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Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungsrecht

Verfahrensrecht

Art. 6 EMRK, Art. 30 BV, § 36 PersG, § 12 PersV, § 11 i.V.m. § 13 GO RR, § 8 VRG

Regeste:

Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2, Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 26 Abs. 1 RPG, § 3 Abs. 2, § 42 Abs. 1 und 2 PBG, § 36 PersG, § 12 PersV, § 11 i.V.m. § 13 GO des Regierungsrates, § 8 VRG – Anwendbare Ausstandsregeln auf den Regierungsrat. Beim Regierungsrat als Exekutivbehörde handelt es sich nicht um ein Gericht im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK resp. Art. 30 Abs. 1 BV, auch wenn der Regierung in weiten Bereichen gleichzeitig die Kompetenz zur Rechtsprechung zukommt. Es gehört zu den Aufgaben eines Regierungsrates, sich zu Geschehnissen mit einer politischen Relevanz zu äussern. Er darf vor einem Beschwerdeverfahren und damit noch ohne Kenntnis konkret vorgebrachter Rügen gegen ein Projekt noch bis zu einem gewissen Grad «parteiisch» sein, nämlich als Interessenvertreter des Gemeinwesens.

Aus dem Sachverhalt:

Am 20. Dezember 2011 liessen X., Y. und Z. Beschwerde gegen die Beschlüsse der Einwohnergemeinde Risch vom 27. November 2011 betreffend Änderung des Zonenplans und Ergänzung von § 18 und § 25 der Bauordnung für das Gebiet Gut Aabach sowie gegen deren Beschlüsse vom 8. November 2011 betreffend bedingte Entwidmung der Strasse Oberrisch-Böschenrot von der Küssnachterstrasse bis zur Kantonsgrenze ZG/LU einreichen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragten sie in beiden Beschwerden, dass der Beschwerdeentscheid unter Ausschluss von Regierungsrat Heinz Tännler zu treffen sei. Mit Zwischenentscheid vom 10. April 2012 lehnte der Regierungsrat unter Ausschluss von Regierungsrat Heinz Tännler sowohl den Antrag, dass über die Ausstandsbegehren im Rahmen des Hauptentscheides zu befinden sei, als auch die Ausstandsbegehren gegen den Baudirektor ab. Er ordnete an, die Beschwerdeverfahren seien nach Eintritt der Rechtskraft des Zwischenentscheids zur Instruktion in der Hauptsache und zur Koordination mit den Verfahren betreffend Genehmigung der Änderungen des Zonenplanes, der Ergänzung der Bauordnung für das Gebiet Gut Aabach und des Erlasses des Bebauungsplans Gut Aabach betreffend Anpassung der Seeuferschutzzonen sowie betreffend Waldfeststellung zuhanden des Regierungsrates an die Baudirektion zu überweisen. Über die Verfahrenskosten werde mit der Hauptsache entschieden. Die Handlungen des Baudirektors begründeten den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit objektiv betrachtet nicht. Gegen diesen Entscheid liessen X., Y. und Z. am 18. Mai 2012 Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen und beantragen, es sei dieser aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, die Sicherheitsdirektion mit der Instruktion der Beschwerde zu beauftragen und den Entscheid über die Beschwerde der Beschwerdeführenden vom 20. Dezember 2011 unter Ausschluss von Regierungsrat Heinz Tännler zu treffen. Eventuell sei die Angelegenheit zur Ergänzung und Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse, eventuell zulasten der Gemeinde Risch. Sowohl Regierungsrat Heinz Tännler als auch der Gemeinderat Risch, die Eiola AG als Eigentümerin des Guts Aabach und der Regierungsrat beantragten, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführer.

Aus den Erwägungen:

1. (…)

c) Gemäss § 3 Abs. 2 des Planungs- und Baugesetzes vom 26. November 1998 (PBG; BGS 721.11) in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG, SR 700) ist der Regierungsrat für die Genehmigung von gemeindlichen Bauvorschriften und von Zonen- und Bebauungsplänen zuständig. Der Regierungsrat koordiniert dabei seine Genehmigung mit allfälligen Beschwerdeentscheiden in der gleichen Sache (§ 42 Abs. 1 und 2 PBG). Der Regierungsrat ist im vorliegenden Fall auch Beschwerdeinstanz gegen den Beschluss über die Entwidmung und Aufhebung der Zufahrtsstrasse zwecks Errichtung einer Ersatzzufahrtsstrasse gemäss § 4 Abs. 2 i.V. mit § 2 Abs. 2 lit. b des Gesetzes über Strassen und Wege vom 30. Mai 1996 (GSW, BGS 751.14). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg der Hauptsache. Nachdem es sich hier um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren handelt, steht in Analogie zu Art. 92 Abs. 1 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG, SR 173.110) die Beschwerde ans Verwaltungsgericht offen. Diese entspricht auch den übrigen formellen Vor-aussetzungen, weshalb sie vom Verwaltungsgericht zu prüfen ist.

2. Vorweg ist auf die entsprechende Rüge der Beschwerdeführer festzustellen, dass das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der vom Entscheid in ihrer Rechtslage betroffenen Personen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Pflicht der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 134 I 83, 88 E. 4.1 mit Hinweisen). Gestützt darauf kommt das Gericht zum Schluss, dass der vorinstanzliche Entscheid hinreichend begründet ist. Die Beschwerdeführer waren denn auch in der Lage, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Ihr rechtliches Gehör wurde nicht verletzt.

