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Art. 685b f. OR

Regeste:

Art. 685b f. OR – Der Erwerber vinkulierter, nicht kotierter Namenaktien ist nicht aktivlegitimiert zur Klage auf Eintragung im Aktienbuch.

Aus den Erwägungen:

4. Der Kläger verlangt mit seinem zweiten Rechtsbegehren, die Beklagte 2 sei zu verpflichten, ihn als Eigentümer von 41'667 Namenaktien anzuerkennen und im Aktienbuch einzutragen. (…)

Unbestritten ist, dass X.Y. dem Kläger am 24. April 2009 41'667 voll liberierte Namenaktien der Beklagten 2 abgetreten hat. Weiter ist unbestritten, dass der Kläger mit E-Mail vom 7. Mai 2009 die Beklagte 2 um Eintragung ins Aktienbuch ersuchte und diese mit Schreiben vom 31. Juli 2009 mitteilte, dass der Verwaltungsrat das Gesuch abgelehnt habe und die Gesellschaft dem Veräusserer aber die Übernahme dieser Aktien zum wirklichen Wert gemäss separatem Schreiben anbiete. Die Ablehnung des Eintragungsgesuchs wurde im Schreiben vom 31. Juli 2009 mit Verweis auf Art. 5 der Statuten begründet. Weitere Ausführungen wurden dazu nicht gemacht. Artikel 5 der Statuten der Beklagten 2 hält Folgendes fest: «Die Übertagung von Aktien bedarf der Bewilligung der Gesellschaft. Die Bewilligung kann ohne Angabe von Gründen verweigert werden, sofern der Verwaltungsrat beschliesst, die Aktien (für Rechnung der Gesellschaft, bestimmter Aktionäre oder Dritter) zum wirklichen Wert im Zeitpunkt des Gesuchs zu übernehmen [Abs. 1]. Die Bewilligung kann ferner verweigert werden, wenn der Erwerber nicht eine Erklärung abgibt, dass er die Aktien im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erwirbt [Abs. 2]. Sie kann überdies aus wichtigem Grund verweigert werden. Als wichtige Gründe gelten (i) die Ausübung einer die Gesellschaft direkt oder indirekt konkurrierenden Tätigkeit durch den Erwerber; (ii) das Fehlen von Fähigkeiten des Erwerbers, die im Hinblick auf den Gesellschaftszweck notwendig sind; (iii) die Gefährdung der Gesellschaft als wirtschaftlich selbständiges Unternehmen [Abs. 3]. Beim Erwerb von Aktien kraft Güter- oder Erbrecht oder Zwangsvollstreckung kann das Gesuch um Eintragung ins Aktienbuch nur abgelehnt werden, sofern dem Erwerber die Aktien zum wirklichen Wert abgekauft werden [Abs. 4]».

Umstritten ist, ob der Kläger als Erwerber der Aktien zur Klage auf Eintragung im Aktienbuch aktivlegitimiert ist. (…) Wie nachfolgend auszuführen ist, ist der Kläger nicht aktivlegitimiert, die Eintragung im Aktienbuch zu verlangen. (…)

