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Grundstückgewinnsteuer (Revisionsgesuch / interkantonale Doppelbesteuerung / Verrechnung von Betriebsverlusten)

Regeste:

Art. 51 Abs. 2 StHG, § 139 Abs. 2 StG – Die Kantone können zwar innerkantonal entscheiden, ob Geschäftsverluste vom Grundstückgewinn abgezogen werden dürfen; im interkantonalen Verhältnis jedoch sind sie zur Verlustanrechnung verpflichtet, selbst wenn sie Wertzuwachsgewinne einer steuerpflichtigen Gesellschaft mit der Grundstückgewinnsteuer als Objektsteuer erfassen. Diese (systemunabhängige) Verrechnungsmöglichkeit umfasst sowohl die Verluste des Laufjahres als auch die noch nicht verrechneten Vorjahresverluste. Erst der nach Verlustanrechnung verbleibende Grundstückgewinn ist dem Grundstückkanton zur alleinigen Besteuerung zuzuweisen. Eine Einschränkung der Verlustanrechnung besteht immerhin insofern, als steuerbare Wertzuwachsgewinne nicht mit Betriebsverlusten aus einer steuerbefreiten Sparte verrechnet werden können (E. 4.1). Frage offen gelassen, wie es sich mit der spartenübergreifenden Verrechnungsmöglichkeit verhält, wenn eine juristische Person lediglich teilweise steuerbefreit ist, da i.c. bereits im Zeitpunkt der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer nicht verrechnete Verlustvorträge in Millionenhöhe bestanden. Das ausserordentliche Rechtsmittel der Revision fällt damit – mangels eines unechten Novums – ausser Betracht (E. 4.2 f.).

 

Aus dem Sachverhalt:

Das Kloster A. ist eine zu 85 % steuerbefreite öffentlich-rechtliche kirchliche Körperschaft mit Sitz in C. (ausserkantonal, Kanton D.). Es erbte im Jahr 2018 zwei Liegenschaften in der Stadt Zug (Wohnung und Parkplatz). Diese veräusserte es mit Hand­änderung per 13. Dezember 2019, wobei (unbestritten) Grundstückgewinne von Fr. 6'535.– sowie von Fr. 398'371.– resultierten. Die Grundstückgewinnsteuer wurde entsprechend veranlagt mit den Beträgen von Fr. 653.– respektive Fr. 39'837.– (Veranlagungsentscheide der Grundstückgewinnsteuerkommission der Stadt Zug vom 14. April 2020). Diese Verfügungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.

Am 15. Juli 2021 ersuchte das Kloster A. um Revision der Veranlagungs­entscheide vom 14. April 2020. Der massgebende Grundstückgewinn sei unter Verrechnung mit dem steuerlichen Betriebsverlust des Laufjahres (gemäss Veranlagungsverfügung 2019 der Steuerverwaltung des Kantons D. vom 14. Juni 2021) sowie den Vorjahresverlusten auf Fr. 0.– festzusetzen. Am 23. Oktober 2021 wies die Grundstückgewinnsteuerkommission der Stadt Zug das Gesuch ab, was sie formell mit dem Fehlen neuer erheblicher Tatsachen begründete. Materiell verwies sie darauf, es seien nur Grundstückgewinne mit Verlusten aus Grundstückverkäufen verrechenbar. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 22. Februar 2022 fest, wogegen das Kloster A. beim Verwaltungsgericht rekurrierte.

(…)

Aus den Erwägungen:

(…)

2.2 Gemäss Art. 51 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) bzw. § 139 Abs. 2 StG gilt, dass eine Revision ausgeschlossen ist, wenn die um Revision ersuchende Partei als Revisions­grund etwas vorbringt, das sie bei der ihr zumutbaren Sorgfalt bereits im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können. Die Begründung für diese gesetzliche Einschränkung ist darin zu finden, dass die Revision als ausserordentliches Rechtsmittel ausgestaltet ist. Sie greift gegenüber den ordentlichen Rechtsmitteln nur in zweiter Linie und ist subsidiärer Natur. Sie steht nicht zur Verfügung, um rechtskräftige Entscheide jederzeit infrage zu stellen oder frühere prozessuale Versäumnisse zu beheben (BGer 9C_674/2021 vom 20. März 2023 E. 3.3.5; vgl. auch BGE 142 II 433 E. 3.1 zum strengen abgaberechtlichen numerus clausus von Rechts­gründen, die es erlauben, auf eine rechtskräftige Verfügung oder einen rechtskräftigen Entscheid zurückzukommen).

(…)

4. Unbestritten ist, dass das Revisionsgesuch vorliegend rechtzeitig innert der 90-tägigen Frist seit Eröffnung der Steuerveranlagung 2019 eingereicht wurde. Weiterungen dazu erübrigen sich. Strittig ist hingegen, ob diese auch ein unechtes Novum darstellt.

