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Art. 127 Abs. 2 BV, § 72 Abs. 2 StG
§ 193 Abs. 1 StG

Art. 5 Abs. 3 BV i.V.m. Art. 9 BV, § 190 Abs. 1 lit. a StG

Regeste:

Art. 5 Abs. 3 BV i.V.m. Art. 9 BV – Prüfungen der Voraussetzungen des Vertrauensschutzes bei einer Bestätigung durch den Sekretär einer Grundstückgewinnsteuer-Kommission (Erw. 4).
§ 190 Abs. 1 lit. a StG – Vorläufige Einschätzung des Gerichts zur Praxis verschiedener  Grundstückgewinnsteuer-Kommissionen im Kanton Zug bei gemischten Schenkungen (Erw. 5b)

Aus dem Sachverhalt:

Mit öffentlicher Urkunde unter dem Titel «Kauf- und Schenkungsvertrag ( Gemischte Schenkung) mit Nutzniessung» vom 28. Juli 2015 übertrug A.B. ihre Liegenschaft GS E in X. ihren beiden Kindern F.G. und H.I.. In der Urkunde wurde unter Punkt IV. 6. festgehalten, dass gemäss Bestätigung der Grundstückgewinnsteuerabteilung der Einwohnergemeinde X. vom 9. Juli 2015 voraussichtlich keine Grundstückgewinnsteuer anfalle. Mit Veranlagungsverfügung für die Grundstückgewinnsteuer vom 17. März 2016 berechnete die Grundstückgewinnsteuer-Kommission der Einwohnergemeinde X. (im Folgenden: Rekursgegnerin) für das übertragene Grundstück einen Grundstückgewinn von Fr. 343'634.– und erhob darauf eine Grundstückgewinnsteuer in der Höhe von Fr. 44'741.15 von der Rekurrentin. Dagegen wehrte sich A.B. mit einer Einsprache, welche am 24. März 2017 vollumfänglich abgewiesen wurde. Gegen diesen Entscheid wehrte sich A.B. am 11. April 2017 beim Verwaltungsgericht.

Aus den Erwägungen:

(…)

4. Die Rekurrentin rügt eine Verletzung ihres berechtigten Vertrauens in eine behördliche Auskunft.

(…)

b) Der Vertrauensschutz bedarf zunächst einer Vertrauensgrundlage, worunter das Verhalten eines staatlichen Organs zu verstehen ist, das beim betroffenen Privaten bzw. bei einer anderen Behörde bestimmte Erwartungen auslöst. Als Vertrauensgrundlage kommen u.a. Verfügungen, Rechtsetzungsakte, Raumpläne sowie die Verwaltungs- oder Gerichtspraxis in Frage. Ein besonders wichtiger Anwendungsfall des Vertrauensschutzes stellen sodann unrichtige behördliche Auskünfte und Zusicherungen dar. Rechtsprechungsgemäss wird dabei vorausgesetzt, dass (a) die Behörde die Auskunft vorbehaltlos in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen erteilt hat, (b) sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder die rechtsuchende Person die Behörde aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte, (c) die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne Weiteres zu erkennen war, (d) im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen oder unterlassen wurden, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht oder nachgeholt werden können, und (e) die relevante Rechts- und Sachlage seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat (BGE 131 II 627 E. 6, BGE 129 I 161 E. 4.1; Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., § 22 Rz. 10 ff.; Beatrice Weber-Dürler, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, Basel 1983, S. 79 ff.). Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss das Interesse am Schutz des Vertrauens in die unrichtige Auskunft das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung überwiegen, damit die Berufung auf Treu und Glauben durchdringen kann (Urteil des Bundesgerichts 8C_332/2011 vom 11. Oktober 2011 E. 5.2, mit Hinw.; Urteile Bundesverwaltungsgericht A-793/2011 vom 20. Februar 2012 E. 4.2 und C-2335/2009 vom 28. März 2011 E. 2.5, je mit Hinweisen).

Sind die erwähnten Voraussetzungen erfüllt, wirkt sich der Vertrauensschutz dahingehend aus, dass der Vertrauende keinen Nachteil erleiden soll, entweder indem die Behörde an die Vertrauensgrundlage gebunden wird oder indem ein Entschädigungsanspruch entsteht (Urteile Bundesverwaltungsgericht A-6403/2010 vom 7. April 2011 E. 5.1 und A-3109/2011 vom 20. September 2012 E. 5.3).