3.

a) Beim Regierungsrat als Exekutivbehörde handelt es sich nicht um ein Gericht im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK resp. Art. 30 Abs. 1 BV, auch wenn der Regierung in weiten Bereichen die Kompetenz zur Rechtsprechung zukommt. Ein Gericht im Sinne der EMRK resp. der Bundesverfassung ist eine zur Rechtsprechung zuständige, von der Exekutive und der Legislative unabhängige, unparteiische und unbefangene, nur dem Recht verpflichtete Behörde (vgl. Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Kehl/Strassburg/Arlington 1996, N 122 zu Art. 6 EMRK; R. Hotz, St. Galler Kommentar zur BV, Zürich 2002, N 9 zu Art. 30 BV). Demgegenüber ist der Regierungsrat nicht nur gemäss § 47 Abs. 1 lit. h der Kantonsverfassung vom 31.01.1894 (KV, BGS 111.1) mit der Aufsicht über die untern Verwaltungsbehörden und das Entscheidungsrecht über diesbezügliche Anstände und Beschwerden unter Vorbehalt der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes betraut, sondern gemäss § 47 Abs. 1 auch ganz direkt mit dem Vollzug der Gesetze, Verordnungen und Beschlüsse und mit der Staatsverwaltung und Rechnungsführung in allen Teilen. Das heisst, die Regierung ist Teil der Verwaltung und steht der Exekutive als oberstes Organ vor (BGE 122 I 256). Wann die Mitglieder einer Administrativbehörde in Ausstand zu treten haben, bestimmt sich zunächst nach dem kantonalen Recht und weiter nach den aus Art. 29 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 BV herzuleitenden Grundsätzen, nicht aber nach Art. 30 Abs. 1 BV sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK (vgl. Bundesgerichtsurteil 1A.189/2000 vom 21. März 2001, E. 2a). Dabei kann der Gehalt von Art. 30 Abs. 1 BV nach der Rechtsprechung nicht unbesehen auf die allgemeinen Verfahrensgarantien von Art. 29 Abs. 1 BV und auf nichtrichterliche Behörden übertragen werden (BGE 127 I 198 E. 2b mit Hinweisen). Es gilt vielmehr, dem spezifischen Umfeld und Aufgabenbereich der betroffenen Behörde Rechnung zu tragen (BGE 125 I 123 E. 3d, 218 E. 8a mit Hinweisen). Wenn die Beschwerdeführer es wiederholt unternehmen, die Rechtsprechung bezüglich der richterlichen Behörden unbesehen auf Exekutivbehördemitglieder zu übertragen, kann ihnen darum nicht gefolgt werden.

b) Ein Mitglied des Regierungsrates hat gemäss § 11 i.V.m. § 13 der Geschäftsordnung des Regierungsrates vom 25. April 1949 (BGS 151.1) dann in den Ausstand zu treten, wenn es mit einer eigenen Sache oder mit Sachen einer Person, deren Vertreter, Vormund, Beistand oder Pflegevater es ist, befasst ist, oder wenn es sonst ein unmittelbares persönliches, wirtschaftliches oder anderweitiges Interesse am Geschäft hat. Zudem hat es in den Ausstand zu treten, wenn es mit einer am Geschäft interessierten Person in auf- oder absteigender Linie im zweiten Grad einschliesslich blutsverwandt ist oder mit ihr im Verwandtschaftsverhältnis eines Stiefvaters oder Stiefsohnes, Schwiegervaters oder Schwiegersohnes oder Schwagers steht. Analog dazu sind Mitarbeitende des Kantons gemäss § 36 des Gesetzes über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals vom 1. September 1994 (Personalgesetz; BGS 154.21) verpflichtet, in den Ausstand zu treten, wenn sie in einer Angelegenheit ein persönliches Interesse haben, wobei § 12 Abs. 1 der Vollziehungsverordnung zum Gesetz über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals vom 12. Dezember 1994 (Personalverordnung; BGS 154.211) präzisierend auf die Ausstandsregelungen von § 8 VRG und der Geschäftsordnung des Regierungsrates und der Direktionen verweist.

Unbestritten ist, dass im vorliegenden Fall weder der Ausstandsgrund der Verwandtschaft noch der Schwägerschaft in Frage steht. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, inwiefern der Baudirektor am Ausgang des Verfahrens ein persönliches oder anderweitiges Interesse haben sollte. Insbesondere wird auch nicht behauptet, er besitze im Gebiet Aabach oder in einer vom umstrittenen Projekt begünstigten Nähe Grundeigentum. Ausstandsgründe des kantonalen Rechts gemäss § 8 VRG und § 11 i.V.m. § 13 GO RR liegen deshalb nicht vor.

