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§ 62 Abs. 1 lit. a VRG; § 45 Abs. 2 PBG

Regeste:

§ 62 Abs. 1 lit. a VRG; § 45 Abs. 2 PBG –  Beschwerdelegitimation bei kommunalen Bauvorhaben, die einen kantonalen Gesamtentscheid erfordern. Die Einsprache gegen die von der Gemeinde erteilte Baubewilligung öffnet das Tor zum Rechtsmittelverfahren. Wer sich am Einspracheverfahren nicht beteiligt hat, verliert die  Beschwerdebefugnis (Erw. 1 c/aa). Die Beschwerdeführer haben keine Baueinsprache eingereicht, obwohl sie eine solche hätten einreichen können. Sie sind nicht formell beschwert und daher nicht berechtigt, nachträglich gegen eine Rodungsbewilligung im kantonalen Gesamtentscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen (Erw. 1 c/cc). Es liegt nicht in der Macht der Gemeindebehörden, bestimmten Personen nach Ablauf der Einsprachefrist eine Parteistellung in einem Rechtsmittelverfahren zu verschaffen (Erw. 1 c/ee).

Aus dem Sachverhalt:

Die Gemeinde Walchwil plant den Aus- und Neubau einer Gemeindestrasse (fortan: «Nordzufahrt»). Mit dieser neuen Strasse sollen die neuen Baugebiete «Utigen / Rägeten», «Lauihof» und «Suren-Büel» gegen Zug hin an das übergeordnete Strassennetz im Norden und zum Dorfkern von Walchwil im Süden angeschlossen werden. Das Zentrum von Walchwil soll damit vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Nachdem das Baugesuch für die Nordzufahrt am 8. Juni 2012 im Amtsblatt publiziert und zwischen dem 8. Juni 2012 und 27. Juni 2012 auf der Gemeinde Walchwil öffentlich aufgelegt wurde, gingen sieben Einsprachen ein, wovon sechs später wieder zurückgezogen wurden. Mit Versanddatum 28. März 2013 erteilte der Gemeinderat Walchwil die Baubewilligung und wies die verbliebene Einsprache von A.B. in einem separaten Gemeinderatsbeschluss vom 16. März 2013 ab.

Bestandteil der Baubewilligung war ein kantonaler Gesamtentscheid vom 20. März 2013, der mehrere durch kantonale Behörden erteilte Bewilligungen zur Nordzufahrt enthielt, darunter eine Ausnahmebewilligung «Rodung und Waldfeststellung». Gegen die gemeindliche Baubewilligung und den kantonalen Gesamtentscheid liessen C.D. (Verfahren V 2013 66, eingereicht am 29. April 2013) sowie E.F. und G.H. (Verfahren V 2013 67, eingereicht am 29. April 2013) einreichen und beantragen, die Baubewilligung sei aufzuheben, eventualiter sei die Waldabstandslinie unter der Nordzufahrt entlang der talseitigen Baulinie festzulegen, alles unter Kosten- unter Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegner. Den nahezu identischen Begründungen war zu entnehmen, dass die Beschwerden zur Hauptsache wegen der im kantonalen Gesamtentscheid verfügten Änderung des an der Gemeindeversammlung Walchwil vom 12. Dezember 2012 beschlossenen Rodungsplanes erfolgten. Es sei nicht korrekt, dass die Direktion des Innern die Zustimmung zur definitiven Rodung eines bergseits der geplanten Strasse gelegenen Waldstücks nicht erteilt habe. Der nach dem Strassenbau verbleibende Waldstreifen könne die Waldfunktionen nämlich nicht mehr erfüllen. Am 16. April 2014 beantragte das Amt für Raumplanung die Abweisung der Beschwerden. Am 10. Juli 2014 beantragte der Gemeinderat die Abweisung der Beschwerden. In der Begründung führte er aus, dass er bezüglich der Rodungsvoraussetzungen zwar die Ansicht der Beschwerdeführer teile. Die definitive Rodung des strittigen Waldstreifens führe jedoch nicht zu einer Aufhebung der Baubewilligung für die Nordzufahrt.