4.1 Die Namenaktien sind, wenn nicht Gesetz oder Statuten es anders bestimmen, ohne Beschränkung übertragbar (Art. 684 Abs. 1 OR). Neben vorliegend nicht relevanten gesetzlichen Beschränkungen der Übertragbarkeit können die Statuten bestimmen, dass Namenaktien nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragen werden dürfen (Art. 685 f. OR). Die Voraussetzungen der Ablehnung zur Übertragung nicht kotierter Namenaktien werden in Art. 685b OR geregelt, diejenigen kotierter Namenaktien in Art. 685d OR. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den Aktien der Beklagten 2 um nicht kotierte Namenaktien, deren Übertragbarkeit gemäss Art. 5 der Statuten beschränkt ist. In dem mit der Marginale «Wirkung» bezeichneten Art. 685c OR wird sodann Folgendes festgehalten: Solange eine erforderliche Zustimmung zur Übertragung von Aktien nicht erteilt wird, verbleiben das Eigentum an den Aktien und alle damit verknüpften Rechte beim Veräusserer (Abs. 1). Beim Erwerb von Aktien durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung gehen das Eigentum und die Vermögensrechte sogleich, die Mitwirkungsrechte erst mit Zustimmung der Gesellschaft auf den Erwerber über (Abs. 2). Lehnt die Gesellschaft das Gesuch um Zustimmung innert dreier Monate nach Erhalt nicht oder zu Unrecht ab, so gilt die Zustimmung als erteilt (Abs. 3). In der Literatur sind die Meinungen geteilt, ob das Recht, die Ablehnung eines Anerkennungsgesuchs anzufechten, im Falle nicht kotierter Namenaktien, die aufgrund eines Rechtsgeschäfts übertragen werden sollten, neben dem Veräusserer auch dem Erwerber zusteht. Ein Teil der Lehre gesteht dem Erwerber die Aktivlegitimation zu, weil das gesetzliche Ankaufsrecht der Gesellschaft zufolge von Art. 685b Abs. 1 OR in jeden Kaufvertrag über vinkulierte, nicht kotierte Namenaktien eingreife (Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4. A., Basel 2009, N 206 f. zu § 6; Messerli, Die Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namenaktien gemäss Art. 685b revOR – verfahrensrechtliche Aspekte, in: SJZ 1993 Nr. 14, S. 243 f.; Jäggi/Druey/von Greyerz, Wertpapierrecht, Basel 1985, S. 113). Die Mehrheit der Lehre ist dagegen der Auffassung, dass der Erwerber vinkulierter, nicht kotierter Namenaktien mangels Zustimmung zur Aktienübertragung nicht Aktionär geworden sei und daher nicht gegen die Gesellschaft klagen könne (Forstmoser/ Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, N 131 zu § 44; Oertle/du Pasquier, Basler Kommentar, 4. A., Basel 2012, N 12 zu Art. 685a OR; Kunz, Der Minderheitenschutz im schweizerischen Aktienrecht, Bern 2001, N 53 zu § 11; ders., Die Klagen im Schweizer Aktienrecht, Zürich 1997, S. 26). Das Bundesgericht hat die Frage unter dem alten Aktienrecht vom 1936 ausdrücklich offen gelassen (BGE 76 II 51 E. 4, S. 69). Seither hat es sich – soweit ersichtlich – zu dieser Frage nicht explizit geäussert. Das Kantonsgericht Graubünden hat in einem Urteil vom 19. März 2001 die Aktivlegitimation des Erwerbers gestützt auf Art. 685c Abs. 3 OR bejaht, weil dieser ein rechtlich geschütztes Interesse habe, die zu Unrecht erfolgte Ablehnung anzufechten (Urteil Nr. ZF 00 88, in: PKG 2001 Nr. 4, E. 2).

4.2 Der zweiten Lehrmeinung ist der Vorzug zu geben. Es besteht keine gesetzliche Grundlage dafür, dass der abgelehnte Erwerber gegen die Gesellschaft auf Eintragung klagen kann. Der Anspruch auf Eintragung im Aktienbuch steht dem Aktionär zu und ist mit der Aktionärseigenschaft verbunden (BGE 76 II 51 E. 4, S. 67). Im Gegensatz zum alten Aktienrecht und zum Erwerb vinkulierter, nicht kotierter Namenaktien durch Erbgang, Erbteilung, Güterrecht und Zwangsvollstreckung sowie auch im Falle kotierter Namenaktien (vgl. Art. 685c Abs. 2 und Art. 685f Abs. 1 OR) wird der Erwerber trotz Übertragung, aber ohne Zustimmung der Gesellschaft nicht Eigentümer der Aktien (Art. 685c Abs. 1 OR). Damit statuiert Art. 685c Abs. 1 OR eine Ausnahme zu den allgemeinen Prinzipien des Wertpapierrechts (Meier-Hayoz/von der Crone, Wertpapierrecht, Bern 2000, N 35 ff. zu § 19) und beseitigt die unter dem alten Aktienrecht bestehende Spaltung, wonach zwar das Eigentum bei Übertragung der Aktie auf den Erwerber überging, während die verbleibenden Mitgliedschaftsreche wie das Dividendenrecht bis zur erfolgten Zustimmung losgelöst vom Titel beim Veräusserer verblieben (vgl. Messerli, a.a.O., S. 243 mit Hinweisen). Die Ablehnung durch die Gesellschaft betrifft daher unmittelbar den Veräusserer als Aktionär in seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung; den Erwerber hingegen nur mittelbar. Dieser hat denn auch bloss einen obligatorischen Anspruch gegen den Veräusserer. Obwohl die Gesellschaft bei der Eintragung im Aktienbuch mitwirken muss (vgl. Art. 967 Abs. 3 OR; Verfügungsgeschäft), ist diese nicht Partei des Aktienkaufvertrages (Verpflichtungsgeschäft). Die Klage auf Eintragung stützt sich nicht auf Vertrag, sondern auf Gesellschaftsrecht (vgl. Art. 155 lit. f IPRG), weshalb die Minderheitenmeinung von Böckli und Messerli abzulehnen ist. Selbst Böckli anerkennt, dass der abgelehnte Erwerber «eigentlich als Nichtaktionär keine Klage gegen die Gesellschaft hätte» (Böckli, a.a.O., N 207 zu § 6). Praktikabilitätsgründe bei der Anfechtung eines Eintragungsgesuchs vermögen die fehlende gesetzliche Grundlage nicht zu ersetzen. Ebenso wenig überzeugt die Auffassung des Kantonsgerichts Graubünden, weil Art. 685c Abs. 3 OR nur die Rechtsfolge eines Eintragungsgesuchs regelt, nicht aber unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung verweigert werden kann (Art. 685b OR).

