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Aussichtsschutz, § 4a alt V PBG, § 27 alt V PBG

Regeste:

Aussichtsschutz – Die Aussicht geniesst grundsätzlich keinen Rechtsschutz, denn diese wird (indirekt) durch die geltenden baurechtlichen Bestimmungen (z. B. über die Geschosszahl, die zulässigen Dachformen und das erlaubte Gebäudevolumen) geschützt (Erw. 3d). § 4a alt V PBG - Carports werden in der zugerischen Praxis regelmässig als Kleinbauten angeshen (Erw. 4). Rechtliche Vorgaben betreffend eine maximale Anzahl an Kleinbauten auf einem Grundstück gibt es keine. Es ist somit grundsätzlich erlaubt, mehrere Kleinbauten zu realisieren, sofern sich diese jeweils an die baurechtlichen Vorgaben halten (Erw. 3e). § 27 alt V PBG – Grundsätzlich ist es Aufgabe der Gemeinde, die Pläne die sie für die Beurteilung eines Baugesuchs benötigt, bei der Bauherrschaft einzufordern. Sie kann aus eigenem Ermessen auf das Einverlangen von Dokumenten verzichten, wenn diese für die konkrete Beurteilung des Baugesuchs nicht benötigt werden (Erw. 5).

Aus dem Sachverhalt:

A. B.W. und M. Z-W. sind Miteigentümerinnen des Grundstücks (GS) Nr. X, Gemeinde F, welches sich in der Wohnzone 2 befindet. Dieses Grundstück betreffend reichte R.W. (nachfolgend: Bauherr) am 21. Dezember 2020 ein Baugesuch Nr. R für den Ersatz eines besteh­enden Unterstands durch einen Carport beim 2-Familienhaus Assek.­-Nr. A ein. Das Baugesuch wurde am 8. und 15. Januar 2021 im Amtsblatt publiziert und öffentlich aufgelegt.

B. Innert Frist erhob die i. GmbH mit Schreiben vom 25. Januar 2021 bei der Abteilung Planung/Bau/Sicherheit der Gemeinde F Einsprache gegen das Baugesuch.

Die Einsprache wurde dem Bauherrn am 1. Februar 2021 zur Kennt­nis­nahme zugestellt. Am 4. Februar 2021 äusserte er sich dazu bei der Abteilung Planung/Bau/Sicherheit der Gemeinde F mittels Stellungnahme.

C. Mit Entscheid vom 9. März 2021 wurde das Baugesuch durch den Gemeinderat F (nachfolgend: Vorinstanz) bewilligt und die Einsprache der i. GmbH abgewiesen.

C. Gegen den Entscheid der Vorinstanz reichte die i. GmbH (nach­folgend: Beschwerdeführerin) am 1. April 2021 Verwaltungsbe­schwer­de beim Regierungsrat des Kantons Zug ein. Darin stellt sie folgende Anträge:

«1. Es sei der Gemeinderatsbeschluss vom 09. März 2021 und damit die Baubewilligung (Baugesuch Nr. R.) aufzuheben.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten der unterliegenden Partei.»

Zur Begründung macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sich das Bauvorhaben nicht in die Umgebung einordne.

E. Mit Schreiben vom 12. April 2021 stellte die mit der Verfah­rens­leitung beauftragte Baudirektion der Vorinstanz und dem Bauherrn die Beschwerdeschrift vom 1. April 2021 zur Kenntnis­nahme zu und gab ihnen die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen.

F. Die Vorinstanz reichte der Baudirektion am 30. April 2021 eine Stellungnahme zur Beschwerde samt Vorakten ein und bean­tragte darin die vollumfängliche Abweisung der Verwaltungs­beschwerde.

Auch der Bauherr beantragte mit seiner Stellungnahme vom 1. Mai 2021 die Abweisung der Beschwerde.

