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Massgeblichkeitsprinzip: Zulässige steuerrechtliche Korrekturen nach dem Bilanzstichtag

Grundstückgewinnsteuer: Steueraufschub bei gemischten Schenkungen

Regeste:

§ 168 StG – Die Grundstückgewinnsteuer wird nach Massgabe des kantonalen Steuergesetzes durch die Gemeinden erhoben. Es verbleibt ihnen kein Raum, wesentliche Elemente wie Steuerpflicht, Steuerobjekt oder Steueraufschubtatbestände eigenständig interpretieren und auslegen zu wollen (E. 4.2).
§ 190 lit. a StG – Im Recht der Grundstückgewinnsteuer des Kantons Zug wird die Grundstückgewinnsteuer bei gemischten Schenkungen aufgeschoben. Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn zwischen der Leistung des Grundstückveräusserers und derjenigen des Erwerbers ein offensichtliches Missverhältnis besteht. Dieses ist gegeben, wenn der vom Erwerber geleistete Kaufpreis 75 % oder weniger des Verkehrswerts des veräusserten Grundstücks beträgt (E. 4.5).
§ 189 StG – Übersteigen die Gegenleistungen des Erwerbers 75 % des Verkehrswerts des veräusserten Grundstücks, ist die Steuer zu erheben. Als Erlös gilt der Kaufpreis mit allen weiteren Leistungen der erwerbenden Person, somit ohne den als Schenkung erhaltenen Wertanteil (E. 4.6).

Aus dem Sachverhalt:

Mit öffentlich beurkundetem Abtretungsvertrag vom 27. November 2017 übertrug M.A. (im Folgenden: Rekurrentin) die folgenden zwei Grundstücke an ihre Söhne B.A. und C.A.:

1) Grundstück Nr. C. (im Folgenden: GS C.), 3 ½ Zimmer-Wohnung, 169/1000 Miteigentum am Grundstück Nr. D. (im Folgenden: GS D.), 6315 Alosen an B.A. zu Alleineigentum zum Verkehrswert bzw. Übernahmepreis von Fr. 550'000.–, wovon Fr. 224'000.– in Anrechnung als Erbvorbezug durch B.A. geleistet wurden (Ziff. 4 des Abtretungsvertrags),

und

2) Grundstück Nr. E. (im Folgenden: GS E.), Doppelgarage im UG, 34/1000 Miteigentum an GS D. an ihre beiden Söhne B.A. und C.A. zu Gesamteigentum infolge einfacher Gesellschaft zum Verkehrswert bzw. Übernahmepreis von insgesamt Fr. 80'000.–, wovon insgesamt Fr. 46'000.– in Anrechnung als Erbvorbezüge durch B.A. und C.A. geleistet wurden (Ziff. 5 des Abtretungsvertrags).

Mit Steuererklärung für die Grundstückgewinnsteuer vom 9. Januar 2018 deklarierte die Rekurrentin aus den vorstehend erwähnten Grundstücksabtretungen einen steuerbaren Grundstückgewinn von Fr. 0.– bzw. einen Verlust von Fr. 46'498.45, bei einem insgesamt vereinbarten Übernahmepreis für beide Grundstücke von Fr. 616'491.30 (Fr. 630'000.– abzüglich Fr. 13'508.70 Wert Mobiliar) und insgesamt geltend gemachten Anlagekosten von Fr. 392'989.75. Auf Seite 3 der zu den Akten gegebenen Grundstückgewinnsteuerklärung erfolgte sodann unter dem Abschnitt «Bemerkungen» der Hinweis, dass es sich vorliegend gemäss Angaben von Notar Dr. G. um eine gemischte Schenkung handle und daher keine Grundstückgewinnsteuer fällig werde.

Mit definitiver Veranlagung vom 25. Juli 2018 stellte die Grundstückgewinnsteuer-Kommission der Einwohnergemeinde Oberägeri den insgesamt erzielten Grundstückgewinn mit Fr. 31'988.– fest, basierend auf einem durch diese für GS C. und GS E. angenommenen «Verkaufserlös netto» von insgesamt Fr. 346'491.– (Fr. 630'000.– abzüglich Fr. 13'509.– Wert Mobiliar und abzüglich Fr. 270'000.– für Erbvorbezug/Schenkung) und Anlagekosten von insgesamt Fr. 314'503.–, und veranlagte die Grundstückgewinnsteuer mit Fr. 3'199.–.