Darüber hinaus ist die unterschiedliche Beurteilung der Aktivlegitimation des abgelehnten Erwerbers von kotierten und nicht kotierten vinkulierten Namenaktien auch aus einem weiteren Grund gerechtfertigt (vgl. Art. 685f Abs. 4 OR; Oertle/du Pasquier, a.a.O., N 11 zu Art. 685f OR). Das Interesse des Erwerbers von Aktien einer Publikumsgesellschaft zielt nämlich in der Mehrheit der Fälle auf die Dividendenberechtigung ab und nicht wie bei personalistisch ausgestalteten Aktiengesellschaften ohne Kotierung auf Mitsprache und Einflussnahme (vgl. Meier-Hayoz/von der Crone, a.a.O., N 38 zu § 19). Da die Aktien auf einem öffentlichen Markt (Haupt- oder Nebenbörse) gehandelt werden und der Erwerber mit der Übertragung bzw. im Falle eines ausserbörslichen Erwerbs mit dem Anerkennungsgesuch Eigentümer und «Aktionär ohne Stimmrecht» (vgl. Art. 685f Abs. 3 OR) geworden ist, hat er grundsätzlich einen Anspruch als Aktionär anerkannt zu werden. Daher muss er zur raschen Durchsetzung gegen die Gesellschaft berechtigt sein. Weiter ist die – allerdings unter dem alten Aktienrecht aufgestellte – Begründung von Jäggi/Druey/von Greyerz (a.a.O., S. 113) abzulehnen. Der Verweis auf BGE 76 II 51 ist falsch, weil das Bundesgericht in diesem Entscheid, wie bereits festgehalten, die Frage der Aktivlegitimation des Erwerbers gerade nicht beurteilt hat. Schliesslich ist auch das Urteil des Bundesgerichts (4C.242/2001) vom 5. März 2003 vorliegend nicht einschlägig, wonach die Klage des Erwerbers auf Eintragung ins Aktienbuch geschützt wurde. Erstens wurde in diesem Urteil zur Aktivlegitimation des Erwerbers nichts ausgeführt. Zweitens ist der Sachverhalt nicht vergleichbar, weil es sich um einen Fall handelte, in dem die Muttergesellschaft mit der Tochtergesellschaft fusionierte und so Aktien erworben hatte. Dabei erfolgte die Aktienübertragung jedoch – nicht wie vorliegend – gestützt auf Art. 685b Abs. 4 und Art. 685c Abs. 2 OR (Oertle/du Pasquier, a.a.O., N 9a zu Art. 685b OR mit Hinweisen). Mit der Übertragung der Aktien ging das Eigentum also sogleich auf die Erwerberin über.

Folglich ist die Klage gegen die Beklagte 2 mangels Aktivlegitimation des Klägers abzuweisen.

Urteil des Kantonsgerichts, 3. Abteilung, vom 24. Januar 2013 (A3 2009 108)

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