G. Mit Schreiben vom 5. Mai 2021 stellte die Baudirektion die Stellungnahmen der Vorinstanz und des Bauherrn den weiteren Verfahrensbeteiligten zur gegenseitigen Kenntnisnahme zu und verkündete sodann, dass ein Augenschein durchgeführt werden würde. Zudem wurde festgehalten, dass der Bauherr im Rahmen des laufenden Verfahrens von den Grundeigentümerinnen des GS Nr. X, B.W. und M. Z-W., bevollmächtigt wurde. Die entsprechende Voll­macht hat der Bauherr am 31. Mai 2021 nachgereicht.

H. Am 24. Juni 2021 fand in Anwesenheit der Verfahrensbeteil­igten ein Augenschein statt. Dabei gab der Bauherr der Baudirek­tion neue Pläne zum Bauprojekt ab, welche den Verfahrensbetei­ligten zusammen mit dem Augenscheinprotokoll sowie der Foto­dokumentation am 12. Juli 2021 zugestellt wurden. Den Parteien wurde die Möglichkeit geboten, allfällige Korrekturen und Berich­tigungen zum Protokoll sowie eine schriftliche Stellung­nahme einzureichen.

I. Von dieser Möglichkeit hat der Bauherr Gebrauch gemacht und der Baudirektion am 30. Juli 2021 per E-Mail Berichtigungen zum Augenscheinprotokoll mitgeteilt.

J. Innert erstreckter Frist reichte auch die Beschwerdeführerin am 8. September 2021 eine Protokollberichtigung sowie eine Stellungnahme ein. Darin bringt sie neue Rügen vor und macht zusammengefasst Folgendes geltend:
– Mit dem Bauvorhaben werde gegen § 4a alt V PBG verstossen. Zumindest müsse die mit dem Bauvorhaben neu geschaffene Ausnü­tzung angerechnet werden, wobei der Bauherr zu beweisen habe, dass dafür genügend Ausnützung auf GS Nr. X bestehe.
– Die dem Baugesuch beiliegenden Pläne würden den gesetzlichen Anforderungen teilweise nicht genügen.
– Mit den bestehenden Parkplätzen und Kleinbauten auf GS Nr. X sei das Mass an Kleinbauten aus Sicht der Einordnung erschöpft.

K. Die Baudirektion stellte den Verfahrensbeteiligten am 17. September 2021 die Eingaben zur Kenntnisnahme zu und gab ihnen die Gelegenheit dazu schriftlich Stellung zu nehmen.

L. Mit Schreiben vom 24. September 2021 reichte die Vorinstanz der Baudirektion eine Stellungnahme ein. Diese wurde den Par­teien am 12. Oktober 2021 zugestellt, mit der Möglichkeit, der Baudirektion abschliessende Bemerkungen einzureichen.

M. Da keine abschliessenden Bemerkungen eingegangen sind, teilte die Baudirektion den Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 5. November 2021 mit, dass die Beschwerdeangelegenheit als nächster Schritt dem Regierungsrat zum Entscheid unterbreitet werde.

N. Auf die Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sowie die Ein­zel­heiten der Rechtsschriften und die Ergebnisse des Augen­scheins wird – soweit entscheidrelevant – in den Erwägungen näher eingegangen.

Aus den Erwägungen:

1. Die Beschwerde entspricht den formellen Anforderungen des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 1. April 1976 (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG; BGS 162.1). Sie wurde insbesondere frist- und formgerecht eingereicht (§ 43 f. VRG). Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teil­genommen und ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks GS Nr. Y, Gemeinde F. Sie ist somit von der erteilten Baubewilligung im Sinne von § 41 Abs. 1 Bst. b VRG durch die räumliche Beziehungsnähe «besonders berührt». Überdies verfolgt die Beschwerdeführerin ein «schutzwürdiges Interesse» nach § 41 Abs. 1 Bst. c VRG, zu­mal der mit dem angefochtenen Entscheid verbundene Nachteil bei Gutheissung der Verwaltungsbeschwerde beseitigt werden würde. Die materielle Beschwer ist somit ebenfalls gegeben, weshalb auf die Verwaltungsbeschwerde einzutreten ist.

Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest (§ 12 VRG). Mit der Verwaltungsbeschwerde wird der Regierungsrat ver­pflichtet, den angefochtenen Entscheid zu überprüfen und in der Sache neu zu entscheiden (§ 39 VRG). Mit der Verwaltungsbe­schwer­de können alle Mängel des Verfahrens und des angefochtenen Entscheids gerügt werden (§ 42 Abs. 1 VRG). Als Beschwerdein­stanz prüft der Regierungsrat die Beschwerde, ohne an die An­träge der Parteien gebunden zu sein. Er kann den angefochtenen Entscheid zugunsten oder zuungunsten einer Partei ändern (§ 47 Abs. 1 VRG). Weiter wendet er bei der rechtlichen Würdigung der festgestellten Tatsachen das Recht von Amtes wegen an (§ 18 Abs. 1 VRG).

2. Die Revision des Planungs- und Baugesetzes vom 26. November 2018 (neu PBG; BGS 721.11) sowie die Totalrevision der Verord­nung zum Planungs- und Baugesetz vom 20. November 2018 (neu V PBG; BGS 721.111) sind per 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Das vorliegende Baugesuch wurde am 21. Dezember 2020 eingereicht. Übergangsrechtlich gelangt daher die Bestimmung § 71a Abs. 1 Bst. b neu PBG zur Anwendung, wonach auf Baugesuche in denjeni­gen Gemeinden, welche ihre Zonenpläne und Bauvorschriften noch nicht an die sich an der IVHB orientierenden Baubegriffe und Messweisen angepasst haben, das bisherige Recht Anwendung findet (alt PBG und alt V PBG [beide in Kraft bis 31. Dezember 2018]).

Es werden nachfolgend aus systematischen Gründen die Rügen der Beschwerdeführerin in der Reihenfolge ihres zeitlichen Vorbring­ens behandelt. Entsprechend wird zunächst die Rüge der mangel­haften Einordnung gemäss der Beschwerdeschrift vom 1. April 2021 beurteilt, gefolgt von den Rügen, die mit der Stellungnahme vom 8. September 2021 vorgebracht wurden.

3. Die Beschwerdeführerin moniert, das Bauvorhaben nehme ein markantes Ausmass an und wirke im (Villen-)Quartier wie ein Fremdkörper. Es sei alles andere als leicht und dränge sich optisch auf. Zudem versperre, vom südlichen Teil des Grundstücks der Beschwerdeführerin aus gesehen, die 8 m lange und 3,35 m hohe Holzwand den Blick in die östliche Richtung (Zugersee). Aufgrund der Witterungseinflüsse sei davon auszugehen, dass sich diese aus Fichtenholz bestehende Holzwand im Laufe der Zeit farblich verändern und noch unansehnlicher werde. Die Platzie­rung des projektierten Carports möglichst weit weg von dem 2-Familienhaus (Assek.-Nr. A) verdeutliche sodann, dass dieser nicht in der eigenen Umgebung gewollt werde. Der Carport könne aber auch der Nachbarschaft nicht zugemutet werden. Entsprechend könne das Bauvorhaben den erhöhten Anforderungen an die Einordnung gemäss § 14 Abs. 4 BO F nicht standhalten.

a) Paragraph 14 BO F bestimmt Folgendes:
1 Gebäude müssen sich hinsichtlich Grösse, Lage, Gestaltung und Materialisierung des Baukörpers sowie dessen Aussenraums so in die Umgebung einordnen, dass eine gute Gesamtwirkung entsteht.
2 Bauten, Anlagen, Anschriften, Farbgebungen, Antennen und Reklamen müssen sich so in die Landschaften sowie die Orts-, Quartier- und Strassenbilder einfügen, dass sie diese nicht beeinträchtigen.
3 In der Baubewilligung können Nebenbestimmungen aufgenommen werden, welche die Gestaltung betreffen.
4 In den Ortsteilen F und G werden besonders hohe Anforderungen an die Einpassung ins Orts- und Landschaftsbild gestellt. Der Gemeinderat kann entsprechende Auflagen machen.