Nach erfolgloser Einsprache (Einspracheentscheid vom 20. November 2018) erhob die Rekurrentin am 18. Dezember 2018 Rekurs beim Verwaltungsgericht mit den Anträgen, der Einspracheentscheid der Grundstückgewinnsteuer-Kommission Oberägeri sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Veräusserungen der GS C. und GS E. als gemischte Schenkungen zu qualifizieren seien; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Rekursgegnerin.

Aus den Erwägungen:

1.

(…)

2.
2.1 Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen die Gewinne, die aus der Veräusserung von Grundstücken des Privatvermögens oder von Anteilen an solchen erzielt werden (§ 189 Abs. 1 StG). Grundstückgewinn ist gemäss § 193 Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und anrechenbare Aufwendungen sowie der bei Überführung ins Privatvermögen besteuerte Gewinn) übersteigt. Als Erwerbspreis gilt der Kaufpreis mit allen weiteren Leistungen der erwerbenden Person (§ 195 Abs. 1 StG). Liegt die massgebende Handänderung mehr als 25 Jahre zurück, kann die steuerpflichtige Person anstelle des Erwerbspreises den Verkehrswert des Grundstückes vor 25 Jahren in Anrechnung bringen. In diesem Fall beträgt die anrechenbare Besitzdauer ebenfalls 25 Jahre (§ 195 Abs. 2 StG).

2.2 Gemäss den §§ 190 ff. StG unterbleibt in bestimmten Fällen von Handänderungen an Liegenschaften die sofortige Grundstückgewinnbesteuerung und diese wird vielmehr aufgeschoben. Dieser Steueraufschub bewirkt, dass zum Zeitpunkt der Handänderung keine steuerlich relevante Realisierung eines Gewinns angenommen wird. Der Aufschub besteht konkret darin, dass bei einer nächsten steuerbaren Realisierung bei der Bemessung der massgebenden Wertgrössen für das Bemessungsobjekt nicht auf den Zeitpunkt des Steueraufschubs, sondern auf denjenigen der letzten steuerbaren Handänderung abgestellt wird (Bernhard Zwahlen/Nathalie Nyffenegger, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 3. Aufl. 2017, Art. 12 Rz. 61b – im Folgenden: Kommentar StHG). Der so im Zeitpunkt der vom Steueraufschub profitierenden Handänderung vorhandene Gewinn wird jedoch nicht als erledigt abgeschrieben (d.h. als steuerfrei behandelt), sondern nur aufgeschoben, bis es zur nächsten steuerbaren Handänderung kommt (Richner e.a., Zürcher StG, § 216 Rz. 153). Als ein solcher, zum Steueraufschub qualifizierender Tatbestand gilt u.a. die Handänderung einer Liegenschaft durch Schenkung (§ 190 Bst. a StG).

3. Vorliegend sind sich die Parteien einig, dass die mit Abtretungsvertrag vom 27. November 2017 von der Rekurrentin an ihre beiden Söhne abgetretenen Grundstücke (GS C. und GS E.) nicht zum vollen Verkehrswert, sondern unterpreislich übertragen wurden, die Handänderungen an den erwähnten Liegenschaften folglich entsprechend dem Willen der Vertragsparteien sogenannte gemischte Schenkungen darstellten. Gemäss Aktenlage und den nicht bestrittenen Vorbringen der Parteien betrugen im Zeitpunkt der Abtretung der Verkehrswert von GS C. Fr. 550'000.– (100 %) und die damit verbundene Schenkung (Erbvorbezug) an B.A. Fr. 224'000.– (rund 41 %) und der Verkehrswert von GS E. Fr. 80'000.– (100 %) und die damit verbundenen Schenkungen (Erbvorbezüge) an B.A. und C.A. Fr. 46'000.– (gut 57 %). Zwischen den Parteien strittig ist hingegen, wie der in § 190 Bst. b StG festgehaltenen Steueraufschub (infolge einer «Schenkung») auf die vorliegenden gemischten Schenkungen anzuwenden ist. Nicht strittig ist auch hier, dass im Umfang der Schenkungsquoten (insgesamt Fr. 270'000.–) sicherlich keine Grundstückgewinnbesteuerung stattfinden kann.

