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  • Bewilligungspflicht
  • Art. 22 Abs. 1 RPG; § 44 PBG, Art. 7 Abs. 2, Art. 11 Abs. 1 + 2 und Art. 25 Abs. 1 USG, Art. 7 LSV

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Bewilligungspflicht

Art. 22 Abs. 1 RPG; § 44 PBG, Art. 7 Abs. 2, Art. 11 Abs. 1 + 2 und Art. 25 Abs. 1 USG, Art. 7 LSV

Regeste:

Art. 22 Abs. 1 RPG; § 44 PBG, Art. 7 Abs. 2, Art. 11 Abs. 1 + 2 und Art. 25 Abs. 1 USG, Art. 7 LSV - Ist eine Luft- / Wasserwärmepumpeanlage an der Aussenwand eines Wohnhauses baubewilligungspflichtig? Hält die Anlage die Planungswerte gemäss LSV ein?

Aus den Erwägungen:

2. Der Rechtsvertreter der Bauherrschaft äussert in seiner Stellungnahme zur Beschwerde Zweifel, ob die umstrittene Wärmepumpe überhaupt bewilligungspflichtig ist. Die Frage der Baubewilligungspflicht bedarf daher einer näheren Prüfung.

a) Die von der Bauherrschaft bereits erstellte Luft-/Wasserwärmepumpe wurde an der süd-östlichen Aussenwand des Reiheneinfamilienhauses (...) im Freien aufgestellt. Es handelt sich dabei um ein Wärmepumpenmodul, das mit einem entsprechenden Hydraulikmodul im Gebäude verbunden ist. Das Aussengerät ist 135 cm hoch, 95 cm breit und 33 cm tief. Der Betrieb der Luft-/Wasserwärmepumpe, namentlich das Ansaugen und Ausblasen der Luft, verursacht Lärm. Gemäss Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG, SR 700) dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Bauten und Anlagen im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung sind jene künstlich geschaffenen und auf Dauer angelegten Einrichtungen, die in fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, die Vorstellung über die Nutzungsordnung zu beeinflussen, sei es, dass sie den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen. Die Bewilligungspflicht soll der Behörde ermöglichen, das Bauprojekt auf die Übereinstimmung mit der raumplanerischen Nutzungsordnung und der übrigen Gesetzgebung zu überprüfen (vgl. BGE 123 II E.3).

b)  Das Aussengerät der umstrittenen Wärmepumpe ist auf Dauer an einem festen Ort bei der Aussenwand des Gebäudes der Bauherrschaft aufgestellt worden. Wie der Augenschein der Baudirektion gezeigt hat, verursacht die Wärmepumpe wahrnehmbare Lärmemissionen, die auch in der Nachbarschaft hörbar sind. Besteht Grund zur Annahme einer Umweltbeeinträchtigung, muss diese im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens auf die Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften überprüft werden. Die Luft-/Wasserwärmepumpe ist demnach bereits von Bundesrechts wegen baubewilligungspflichtig. Ergänzend ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass die Wärmepumpe auch nach dem kantonalen Recht bewilligungspflichtig ist. Das kantonale Planungs- und Baugesetz vom 26. November 1998 (PGB, BGS 721.11) wiederholt in § 44 den bundesrechtlichen Ansatz der Baubewilligungspflicht und dieser wird weiter in § 1 der Verordnung zum Planungs- und Baugesetz vom 16. November 1999 (V PBG, BGS 721.111) präzisiert. Weitere Ausführungen zum kantonalen Recht über die Baubewilligungspflicht erübrigen sich, da das kantonale Recht mit dem Bundesrecht übereinstimmt und so oder anders die Baubewilligungspflicht der Wärmepumpenanlage zu bejahen ist.

c) Aus dem Gesagten folgt, dass der Gemeinderat zu Recht von der Bauherrschaft ein nachträgliches Baugesuch verlangt und ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durch­geführt hat.

3. Der Beschwerdeführer bringt verschiedene Beanstandungen an dem von der Bauherrschaft erstellten Lärmgutachten vor. Er rügt, dass das Gutachten nicht von der Gemeinde in Auftrag gegeben und er nicht ins Begutachtungsverfahren einbezogen worden sei. Das Gutachten sei ein Parteigutachten, das nicht als Beweismittel tauge. Der Beschwerdeführer bestreite auch, dass die Wärmepumpe die Planungswerte der LSV einhalte. Er verlange, dass eine erneute Messung direkt an der Immissionsstelle beim Schlafzimmerfenster (...) vorgenommen werde. Zudem bringt der Beschwerdeführer verschiedene Fragen vor, auf die das Lärmgutachten seiner Ansicht nach keine Antworten gibt. In der abschliessenden Stellungnahme weist er darauf hin, dass Luft-/Wasserwärmepumpen im Winter in der Regel vor dem Betriebseinsatz jeweils auf hoher Leistungsstufe ein Enteisungsprogramm durchlaufen würden, das sehr laut sei. Die Energieberatung Zug empfehle, von der Installation einer Luft-/Wasser­wärmepumpe in dicht besiedelten Quartieren aufgrund der Lärmimmissionen abzusehen.