c) Eine Amtsperson wird durch Artikel 29 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 8 Abs. 1 BV gleich wie durch Art. 30 Abs. 1 BV zum Ausstand verpflichtet, wenn Umstände vorliegen, die nach objektiven Gesichtspunkten geeignet sind, den Anschein der Befangenheit zu erwecken (BGE 127 I 196 E. 2b S. 198 f.). Im Interesse einer beförderlichen Rechtspflege ist ein Ausstandsgrund aber nicht leichthin anzunehmen (Urteil des Bundesgerichtes 1P.115/2005 vom 3. März 2005, E. 3.7.3). Die Ausstandspflicht steht auch in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Anspruch auf Beurteilung durch die ordentlichen, durch Rechtssatz bestimmten Verwaltungsrechtspflegeorgane. Dies heisst, dass von der regelhaften Zuständigkeitsordnung nicht leichthin abgewichen werden soll (Urteil des Bundesgerichtes 1P.711/2004 vom 17. März 2005, E. 3.1). Wie das Bundesgericht bestätigt hat, ist insofern von einem subjektiv-objektiven Massstab auszugehen, als die objektivierte Beurteilung der Befangenheit aus der Sicht der Verfahrensbeteiligten zu erfolgen hat. Es ist aber nicht etwa auf die persönliche Befindlichkeit desjenigen abzustellen, der das Ausstandsbegehren stellt. Entscheidend ist vielmehr, wie ein unbefangener und vernünftiger Dritter in der Lage des Verfahrensbeteiligten die Situation einschätzen würde (Benjamin Schindler, Die Befangenheit der Verwaltung, Zürich 2002, S. 91 f. mit zahlreichen Hinweisen). Bei Ausstandsbegehren gegen Verwaltungsbehörden ist den jeweiligen konkreten Verhältnissen in besonderem Masse Rechnung zu tragen (BGE 125 I 209 E. 8a S. 218). So wirkt sich etwa die Art der Funktion, die das abgelehnte Behördemitglied erfüllt, auf die Beurteilung des gegen ihn gerichteten Ausstandsbegehrens aus (BGE 125 I 119 E. 3f S. 124; zum Erfordernis einer funktionsbezogenen differenzierten Betrachtungsweise Benjamin Schindler, a.a.O., S. 66 ff.).

d) Gemäss bundesgerichtlicher Praxis können Stellung und Aufgaben von Regierungs- und Verwaltungsbehörden eine differenzierte Ausstandsregelung nahe legen. Politische Behörden (Kantonsregierungen, Gemeindeexekutiven usw.) sind aufgrund ihres Amtes, anders als ein Gericht, nicht allein zur (neutralen) Rechtsanwendung oder Streitentscheidung berufen. Sie tragen zugleich immer auch eine besondere Verantwortung für die Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (Urteil 2A.364/1995 des Bundesgerichtes vom 14. Februar 1997 in ZBl 99/1998 S. 289 E. 3b). Die der Behörde gesetzlich zugeteilten Funktionen müssen insbesondere bei der Beurteilung der Tragweite von früheren Äusserungen oder Stellungnahmen in der Angelegenheit berücksichtigt werden (vgl. BGE 125 I 119 E. 3b-f, 209 E. 8a). Würden Meinungsäusserungen durch Mitglieder von Exekutiv- oder Verwaltungsbehörden zu einer in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Angelegenheit unabhängig von ihren Funktionen nach den strengen Regeln über die Ausstandspflicht für Mitglieder richterlicher Behörden beurteilt, würde die Rechtsanwendung durch solche Behörden in vielen Fällen geradezu verunmöglicht. Dies zumal derartige Behörden regelmässig über keine Ersatzmitglieder verfügen und insoweit ihre Beschlussfähigkeit verlieren könnten (BGE 125 I 119 E. 3f; Urteil 1P.208/2001 vom 16. Juli 2001, E. 3b). Das Bundesgericht hat denn auch wiederholt entschieden, dass Behördenmitglieder im Wesentlichen nur dann in den Ausstand zu treten haben, wenn sie an der zu behandelnden Sache ein persönliches Interesse haben. Für nichtpolitische Verwaltungsbehörden können sich darüber hinaus, je nach Funktion, noch weitere verfassungsrechtliche Ablehnungsgründe ergeben (BGE 107 Ia 135 E. 2b S. 137; 125 I 119 E. 3b-e S. 123 f.). Nimmt ein Behördenmitglied jedoch öffentliche Interessen wahr, so besteht grundsätzlich keine Ausstandspflicht (Urteil 1P.426/1999 des Bundesgerichtes vom 20. Juni 2000 in ZBl 103/2002 S. 36 E. 2a S. 37 mit Hinweisen). Ohne dass persönliche Interessen vorliegen, kann ein Ausstandsgrund ausnahmsweise aber gegeben sein, wenn das Behördenmitglied zu einem früheren Zeitpunkt gegenüber einem jetzigen Verfahrensbeteiligten seine persönliche Geringschätzung oder Abneigung zum Ausdruck gebracht hat (BGE 125 I 119 E. 3g; Urteil 1P.208/2001 vom 16. Juli 2001, E. 3b), oder wenn ihm Verfahrens- oder Ermessensfehler unterlaufen sind, die nach ihrer Natur oder wegen ihrer aussergewöhnlichen Häufung besonders schwer wiegen und auf eine gravierende Verletzung ihrer Amtspflichten gegenüber dem Betroffenen hinauslaufen (vgl. BGE 125 I 119 E. 3e S. 124).