Die Rekurrentin beantragt einen vollumfänglichen Steueraufschub, unter Berufung auf die in der Fachzeitschrift «Zuger Steuer Praxis» vom Dezember 2001 Nr. 18, S. 9 f. gemachten Ausführungen sowie auf die im Kanton Zürich angewendete Praxis. Die Rekursgegnerin hingegen argumentiert, es erfolge nur ein teilweiser Steueraufschub und die Grundstückgewinnsteuer sei gemäss ihrer bekannten Praxis insoweit geschuldet, als der von der Rekurrentin nach Abzug der Schenkungsquote tatsächlich realisierte Verkaufserlös (insgesamt Fr. 346'491.– gemäss Veranlagungsverfügung der Rekursgegnerin; Beilage 3 der Rekurrentin) die den transferierten Grundstücken zugehörigen Anlagekosten (insgesamt Fr. 314'503.– gemäss Veranlagungsverfügung der Rekursgegnerin; Beilage 3 der Rekurrentin) übersteigt. Die Rekursgegnerin ermittelte so einen steuerbaren Grundstückgewinn von insgesamt Fr. 31'988.– für die beiden veräusserten Grundstücke (Fr. 346'491.– minus Fr. 314'503.–) und veranlagte die Grundstückgewinnsteuer mit Fr. 3'199.– (Beilage 3 der Rekurrentin).

4.
4.1 Die Grundstückgewinnbesteuerung ist Gegenstand steuerharmonisierungsrechtlicher Regelung. Sie findet in Art. 2 StHG ihre Grundlage, wonach die Kantone eine solche zu erheben haben (Abs 1 Bst. d StHG) bzw. es ihnen erlaubt ist, diese von den Gemeinden erheben zu lassen (Abs. 2 StHG). Artikel 12 StHG enthält in Abs. 1 Regelungen zur Ermittlung des eigentliche Steuerobjekts (Grundstückgewinn) und in Abs. 3. solche zur Gewährung des Steueraufschubs. Damit wird der Geltungsbereich der Grundstückgewinnsteuer umschrieben und obwohl diese Begriffe im StHG nicht näher definiert werden, verbleibt dem kantonalen Gesetzgeber trotzdem nur ein beschränkter Spielraum bei der Umschreibung dieser Begriffe (Urteil BGer 2A.9/2004 vom 21. Februar 2005 E. 3.1). So wird die im StHG enthaltene Regelung der Steueraufschubstatbestände als abschliessend betrachtet, womit es den Kantonen z.B. untersagt ist, weitere steueraufschiebende Tatbestände zu regeln (Kommentar StHG, a.a.O., Art. 12 Rz. 61).

4.2 Für den Kanton Zug befindet sich die gesetzliche Grundlage zur Erhebung der Grundstückgewinnsteuer durch die Gemeinden im StG, namentlich in den §§ 1 Abs. 3, 168 und 187 bis 202. Paragraph 168 StG hält fest, dass die Gemeinden die Grundstückgewinnsteuer nach den Bestimmungen «dieses Gesetzes», d.h. des StG, erheben und desgleichen wird ergänzend und folgerichtig auch in § 187 Abs. 1 StG in allgemeiner Hinsicht das StG für die Gemeinden zur Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer als verbindlich erklärt. Die Entstehung einer Grundstückgewinnsteuerpflicht, das Steuerobjekt (Grundstückgewinn) wie auch die Voraussetzungen zur Gewährung eines Steueraufschubs nach den §§ 190 und 191 StG werden folglich durch das kantonale Recht geregelt. Die Grundstückgewinnsteuer wird somit durch die Gemeinden zwar als eine Gemeindesteuer erhoben, jedoch nach Massgabe und in Anwendung des StG, d.h. in Anwendung kantonalrechtlicher Gesetzesbestimmungen.

