Navigieren auf Kanton Zug

Inhaltsnavigation auf dieser Seite

Navigation

Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Zivilrecht

Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Beschwerdeverfahren

Summarisches Verfahren

Art. 231 und 256 SchKG

Regeste:

Art. 231, Art. 256 SchKG – Im summarischen Konkursverfahren hat das Konkursamt nur beim freihändigen Verkauf von Vermögensgegenständen von bedeutendem Wert und von Grundstücken den Gläubigern vorher Gelegenheit zu geben, höhere Angebote zu machen. Ist dies nicht der Fall und wird gleichwohl ein Steigerungsverfahren durchgeführt, ist bei diesem Verfahren das Gleichbehandlungsgebot zu wahren.

Aus den Erwägungen:

3.1 Im vorliegenden Fall ordnete der Konkursrichter auf Antrag des Konkursamtes das summarische Konkursverfahren an. Dieses wird grundsätzlich nach den Vorschriften über das ordentliche Verfahren durchgeführt. Als Ausnahme sieht Art. 231 Abs. 3 Ziff. 2 SchKG indes vor, dass das Konkursamt nach Ablauf der Eingabefrist die Verwertung durchführt; dabei berücksichtigt es allerdings wiederum die in Art. 256 Abs. 2–4 SchKG aufgestellten Grundsätze des ordentlichen Verfahrens, wobei es die Interessen der Gläubiger bestmöglich zu wahren hat.

3.2 Nach Art. 256 Abs. 3 SchKG dürfen Vermögensgegenstände von bedeutendem Wert und Grundstücke nur freihändig verkauft werden, wenn die Gläubiger vorher Gelegenheit erhalten haben, höhere Angebote zu machen. Wann ein Gegenstand unter die Rubrik Vermögensgegenstände von bedeutendem Wert fällt, ist vom Einzelfall abhängig. Als Anhaltspunkt wird jedoch sowohl in Literatur als auch vom Bundesgericht von einem mindestens fünf-, eher sechs- oder siebenstelligen Betrag bzw. einem Inventarwert über CHF 50'000.– gesprochen (Urs Lustenberger, in: Staehelin/Bauer/Staehelin [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs II, 2. A., Basel 2010, Art. 231 N 36). Im vorliegenden Konkursverfahren hat das Konkursamt noch kein Inventar erstellt und damit die vier Fahrzeuge noch nicht bewertet. Das Konkursamt ist aber auf das Angebot des Beschwerdeführers 2 zum Kauf dieser Fahrzeuge für CHF 45'000.– eingegangen. Es darf daher angenommen werden, dass das Konkursamt diesen Fahrzeugen nicht einen höheren Inventarwert zugemessen hat. Hinzu kommt, dass nach der zitierten Lehre und Rechtsprechung jeder einzelne Vermögenswert, d.h. jedes Fahrzeug einen Inventarwert von über CHF 50'000.– aufweisen müsste, damit das Konkursamt verpflichtet gewesen wäre, vor einem Freihandverkauf den Gläubigern Gelegenheit zur Einreichung eines höheren Angebots zu machen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Konkursamt im vorliegenden Fall davon abgesehen und einzig ein Steigerungsverfahren zwischen dem Beschwerdeführer 2 und der A. SA zur freihändigen Verwertung der vier Fahrzeuge durchgeführt hat. Allerdings sind in einem solchen Verfahren ebenfalls die Grundsätze von Art. 256 Abs. 3 SchKG zu beachten. Namentlich ist den Kaufinteressenten das Recht zum höheren Angebot einzuräumen.