Aus den Erwägungen:

1. a) (...)

c) Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen kantonalen Gesamtentscheid und den Entscheid über die Baubewilligung formell beschwert sind. Von einer formellen Beschwer spricht man, wenn jemand am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat und dort mit seinen Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist. Die Teilnahmeberechtigung am Verfahren vor der Vorinstanz beurteilt sich grundsätzlich nach dem hierfür geltenden Verfahrensrecht. Auf das Erfordernis der formellen Beschwer wird kraft des ausdrücklichen Wortlauts von § 62 Abs. 1 lit. a des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 1. April 1976 (VRG, BGS 162.1) nur verzichtet, wenn ein Beschwerdeführer keine Möglichkeit hatte, am Verfahren vor der Vorinstanz teilzunehmen. Die Alternative «keine Möglichkeit zur Teilnahme» kommt dann zum Tragen, wenn der Betroffene aufgrund eines Fehlers der Behörde gar nicht die Möglichkeit gehabt hat, sich als Partei zu konstituieren, obwohl er dazu befugt gewesen wäre. Dies ist namentlich der Fall, wenn ein Vorhaben, gegen welches Drittbeschwerden zulässig wären, nicht öffentlich ausgeschrieben wurde, so dass der betroffene Dritte nicht die Möglichkeit hatte, sich zu beteiligen. Wer bei der gebotenen Sorgfalt im Baubewilligungsverfahren hätte intervenieren können, dies aber unterlassen hat, kann nicht im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erst Beschwerde erheben (vgl. hierzu Seiler Hansjörg, Stämpflis Handkommentar zum BGG, Bern 2007, Art. 89 N 13).

c/aa) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Baugesuch der Einwohnergemeinde Walchwil. Die Regeln, die für die Einreichung von Baugesuchen und für das Baubewilligungsverfahren gelten, finden sich in den §§ 44 ff. des Planungs- und Baugesetzes vom 26. November 1998 (PBG, BGS 721.11): Gemäss § 45 Abs. 1 PBG sind Baugesuche während 20 Tagen öffentlich aufzulegen. Ein Gesuch wird am ersten Tag und ein weiteres Mal während der Auflage im Amtsblatt publiziert. Abweichende Auflagefristen aufgrund der Spezialgesetzgebung bleiben vorbehalten. Wer vom Baugesuch besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, ist zur Baueinsprache berechtigt (§ 45 Abs. 2 PBG). Die Einsprache muss innert der Auflagefrist schriftlich beim Gemeinderat eingereicht werden und hat einen Antrag und eine Begründung zu enthalten (§ 45 Abs. 3 PBG). Die zuständige Gemeindebehörde holt bei der kantonalen Koordinationsstelle die erforderlichen Bewilligungen und Zustimmungen ein und eröffnet sie zusammen mit allfälligen Einspracheentscheiden gemeinsam mit ihrem Entscheid über das Baugesuch (§ 46 Abs. 1 PBG). Die Baueinsprache erfüllt im Gefüge des Verfahrens eine doppelte Aufgabe: Sie gestattet zunächst die formalisierte Ausübung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Insofern ist die Einsprache nicht Rechtsmittel, denn sie richtet sich gegen ein Gesuch, nicht gegen eine Verfügung. Der Kreis der Einspracheberechtigten umschliesst mindestens die im späteren Rechtsmittelverfahren Beschwerdeberechtigten. Die Einsprache öffnet somit auch das Tor zum späteren Rechtsmittelverfahren. Grundsätzlich verliert die Beschwerdebefugnis, wer sich am Einspracheverfahren nicht beteiligt hat, obwohl er es hätte einrichten können. Aus solcher Abwesenheit lässt sich schliessen, dass schutzwürdige Interessen fehlen (Hänni, Peter: Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 5. A., Bern 2008, S. 517; vgl. auch BGE 133 II 181 E. 3.2.1; 108 Ib 92 E. 3b/bb).