e) In dem seitens der Beschwerdeführer angeführten neueren Entscheid 1C_150/ 2009 vom 8. September 2009 (vgl. auch ZBl 112/2011 S. 478) bestätigte das Bundesgericht, dass die Anforderungen an die Unparteilichkeit von Verwaltungs- und Exekutivbehörden in jedem Einzelfall, unter Berücksichtigung ihrer gesetzlich vorgegebenen Funktion und Organisation, zu ermitteln sind (BGE 125 I 119 E. 3f S. 124 f., 209 E. 8a S. 218). Ist die amtliche Mehrfachbefassung systembedingt und damit unvermeidlich, so liegt grundsätzlich keine unzulässige Vorbefassung i.S.v. Art. 29 Abs. 1 BV vor (Urteil 1P.48/2007 vom 11. Juni 2007 E. 4.3; Benjamin Schindler, Die Befangenheit der Verwaltung, Diss. Zürich 2002, S. 150 f.). Das Bundesgericht zitiert seinerseits Benjamin Schindler (a.a.O. S. 83 und S. 136), wonach bei komplexen Sach- oder Rechtslagen von Seiten Privater das Bedürfnis nach Vorverhandlungen oder Vorabklärungen bestehen könne. Die Beratung, Auskunftserteilung und Information durch die Behörden werde bis zu einem gewissen Grad sogar erwartet und entspreche der Forderung nach «Bürgernähe» und «Kundenorientierung». Die Erteilung eines Ratschlags dürfe aber nicht den Eindruck erwecken, die Behörde habe sich bereits ihre Meinung in Bezug auf ein konkretes Verfahren gebildet. Der Ratschlag dürfe daher nicht einer abschliessenden Beurteilung gleichkommen. Unproblematisch sei daher, wenn der gemeindliche Bausekretär einem Grundeigentümer generelle Auskünfte über die Bebaubarkeit seines Grundstücks erteile. Dagegen müsse er bei der Beurteilung eines Baugesuchs in den Ausstand treten, wenn die vorgängige Beratung so weit gegangen sei, dass er dem Eigentümer bei der Ausarbeitung des Baugesuchs geholfen habe oder ihm vor Berücksichtigung allfälliger Drittinteressen bereits die verbindliche Zusage gemacht habe, er werde das Baugesuch in dieser Form bewilligen (a.a.O., S. 137). Letztere Ausführungen beziehen sich aber auf Auskünfte oder Zusicherungen ohne Beteiligung Dritter, und Schindler hält denn auch fest, dass sinnvoller als die repressive Anwendung von Ausstandsbestimmungen sei, dass von Beginn weg mit der nötigen Fairness und Transparenz gehandelt werde, unter Einbezug aller potentiell Betroffenen.

4.

a) Was die Aufgaben des zugerischen Baudirektors betrifft, so hat die Baudirektion gemäss § 5 PBG den Vollzug des Planungs- und Baugesetzes zu fördern und zu überwachen. Sollen gemeindliche Bauvorschriften, Zonen- oder Bebauungspläne erlassen, geändert oder aufgehoben werden, hat der Gemeinderat seinen Entwurf von der Baudirektion vorprüfen zu lassen. Gemäss § 39 Abs. 1 PBG ist also die Baudirektion als rechtspflegende Behörde insbesondere zur Vorprüfung von Umzonungen und Bebauungsplänen verpflichtet und damit von Gesetzes wegen mit den jeweiligen Vorhaben «vorbefasst», wenn sie gemäss § 3 Abs. 3 und § 42 Abs. 1 PGB an der späteren, von ihr verfahrensmässig mit vorbereiteten Genehmigung der Umzonung oder des Bebauungsplans teilnimmt. Eine Mehrfachbefassung ist also gesetzlich vorgeschrieben. Der Baudirektor ist zudem gemäss Art. 4 Abs. 1 RPG i.V.m. § 5 PBG verpflichtet, die Bevölkerung über die Planungsvorhaben zu informieren, sei es über die Medien, sei es mittels Orientierungsveranstaltungen. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Entscheid GVP 2003, S. 72, 74 f. darauf hingewiesen, dass es das Ziel der Raumplanung ist, dass Bund, Kantone und Gemeinden ihre raumwirksamen Tätigkeiten aufeinander abstimmen (Art. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung, RPG, SR 700). Die rechtlich relevanten Planungsziele stünden häufig in einem Zielkonflikt, der durch die Planung bewältigt werden müsse. Die Planung erfolge stufenweise und die mit Planungsaufgaben betrauten Behörden achteten darauf, den ihnen nachgeordneten Behörden den zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Ermessensspielraum zu lassen (Art. 2 Abs. 3 RPG). Deshalb könne die Garantie des unabhängigen Richters (Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 EMRK) nicht im Planungsverlauf auf Verwaltungsebene angerufen werden, wo die Gesetzgebung gerade die Zusammenführung aller rechtlich relevanten Aspekte vorschreibe. Daraus ergibt sich auch für dieses Verfahren, dass ohne eine kohärente planerische Entscheidungsgrundlage die Gemeindebehörden und die legitimierten Grundeigentümer, erst recht aber die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ihre Entscheidungsbefugnisse und ihre allfälligen Rechte in einem Rechtsmittelverfahren gar nicht ausüben könnten. Die gerade für ein Grossprojekt wie das hier umstrittene unabdingbare Koordination bedarf der Transparenz, und dies erst recht in einem demokratischen Gemeinwesen. Es muss deshalb erwartet werden, dass der Baudirektor sich in einem Fall wie diesem zum Projekt und zur Haltung der Regierung hinsichtlich der für das Projekt ins Auge gefassten Planänderungen äussert und diese auch aktiv vertritt. Wohl hat der Baudirektor in seinen politischen Äusserungen vorab den auf dem Spiel stehenden öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen. Dabei ist er an die Rechtsordnung gebunden. Er unterscheidet sich bei der Ausübung dieser Tätigkeit aber nicht nur von einem Richter, sondern in diesem Stadium auch noch von einer verwaltungsinternen Beschwerdeinstanz, die insofern justizmässig handeln muss, als sie dann als Mittler zwischen einer verfügenden Behörde und dem Verfügungsbetroffenen auftritt. Der Baudirektor darf vor einem Beschwerdeverfahren und damit noch ohne Kenntnis konkret vorgebrachter Rügen gegen das beschlossene Projekt also noch bis zu einem gewissen Grad «parteiisch» sein, nämlich als Interessenvertreter des Gemeinwesens.