Bei dieser rechtlichen Ausgangslage verbleibt den Gemeinden kein Raum, im Grundstückgewinnsteuerrecht wesentliche Elemente wie die Steuerpflicht, das Steuerobjekt oder die Steueraufschubtatbestände eigenständig interpretieren und auslegen zu wollen. Die andernfalls damit einhergehende Konsequenz, dass kantonales Steuerrecht durch zugerische Gemeinden unterschiedlich ausgelegt und angewendet würde, hielte vor den Prinzipien der Legalität, der Rechtsgleichheit und -sicherheit nicht stand. Dem von der Rekursgegnerin in der Rekursantwort vorgebrachten Argument, unterschiedliche Methoden der Gemeinden zur Berechnung und Besteuerung des Grundstückgewinns innerhalb des Kantons Zug seien zulässig, kann daher nicht gefolgt werden. Was den hier interessierenden Steueraufschub beim Vorliegen sogenannter gemischter Schenkungen betrifft, sind folglich die hierfür kantonalrechtlich vom StG verlangten Voraussetzung durch die zugerischen Gemeinden einheitlich anzuwenden.

4.3 Mit Blick auf die vorliegend strittigen Voraussetzungen zum Steueraufschub bei gemischten Schenkungen will die Rekursgegnerin einen Steueraufschub nur auf der ausgewiesenen Schenkungsquote einer Grundstücksübertragung gewähren, nicht aber auf demjenigen Anteil des effektiv realisierten Verkaufserlöses («Verkaufserlös netto» gemäss Terminologie der Rekursgegnerin), welcher die anrechenbaren Anlagekosten übersteigt. Ein solcher differenzierter Ansatz wird offenbar zum Teil in der Praxis angewendet, sowohl in anderen zugerischen Gemeinden als auch in anderen Kantonen.

Demgegenüber steht die Praxis, bei gemischten Grundstücksschenkungen stets vollständigen Steueraufschub zu gewähren, unabhängig davon, ob der von der das Grundstück abtretenden Person realisierte (netto) Erlös die Anlagekosten übersteigt oder nicht. Letzterem entspricht die im Kanton Zürich angewendete Praxis. Es wird diese damit begründet, dass der Gesetzgeber den Tatbestand des Steueraufschubs bei Handänderungen durch «Schenkung» formal umschrieben hat, mit der Folge, dass hier die Steuer nur entweder vollständig oder überhaupt nicht aufgeschoben werden kann (§ 216 Abs. 3 Bst. a. Steuergesetz Kanton Zürich vom 8. Juni 1997; StG-ZH, 631.1) und die Gewährung eines nur teilweisen Steueraufschubs nur für die Fälle von «Ersatzbeschaffungen» (§ 216 Abs. 3 Bst. g bis i StG-ZH) geschaffen hat, bei welchen ein Steueraufschub insoweit nicht eintreten soll, als ein Gewinn realisiert wird, d.h. soweit der Erlös nicht zum Erwerb einer Ersatzliegenschaft verwendet wird (Richner e.a., Zürcher StG, a.a.O., § 216 Rz. 159). Dieser gesetzgeberisch differenzierten Lösung, bei Schenkungsgeschäften den Steueraufschub nur vollständig und nicht anteilsmässig zu gewähren, wird es denn zugeschrieben, vollständigen Steueraufschub auch bei «gemischten Schenkungen», d.h. bei nur teilweise unentgeltlichen Liegenschaftsübertragungen zu gewähren, mit der Folge, dass bei einer gemischten Grundstücksschenkung bei späterer Weiterveräusserung des Grundstücks durch den Erwerber (Beschenkten) der entgeltliche Teil, den dieser dem ursprünglichen Veräusserer geleistet hat, keine Bedeutung mehr hat; vielmehr ist dannzumal zur Bestimmung des Grundstückgewinns auf den Erwerbspreis des ursprünglichen Veräusserers (Schenkers) abzustellen. Bei dieser Betrachtungsweise kann es daher keine Rolle spielen, ob der vom Erwerber (Beschenkten) geleistete entgeltliche Teil die vom Veräusserer geleisteten Anlagekosten übersteigt (oder nicht) und letzterer somit einen Gewinn realisiert; die Besteuerung auch dieses Gewinns ist aufzuschieben und wird als latente Grundstückgewinnsteuerlast vom Erwerber übernommen (Richner e.a., Zürcher StG, § 216 Rz. 153 und 160).

