Beitrag in der Rubrik «U20» der Zuger Zeitung vom 13. Juni 2022

Vor kurzem erwischte ich mich beim Kleidershoppen während der Unterrichtszeit. Überrascht hat mich nicht, dass ich das getan habe, sondern die Tatsache, dass ich dies unbewusst tat und keinen blassen Schimmer hatte, was im Klassenzimmer um mich herum geschah.

Seit vergangenem Schuljahr arbeitet unsere Klasse mit ihren eigenen Laptops. Dies hat sicherlich gute Seiten. Erstens ist das Nutzen der Geräte viel grüner als die Nutzung von Papier früher. Und zweitens hat man in der Regel alle Unterrichtsmaterialien zur Hand.

Trotzdem war die Neuerung bei Lehrpersonen und Schülerschaft umstritten. Es galt nicht nur, den Unterricht den neuen Begebenheiten anzupassen, sondern es stellte sich auch die Frage, ob Schülerinnen und Schüler mit der permanenten Präsenz dieser Geräte weiterhin konzentriert arbeiten können.

Denn neu haben sie die ganze Kontrolle darüber, was sie mit ihren Geräten anstellen und wie sie mit den schier unendlichen Ablenkungen des Internets umgehen. Die Entscheidung liegt bei den Schülerinnen und Schülern selber: Passen sie im Mathematikunterricht auf und lernen sie Parabeln oder shoppen sie lieber online neue Kleider und lernen dann zu Hause?

Der persönliche Laptop im Unterricht setzt viel Eigenverantwortung voraus. Wer eine solche Ablenkungsmaschine vor sich hat, muss besonders motiviert sein und dazu noch einen starken Willen haben. Während Ersteres einigen schwerfällt, ist Letzteres nicht jedem gegeben.

Und trotzdem sage ich: Lasst uns im Unterricht shoppen, wenn wir wollen. Ist es denn nicht Sinn des Gymnasiums zu lernen, Eigenverantwortung zu tragen? Das heisst aber auch, Schülerinnen und Schüler entscheiden zu lassen, wie sie zu ihrem Wissen kommen. Denn letztlich muss jede und jeder den Stoff beherrschen, um zu bestehen – wie wir dazu kommen, sollte uns überlassen sein.

Hinweis
In der Kolumne «U20» äussern sich Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Zug zu einem frei gewählten Thema in der «Zuger Zeitung».