Bei § 14 Abs. 1 BO F handelt es sich um eine positive ästhetische Generalklausel, die sich nicht in einem Verunstal­tungs­­­­verbot erschöpft. Folglich wird mehr verlangt, als dass ein Bauvorhaben nicht einen stossenden Gegensatz zur Nachbarschaft bildet oder nicht auffallend störend in Erscheinung tritt. Die positive ästhetische Generalklausel verlangt eine positiv ein­ordnende Gestaltung der Baute in die Umgebung mit dem Zweck der Erhaltung des typischen Siedlungsbildes. Ziel ist die Schaffung oder Erhaltung einer gewissen Einheitlichkeit der typischen, prägenden und vorherrschenden gestaltungsrelevanten Merkmale von Gebäuden (Dimensionen und Proportionen, Gliederung des Baukör­pers sowie Fassaden- und Dachgestaltung). Nach der konstanten Rechtsprechung des Bundesgerichts kommt der kommunalen Baube­willigungsbehörde bei der Beurteilung der Einordnung eines Bau­projekts in Bezug auf die ästhetische Würdigung der örtlichen Verhältnisse ein durch die Gemeindeautonomie geschützter Ent­schei­dungs- und Ermessensspielraum zu (Urteil des Bundesgerichts 1C_116/2018 vom 26. Oktober 2018 E. 4.4 mit Hinweisen). Dieser ist im Rechtsmittelverfahren zu beachten. Der Regierungsrat kann den Einordnungsentscheid der Vorinstanz nur aufheben, wenn diese bei der Anwendung der Ästhetikklausel den ihr zustehenden Beur­teilungs- und Ermessensspielraum überschritten hat. Dies trifft nicht nur zu, wenn der vorinstanzliche Einordnungsent­scheid sachlich nicht mehr vertretbar und damit willkürlich ist. Da die Vorinstanz ihr Ermessen pflichtgemäss ausüben muss, hat sie dabei vom Sinn und Zweck der anzuwendenden Regelung auszugehen und neben dem Willkürverbot auch das Rechtsgleichheitsgebot, das Verhältnismässigkeitsprinzip und das übergeordnete Gesetzesrecht zu beachten, was der Regierungsrat frei überprüfen kann (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1C_635/2018 vom 31. März 2020, E. 3.2; BGE 145 I 52, E. 3; je mit weiteren Hinweisen).

b) Beim Gebiet «V.-weg» handle es sich gemäss Vorinstanz um ein heterogenes Quartier, sowohl was die unterschiedlich geformten Grundrisse der Bauten und Baukörper, als auch die verschiedenen Dachformen und -ausrichtungen betreffe. Es weise somit kein einheitliches Erscheinungsbild auf. Der projektierte Carport ordne sich mit seiner Holzfassade und mit der Einhaltung der Grundmasse sowie Bauvorschriften spielerisch und selbstverständ­lich in die Umgebung ein. Die besonders gute Einordnung in das Orts- und Landschaftsbild im Sinne von § 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 BO F sei ohne Weiteres gegeben.