b) Die Kantonsregierung selber ist nicht nur oberste kantonale Aufsichts- und – unter Vorbehalt der Verwaltungsgerichtsbarkeit – Rechtspflegebehörde, sondern auch und sogar in erster Linie ein politisches Gremium. Es gehört zu den Aufgaben eines jeden Mitglieds des Regierungsrates, sich zu Geschehnissen mit einer politischen Relevanz zu äussern. Fallen dabei u.a. wertende Äusserungen, ist entsprechend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 103 Ib 134 f.) lediglich von einer – politischen – Meinungsäusserung auszugehen, die keinen Ausstandsgrund für die spätere Beurteilung als Mitglied der Beschwerdeinstanz bildet. Wie der Regierungsrat bereits anführte, liegt denn auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes kein Ausstandsgrund vor, wenn die kantonale Baudirektion eine Beschwerde instruiert, obwohl sie im Rahmen der Vorprüfung oder als instruierende Direktion im Rahmen der kantonalen Richtplanung oder Strassenplanung oder bei ähnlichen Aufgaben sich notwendigerweise schon mit konkreten Fragen befasst hat, welche auch den Beschwerdegegenstand betreffen (vgl. GVP 2003, S. 75). Auch das Bundesgericht verneint eine unzulässige Vorbefassung i.S.v. Art. 29 Abs. 1 BV, wenn die amtliche Mehrfachbefassung systembedingt und damit unvermeidlich ist (Urteil des Bundesgerichtes 1C_150/2009 vom 8. September 2009).

5. (…)

6. Im Einzelnen ist hierzu in Würdigung der beschwerdeführerischen Rügen Folgendes festzustellen:

a) Wenn der Regierungsrat in der Aussprache vom 12. Dezember 2006 und auch wieder in seiner am 6. April 2010 abgegebenen Absichtserklärung u.a. die Grundsatzfrage einer neuen Abgrenzung der Seeuferschutzzone befürwortete, um das umstrittene Projekt zu ermöglichen, dann erkannte er damit lediglich, dass er im öffentlichen Interesse und damit aus politischer Verantwortung bereit ist, dieses planerische Vorgehen zu prüfen und die Umsetzung im Rahmen des rechtlich Möglichen zu unterstützen. Der Regierungsrat wollte dieses Geschäft wegen seiner grossen politischen und wirtschaftlichen Bedeutung von Anfang an offiziell begleiten und fördern. Nicht nur entbehrt gestützt auf diese Beschlüsse des Regierungsrates der später noch zu erwähnende Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses durch den Baudirektor jeder Grundlage, sondern es ist gleichzeitig erstellt, dass der Regierungsrat bei diesem Projekt von Anfang an und notwendigerweise Anspruch auf die politische Führungsrolle erhebt und dies gleichzeitig transparent machte. Dies erscheint dem Gericht nur als angemessen und rechtfertigt die von der Regierung und dem Baudirektor ausgehenden Verlautbarungen über die politischen und rechtlichen Grundlagen. Das Gericht erkennt darin das zu unterstützende Bemühen der obersten Verwaltungsbehörde, aus Betroffenen Beteiligte zu machen, was von der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger erwartet und geschätzt wird.

b) Die Aussagen des Baudirektors und der kantonalen Fachleute in diesem Zusammenhang über eine «willkürliche» Festlegung der Seeuferschutzzone können aus dem Kontext heraus nicht so interpretiert werden, dass die Schaffung einer Seeuferschutzzone rechtlich als willkürlicher, sprich beliebiger Entscheid dargestellt oder beim Gut Aabach konkret als Produkt reiner Willkür bezeichnet worden wäre. Es wurde nur festgestellt, die Zonengrenze sei – allerdings erstaunlicherweise – früher ohne substantielle wissenschaftliche, d.h. raumplanerische Grundlegung gezogen worden und daher einer neuen, gemäss den heutigen Umständen und Erkenntnissen verbesserten Grenzziehung im Interesse der Natur und Landschaft zugänglich, falls der politische Wille dazu vorhanden sei. Ohne einer allfälligen späteren materiellen Beurteilung durch das Gericht vorzugreifen, kann hier immerhin festgestellt werden, dass diese Argumente klar aufzeigen, dass die umstrittene Grenzziehung der Seeuferschutzzone nach der Beurteilung von Fachleuten des Kantons offenbar auch anders und eventuell sinnvoller und effizienter hätte gezogen werden können bzw. inskünftig gezogen werden könnte. Dies erweist sich jedenfalls als sachliches Argument, auch wenn das Gericht sich zu dessen Richtigkeit nur schon im Hinblick auf mögliche weitere Rechtsmittelverfahren in der Sache hier nicht zu äussern braucht.