c/bb) In einem früheren Verfahren, welches im Zusammenhang mit der Nordumfahrung Walchwil stand und das inzwischen rechtskräftig erledigt ist (V 2013 65), hat das Gericht Folgendes festgehalten: «Im Amtsblatt vom 8. Juni 2012 wurde öffentlich bekannt gemacht, dass das Baugesuch 'Nordzufahrt Walchwil' samt den kantonalen Spezialbewilligungen vom 8. Juni 2012 bis und mit 9. Juli 2012 auf der Gemeindekanzlei öffentlich aufliegen werde. Die Öffentlichkeit wurde darauf aufmerksam gemacht, dass Einsprachen gegen das Baugesuch gestützt auf § 45 PBG bis und mit dem 27. Juni 2012 beim Gemeinderat einzureichen seien. Einsprachen gegen den Perimeterplan seien gemäss § 10 des Strassenreglements bis zum 9. Juli 2012 einzureichen. Ausdrücklich wurde die Öffentlichkeit des Weiteren darauf aufmerksam gemacht, dass die Unterlagen zum Rodungsgesuch zeitgleich beim AFW in Zug öffentlich zur Einsichtnahme aufliegen würden. Einsprachen gegen das Rodungsgesuch seien gestützt auf § 3 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über den Wald schriftlich bei der Direktion des Innern einzureichen und zwar bis zum 9. Juli 2012. Die Öffentlichkeit wurde gleichzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass die im Zusammenhang mit dem Baugesuch stehenden Unterlagen zur Teilrevision des Zonenplans, zur Waldfeststellung und zur Änderung des Baulinien-, Niveaulinien- und Strassenplans sowie die Unterlagen zum Enteignungsverfahren aufliegen würden. Es wurde zudem auf die separate Ausschreibung verwiesen. Dem Baugesuch waren die folgenden Pläne vom 18. Mai 2012 beigelegt: Normalprofile 1:50, Situation Strassenbau 1:500, Situation Entwässerung 1:500, Längenprofil 1:1000/500, Querprofile 1-20 und 21-39 1:100, Kunstbauten Rägetenbach 1:100, Kunstbauten Brücke Sagenbach 1:100, Landschaftspflegerischer Begleitplan 1:500, Projektänderung Ausbau Hörndlirain 1:200. Ebenfalls beigelegt waren der Rodungsplan 1:500 und das Rodungsgesuch vom 18. Mai 2012 sowie die Stellungnahme des Kantonsförsters vom 6. Juni 2012, aus der man ersehen konnte, dass er die Rodungen auf den Parzellen GS 234, 229, 1413, 1397, 151 und 203 nicht im beantragten Ausmass unterstützte» (V 2013 65, Urteil vom 18. Juli 2013, Sachverhalt Abschnitt A). Aus den Akten ist ersichtlich, dass zusammen mit dem Baugesuch auch der so genannte erläuternde Bericht zur Nutzungsplanung nach Art. 47 RPV auf der Gemeinde und der Vorprüfungsbericht der Baudirektion zur Teilrevision des Zonenplans öffentlich aufgelegt wurden. Dem erläuternden Bericht konnte entnommen werden, dass die kantonale Baudirektion die von der Gemeinde beabsichtigten Zonenplanänderungen im Bereich des Surenwegs mit einem Vorbehalt versehen hatte. Wörtlich ist zu lesen: «Die in Teil 3 der Zonenplanänderung vorgesehene Erweiterung der Wohnzone W2 zulasten des Waldareals ist nicht genehmigungsfähig. Der schmale verbleibende Waldstreifen muss als Wald im Sinne des Gesetzes belassen werden. Die auf den GS 827, 1397 und 1413 dargestellte gelb gepunktete Fläche muss aus waldrechtlichen Gründen als grün gepunktete Fläche dargestellt werden». Dem Vorprüfungsbericht ist zu entnehmen, dass die kantonale Baudirektion dem Bauvorsteher der Gemeinde Walchwil am 5. März 2012 schrieb, es sei nicht zulässig, dass auf den GS 827, 1397 und 1413 definitive Rodungsflächen für Umwandlung von Wald in Bauzonen ausgeschieden werden.