Äusserungen im Verkehr zwischen Behörden und Privaten sind so zu interpretieren, wie die jeweils andere Seite sie nach Treu und Glauben verstehen durfte (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV: BGE 124 II 265 E. 4a; BGE 113 Ia 225 E. 1b/bb; BGE 126 II 97 E. 4b).

c) Die Rekurrentin stützt sich auf die Bestätigung der Rekursgegnerin. Dabei handelt es sich um ein Schreiben von J.K. der Abteilung Grundstückgewinnsteuer der Einwohnergemeinde X. mit Datum vom 9. Juli 2015, welches er an die Urkundsperson der Einwohnergemeinde X. und an die Vertragsparteien richtete. Es enthält folgenden Text: «Für die vorgesehene Handänderung: Veräusserer: A.B., X, Objekt: GS E; Preis Fr. 165'000.– zuzüglich Nutzniessung auf Lebenszeit, wird gemäss § 187 ff (insbesondere §§ 189, 190 bzw. 202) des Steuergesetzes des Kantons Zug vom 25.05.2000 bestätigt. Die Grundstückgewinnsteuer wird aufgeschoben.» Es folgen Unterschrift und Name des Verfassers. Wie den Akten weiter entnommen werden kann, war J.K. Sekretär der Rekursgegnerin (Act.-GGSt X. 4 und 5). Hier hat somit ein Vertreter der Grundstückgewinnsteuer-Kommission gegenüber der Rekurrentin – in fett hervorgehobener Schrift – eine vorbehaltlose Zusicherung mit Blick auf die Steuerfolgen eines von der Rekurrentin beabsichtigen Rechtsgeschäfts abgegeben. Der Behördenvertreter ist als Sekretär der Rekursgegnerin zweifellos auch die Person, die Auskünfte zu den Grundstückgewinnsteuern in der Einwohnergemeinde X. erteilen und Bestätigungen dazu ausstellen kann. Weiter ist die Unrichtigkeit der Bestätigung nicht ohne weiteres zu erkennen. Das ergibt sich nur schon daraus, dass die Zusicherung von einer Fachperson stammte und die Parteien sich auch heute noch nicht einig sind, ob die Auskunft richtig war.

c/aa) Die Rekursgegnerin ist der Meinung, dass die Auskunft nicht vorbehaltlos erteilt worden sei. Es handle sich bei der Bestätigung nämlich nur um eine Depotbestätigung für den voraussichtlichen mutmasslichen Steuerbetrag gemäss § 202 StG. Diese Depotbestätigung gebe sie immer vorbehältlich der definitiven Veranlagungsverfügung ab. Dieser Einwand ist unbehelflich. Wie wohl jede andere Person auch konnte die Rekurrentin der Bestätigung, so wie sie dargestellt und formuliert wurde, nicht ansehen, dass es sich dabei um eine Depotbestätigung handelte, die unter einem Vorbehalt stand. Auch die Berufung der Rekursgegnerin auf § 202 StG verfängt nicht, denn die Bestätigung wurde «gemäss den §§ 187 ff. (insbesondere §§ 189, 190 bzw. 202)» des StG ausgestellt. Paragraph 189 handelt von den Steuertatbeständen, § 190 vom Steueraufschub und § 202 Abs. 2 vom Depot. Es könnte somit mit gleichem Recht argumentiert werden, dass die Bestätigung im Hinblick auf den Steueraufschub erstellt wurde.

c/bb) Die Rekursgegnerin bringt weiter mehrfach vor, dass nicht alle Angaben vorgelegen hätten, als die Bestätigung erstellt wurde. Auch dies hilft ihr nicht weiter, denn hätte dieser Einwand den Tatsachen entsprochen, hätte die Bestätigung nicht vorbehaltlos ausgestellt werden dürfen. Zudem verfügte die Rekursgegnerin im Zeitpunkt, als die Bestätigung ausgestellt wurde, über die nötigen Angaben zur Berechnung der strittigen Nutzniessung, nämlich über den Kaufpreis (Angabe der Rekurrentin), Alter der Rekurrentin (aus den Steuerakten), durchschnittliche Restlebenszeit der Rekurrentin (gemäss Lebensdauertabellen, welche bei der Rekursgegnerin zweifellos vorhanden sind). Die weiteren Parameter (Jahresertrag, Kosten) hat die Rekursgegnerin sodann ohne Rückfrage bei der Rekurrentin aufgrund eigener Überlegungen festgelegt, wie aus dem Einspracheentscheid ersichtlich ist.