c) Auch kann dem Baudirektor nicht vorgeworfen werden, er habe in der Angelegenheit von Beginn weg einen «aussergewöhnlichen Eifer an den Tag gelegt». Sein Engagement für das umstrittene Projekt hat im Kanton Zug – was gerichtsnotorisch ist – nicht in dem Masse ein Echo gefunden, dass man dessen Erfolg oder Misserfolg gleichsam mit seiner Person in Verbindung brächte, geschweige denn auf eine Identifikation mit diesem und damit eine Befangenheit schliessen müsste. Dass er in der Öffentlichkeit wiederholt zum Ausdruck gebracht haben soll, dass er vom Projekt überzeugt sei und dessen Realisierung befürworte, erachtet das Gericht hingegen gerade als klar gedeckt von seinem erwähnten politischen Auftrag. Tatsächlich hängt für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in einem Fall wie diesem von der Haltung der für die übergeordnete Planung zuständigen kantonalen Behörden, d.h. von einer klaren Information über den wirtschaftlichen Sinn und die grundsätzliche rechtliche Machbarkeit eines solchen Grossprojekts, sehr viel ab. Alles andere würde die Gefahr eines demokratischen Leerlaufs begünstigen und verhindern, dass am Ende des Prozesses nur ein Abstimmungs- oder Wahlergebnis anerkannt wird, das den freien Willen der Stimmbürger und Stimmbürgerinnen zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (BGE 119 Ia 271 E. 3a S. 272, zum Stimm- und Wahlrecht). Mit seinen Äusserungen hat der Baudirektor also seine politische Pflicht als Mitglied der zu den Planungsarbeiten bekanntermassen positiv eingestellten Regierung erfüllt, wobei man aus politischen Gründen in der Sache zweifellos auch anderer Meinung sein kann. Erst recht kann man hinsichtlich der rechtlichen Machbarkeit und überhaupt der Rechtslage eine andere Haltung vertreten und diese – durch die dafür vorgesehenen Instanzen hindurch – durchzusetzen versuchen.

d) Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, inwiefern sich der Baudirektor an der öffentlichen Veranstaltung in Rotkreuz im Sinne einer späteren Befangenheit verbindlich für oder gegen einzelne spezifische Positionen oder Argumente der noch gar nicht als solche bekannten Verfahrensparteien geäussert hätte. Im Gegenteil machte er klar, wie hoch die verfahrensrechtlichen, vor allem aber auch die materiellrechtlichen Hürden vom Kanton für den Bauherrn gesetzt worden sind und weiterhin gesetzt werden sollen. Dies gilt auch in Bezug darauf, dass der Baudirektor die Haltung der Regierung selbst an einem persönlichen Gespräch mit einem der Beschwerdeführenden erklärt hat bzw. dass er das Vorgehen der Zuger und Luzerner Behörden als gesetzes- und regelkonform bezeichnet haben soll. Dass er diese Überzeugung hat und nach aussen manifestiert, regelkonform zu handeln und in seiner Amtsführung Recht und Gesetz zu achten, ist von einem Regierungsmitglied nachgerade zu erwarten. Dabei ist immer vorauszusetzen, dass er seine persönliche Beurteilung wie diejenige des Regierungsrates stets unter dem Vorbehalt konkreter rechtlicher Überprüfung in den hierfür vorgesehenen rechtsstaatlichen Verfahren versteht. Damit geht auch der Vorwurf ins Leere, anlässlich der Informationsveranstaltung vom 26. April 2010 habe sich der Baudirektor nicht darauf beschränkt, die «Rolle des Kantons» zu erläutern, sondern habe die Anwesenden explizit darauf hingewiesen, dass er und der ganze Regierungsrat dem Vorhaben positiv gegenüberstehen würden. In einem politischen Grossprojekt wie diesem muss vom Regierungsrat zum Vorneherein erwartet werden, zu diesem eine klare Meinung zu haben und diese gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern transparent zu machen.

e) Unerfindlich ist aber, inwiefern der Baudirektor durch seine Aussagen über die von der Regierung gemäss dem Aussprachepapier vom 6. April 2010 gerade transparent zu machende Haltung zu Projekt und Planungsgrundlagen u.a. die aus § 14 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Regierungsrates fliessenden Geheimhaltungspflichten verletzt haben sollte. Der Baudirektor hat gar keine Interna publik gemacht. Abgesehen davon würde eine solche, vom Verwaltungsgericht ohnehin nicht zu sanktionierende Pflichtverletzung in diesem Verfahren für sich noch keine Befangenheit beweisen.