c/cc) Die Beschwerdeführer haben innert der im Amtsblatt publizierten Fristen keine Einsprache eingereicht und damit am Vorverfahren im Sinne von § 62 Abs. 1 lit. a VRG offensichtlich nicht teilgenommen. Dem Gericht sind die Namen der Einsprecher aufgrund der Akten bekannt. Die hier Beschwerdeführenden befinden sich nicht darunter. Ob sie von ihrem Akteneinsichtsrecht Gebrauch gemacht haben, kann das Gericht nicht beurteilen. Sie hätten dazu aber die Möglichkeit gehabt, denn alle Akten standen ihnen für eine ordnungsgemässe Akteneinsicht zur Verfügung. Sowohl im Amtsblatt vom 8. Juni 2012 wie auch in demjenigen vom 15. Juni 2012 wurde das Bauvorhaben öffentlich mit dem Hinweis auf die Aktenauflage ausgeschrieben. Hätten die Beschwerdeführer von ihrem Einsichtsrecht Gebrauch gemacht, hätten sie den Unterlagen entnehmen können, dass der Kantonsförster die von der Gemeinde beabsichtigten Rodungen auf ihren Grundstücken nicht im beabsichtigten Ausmass unterstützte. Auch hätten sie aus dem erläuternden Bericht zur Nutzungsplanung und aus dem Vorprüfungsbericht der kantonalen Baudirektion erfahren, dass die Ansichten zwischen dem Gemeinderat Walchwil und den kantonalen Behörden in Bezug auf die von der Gemeinde auf ihren Grundstücken beabsichtigte Rodung divergierten. Sie hätten somit gewusst, dass die Rodungsbewilligung in diesen Punkten anders lauten würde als von ihnen erwartet bzw. erhofft. Die heutigen Beschwerdeführer hätten sich somit im Juni 2012 als Verfahrenspartei konstituieren und eine Einsprache gegen die Baubewilligung erheben müssen. Aufgrund der aufgelegten Unterlagen wäre es ihnen schon damals jedenfalls ohne weiteres möglich gewesen, sich sachgerecht gegen das Bauvorhaben im Allgemeinen zu wehren und bei dieser Gelegenheit im Speziellen auch zu verlangen, dass ihnen die Rodungsbewilligung zu eröffnen sei. Dies taten die Beschwerdeführer aber nicht, womit sie heute als nicht formell beschwert gelten. Sie sind daher nicht mehr befugt, ein Rechtsmittel gegen die Bau- und Rodungsbewilligung (bzw. gegen den kantonalen Gesamtentscheid) einzulegen. Erwähnt in diesem Zusammenhang sei noch, dass dem Gericht aus dem Verfahren, welches die Einwohnergemeinde Walchwil gegen den Regierungsrat des Kantons Zug führt (V 2014 33), ein Brief der das Projekt «Nordzufahrt» leitenden Gesellschaft «O. GmbH» an den Beschwerdeführer 1 vom 9. Februar 2012 (mit Kopie an drei Walchwiler Gemeinderäten) vorliegt. Der Verfasser schreibt ihm, dass man am 6. Februar 2012 mit dem Kanton dessen Vorprüfung besprochen habe. Dabei habe sich herausgestellt, dass der Kanton die vollständige Rodung des Waldstreifens auf den Grundstücken entlang des Surenwegs nicht bewilligen werde. Der für den Bau der Nordzufahrt nicht unmittelbar zu rodende Wald werde auch nach dem Bau der Nordzufahrt Waldareal bleiben (V 2014 33: Gemeinderat Act. 16). Zumindest der Beschwerdeführer 1 wusste somit schon bereits vor der Projektauflage, dass es beim von der Gemeinde beabsichtigten Rodungsvorhaben Schwierigkeiten geben werde.

