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Art. 13 URG

Regeste:

Art. 13 URG – Wer Werkexemplare der Literatur und Kunst vermietet oder sonst wie gegen Entgelt zur Verfügung stellt, schuldet dem Urheber hierfür gemäss Art. 13 Abs. 1 URG eine Vergütung. Gemäss Abs. 3 können die Vergütungsansprüche jedoch nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften (Art. 40 ff. URG) geltend gemacht werden. Das Gesetz sieht zwingend die  kollektive Verwertung dieser Ansprüche vor. Eine individuelle Geltendmachung durch die Urheber ist ausgeschlossen. Die Verwertungsgesellschaften sind also kraft ihrer gesetzlichen Monopolstellung aktivlegitimiert, sämtliche der den jeweiligen Urhebern zustehenden Vermietvergütungen gemäss Art. 13 Abs. 1 und 3 URG in eigenem Namen geltend zu machen, unbekümmert darum, ob ihnen die Urheber ihre Ansprüche abgetreten haben oder nicht.

Aus dem Sachverhalt:

1. Die SUISA, Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik (nachfolgend: Klägerin) mit Sitz in Zürich befasst sich als Verwertungsgesellschaft mit der Wahrung der Rechte der Urheber von nicht-theatralischen musikalischen Werken. Sie übt ihre Tätigkeit gemäss Art. 40 ff. URG mit Bewilligung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) vom 19. Juni 2008 aus. Mit vier weiteren Verwertungsgesellschaften, namentlich der ProLitteris (Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für Literatur und Kunst), der SSA (Société Suisse des Auteurs), der SUISSIMAGE (Schweizerische Genossenschaft für Urheberrechte an audiovisuellen Werken) und der SWISSPERFORM (Schweizerische Gesellschaft für die verwandten Schutzrechte), hat sie den gemeinsamen Tarif 5 (nachfolgend: GT 5) betreffend das Vermieten von Werkexemplaren beschlossen, welchen die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (ESchK) am 25. Oktober 1999 genehmigte. Inzwischen ist seine Geltung von der ESchK bis zum 31. Dezember 2014 rechtskräftig verlängert worden. Die vorgenannten Verwertungsgesellschaften haben zudem am 17. November 1995 eine Vereinbarung zur Durchführung des Inkassos der Vermietvergütungen getroffen. Darin haben sie die Klägerin mit dem für den Einzug der Vergütungen notwendigen und zweckmässigen Vorgehen, einschliesslich Betreibungen und Prozessführung, betraut und ihr zu diesem Zweck sämtliche bestehenden und künftigen Ansprüche auf tarifmässige Vergütungen zur Geltendmachung in eigenem Namen abgetreten. Die Klägerin nimmt in Bezug auf den GT 5 die Funktion als gemeinsame Zahlstelle wahr.

2. Gemäss Handelsregisterauszug bezweckt die X. GmbH (nachfolgend: Beklagte) mit Sitz in Zug den Handel, den Verkauf und die Vermietung von Ton- und Bildträgern und verwandten Produkten. Unter dem Namen «D.» betreibt die Beklagte eine Kette von Videotheken, in denen unter anderem urheberrechtlich geschützte Tonbildträger vermietet werden.

3. Mit Schreiben vom 9. Juni 2010 informierte die Y. GmbH die Klägerin, die «D.»-Filialen St. Gallen, Wil, Glattbrugg, Zürich-Wollishofen und Neuhausen per 1. Juni 2010 an die Beklagte verkauft zu haben. Aus diesem Grund schlug die Klägerin der Beklagten am 7. Juli 2010 eine vertragliche Regelung der Vermietvergütungen vor. Als die Beklagte weder den Vertrag unterzeichnete noch die zur Berechnung der Vergütungen notwendigen Angaben machte, wurde die Beklagte mit Schreiben vom 16. August 2010 nochmals gemahnt. Nachdem wiederum keine Reaktion der Beklagten erfolgte, stellte ihr die Klägerin mit Schreiben vom 14. September 2010 die Rechnungen für das 3. und 4. Quartal 2010 über je CHF 3'430.50 (inkl. 7,6 % MWST) zu. Da beide Rechnungen trotz Mahnungen vom 11. November 2010 und 16. Dezember 2010 unbezahlt blieben, trat die Klägerin die betreffenden Forderungen am 7. März 2011 an die Z. zum Inkasso ab. Die offenen Forderungen wurden durch Letztere in Betreibung gesetzt (Zahlungsbefehl Nr. 153'435 des Betreibungsamtes Zug vom 14. März 2011), worauf die Beklagte Rechtsvorschlag erhob. Am 14. April 2011 erfolgte die Rückzession dieser Forderung an die Klägerin.

4. Mit Klage vom 19. März 2012 verlangte die Klägerin beim Obergericht Zug die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung des in Betreibung gesetzten Betrags von CHF 6'861.-- nebst Zins zu 5% seit 14. Oktober 2010 sowie die Beseitigung des Rechtsvorschlages.