f) Mit Prof. Arnold Marti (ZBl 2011, 485 ff., 487 f.) ist gestützt auf den Bundesgerichtsentscheid 1C_150/2009 vom 8. September 2009 denn auch weiter festzustellen, dass die später durch Rechtsmittelbehörden frei überprüfbare Beantwortung abstrakter Rechtsfragen und selbst konkreter, gesetzlich determinierter Rechtsfragen durch die verantwortlichen Stellen des Kantons im Interesse der Privaten und Bauherren, aber auch der kommunalen Planungsträger möglich sein muss, sofern dies nur transparent geschieht. Muss in jedem Einzelfall eine differenzierte, der Sache angemessene Lösung der Befangenheitsproblematik gefunden werden, so ist vorliegend festzustellen, dass die gegenüber der Öffentlichkeit frühzeitig bekannt gemachte, klare und bestimmte Haltung der Regierung und ihres Baudirektors aufgrund der betroffenen heiklen Grundsatzfragen des Projektes absolut unverzichtbar ist. Sie erlaubt gleichzeitig den Gegnern des Projekts ihrerseits eine fundierte politische wie rechtliche Opposition. Dieser Zweck würde wiederum verfehlt, wenn die zuständigen politischen Behörden im weiteren Verfahren in den Ausstand treten müssten. Für den Baudirektor in seiner verantwortungsvollen Rolle gibt es aber weder einen «Ersatz» während der hier betroffenen Verfahrensphasen noch darf er beim Beschwerdeentscheid durch den Regierungsrat in den Ausstand gezwungen werden. Die Rischer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wissen im Übrigen durchaus, dass die Aussagen der Regierung und der Vertreter der Baudirektion immer nur «grundsätzlich» abgegeben worden sind, nämlich dass sie selbstverständlich unter dem Vorbehalt der notwendigen demokratischen und rechtsstaatlich vorgesehenen Entscheide stehen. Allen Beteiligten war durchaus klar, dass im Zeitpunkt der hier umstrittenen Interventionen des Baudirektors das Ergebnis von möglicherweise bevorstehenden Beschwerdeverfahren noch offen war und blieb. Aufgrund der Akten äusserte sich der Baudirektor aber nie zu konkreten Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführer oder weiterer negativ eingestellter Bürgerinnen und Bürger. Er hat nie zu konkreten Streitpunkten Stellung genommen.

g) In dem vom Baudirektor nachgereichten, eine andere Fragestellung betreffenden, von der Regierung eingeholten Gutachten von Prof. Isabelle Häner über Fragen des Ausstands von Mitgliedern des Regierungsrats vom 4. Juli 2012 wird bestätigt, dass niemand in eigener Sache oder in derjenigen sehr nahestehender Personen entscheiden dürfe, wobei vor allem die Anzahl der von einem Akt betroffenen Personen ein wichtiges Abgrenzungskriterium für ein unmittelbares Interesse bilde. So bestehe keine Ausstandspflicht bei Beschlüssen, von denen grössere Bevölkerungskreise, ganze Gemeinden oder Regionen betroffen seien. Es gehe immer darum, ob öffentliche oder rein private Interessen, auch für Dritte, vertreten würden. Der Baudirektor ist nach eigenen Angaben und soweit öffentlich bekannt vom Entscheid weder persönlich betroffen noch besitzt er im Gebiet Aabach Grundeigentum. Sein Einsatz für das von Regierung und Gemeinderat als wichtig für den Kanton erachtete Projekt ist hingegen ohne jeden Zweifel von Interesse für die grosse Öffentlichkeit und nicht für einen kleinen Kreis Betroffener oder gar für ihn persönlich.

7. Was den von den Beschwerdeführern ins Recht gelegten Bericht in der «Tageswoche» vom 2. Dezember 2011 des Journalisten Carlo Schuler betrifft, so sollte nach dem erkennbaren Willen der Regierung wie erwähnt gar nicht verhindert werden, dass ihre Haltung «auch der Presse aufgefallen» ist. Wenn der betreffende Journalist und letztlich nur ein kleiner, wenn auch nicht gering zu achtender Teil der Presse das Engagement des Baudirektors als «ungewöhnlich stark» einstuft, so ist ihm diese persönliche politische Beurteilung unbenommen. Im Artikel wird eine kritische Stellungnahme u.a. von Prof. Rainer Schweizer, St. Gallen, zum Projekt der Novartis AG zitiert. Zweifellos ist die Aussage Prof. Schweizers grundsätzlich zutreffend, dass «sich ein Baudirektor bei einem derart umstrittenen Projekt ganz grundsätzlich eine gewisse Zurückhaltung auferlegen» muss. Diese kann aber nur die Beurteilung konkret erhobener rechtlicher Vorbringen gegen das Projekt betreffen, nicht aber die politische Unterstützung desselben und eine allgemeine Würdigung der planungsrechtlichen Belange. Um genau diese Differenzierung geht es, und auf diese wird sicher auch der zitierte Rechtsexperte Wert legen, wobei nicht bekannt ist, wieweit er über den konkreten Fall informiert war.

8.

a) Weiter vorgehalten wird dem Baudirektor in der Beschwerde ein Mail von A.B. von der Novartis Pharma AG vom 21. März 2012 an den Beschwerdeführer X. und seine Gattin. Es lautete wie folgt: «Im Auftrag von Herrn C.D., Projektleiter Novartis Learning Center Risch, möchte ich Sie gerne zu einer gemeinsamen Besprechung betreffend die Thematik Novartis Learning Center Risch sowie die geplante Umfahrungsstrasse einladen. Mit Herrn Regierungsrat Heinz Tännler und Herrn Dr. E.F. wurde folgendes Datum provisorisch reserviert: Mittwoch, 28. April 2010, 11.30 bis ca. 14 Uhr inkl. Mittagessen, voraussichtlich in Zug».