c) Im Rahmen des am 24. Juni 2021 durchgeführten Augenscheins konnte festgestellt werden, dass die Umgebung um das Baugrund­stück GS Nr. X eine ausgeprägte Heterogenität aufweist: Im Gebiet «V.-weg» konnten unterschiedliche Gebäudetypen ausgemacht werden, insbesondere hinsichtlich deren Alter, Höhe, Dachformen und Farbgebungen. Demgegenüber erweist sich der projektierte Carport als durchaus durchdacht, indem er gestalterische Ele­mente, namentlich die Gebäudesprache, Materialisierung und Farbgebung des Hauptgebäudes (Assek.-Nr. A) aufnimmt und eine optische Verbindung dazu schafft. Das Bauvorhaben hält sich mit seinen Massen (Gebäudehöhe: 3,35 m, Grundfläche: 32 m2) an § 4a alt V PBG und mit einem Grenzabstand von 2,5 m an § 39 Abs. 1 BO F, womit es den baurechtlichen Vorschriften entspricht, ohne diese auszuschöpfen. Dies und seine zweiseitig offene und zum Hauptgebäude passende Ausgestaltung lassen den projektierten Carport in der Umgebung als leicht erscheinen. Er lässt sich damit gut ins bestehende Orts- und Landschaftsbild integrieren und hält auch den besonders hohen Anforderungen an die Einpas­sung gemäss § 14 Abs. 4 BO F stand. An ebendieser Ein-schätzung der Vorinstanz ist nichts zu bemängeln. Es liegen jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte vor, die Zweifel an einer guten Einpassung begründen würden. Kaum erwähnenswert bleibt die Tatsache, dass das Bauvorhaben einen alten Carport ersetzen soll, der – gemäss Angaben des Bauherrn – an etwa der gleichen Stelle stand. Dies wird bei der vorliegenden Einordnungsprüfung zwar nicht berücksichtigt, zeigt aber auf, dass die Einordnung bereits zu einem früheren Zeitpunkt bejaht wurde. Somit erhellt, dass das Projekt den hohen Anforderungen an die Einordnung im Sinne von § 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 BO F zweifellos nach­kommt. Insofern ist das Ermessen der Vorinstanz zu schützen und die Beschwerde abzuweisen.

d) Zur Rüge betreffend den beeinträchtigten Ausblick wird Folgendes festgehalten: Die Aussicht geniesst grundsätzlich keinen Rechtsschutz, denn diese wird (indirekt) durch die geltenden baurechtlichen Bestimmungen – z. B. über die Geschos­szahl, die zulässigen Dachformen und das erlaubte Gebäudevolumen – geschützt (FRITZSCHE/BÖSCH/WIPF/KUNZ: Zürcher Planungs- und Baurecht, 6. Aufl., Zürich 2019, S. 812). Insofern kann die Beschwerdeführerin nicht statthaft geltend machen, ihre Aussicht werde durch die Platzierung des Carports beeinträchtigt. Es ist denn auch nicht nachvollziehbar, inwiefern sich die gut ein­ordnende Kleinbaute, die (nota bene) den zuvor bestehenden Carport ersetzen soll, mit seiner geringen Grösse störend auf den Ausblick vom Grundstück der Beschwerdeführenden aus aus­wirkt. Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, würde das Bauvorhaben nur gerade das Sichtfeld vom Erdgeschoss aus (ge­plante Pavillons) tangieren. Die Beschwerde ist deshalb auch in diesem Punkt abzuweisen, sofern darauf eingetreten wird.

e) Schliesslich macht die Beschwerdeführerin in ihrer Stel­lungnahme vom 8. September 2021 zusätzlich geltend, es stelle sich – unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Kleinbaute (Assek.-Nr. B) auf GS Nr. X – die Frage, wie viele Parkplätze und Kleinbauten ein Grundstück in der Wohnzone 2 vertrage, damit noch eine gute Gesamtwirkung erzielt werden könne und das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört werde. Dass Mass an Kleinbauten sei mit der Kleinbaute, Assek.-Nr. B, aus Sicht der Einordnung erschöpft.