3.3 Ist dies erfolgt, steht es im Ermessen des Konkursamtes, ob es ein steigerungsähnliches Verfahren durchführen und die übrigen Interessenten vom Eingang eines höheren Angebotes informieren will, um diese ihrerseits zu einem besseren Gebot zu bewegen. Nimmt das Konkursamt nach fristgemässem Eingang eines höheren Angebots mit den bisherigen Interessenten Kontakt auf, um sie zur Erhöhung ihrer Gebote zu veranlassen, so stellt sich die Frage, ob bei Eingang eines solchen noch besseren Angebots, den Berechtigten erneut das Recht zum höheren Angebot zusteht. Dies ist zu verneinen. Die Berechtigten haben keine Garantie, dass ihre höheren Angebote nicht noch überboten werden. Zweck dieses Instituts ist eine Gleichbehandlung der zum höheren Angebot berechtigten Personen. Diesem Zweck ist Genüge getan, wenn das Recht einmal gewährt wird. Damit ist die Gleichbehandlung verwirklicht (vgl. Franco Lorandi, Der Freihandverkauf im schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Bern/Stuttgart/Wien 1994, S. 336 f.).

3.4 Auch wenn das Konkursamt nicht verpflichtet ist, nach fristgemässem Eingang eines höheren Angebots die übrigen Interessenten darüber zu informieren, um sie zur Erhöhung ihrer Gebote zu veranlassen, trifft das Konkursamt gleichwohl die Pflicht, die Berechtigten gleich zu behandeln. Vorliegend hat das Konkursamt nach Eingang der Offerte der A. SA vom 20. März 2013 über CHF 55'000.– den beiden Kaufinteressenten die Möglichkeit eingeräumt, ihre Offerten bis zum 28. März 2013, 12:00 Uhr, zu erhöhen. Nachdem der Beschwerdeführer 2 am 27. März 2013 sein Angebot auf CHF 57'000.– erhöht hatte, informierte das Konkursamt die Kaufinteressenten über dieses Angebot. Dazu wäre das Konkursamt nach dem oben Ausgeführten nicht verpflichtet gewesen. Indem es dies gleichwohl tat, ermöglichte es so der A. SA, ihre Offerte bis zum Ablauf der Frist vom 28. März 2013, 12:00 Uhr zu verbessern. Davon machte die A. SA denn auch Gebrauch und offerierte mit Faxschreiben, das am 28. März 2013 um 10:58 Uhr beim Konkursamt eintraf, für die vier Fahrzeuge CHF 58'500.–. Dieses Angebot machte das Konkursamt dem Beschwerdeführer 2 indes nicht bekannt. Auch wenn die verbleibende Zeit bis zum Fristablauf sehr knapp war, wäre es noch möglich gewesen, den Beschwerdeführer 2 über diese Offerte zu informieren. Indem das Konkursamt dies unterliess, nahm es dem Beschwerdeführer 2 zum Vornherein die Möglichkeit, auf dieses Angebot zu reagieren. Das Konkursamt verletzte damit das Gleichbehandlungsgebot. Allerdings ist es – wie Franco Lorandi ausführt (a.a.O., S. 337) – aus verfahrensökonomischen Gründen unsinnig, nach einem besseren Gebot den Berechtigten noch einmal das Recht einzuräumen, höhere Angebote zu unterbreiten, womit nachträglich wiederum noch bessere Offerten eintreffen könnten. Dies zeigt aber, dass die vom Konkursamt gewählte Vorgehensweise nicht zielführend ist. Beabsichtigt das Konkursamt die freihändige Veräusserung von Gegenständen im Rahmen eines Steigerungsverfahrens durchzuführen, um einen möglichst hohen Erlös zu erreichen, erweist sich das gewählte schriftliche Verfahren als unzulänglich. Vielmehr hat das Konkursamt in einem solchen Falle einen Steigerungstermin festzusetzen, an dem die Kaufinteressenten sich gegenseitig überbieten können und das höchste Angebot den Zuschlag erhält. Damit wird auch das Gleichbehandlungsgebot gewahrt.

Obergericht, II. Beschwerdeabteilung, 6. Juni 2013 (eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 5A­­_461/2013 vom 13. August 2013 ab)

Weitere Informationen

Fusszeile

Deutsch