4.4 Dieser gesetzessystematische Ansatz, wie er in der Zürcher Grundstückgewinnsteuerpraxis zur Gewährung des vollständigen Steueraufschubs bei Grundstücksgeschäften, die als gemischte Schenkung qualifizieren, angewendet wird, wurde vom Bundesgericht als steuerharmonisierungskonform beurteilt und nicht beanstandet (Urteil BGer 2A.9/2004 vom 21. Februar 2005 E. 4.3). Er erscheint auch dem Verwaltungsgericht sachlogisch und formrichtig, auch berücksichtigend, dass die Bestimmungen zu den vollständigen Steueraufschubtatbeständen (wie der Schenkung) und zu den einen teilweisen Steueraufschub vorbehaltenen Tatbeständen (Ersatzbeschaffungen) im zugerischen (§§ 190 und 191 StG) und zürcherischen (§ 216 Abs. 3 StG-ZH) Grundstückgewinnsteuerrecht praktisch identisch geregelt und formuliert sind, und auch den im StHG vorgesehenen Regelungen (Art. 12 Abs. 3 StHG) entsprechen.

4.4.1 Die Gewährung des vollständigen Steueraufschubs auch bei gemischten Grundstücksschenkungen deckt sich sodann auch inhaltlich mit dem Begriff "Aufschub" der Gewinnbesteuerung, denn aufgeschoben kann nur werden, was ohne Gewährung des Steueraufschubs zu einer Besteuerung führen würde, und dies setzt wiederum die Möglichkeit des Vorliegens einer realisierten Grundstückgewinnkomponente voraus. Es wird damit des Weiteren eine Gleichbehandlung zum Eigentumswechsel durch Erbgang (§ 190 Bst. a StG) geschaffen, wo regelmässig auch belastete Grundstücke vererbt werden und ein Steueraufschub unabhängig davon gewährt wird, ob z.B. die von den Erben übernommenen Hypothekarschulden die Anlagekosten der geerbten Liegenschaft übersteigen oder nicht (Richner e.a., Zürcher StG, a.a.O., § 216 Rz. 185).

4.4.2 Das in diesem Sinn verstandene Konzept des Steueraufschubs wird durch die von der Rekursgegnerin angewendeten Methode ausgehöhlt, indem bei dieser ein vom Veräusserer bei einer gemischten Schenkung realisierter Gewinn immer besteuert wird, es somit gar nie zu einem Aufschub in der Grundstückgewinnbesteuerung kommen kann. Ein Abstellen auf den Anlagewert, wie dies von der Rekursgegnerin propagiert wird, scheint dem Gericht daher nicht sachgerecht und den wirtschaftlichen Realitäten weniger angemessen als eine Orientierung am Verkehrswert des übertragenen Grundstücks. Für Schenkerinnen und Schenker steht im Moment der Schenkung in der Regel nämlich der wahre, aktuelle Wert eines Grundstücks im Vordergrund und nicht die von ihnen in der Vergangenheit aufgebrachten Anlagekosten. Die Praxis der Rekursgegnerin führt auch dazu, dass in Zeiten stark steigender Grundstückpreise, wie aktuell, eine Grundstückgewinnsteuer bereits bei im Verhältnis zum aktuellen Verkehrswert relativ geringfügigen Gegenleistungen des "gemischt" Beschenkten anfällt (vgl. GVP 2018 87, S. 93). Eine Nicht-Gewährung des Steueraufschubs wäre umso stossender, wenn dabei der errechnete Grundstückgewinn durch den Schenker gar nicht echt realisiert wird, weil die vom (gemischt) Beschenkten erbrachten Gegenleistungen nicht in Form von Geldzahlungen, sondern in der Übernahme von Hypotheken und/oder der Gewährung eines Wohnrechts oder einer Nutzniessung am übertragenen Grundstück bestehen.

Aus den erwähnten Gründen kann die von der Rekursgegnerin vertretene Praxis zur Gewährung des Steueraufschubs bei gemischten Grundstücksschenkungen vom Gericht nicht gutgeheissen werden und der vorstehend dargestellten «Zürcher Praxis» ist der Vorzug zu geben.