c/cc) Die Rekursgegnerin wendet ein, sie könne auf diese Bestätigung nicht behaftet werden, da diese nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen sei. Die Rekursgegnerin verkennt, dass dieser Punkt bei der Prüfung der Voraussetzungen zur Geltendmachung des Vertrauensschutzes nicht entscheidend ist. Relevant ist hier einzig der Umstand, dass eine hierfür zuständige Person gegenüber der Rekurrentin eine vorbehaltlose Zusicherung bezüglich der anfallenden Grundstückgewinnsteuern gemacht hat. Dazu kommt Folgendes: Selbst wenn es sich bei dieser Bestätigung um eine Verfügung gehandelt hätte, so können laut Bundesgericht formlose Briefe ohne Rechtsmittelbelehrungen auch Verfügungen darstellen (BGer 2C_244/2007 vom 10. Oktober 2007 E. 3.1). Aus einer fehlerhaften bzw. fehlenden Rechtsmittelbelehrung in einer Verfügung darf einer Partei jedoch grundsätzlich kein Nachteil erwachsen, ausser wenn die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung einfach zu erkennen war (BGE 124 I 255 E. 1). Hier erhielt die Rekurrentin eine sie nicht belastende Zusicherung von einer Steuerbehörde. In so einer Situation erwartet keine steuerpflichtige Person eine Rechtsmittelbelehrung, da sie gar kein Interesse daran hat, diese Zusicherung bei einer nächsten Instanz anzufechten.

c/dd) Die Rekursgegnerin verweist auf das Wort «voraussichtlich» in der öffentlichen Urkunde vom 28. Juli 2015. Aufgrund dieser Wortwahl und in Verbindung mit dem gesetzlichen Kontext hätte die Rekurrentin wissen müssen, dass bei der Berechnung der Grundstückgewinnsteuer nicht nur der Kaufpreis, sondern auch weitere Leistungen einzubeziehen seien, also auch der Wert der Nutzniessung (VG-Act. 6, S. 4). Unter Punkt 6 ist in der öffentlichen Urkunde Folgendes zu lesen: «Gemäss Bestätigung der Grundstückgewinnsteuerabteilung der Einwohnergemeinde X. fällt voraussichtlich keine Grundstückgewinnsteuer an (Steueraufschub zufolge Erbvorzug)» (Rek.-Act. 2, S. 6). Die Rekursgegnerin scheint mit ihrem Vorbringen sagen zu wollen, dass der erwähnte Passus in der öffentlichen Urkunde das Vertrauen in die Richtigkeit ihrer eigenen Zusicherung zerstört habe. Dies wäre aber eine unzulässige Schlussfolgerung. Die Urkundsperson der Einwohnergemeinde X. ist nämlich nicht für die Erteilung von Steuerauskünften zuständig.

c/ee) Die Rekursgegnerin schreibt, ihr Sekretär sei nicht stimmberechtigt. Ausserdem nehme alleine die Kommission die Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer vor (VG-Act. 12, S. 5). Sollte die Rekursgegnerin damit sagen wollen, dass die Bestätigung von einer dafür nicht zuständigen Person abgegeben worden sei, ist sie nicht zu hören. So wie das Schreiben formell daherkam – auf Papier der Abteilung Grundstückgewinnsteuer der Einwohnergemeinde X., unterschrieben vom Sekretär der Kommission, adressiert an die Vertragsparteien und an die Urkundsperson – und so wie die Formulierung darin lautete – ohne Vorbehalt, Zusicherung in Fettdruck – durfte die Rekurrentin aus zureichenden Gründen annehmen, dass der Sekretär für die Abgabe dieser Bestätigung zuständig war.