c/dd) Den Akten ist zu entnehmen, dass der Vorsteher der Abteilung Bau/Planung der Einwohnergemeinde Walchwil den Beschwerdeführern am 27. März 2013 einen Brief geschickt hat, dem die Baubewilligung vom 18. März 2013 und der kantonale Gesamtentscheid vom 20. März 2013 beigefügt waren. Im Brief wird erläutert, dass die für die Rodungsbewilligung zuständige Direktion des Innern – entgegen dem Beschluss der Gemeindeversammlung Walchwil vom 12. Dezember 2012 – im kantonalen Gesamtentscheid Auflagen formuliert habe, welche ihre Grundstücke betreffen würden. In der Folge wird anhand von Skizzen gezeigt, inwiefern der Waldstreifen auf den Grundstücken der Beschwerdeführer nicht wie geplant vollständig gerodet werden kann. In den letzten Abschnitten des Briefes verweist der Bauvorsteher auf die Rechtsmittelbelehrungen im kantonalen Gesamtentscheid und der Baubewilligung und macht darauf aufmerksam, dass gegen die Änderung der Rodungsfläche innert 30 Tagen nach Zustellung der Baubewilligung und des kantonalen Gesamtentscheides beim Verwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden könne. Gestützt auf diese Informationen und den ihnen in Kopie zugestellten Entscheiden haben die Beschwerdeführer in der Folge Rechtsmittel an das Verwaltungsgericht ergriffen. Wie dargelegt, waren sie mangels Teilnahme am Vorverfahren dazu allerdings nicht berechtigt. Der Vertreter der Gemeinde hat die Beschwerdeführer offensichtlich falsch informiert und sie zu Unrecht darauf hingewiesen, dass für sie – offenbar als direktbetroffene Grundeigentümer – die Möglichkeit bestehe, die Baubewilligung und den kantonalen Gesamtentscheid vor Verwaltungsgericht anzufechten. Die Gemeinde hat mit diesem Vorgehen die hier Beschwerdeführenden im Vergleich zu allen anderen potentiell einsprache- bzw. beschwerdeberechtigten Personen bevorzugt behandelt, was unter dem Blickwinkel des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]) als durchaus problematisch gewertet werden kann.

c/ee) Es stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführer gleichwohl eine nachträgliche Parteistellung im Rechtsmittelverfahren aufgrund des Vertrauensprinzips für sich in Anspruch nehmen könnten. Gemäss Bundesgericht dürfen Parteien aus einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung zwar keine Nachteile erwachsen. Allerdings geniesst nur Vertrauensschutz, wer die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung nicht kennt und sie auch bei gebührender Aufmerksamkeit nicht hätte erkennen können. Rechtsuchende geniessen keinen Vertrauensschutz, wenn der Mangel für sie bzw. ihren Rechtsvertreter allein schon durch Konsultierung der massgeblichen Verfahrensbestimmung ersichtlich ist (BGE 134 I 199 E. 1.3.1). Durch eine Konsultation der hier massgebenden Bestimmung im VRG wird ersichtlich, dass zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt ist, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (§ 62 Abs. 1 lit. a VRG). Das Eingangstor zur Erlangung einer Stellung als Partei in einem Rechtsmittelverfahren gegen Bauvorhaben im Kanton Zug, d.h. das vor¬instanzliche Verfahren im Sinne von § 62 Abs. 1 lit. a VRG, ist die Baueinsprache. Dies gilt auch in Verfahren, in denen nicht nur eine kommunale Baubewilligung erteilt wird, sondern in denen zur Realisierung des Bauvorhabens auch verschiedene kantonale Bewilligungen erforderlich sind. Die Beschwerdeführer hätten ohne weiteres erkennen können, dass es nicht in der Macht des Bauvorstehers einer Einwohnergemeinde steht, bestimmten Personen nach Ablauf der Einsprachefrist nachträglich noch eine Parteistellung in einem Verfahren zu verschaffen, indem er ihnen in einem Brief suggeriert, es gebe für sie ein Rechtsmittel, das in der Realität gar nicht vorhanden ist.

c/ff) Nach dem Gesagten können sich die Beschwerdeführer nicht auf das Vertrauensprinzip berufen, um damit eine Parteistellung im vorliegenden Verfahren begründen zu können. Es hat somit dabei zu bleiben: Die Beschwerdeführer haben nicht am Verfahren der Vorinstanz teilgenommen, obwohl sie dazu die Möglichkeit hatten. Sie sind formell nicht beschwert und auf ihre Beschwerden kann nicht eingetreten werden.

2.–7. [Alternativerwägungen: Selbst wenn auf die Beschwerde einzutreten wäre, würden die Beschwerdeführer mit ihren Anträgen vor Gericht nicht durchdringen.]

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2014, V 2013 66 / V 2013 67

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