Paragraph 4a alt V PBG regelt die zulässigen Grundmasse einer Kleinbaute. Rechtliche Vorgaben betreffend eine maximale Anzahl an Kleinbauten gibt es keine. Somit ist es grundsätzlich erlaubt, auf einem Grundstück mehrere Kleinbauten zu realisie­ren, sofern sich diese jeweils an die baurechtlichen Vorgaben halten. Ob sich ein Bauvorhaben in die Umgebung einordnet, wird denn auch von der Baubewilligungsbehörde im Einzelfall geprüft. Würde sich dabei herausstellen, dass sich eine Kleinbaute in Verbindung mit bereits realisierten Kleinbauten auf demselben Grundstück ungünstig auf die Umgebung auswirkt, würde die Behörde die Baubewilligung entsprechend verweigern bzw. mit geeigneten Auflagen versehen. Im vorliegenden Fall besteht im nördlichen Bereich des Baugrundstücks GS Nr. X bereits eine Garage (Assek.-Nr. B, Baujahr 1997) welche zweistöckig in Erscheinung tritt und sich von der Ausgestaltung her (braune Holzfassade, Schrägdach) stark an das Hauptgebäude anlehnt. Das Bauvorhaben hingegen wird im südlichen Bereich des Grundstücks auf der Rasenfläche abgestellt, also in einiger Entfernung zur bestehenden Garage. Inwiefern sich diese Bauten aus Sicht der Einordnung nicht miteinander vertragen, ist somit nicht ersicht­lich. Der projektierte Carport selbst ordnet sich, wie oben festgestellt, ohne Weiteres gut in die Umgebung ein. Die Be­schwer­de ist folglich unbegründet und auch in diesem Punkt abzu­weisen.

4.
a) Die Beschwerdeführerin bringt als Nächstes vor, dass ein Wohnwagen Wohnzwecken dienen würde und somit bewohnt oder vermietet werden könne. Kleinbauten hingegen dürften gemäss § 4a alt V PBG nicht Wohnzwecken dienen. Wenn nun ein Wohnwagen in eine Kleinbaute abgestellt werde, würde die Bestimmung ihres Sinnes entleert. Deshalb liege ein Verstoss gegen § 4a alt V PBG vor.

Gemäss § 4a alt V PBG sind Kleinbauten eingeschossige, nicht Wohn- oder Gewerbezwecken dienende selbständige Nebengebäude von höchstens 50 m² Grundfläche, 3,50 m Gebäudehöhe und 5 m First­höhe. Ob eine Kleinbaute Wohnzwecken dient oder nicht, wird im Einzelfall beurteilt, in der Regel anhand der jeweilig vorge­sehenen Funktion, Ausgestaltung und technischen Aspekten. Aus den Baugesuchsplänen sowie aus den am Augenschein vorgebrachten Plänen des Bauherrn geht hervor, dass hier eine zweiseitig offene Konstruktion vorgesehen ist. Lediglich zwei Seiten des Carports sollen zum Schutz vor Witterung geschlossen werden. Daraus ergibt sich, dass heiztechnische Installationen, die typischerweise auf einen Wohnzweck hindeuten würden, vorliegend weder vorgesehen, noch realisierbar sind. Offensichtlich soll das Bauvorhaben nur gerade dem Unterstand für Fahrzeuge und damit keinen Wohn- oder Gewerbezwecken dienen. Dies allein ist massgebend, um den Carport als Kleinbaute zu qualifizieren. Anders als die Beschwerdeführerin annimmt, spielt es hingegen keine Rolle, was für eine Art Fahrzeug in den Carport abgestellt wird. Dass in casu ein Wohnwagen, der Wohnzwecken dienen kann, eingestellt werden soll, vermag an der Ausgangslage nichts zu ändern. Könnte dieser doch auch problemlos ohne einen Unterstand auf dem Grundstück platziert werden. Carports werden denn auch in der zugerischen Praxis regelmässig als Kleinbauten angesehen und als solche behandelt (vgl. Entscheid des Regierungsrats vom 2. Juli 2019 i.S. E. und C. W., E. 4 f.; Entscheid des Regier­ungsrats vom 27. Februar 2018 i.S. B.H., E. 2bb). Inwiefern § 4a alt V PBG ihres Sinnes entleert wird, ist nach den gemachten Aus­führungen nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist somit in diesem Punkt ebenfalls unbegründet und daher abzuweisen.

b) In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerdeführerin weiter vor, sollte kein Verstoss gegen § 4a alt V PBG vorliegen, müsse zumindest die durch die Kleinbaute neu geschaffene Ausnützung angerechnet werden. Der Bauherr müsse entsprechend beweisen, dass für die zusätzliche Ausnützung, welche durch die Wohn­nutzung entstehe, genügend Ausnützung auf GS X vorhanden sei.