c/ff) Die Rekursgegnerin meint, dass es keinen Sinn ergebe, dass die Rekurrentin ein Grundstück im Gegenwert von Fr. 290'000.– (Steuerwert Fr. 455'000.– minus Grundpfand von Fr. 165'000.–) verschenke, wenn man eine bescheidene AHV-Rente aufbessern müsse. Die Rekurrentin begründete die Transaktion indessen mit ihrer Befürchtung, dass die Bank nach Ablauf der Festhypothek die Hypothek künden werde, weil bei ihren Vermögens- und Einkommensverhältnissen die Tragbarkeit nicht mehr gegeben sei. Sie habe deshalb eine solche Kündigung durch die Übertragung des Grundstücks inklusive der darauf lastenden Schuld an ihre Söhne verhindern wollen. Ihre Söhne seien ihre künftigen Erben. Die Übertragung sei daher im Sinne eines Erbvorbezugs erfolgt (VG Act. 1, S. 3). Diese Erklärung ist durchaus plausibel und nachvollziehbar. Viele andere Personen mit dem gleichen bescheidenen Einkommen (Fr. 29'278.– tatsächlich fliessendes Einkommen pro Jahr gemäss Steuererklärung, Rek.-Act. 8, S. 2) und einem vergleichbaren Wertschriften- und Barvermögen (rund Fr. 60'000.–, gemäss Steuererklärung, Rek.-Act. 8, S. 4) wie die Rekurrentin hätten in der gleichen Lage wohl ähnlich gehandelt wie sie. Die Transaktion erscheint dem Gericht jedenfalls nicht sinnlos, wie die Rekursgegnerin meint.

c/gg) Die Rekursgegnerin ist mit ihren Einwendungen nach dem Gesagten nicht zu hören. Es ist demnach festzuhalten, dass die Rekurrentin mit der vorbehaltlosen Zusicherung vom 9. Juli 2015 über eine Vertrauensgrundlage im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verfügte.

d) Die Rekurrentin hat gestützt auf diese Vertrauensgrundlage ihr Grundstück am 28. Juli 2015 auf ihre beiden Söhne übertragen. Die Rekurrentin bringt vor, sie hätte das Grundstück nicht oder anders übertragen, hätte sie um die Grundstückgewinnsteuer gewusst (VG-Act. 1, S. 4). Diese Angaben erscheinen im Lichte der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Rekurrentin ohne weiteres nachvollziehbar und glaubhaft, verbraucht doch die die veranlagte Grundstückgewinnsteuer von Fr. 44'741.15 rund drei Viertel ihres Wertschriften- und Barvermögens von rund Fr. 60'000.–. Hinzu kommt, dass wohl auch ihre beiden Söhne bei Kenntnis der Grundstückgewinnsteuer nicht in dieses Geschäft eingewilligt hätten; denn gemäss § 202 Abs. 1 StG haften sie als Käufer solidarisch für die Bezahlung dieser Steuer. Die Rekurrentin könnte die Übertragung freilich wieder rückgängig machen. Dies bedingt jedoch das Einverständnis ihrer Söhne, ist mit Kosten verbunden, schafft die Steuerforderung der Rekursgegnerin nicht ohne weiteres aus der Welt, setzt unter Umständen sogar einen Grund zur Veranlagung einer weiteren Grundstückgewinnsteuer und löst das Problem der Rekurrentin mit der Hypothekarschuld nicht. Mit anderen Worten hat die Rekurrentin als Folge der Zusicherung eine Disposition getroffen, welche sie nicht mehr einfach rückgängig machen kann. Damit ist eine weitere Voraussetzung zur Anrufung des Vertrauensschutzes erfüllt.

e) Weiter hat auch die relevante Rechts- und Sachlage seit der Ausstellung der Bestätigung keine Änderung erfahren. Insbesondere ist festzustellen, dass die Rekurrentin dem Sekretär der Rekursgegnerin den Entwurf eines Schenkungsvertrags vorgelegt hat und dass die öffentliche Urkunde sämtliche wichtigen Eckwerte dieses Entwurfs enthält. Namentlich war schon dem Entwurf zu entnehmen, dass die Söhne die Hypothekarschuld in der Höhe von Fr. 165'000.– übernehmen würden und dass der Rekurrentin ein Nutzniessungsrecht eingeräumt werden soll.

f) Im vorliegenden Fall überwiegt schliesslich das Interesse am Schutz des Vertrauens in die unrichtige Auskunft das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung. Es wäre der Rekurrentin bei ihren Vermögens- und Einkommensverhältnissen nicht zuzumuten, die Grundstückgewinnsteuer zu bezahlen.

g) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Voraussetzungen für den Vertrauensschutz erfüllt sind, womit die Rekursgegnerin an die Auskunft in der Bestätigung gebunden ist. Es fällt folglich keine Grundstückgewinnsteuer an, weil diese «aufgeschoben» wird.