a) Bei der umstrittenen Wärmepumpe handelt es sich um eine ortsfeste Anlage im Sinne von Art. 7 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01) und Art. 2 Abs. 1 LSV, bei deren Betrieb Lärm verursacht wird. Gemäss Art. 11 Abs. 1 und 2 USG sind Einwirkungen auf die Umwelt durch Massnahmen an der Quelle zu begrenzen, und zwar im Rahmen der Vorsorge unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung soweit, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Dem Vorsorgeprinzip liegt der Gedanke der Prävention zugrunde. Aus dem Vorsorgeprinzip lässt sich jedoch nicht ableiten, dass von einer Anlage Betroffene überhaupt keine Belastungen hinzunehmen hätten. Soweit die Entstehung bestimmter Emissionen nicht verhindert werden kann, dienen die gestützt auf das Vorsorgeprinzip zu ergreifenden Massnahmen dazu, Mensch und Umwelt gegen die Einwirkungen abzuschirmen. Das Vorsorgeprinzip hat somit hinsichtlich der Einwirkungen nicht zwingend eliminierenden Charakter, aber es leistet einen Beitrag zu deren Begrenzung (BGE 124 II 517). Ferner müssen die Massnahmen, die gestützt auf dieses Prinzip verfügt werden, verhältnismässig sein (BGE 127 II 306).

b)  Nach Art. 25 Abs. 1 USG dürfen ortsfeste Anlagen nur errichtet werden, wenn die durch die Anlagen allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte in der Umgebung nicht überschreiten. Beim Lärmschutz bilden die Planungswerte bereits ein Element des vorsorglichen Immissionsschutzes. Sind die Planungswerte eingehalten, rechtfertigen sich zusätzliche emissionsbegrenzende Massnahmen deshalb nur, wenn mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche zusätzliche Reduktion der Emissionen erreicht werden kann (BGE 127 II 306 E. 8). Die Liegenschaft des Beschwerdeführers und diejenige der Bauherrschaft befinden sich in einer Wohnzone mit der Empfindlichkeitsstufe ES II. Es gelten somit die Vorgaben von Art. 7 LSV, d.h. es muss zunächst einmal das erwähnte Vorsorgeprinzip beachtet werden und die von der Anlage allein erzeugten Lärmimmissionen dürfen die Planungswerte nicht überschreiten. Für die benachbarten lärmempfindlichen Nutzungen sind die Planungswerte der Empfindlichkeitsstufe II für Industrie- und Gewerbelärm gemäss Anhang 6 LSV massgebend. Diese Werte betragen für Wohnräume am Tag 55 dB (A) und in der Nacht 45 dB (A). Gemäss Lärmgutachten ergibt sich am exponiertesten Beurteilungspunkt an der Nordwestfassade beim Gebäude des Beschwerdeführers ein Beurteilungspegel Lr von 41 dB (A) in der Nacht. D.h. der massgebende Belastungsgrenzwert von 45 dB (A) in der Nacht wird deutlich eingehalten, am Tag ist die Lärmbelastung ohnehin kein Problem. Gemäss Gutachten handelt es sich bei den Lärmberechnungen um eine «worst case-Betrachtung», da die Berechnungen unter der Annahme eines Volllastbetriebes während 3,5 Stunden im Nachtzeitraum von 19.00 - 07.00 Uhr vorgenommen wurden, obwohl die Anlage zu diesen Zeiten nur mit geringerer Leistung und mit geringeren Lärmemissionen betrieben wird. Der im Lärmgutachten ausgewiesene Beurteilungs­pegel Lr von 41 dB (A) mit einer Beurteilungsunsicherheit von +0 / - 3 dB (A) ist somit als realistisch einzustufen und die Wärmepumpe hält damit den vorgegebenen Planungswert sehr deutlich ein. Das kantonale Amt für Umweltschutz hat das Lärmgutachten überprüft und es hat gegenüber der Baudirektion bestätigt, dass das von der (...) erstellte Lärmgutachten die Immissionen der Wärmepumpenanlage beim benachbarten Wohnhaus (...) des Beschwerdeführers lärmrechtskonform und nachvollziehbar ermittelt hat. Eine immissionsseitige Lärmmessung war nicht möglich, da das Gebäude des Beschwerdeführers eingerüstet und mit einer Folie bedeckt war. Deshalb wurde mittels emissionsseitigen Messungen der Schallleistungspegel der Anlage ermittelt und anschliessend die Lärmimmission mit dem Lärmberechnungsmodell CadnaA bestimmt. Diese Art der Ermittlung der Lärmimmissionen steht im Einklang mit Art. 38 Abs. 1 LSV. Das von der Bauherrschaft erstellte Lärmgutachten kann somit nicht beanstandet werden.

c) Die Kritik des Beschwerdeführers am Lärmgutachten ist unbegründet. So kann nichts dagegen eingewendet werden, dass die Bauherrschaft und nicht die Gemeinde das Lärmgutachten in Auftrag gegeben hat. Da die Bauherrschaft eine Anlage erstellt hat, die Lärm erzeugt, hat die Bewilligungsbehörde von der Bauherrschaft zu Recht ein Lärmgutachten im Sinne von Art. 25 Abs. 1 USG verlangt. In diesem Gutachten musste der Nachweis erbracht werden, dass die betreffende Anlage die vorgeschriebenen Werte gemäss LSV einhält. Selbstverständlich ist es Aufgabe der Bewilligungsbehörde, zu prüfen, ob das Lärmgutachten korrekt erstellt wurde. Diese Prüfung wurde vorgenommen, in dem das kantonale Amt für Umweltschutz schon im Baubewilligungsverfahren von der Gemeinde beigezogen wurde. Das Lärmgutachten wurde dem Einsprecher zugestellt und er konnte sich dazu äussern. Mehr kann ein Einsprecher im Baubewilligungsverfahren nicht verlangen, insbesondere musste er nicht in das Begutachtungsverfahren einbezogen werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Vorinstanz im Baubewilligungsverfahren keine Fehler begangen hat. Das Begehren des Beschwerdeführers um Durchführung von neuen Lärmmessungen ist daher abzuweisen.

Regierungsrat, 1. Mai 2012

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