Da der Carport als Kleinbaute zu qualifizieren ist und somit weder Wohn- noch Gewerbezwecken dient sowie gleichzustellen ist, wie nicht gewerbliche Einstellräume für Fahrzeuge, muss seine Fläche nicht zur Ausnützung hinzugerechnet werden (§ 16 Abs. 2 Bst. e alt V PBG). Auch der Wohnwagen, der zwar Wohnzwecken dienen kann, muss vorliegend nicht als anrechenbare Geschoss­fläche berücksichtigt werden (§ 15 und 16 alt V PBG e contra­rio). Die Beschwerde ist somit unbegründet und auch in diesem Punkt abzuweisen.

5. Weiter moniert die Beschwerdeführerin, dass die dem Baugesuch beiliegenden Pläne den gesetzlichen Anforderungen teilweise nicht genügen würden. Namentlich würden Angaben über das ge­wachs­ene Terrain sowie die Höhenkoten fehlen.

Grundsätzlich ist es Aufgabe der Gemeinde, die Pläne die sie für die Beurteilung eines Baugesuchs benötigt, bei der Bauherrschaft einzufordern. Dabei kann sie aus eigenem Ermessen auf das Ein­verlangen von in § 27 alt V PBG aufgelisteten Dokumenten ver­zichten, wenn diese für die konkrete Beurteilung des Baugesuchs nicht benötigt werden.

Mit seinem Baugesuch vom 21. Dezember 2020 hat der Bauherr einen Situationsplan sowie einen Ausführungsplan zum Bauprojekt ein­gereicht. Wie die Beschwerdeführerin korrekterweise feststellt, beinhalten diese Pläne keine Angaben zum gewachsenen Terrain. Laut Angaben der Vorinstanz (Stellungnahme vom 24. September 2021) werde bei der Festlegung des Höhenmasses bei Kleinbauten praxisgemäss von einem Niveaupunkt ausgegangen, welcher auf dem massgebenden bzw. hier gewachsenen Terrain in der Normalpro­jektion des Schwerpunkts der Gebäudefläche liege. Dieser Praxis ist insoweit nichts entgegenzusetzen. Paragraph 12 Abs. 1 alt V PBG gibt vor, dass die Gebäudehöhe ab der Oberkante des Erd­ge­schossfussbodens gemessen wird. Der Fussboden des Erdgeschosses liegt dabei entweder höchstens 1,2 m über dem tiefsten oder 0,3 m über dem höchsten Punkt des gewachsenen Terrains längs der Gebäudefassade (§ 14 Abs. 1 alt V PBG). Im vorliegenden Fall verhält es sich so, dass das gewachsene Terrain an der zu be­bauenden Stelle nur wenige Schwankungen aufweist; am Augenschein wurde eine kleine Höhendifferenz von lediglich 35 cm festgestellt. Diese kleine Geländeunebenheit ist gemäss § 4c Abs. 1 alt V PBG jedoch vernachlässigbar. Zudem kann auch anhand der Höhenkurven gemäss zugmap.ch auf ein durchaus ebenes Gelände geschlossen werden. Insofern ist anzunehmen, dass der von der Vorinstanz angenommene Niveaupunkt mit der Erdgeschossfussboden­höhe übereinstimmt. Dies allein ist massgebend, um hier fest­zuhalten, dass die baurechtlichen Vorgaben eingehalten sind. Der projektierte Carport sieht schliesslich eine zulässige Gesamt­höhe von 3,35 m ab Niveaupunkt vor. Gemäss Angaben des Bauherrn am Augenschein beabsichtige er, für dessen Erstellung eine kleine Abgrabung im Gelände vorzunehmen, was zu einer Herab­setzung des höchsten Punkts der Baute um etwa 35 cm führen und sich für die Beschwerdeführerin als günstig erweisen würde. Schliesslich muss beachtet werden, dass der Bauherr das Terrain zur Erstellung des Carports auch ohne Weiteres um 1,2 m auf­schütten dürfte (§ 14 Abs. 1 alt V PBG). Anhand der rechtlichen Ausgangslage und spätestens im Zusammenhang mit den am Augen­schein erkannten, tatsächlichen Gegebenheiten wird also klar, dass konkrete Angaben über das gewachsene Terrain für eine ge­hörige Prüfung des fraglichen Bauvorhabens nicht benötigt werden. Der Vorinstanz war es denn auch bereits bei der Beurteilung des Baugesuchs möglich gewesen, das Bauvorhaben in ausreichendem Mass nachzuvollziehen. Entsprechend durfte sie auf das Einfordern weiterer Unterlagen verzichten und die Baubewilligung auf Grundlage der eingereichten Pläne erteilen. In diesem Zusam­menhang bleibt zu erwähnen, dass die Vorinstanz in der Baube­willigung auf Seite 5 anordnet, ihr seien bereinigte Ausführ­ungs­pläne sowie ein definitives Material- und Farbkonzept vor Baubeginn nachzureichen. Kommt hinzu, dass der gestützt auf die Baubewilligung realisierte Carport im Rahmen einer anschlies­senden Bauabnahme vermessen und somit sichergestellt wird, dass dieser den Baubewilligungsplänen und gesetzlichen Vorgaben ent­spricht. Bei dieser Ausgangslage erscheint es nicht angezeigt, das gewachsene Terrain durch G. I. AG aufnehmen zu lassen, wie es die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift beantragt. Im Ergebnis ist sowohl der Antrag der Beschwerdeführerin als auch die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.