(…)

5 b) Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass eine Prüfung in der Sache durchaus zum Resultat führen könnte, dass die Auskunft des Steuersekretärs gar nicht falsch war. Gemäss § 190 Abs. 1 lit. a StG wird die Grundstückgewinnsteuer nämlich in folgenden Fällen aufgeschoben: bei einem Eigentumswechsel durch Erbgang (Erbfolge, Erbteilung, Vermächtnis), bei einem Erbvorbezug oder einer Schenkung. Der Aufschub bewirkt zunächst, dass der Veräusserer keine Grundstückgewinnsteuer zu zahlen hat. Der bis zur Handänderung entstandene Gewinn ist dabei aber weiterhin latent vorhanden und er wird zurückgestellt, bis es zur nächsten steuerbaren Handänderung kommt (Richner / Frei / Kaufmann / Meuter: Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl., Zürich 2013, § 216 N 153). Der die Steuer aufschiebende Schenkungstatbestand kann auch dann erfüllt sein, wenn die Vermögenszuwendung mit einer deutlich tieferen Gegenleistung verbunden ist, das heisst wenn eine gemischte Schenkung vorliegt (Richner / Frei: Kommentar zum Zürcher Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Zürich 1996, § 4 N 51). Nach der Praxis im Kanton Zürich kann bei gemischten Schenkungen von Grundstücken dann ein Aufschub der Grundstückgewinnsteuer eintreten, wenn die Parteien den Kaufpreis bewusst unter dem wahren Wert des Grundstücks ansetzten mit dem Willen, die Differenz dem Erwerber unentgeltlich zukommen zu lassen. Vorausgesetzt wird, dass zwischen der Leistung und Gegenleistung ein offensichtliches Missverhältnis gegeben sein muss (vgl. Richner / Frei / Kaufmann / Meuter, a.a.O., § 216 N 193). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich nimmt dieses Missverhältnis beispielsweise dann an, wenn zwischen dem Verkehrswert und dem Kaufpreis des Grundstücks eine Differenz von mehr als 25 % besteht. In solchen Fällen wird der Steueraufschub im Kanton Zürich für das ganze Objekt gewährt (StE 2004, B 42.32 Nr. 7 E. 1 c/aa). Das Bundesgericht hat diese im Kanton Zürich angewendete Praxis unter harmonisierungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht beanstandet (BGer 2A.9/2004 vom 21. Februar 2005 E. 4.3). Das Zuger Verwaltungsgericht hat sich bisher noch nicht zur Frage des Aufschubs der Grundstückgewinnsteuer bei gemischten Schenkungen geäussert, und wird sich in diesem Fall aufgrund des klaren Verfahrensausgangs auch nicht dazu äussern müssen. Sollte dies jedoch eines Tages der Fall sein, dürfte dabei die Zürcher Praxis einen wichtigen Anhaltspunkt liefern. Den Stellungnahmen der Rekursgegnerin ist demgegenüber zu entnehmen, dass sie es als richtiger erachtet, sich am System der Kantone Luzern und St. Gallen zu orientieren, wonach die Gegenleistung des Beschenkten in Verbindung zum Anlagewert gesetzt wird (VG-Act. 6, S. 5 f.; Act.-GGSt X. 8). Eine Erfahrungsgruppe aus Vertretern der Grundstückgewinnsteuerkommissionen im Kanton Zug habe sich im Jahr 2004 auf dieses Vorgehen verständigt (Act.-GGSt X. 7). Ein Abstellen auf den Anlagewert scheint dem Gericht in einer vorläufigen Einschätzung indessen weniger sachgerecht und den wirtschaftlichen Realitäten weniger angemessen als eine Orientierung am Verkehrswert. Für Schenkerinnen und Schenker steht im Moment der Schenkung in der Regel nämlich der wahre, aktuelle Wert eines Grundstücks im Vordergrund und nicht der von ihnen in der Vergangenheit entrichtete Kaufpreis. Die Praxis der Rekursgegnerin führt auch dazu, dass in Zeiten stark steigender Grundstückpreise, wie aktuell, eine Grundstückgewinnsteuer bereits bei im Verhältnis zum aktuellen Verkehrswert relativ geringfügigen Gegenleistungen der «gemischt» Beschenkten anfällt. Dies hat der vorliegende Fall exemplarisch gezeigt, wo eine steuerpflichtige Person rund drei Viertel ihres flüssigen Vermögens für die Grundstückgewinnsteuer aufwenden müsste, obwohl der Wert der Gegenleistung der «gemischt» beschenkten Söhne (Schuldübernahme, Einräumung einer Nutzniessung) deutlich tiefer als der Verkehrswert des Grundstücks sein dürfte.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2018, A 2017 8
Das Urteil ist rechtskräftig.

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