vorbestehende und achtenswerte innerfamiliäre Vermögensdispositionen aus der Zeit der vollen Handlungsfähigkeit von A. handelt. Aus einer nicht optimalen Anlage dieser Werte würde weniger die betagte Verbeiratete geschädigt als dereinst ihre Erben, die ihre Rechte aber selber wahren können. Ebensowenig darf deshalb der vor Errichtung der Beiratschaft von A. offenbar mündlich getroffene Verzicht auf den Niessbrauch an XY.-Anteilen in Frage gestellt werden, wobei die Erklärung des Sohnes plausibel erscheint, dass sie diesen Verzicht mündlich zur Rettung des Unternehmens gemacht und vor der Errichtung der Beiratschaft nie in Frage gestellt hat, was zu respektieren ist. Erst recht soll aber nicht der abenteuerliche Versuch gestartet werden, mittels einer allgemeinen «Generalvollmacht», aber doch im Mantel des vormundschaftlichen Mandats, zu Lebzeiten der hochbetagten schutzbedürftigen Person unter ihren drei Kindern eine erbrechtliche Gleichbehandlung zu bewirken (womöglich mittels grosszügiger, letztlich durch die Beirätin bestimmter bzw. zugelassener Schenkungen). Die vormundschaftlichen Organe müssten sich in Familienangelegenheiten einmischen und damit zwangsläufig Partei ergreifen. Ob die Verbeiratete ihre Kinder vor dem Eintritt ihrer nur noch beschränkten Urteils- und Handlungsfähigkeit gleich behandelt hat, kann heute nicht von den vormundschaftlichen Organen überprüft und geändert werden. Solche Fragen können allenfalls Gegenstand späterer erbrechtlicher Auseinandersetzungen unter den Kindern sein, falls dies überhaupt der Fall sein wird. Immerhin hat auch Tochter D. die entsprechenden Verträge und Massnahmen jeweils unterzeichnet und ihre eigenen Rechte selber wahren können. Und sie kann dies auch heute noch selbständig tun. Nur schon weil der wirkliche Wille der verbeirateten Person aufgrund ihrer fortgeschrittenen Demenz und grossen Vergesslichkeit aktuell auch gar nicht verlässlich festgestellt werden kann, ist es ausgeschlossen, dass ohne unmittelbare wirtschaftliche Notwendigkeit Prozesse im Namen der Verbeiraten angedroht oder angestrengt werden. Wenn es indessen notwendig wäre, dass gebundenes Vermögen der Verbeirateten für ihren angemessenen Unterhalt verfügbar gemacht werden müsste, wären Beirat und Vormundschaftsbehörde zweifellos legitimiert, entsprechende Ansprüche gegen alle Angehörigen geltend zu machen. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Kinder von A. ohne weiteres zu allen dazu nötigen Schritten Hand bieten würden. Entgegen der im Folgenden noch anzusprechenden Äusserungen der Beschwerdeführerin (E. 9) erkennt das Gericht keine Hinweise, wonach diese ihren menschlichen Pflichten gegenüber ihrer Mutter nicht nachkommen wollten.