5. Mit Präsidialverfügung vom 22. März 2012 wurde die Beklagte aufgefordert, innert 20 Tagen eine schriftliche Klageantwort einzureichen, die sinngemäss die Angaben und Beilagen gemäss Art. 221 ZPO enthalten muss. Die Beklagte liess die angesetzte Frist jedoch unbenutzt verstreichen. Daraufhin wurde sie nochmals aufgefordert, innert einer Nachfrist von 10 Tagen eine schriftliche Klageantwort einzureichen. Dieser Aufforderung ist die Beklagte wiederum nicht nachgekommen.

Aus den Erwägungen:

1. Die örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit der II. Zivilabteilung des Obergerichts des Kantons Zug ist gestützt auf Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO und Art. 5 Abs. 1 lit. a ZPO i.V.m. § 19 lit. a GOG und § 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Obergerichts (GO) gegeben.

2. Gemäss Art. 223 Abs. 1 ZPO setzt das Gericht der beklagten Partei bei versäumter Klageantwort eine kurze Nachfrist. Lässt sie diese - wie vorliegend - unbenutzt verstreichen, ist sie zum zweiten Mal säumig und daher mit der Klageantwort ausgeschlossen. Eine verspätete Eingabe ist aus den Akten zu weisen (Frei/Willisegger, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Basel 2010, Art. 223 N 11). Bei zweimaliger Säumnis darf das Verfahren nur in der Weise fortgesetzt werden, dass entweder ein Endentscheid ergeht oder direkt zur Hauptverhandlung vorgeladen wird. Als Grundlage der Verfahrensfortsetzung dient die Klageschrift. Die darin vorgebrachten Tatsachenbehauptungen sind als unbestritten zu betrachten (Frei/Willisegger, a.a.O., Art. 223 N 12). Das Gericht kann diese Tatsachen seinem Entscheid zugrunde legen (Leuenberger, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Zürich/Basel/ Genf 2010, Art. 223 N 5). Zweimalige Säumnis in der Antwort bedeutet jedoch nicht Anerkennung der klägerischen Behauptungen. Dies ergibt sich aus Art. 153 Abs. 2 ZPO, wonach eine Beweisabnahme über unbestritten gebliebene Behauptungen möglich bleibt (Frei/Willisegger, a.a.O., Art. 223 N 12). Gemäss Art. 223 Abs. 2 ZPO trifft das Gericht einen Endentscheid, sofern die Angelegenheit spruchreif ist. Hierzu muss die Klage soweit geklärt sein, dass darauf mangels Prozessvoraussetzungen nicht eingetreten oder sie durch Sachurteil erledigt werden kann. Vorliegend steht dem Eintreten auf die Klage nichts entgegen. Der Klagegrund ist im Hinblick auf die anwendbaren Rechtsnormen hinreichend substantiiert und das Gericht hat an der Richtigkeit der klägerischen Tatsachenbehauptungen keine Zweifel (vgl. Frei/Willisegger, a.a.O., Art. 223 N 13).

3. Vorab stellt sich die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin, welche sich nach materiellem Recht bestimmt und von Amtes wegen zu prüfen ist (iura novit curia; vgl. BGE 136 III 365, S. 367 E. 2.1; 130 III 550, S. 551 E. 2).

3.1 Wer Werkexemplare der Literatur und Kunst vermietet oder sonst wie gegen Entgelt zur Verfügung stellt, schuldet dem Urheber hierfür gemäss Art. 13 Abs. 1 URG eine Vergütung. Gemäss Abs. 3 können die Vergütungsansprüche jedoch nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften (Art. 40 ff. URG) geltend gemacht werden. Das Gesetz sieht zwingend die kollektive Verwertung dieser Ansprüche vor. Eine individuelle Geltendmachung durch die Urheber ist ausgeschlossen. Die Verwertungsgesellschaften sind also kraft ihrer gesetzlichen Monopolstellung aktivlegitimiert, sämtliche der den jeweiligen Urhebern zustehenden Vermietvergütungen gemäss Art. 13 Abs. 1 und 3 URG in eigenem Namen geltend zu machen, unbekümmert darum, ob ihnen die Urheber ihre Ansprüche abgetreten haben oder nicht (BGE 124 III 489 E. 2a und 2b). Die Verwertungsgesellschaften unterliegen dabei der Tarifpflicht (Art. 46 Abs. 1 URG). Gemäss Art. 47 Abs. 1 ist ein gemeinsamer Tarif aufzustellen, wenn mehrere Verwertungsgesellschaften im gleichen Nutzungsbereich tätig sind. Die beteiligten Verwertungsgesellschaften haben zudem eine gemeinsame Zahlstelle zu nennen.

3.2 Mit dem vorliegend anwendbaren GT 5 kamen die Verwertungsgesellschaften dieser Verpflichtung nach. Indem die übrigen Verwertungsgesellschaften die in ihre Wahrnehmungsbereiche fallenden Ansprüche aus Art. 13 URG mit Vereinbarung zur Durchführung des Inkassos der Vermietvergütungen (GT 5) vom 17. November 1995 der Klägerin abgetreten haben, ist Letztere zur vorliegenden Klage unbestrittenermassen aktivlegitimiert (vgl. BGE 124 III 489). Sie kann mithin die vorliegenden Vermietvergütungen im eigenen Namen geltend machen.