Das Treffen fand nicht statt, gemäss den Beschwerdeführern deshalb, weil sie daran kein Interesse gehabt hätten. Zunächst ist festzustellen, dass es im Rahmen der dem Baudirektor institutionell obliegenden Informationspflicht nicht ausgeschlossen sein darf, dass er grundsätzlich bereit wäre, offiziell an einer von den direkt Betroffenen geplanten, gemeinsamen Besprechung über das Projekt – und damit auf den Wunsch aller Beteiligten – teilzunehmen und die allgemeine Haltung des Kantons darzulegen. Offensichtlich ist die Einladung zu diesem Treffen von Seiten der Bauherrin ausgegangen und es lag in ihrer Verantwortung, dass diese Voraussetzungen erfüllt gewesen wären. Offenbar war dies nicht der Fall, übrigens nicht nur bezüglich des Baudirektors, wie dieser glaubwürdig vorbringt, sondern offenbar auch hinsichtlich von Dr. E.F., der nämlich auf der Einladung ebenfalls bereits fest als Teilnehmer angekündigt worden war, gemäss den Ausführungen der Beschwerdeführer aber gar «kein Interesse an einer solchen Sitzung bekundete»! Es ist aber nicht anzunehmen, dass der Baudirektor sich irgendwie aktiv selber um ein solches Treffen bemüht hätte. Es ist eine unbewiesene Unterstellung, dass der Baudirektor es, sozusagen unter dem «Deckmantel» der Informationspflicht, aktiv betrieben hätte, die Nachbarn zu «bearbeiten» und von Widerstand und Einsprachen gegen das Projekt abzuhalten. Vielmehr sind die Ausführungen des Baudirektors glaubhaft, dass er seine Teilnahme an dem von der Novartis AG lediglich mit seinem Sekretariat terminlich abgesprochenen Treffen nachträglich sogar habe absagen wollen, nachdem ihm Art und Teilnehmerschaft dieses Treffens bekannt gemacht worden seien. Seine Aussage, die Beschwerdeführenden seien ihm mit ihrer Absage zuvorgekommen, klingt insofern nicht wie eine «Schutzbehauptung». Auch trifft nicht zu, dass diese Aussage in der Sachdarstellung der Eiola AG «keine Grundlage» finde. Denn diese führte klar aus, dass es sich um eine «gemeinsame Besprechung zwischen den Beteiligten» – also sämtlichen – hätte handeln sollen, wobei die Voraussetzungen hierfür offenbar von Anfang an nicht gegeben waren. Entscheidend ist aus der Sicht des Gerichts weiter, dass der Baudirektor an einem solchen Treffen nicht als Privatmann hätte teilnehmen und sich nicht einseitig hätte instrumentalisieren lassen dürfen. Und selbstverständlich hätte er sich trotz seiner bekannten, positiven Haltung zum Projekt explizit oder doch für alle erkennbar immer nur unter dem Vorbehalt einer späteren rechtlichen Überprüfung durch die gesetzlich vorgesehenen Instanzen äussern dürfen. Heutzutage betreiben längst alle Kantone im öffentlichen Interesse ein mehr oder weniger aktives, oft sogar lautes Standortmarketing und bemühen sich offen und transparent, gerade auf oberster politischer Ebene, um die Ansiedlung von volkswirtschaftlich interessanten Firmen. Zu diesem Zweck bemühen sie sich jeweils auch um die Schaffung der notwendigen planerischen und regulatorischen Voraussetzungen, weshalb der Zuger Regierung und dem Baudirektor keine Befangenheit unterstellt werden kann, wenn sie sich unter Beachtung aller rechtlich relevanten Schranken nicht nur an einer Grossveranstaltung wie dem Anlass vom 26. April 2010 in Rotkreuz für die Verwirklichung dieses zweifellos prestigeträchtigen und im Interesse der Volkswirtschaft liegenden Projektes einsetzten. Wie der Regierungsrat von Anfang an kommunizierte, sollten die Abklärungen rund um das Projekt «durch enge Kooperation von Novartis und den Behörden» gekennzeichnet sein, wobei die zuständigen Behörden die Öffentlichkeit frühzeitig und offen informieren wollten.

b) Dieselben Bemerkungen müssen für den Vorgang gelten, dass gemäss den Aussagen des Baudirektors einer der Beschwerdeführenden selber ihn am 4. November 2009 in seinem Büro aufgesucht und ihm Fragen formeller Natur, also insbesondere Verfahrensfragen gestellt habe, die er beantwortet habe. Er habe damals deutlich gemacht, nicht auf Fragen materieller Art eingehen zu können.

9. (…)

b) Dies führt zur Abweisung der Beschwerde und zur Kostenpflicht der unterliegenden Beschwerdeführer (§ 23 Abs. 1 Ziff. 3 VRG). Der Eiola AG ist eine Parteientschädigung zuzusprechen (§ 28 Abs. 2 Ziff. 1 VRG).

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. Juli 2013 V 2012 72

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