«Alle Rollstuhlfahrer bitte aufstehen», sagt ein Mitglied der Nottwiler Rollstuhlsportgruppe. Betreten schaue ich jetzt um mich. Soll ich jetzt lachen? Die Antwort auf diese Frage ergibt sich schnell. Um mich herum nur schallendes Gelächter. In dieser Gruppe kursieren Behindertenwitze, da stehen mir die Haare zu Berge.

Als ich kürzlich einen dieser Witze weitererzählte, herrschte betretenes Schweigen. Da fiel mir etwas auf: ein Witz hat meist ein Opfer. Jemand kommt unter die Räder (wenn man schon beim Thema Rollstuhl ist). Egal, was für ein Witz, es gibt immer Leute, die sich angegriffen oder beleidigt fühlen. Aber muss das zu einer Humorzensur und zu extremer «Political Correctness» führen? Das Resultat wäre ein komplettes Humor-Verbot, um noch jede so kleine Randgruppe vor «Humorattentatten» zu schützen.

Ich frage mich: Sässe ich selbst im Rollstuhl, wäre ich dann empört, wenn andere über mein Handicap Witze reissen würden? Nein, wäre ich nicht, denn ein Witz an sich ist für mich kein Instrument der Beleidigung. Er ermöglicht es, auf satirische Weise auf gewisse ernste Themen hinzuweisen, und kann zum Nachdenken anregen. Was die meisten Leute jedoch vergessen: Hauptsächlich macht man Witze einfach nur zum Spass.

Für mich ist klar: Das ganze Thema soll man nicht so verbitten ansehen. Sind Witze über eine vermeintliche Randgruppe denn nicht ein Zeichen von Integration? Zeigen sie nicht den unbeschwerten Umgang mit einem Tabuthema?

Wenn das nächste Mal in Nottwil ein Witz über Rollstuhlfahrer gemacht wird, dann werde ich, ohne zu zögern, in den Chor des unbekümmerten Gelächters miteinstimmen. Denn schwarzer Humor hilft im unverkrampften Umgang mit schwierigen Themen. Die Nottwiler Rollstuhlfahrer finden mein neues «Humorspektrum» jedenfalls nicht zum Davonlaufen.