6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Baubewilligung von der Vorinstanz zurecht erteilt wurde. Die Beschwerde erweist sich in allen Punkten als unbegründet und ist deshalb vollumfänglich abzuweisen.

a) Die Kosten trägt im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungs­behörden und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die unter­liegende Partei (§ 23 Abs. 1 Ziff. 3 VRG). Vorliegend unterliegt die Beschwerdeführerin vollumfänglich. Die Kosten werden in An­wendung der Verordnung betreffend Gebühren, Kostenvorschüsse, Parteientschädigungen und Umtriebsentschädigungen in Beschwerde-verfahren vor dem Regierungsrat vom 17. August 2021 (Kostenver­ord­nung [KoV RR]; BGS 162.41) auf xxx Franken festgesetzt (§ 2 Abs. 2 Bst. b KoV RR) und der Beschwerdeführerin auferlegt.

b) Der ganz oder teilweise obsiegenden Partei wäre zulasten der unterliegenden Partei grundsätzlich eine Parteientschädigung nach Massgabe ihres Obsiegens zuzusprechen (§ 28 Abs. 2 VRG). Da der Bauherr im vorliegenden Verfahren zwar obsiegt, aber nicht anwaltlich vertreten wurde, ist ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen. Bei nicht berufsmässiger Vertretung werden in der Regel keine Entschädigungen ausgerichtet (§ 6 Abs. 1 KoV RR). Da sich der verfahrensrechtliche Aufwand für den Bauherrn als gering erweist, ist ihm keine Umtriebsentschädigung zuzusprech­en. Der Vorinstanz steht keine Parteientschädigung zu, da sie als Gemeinwesen in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt hat (§ 28 Abs. 2a VRG).

c) Die von den Parteien aufgelegten Akten werden erst mit der Rechtskraft dieses Entscheids retourniert bzw. bei einem allfälligen Weiterzug dem Verwaltungsgericht direkt zugestellt.

Regierungsratsbeschluss vom 18. Januar 2022, BD 2022-007

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