4.1 Es ist im Weiteren unbestritten, dass die Beklagte unter dem Namen «D.» an verschiedenen Standorten urheberrechtlich geschützte Ton- und Tonbildträger zur Vermietung anbietet. Sie ist daher verpflichtet, der Klägerin hierfür eine entsprechende Vermietvergütung zu bezahlen (Art. 13 Abs. 1 URG). Die Vermietvergütung ist unabhängig davon geschuldet, ob die vorgesehene vertragliche Regelung, welche die Klägerin der Beklagten am 7. Juli 2010 offerierte, zustande gekommen ist oder nicht.

4.2 Die Höhe dieser Vergütung bestimmt sich nach dem Filmbestand der Beklagten. Da sie sich jedoch zur Anzahl der vermietenden DVD bzw. Werkexemplare nicht vernehmen liess, hat die Klägerin zu Recht auf die bei ihr vorhandenen Informationen zum Gesamtbestand der zur Vermietung angebotenen Werkexemplare der früheren Besitzerin und Verkäuferin, Y. GmbH, zurückgegriffen. Auch ist nicht zu beanstanden, dass die Klägerin der Beklagten die tarifliche Mindestentschädigung gemäss Ziff. 4.2 Abs. 2 des GT 5 in Rechnung stellt. Der GT 5 ist für die Gerichte gemäss Art. 59 Abs. 3 URG verbindlich. Der eingeklagte Betrag von CHF 6'861.-- ist mithin ausgewiesen. Die Beklagte ist verpflichtet, diesen der Klägerin zu vergüten.

5. Nebst dem Forderungsbetrag macht die Klägerin Verzugszinsen in der gesetzlichen Höhe von 5 % seit 14. Oktober 2010 geltend (Art. 104 Abs. 1 OR). Voraussetzungen des Verzugs sind die Fälligkeit der Forderung und die Mahnung des Schuldners (Art. 102 Abs. 1 OR). Als Mahnung gilt die unmissverständliche Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, die fällige Forderung innert bestimmter Frist oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu bezahlen (vgl. Gauch/Schluep, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Band II, Zürich/Basel/Genf 2008, 9. A., § 26 N 2703). Durch die alleinige Rechnungsstellung wird dem Schuldner in der Regel nur die Höhe der Forderung mitgeteilt und die gelegentliche Begleichung der Forderung verlangt. Auch wenn die Klägerin auf ihren Rechnungen vom 14. September 2010 den Vermerk «zahlbar bis 14. Oktober 2010» anbrachte, ist nach zugerischer Praxis nicht von einer Mahnung auszugehen. Die Beklagte geriet somit erst mit dem Erhalt der Mahnung vom 11. November 2010 in Verzug. Der Verzugszins ist somit frühstes ab 12. November 2010 geschuldet.

6. Im Weiteren ist antragsgemäss festzuhalten, dass die Klägerin die Betreibung Nr. 153'435 des Betreibungsamtes Zug für den Betrag von CHF 6'861.-- zuzüglich Zinsen fortsetzen kann (Art. 79 SchKG).

7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die Entscheidgebühr für das gerichtliche Verfahren der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidgebühr richtet sich dabei nach § 11 Abs. 1 KoV OG. Im Weiteren schuldet die Beklagte der Klägerin eine Parteientschädigung. Wird eine Partei - wie vorliegend - durch einen bei ihr selbst angestellten Anwalt vertreten, bemisst sich die Parteientschädigung jedoch nicht ohne Weiteres nach der Verordnung über den Anwaltstarif (AnwT), regelt doch diese nach einhelliger Ansicht ihrem Zwecke nach einzig die berufsmässige Parteivertretung durch einen freiberuflich, d.h. selbständig tätigen patentierten Rechtsanwalt (ZR 2007 Nr. 78, E. III/2/a, m.w.H.). Ihr wird allerdings eine Umtriebsentschädigung ex aequo et bono zugesprochen (vgl. Suter/von Holzen, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Zürich/Basel/ Genf 2010, Art. 95 N 42), wobei der Anwaltstarif als Richtlinie herangezogen und den besonderen Gegebenheiten durch eine entsprechende Reduktion Rechnung getragen wird (vgl. GVP 1991/92, S. 211 f.). Es rechtfertigt sich im vorliegenden Fall, die nach dem Anwaltstarif berechnete Parteientschädigung (§ 3 Abs. 1 AnwT) um etwa einen Drittel zu reduzieren (vgl. auch Suter/von Holzen, a.a.O., Art. 95 N 42, m.w.H.). Der Klägerin ist mithin eine Parteientschädigung von CHF 1'000.-- zuzusprechen.

Obergericht, II. Zivilabteilung, 27. Juni 2012

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