4.1 Die höchstrichterliche Rechtsprechung bezüglich der interkantonalen Verrechnung von Grundstückgewinnen mit Betriebsverlusten aus anderen Kantonen hat seit 2004 fundamentale Änderungen erfahren (vgl. etwa Matteotti/Beceren, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, 2. Aufl. 2021, § 34 N 24 ff.). Heute geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Kantone zwar innerkantonal entscheiden können, ob Geschäftsverluste vom Grundstückgewinn abgezogen werden dürfen; im interkantonalen Verhältnis jedoch sind sie zur Verlustanrechnung verpflichtet, selbst wenn sie Wertzuwachsgewinne einer steuerpflichtigen Gesellschaft mit der Grundstückgewinnsteuer als Objektsteuer erfassen. Das gilt selbst dann, wenn ein Kanton auch innerkantonal Verluste und Aufwandüberschüsse nicht zum Abzug zulässt (Matteotti/Beceren, a.a.O, § 34 N 31; BGE 145 II 206 E. 3.3; BGer 9C_628/2022 vom 31. Januar 2023 E. 3.2 und 3.7 mit weiteren Hinweisen). Es besteht mithin – systemunabhängig – eine umfassende Verrechnungsmöglichkeit (Matteotti/Beceren, a.a.O., § 34 N 28). Diese umfasst sowohl die Verluste des Laufjahres als auch die noch nicht verrechneten Vorjahresverluste (BGer 9C_628/2022, a.a.O., E. 3.7 mit Hinweisen; 2C_216/2019 vom 28. Januar 2020 E. 9.3). Erst der nach Verlustanrechnung verbleibende Grundstückgewinn ist dem Grundstückkanton zur alleinigen Besteuerung zuzuweisen (zum Ganzen: BGE 140 I 114 E. 2.3.3). Eine Einschränkung der Verlustanrechnung besteht immerhin insofern, als steuerbare Wertzuwachsgewinne nicht mit Betriebsverlusten aus einer steuerbefreiten Sparte verrechnet werden können (BGer 2C_216/2019, a.a.O., E. 8.1).

4.2 Wie es sich mit der spartenübergreifenden Verrechnungsmöglichkeit verhält, wenn eine juristische Person – wie hier – lediglich teilweise (in casu: zu 85 %) steuerbefreit ist, kann vorliegend offenbleiben. Die Beschwerde ist so oder anders abzuweisen unter Verweis auf die erheblichen Vorjahresverluste des Rekurrenten von rund 12 Millionen Franken. Bestanden bereits im Zeitpunkt der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer nicht verrechnete Verlustvorträge in Millionenhöhe (n.B. aus bereits rechtskräftig veranlagten Steuerperioden), so handelt es sich – mit der Vorinstanz – tatsächlich um ein prozessuales Versäumnis, wenn der Rekurrent diese im Rahmen des ursprünglichen Veranlagungsverfahrens mit keinem Wort geltend gemacht, sondern eine interkantonale Verrechnung erst mit dem ausserordentlichen Rechtsmittel der Revision verlangt hat. Eine solche fällt demnach ausser Betracht (vgl. oben E. 2.2).

4.3 Die hier zu beurteilende Konstellation ist dabei in keiner Weise vergleichbar mit derjenigen, in der erst nach Vorliegen der Veranlagung im zweiten Kanton klar wird, dass zwei Kantone dasselbe Steuerobjekt für die gleiche Zeit beanspruchen, mithin eine unzulässige Doppelbesteuerung stattfindet. Im Gegensatz dazu war dem Rekurrenten hier von allem Anfang an bewusst, dass er im Kanton D. verrechenbare Vorjahresverluste aufwies und auch im Laufjahr Verluste generieren würde. Die entsprechenden Tatsachen sind ihm entsprechend keineswegs erst mit Erhalt der Gewinnsteuerveranlagung des Kantons D. vom 14. Juni 2021 betreffend das Steuerjahr 2019 zur Kenntnis gelangt. Mit einer Nullveranlagung wird denn auch nicht der exakte Betrag des anrechenbaren (und vortragbaren) Verlusts rechtskräftig festgesetzt. Vielmehr kann die Höhe der Verluste jeweils ohnehin im Rahmen deren späteren Anrechnung überprüft werden (BGE 140 I 114 E. 2.4; ausserdem etwa BGer 2C_1055/2020 vom 3. März 2021 E. 1.2.2.3). Mit Blick auf die bereits in Millionenhöhe vorgetragenen Vorjahresverluste konnte indes hier zum vornherein die Höhe des steuerlichen Verlusts im Jahr 2019 nicht mehr entscheidend sein für die Grundstückgewinnsteuerveranlagung. Selbst wenn diese aber mangels genauer Kenntnis der anrechenbaren Verluste noch nicht definitiv hätte vorgenommen werden können, so hätte der Weg der provisorischen Festsetzung der Steuerfaktoren zur Verfügung gestanden, und nicht das ausserordentliche Rechtsmittel der Revision (vgl. BGer 2C_164/2020 vom 6. Oktober 2020 E. 3.4.4).

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. November 2023, A 2022 6
Das Urteil ist rechtskräftig.
Vollständiges Urteil auf der Entscheiddatenbank www.verwaltungsgericht.zg.ch.

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