4.5 Auch wenn vorliegend nicht strittig, wird sodann im Sinne einer für die gemeindlichen Grundstückgewinnsteuerbehörden verbindlichen Praxisfestlegung durch das Verwaltungsgericht festgestellt, dass, in Anlehnung an die im Kanton Zürich angewendete Praxis, von einer gemischten Schenkung im grundsteuerrechtlichen Sinn dann gesprochen werden kann, wenn zwischen der Leistung des Grundstücksveräusserers (Verkehrswert des Grundstücks) und derjenigen des Erwerbers (gemischt beschenkte Person) ein offensichtliches, in die Augen springendes Missverhältnis gegeben ist, der Grundstückstransaktion somit deutliche Elemente der Schenkung eigens sind. Somit geht es bei gemischten Schenkungen darum, die Leistung des Schenkers (Verkehrswert des Grundstücks) mit der Leistung des (gemischt) Beschenkten (wie Geldzahlung, Übernahme Hypotheken etc.) zu vergleichen, wobei die Leistung des Schenkers, d.h. der Verkehrswert des Grundstücks, zu schätzen ist. Aufgrund der Bandbreite jeder Verkehrswertschätzung liegt in der Praxis eine gemischte Schenkung nur dann vor, wenn über die Ungleichheit der Leistungen ein eigentliches Missverhältnis besteht. Dazu hat sich in der Praxis die Regel entwickelt, dass die Leistungsdifferenz einen Mindestanteil am Verkehrswert des übertragenen Grundstücks überschreiten muss. Ein solches Missverhältnis wird in der Praxis als gegeben betrachtet, wenn der vom Grundstückerwerber insgesamt geleistete Kaufpreis lediglich 75 % (oder weniger) des Verkehrswerts des veräusserten Grundstücks beträgt, die Schenkungskomponente somit mit 25 % (oder mehr) auszumachen ist (Richner e.a., Zürcher StG, a.a.O., § 216 Rz. 193 f.; Urteil BGer 2A.9/2004 vom 21. Februar 2005 E. 4.2 und 4.3; Roman Sieber/Markus Oehrli, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, 2020, § 14 Rz. 47-49). Diesen sich in der Grundstückgewinnsteuerpraxis zur gemischten Schenkung gebildeten prozentualen Toleranzbereich von 25 % gilt es auch im Bereich des zugerischen Grundstückgewinnsteuerrechts zu beachten.

4.6 Diese Praxisfestlegung zum Steueraufschub gemäss § 190 Bst. a StG bei gemischten Schenkungen hat sodann nach Ansicht des Gerichts zur Folge, dass eine steuerpflichtige, nicht zum Steueraufschub qualifizierende Grundstücksveräusserung i.S.v. §189 StG vorliegt, wenn die vom (gemischt) Beschenkten erbrachten Gegenleistungen insgesamt mehr als 75 % des Verkehrswerts des übertragenen Grundstücks ausmachen. Als Erlös gilt dabei der Kaufpreis mit allen weiteren Leistungen, die vom Erwerber (gemischt beschenkte Person) erbracht werden (§ 194 erster Satz StG), somit ohne den als Schenkung (oder Erbvorbezug) erhaltenen Wertanteil.

5. Zusammenfassend und basierend auf den vorstehenden Erwägungen kann somit für den vorliegenden Fall das Folgende festgestellt werden:

5.1 Die mit Abtretungsvertrag vom 27. November 2017 von der Rekurrentin getätigten Grundstücksabtretungen (GS C. und GS E.) an ihre beiden Söhne B.A. und C.A. qualifizieren als gemischte Schenkungen im Sinne des zugerischen Grundstückgewinnsteuerrechts, da die von den Erwerbern erbrachten Kaufpreisleistungen je (weit) weniger als 75 % des hier nicht beanstandeten Verkehrswerts der abgetretenen Grundstücke betrugen und sich zudem ein entsprechender Schenkungswille der Vertragsparteien explizit aus dem Abtretungsvertrag ergibt.

5.2 Als Folge des Vorliegens einer gemischten Grundstückschenkung berechtigen die erwähnten Grundstücksabtretungen zum vollständigen Steueraufschub gemäss § 190 Bst. a StG.

5.3 Der Rekurs ist demnach vollständig gutzuheissen. Der Einspracheentscheid und die Veranlagungsverfügung der Rekursgegnerin sind aufzuheben und es ist festzustellen, dass die Grundstückgewinnsteuer vollständig aufgeschoben wird.

6.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. Februar 2020, A 2018 25
Das Urteil ist rechtskräftig.
Vollständiges Urteil auf der Entscheiddatenbank https://www.verwaltungsgericht.zg.ch

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