f) Wenn A. die Anstrengungen der Beschwerdeführerin aufgrund gewisser schriftlich vorliegender Äusserungen zu befürworten scheint, dann tut sie dies offensichtlich aus dem verständlichen und achtenswerten Gefühl und Bedürfnis heraus, ihre Kinder gleich behandeln zu wollen. Und möglicherweise deshalb, weil sie von ihrer Tochter D. wie schon in der Vergangenheit um finanzielle Hilfe angegangen und vielleicht sogar unter Druck gesetzt wird, was sie selber aber mit ihrer Zustimmung zur Errichtung der AA. Stiftung und weiteren Entscheidungen in der Vergangenheit hatte unterbinden wollen. Umso mehr zeigt sich die äusserst zwiespältige Amtsführung der Beschwerdeführerin. Denn angesichts der in den Akten enthaltenen, sich immer wieder auch widersprechenden Äusserungen von A. und der eine andere Haltung der Mutter bezeugenden Aussagen der Beschwerdegegner und von ihr nahestehenden Betreuungspersonen ist anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin bewusst oder unbewusst aktiv die demenzkranke Verbeiratete in diesem Gefühl bestärkt, ihre Kinder früher nicht gleich behandelt zu haben und heute mangels grösserer Verfügbarkeit über ihr an sich zustehende Vermögensansprüche nicht gleich behandeln zu können. Dass sich A. regelmässig Sorgen um ihre finanzielle Situation mache, wird weitgehend darin begründet sein, und es muss für sie eine unerträgliche Belastung darstellen. Dass A. «objektiv gesehen» nicht freiwillig und ohne Druck ihrer Kinder «auf ihre Altersversorgung verzichtet» hätte, sind - soweit von einem solchen Verzicht gesprochen werden kann - persönliche Einschätzungen der Beschwerdeführerin, die zudem offensichtlich enger mit Tochter D. als mit den anderen beiden Kindern zusammen¬arbeitet. In ihrer Stellungnahme an den Bürgerrat vom 26. Oktober 2008 erklärte die Beschwerdeführerin selber, es bleibe im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob es noch Aufgabe eines Beirats sein könne, das Handeln der verbeirateten Person zu überpüfen, als diese noch handlungsfähig gewesen sei. Tatsächlich hat sie diesbezüglich aber von Anfang an - nicht zuletzt unter dem «Deckmantel» des privaten Mandates - eigenmächtig gehandelt und sogar bereits prozessuale Schritte und teure juristische Abklärungen im In- und Ausland veranlasst, anstatt sich mit der Vormundschaftsbehörde abzusprechen. Berücksichtigt man die zur vormundschaftlichen Massnahme führende Vorgeschichte und die aus den Handlungen der Beirätin rührende psychische Belastung für A., entspricht ein solches Verhalten keinesfalls einer pflichtgemässen Interessenwahrung bzw. dem Mündelwohl. Vielmehr wird damit die Gesundheit von A. und der ihr am Herzen liegende Familienfrieden gefährdet. Dies muss als schwere Pflichtverletzung qualifiziert werden. Im Gespräch vom 15. Oktober 2008 auf der Bürgerkanzlei mit der Beschwerdeführerin war übrigens gemäss Protokoll der Bürgerpräsident nur teilweise mit ihren Darlegungen einverstanden, indem er entgegnete, dass eine persönliche Beistandspflicht gegenüber der Verbeirateten bestehe, aber keine zur Hinterfragung des übrigen familiären und verwandtschaftlichen Hintergrundes. Diesbezüglich ist die sonst verständliche Äusserung der Beschwerdeführerin, bezüglich Art und Umfang der Vermögensverwaltung sei der Bürgerrat und sogar der Regierungsrat in seinem Entscheid unbestimmt geblieben, zu relativieren. Aufgrund der Akten steht ohnehin fest, dass sie pflichtwidrig nie um Weisungen ersucht oder solche abgewartet hat und ohne solche sich vor allem auf ihre Generalvollmacht bzw. die Wünsche der Verbeirateten abstützte, im Ergebnis aber gegen deren Interessen handelte. Offensichtlich verursachte sie nicht zuletzt durch das auch für die Vormundschaftsbehörde undurchsichtige Doppelmandat die zusätzlichen, hohen Kosten für auswärtige Rechtsberater.

g) Anzufügen ist, dass die von der Beschwerdeführerin selber suggerierte Annahme einer Geschäftsunfähigkeit von A. bei der bereits Jahre zurückliegenden Errichtung der AA.-Stiftung nicht weniger als das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Vormundschaft gemäss Art. 369 oder 372 ZGB nahelegen müsste. Dies ist aber von keiner Seite ernsthaft geltend gemacht worden. Und nicht zuletzt würde eine solche Annahme erst recht der zusätzlichen privaten Mandatierung der Beschwerdeführerin (Generalvollmacht) wie auch der Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit der angeblichen Wünsche der Verbeirateten die Grundlage entziehen. All dies abgesehen davon, dass wie bereits erwähnt zur Fähigkeit der Bestellung eines Vertreters auch die Fähigkeit zu dessen Überwachung gehört (vgl. ein weiteres Verwaltungsgerichtsurteil in GVP 2007, 129; Schnyder/ Murer, Art. 392 N 48, 393 N 42), die im konkreten Fall verneint werden muss.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 V 2011 92, 94

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