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Grundstückgewinnsteuer (Revisionsgesuch / interkantonale Doppelbesteuerung / Verrechnung von Betriebsverlusten)

Steuerrechtliche Amtshilfe (Herausgabe von Gebäudeversicherungswerten von Drittparteien an die Steuerbehörde)

Regeste:

Art. 39 f. StHG, § 110 StG, § 20 Abs. 3 GebVG – Gebäudeversicherungswerte von Drittparteien sind von der Gebäudeversicherung an die Grundstückgewinnsteuerkommission gestützt auf die Bestimmungen der steuerrechtlichen Amtshilfe herauszugeben (E. 4). Weder § 20 Abs. 3 GebVG noch datenschutzrechtliche Bestimmungen stehen der Datenherausgabe entgegen (E. 5 und 6).

Aus dem Sachverhalt:

Im Zusammenhang mit der Veranlagung zweier konkreter Grundstückgewinnsteuerfälle ersuchte die Grundstückgewinnsteuerkommission der Stadt Zug die Gebäudeversicherung des Kantons Zug am 11. Mai 2021 um Herausgabe der Gebäudeversicherungswerte dreier Nachbarliegenschaften, welche von der Kommission als Vergleichshandänderungen zur Bestimmung der Landwerte der zu veranlagenden zwei Grundstückgewinnsteuerfälle herangezogen wurden. Dieses Gesuch wies die Gebäudeversicherung mit Verfügung vom 21. Juni 2021 ab, was sie mit Einspracheentscheid vom 9. September 2021 bestätigte. Hiergegen erhob die Kommission Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Aus den Erwägungen:

(…)

2.

2.1 Im vorliegenden Verfahren geht es nicht um eine grundstückgewinnsteuerrechtliche Streitigkeit, sondern um die Frage der Gewährung der Amtshilfe durch die Beschwerdegegnerin an die Beschwerdeführerin. Die vorliegende Streitigkeit hat daher lediglich Reflexwirkung auf die Erhebung von Grundstückgewinnsteuern, indem die von der Beschwer­deführerin im Rahmen der steuerrechtlichen Amtshilfe angefragten Gebäudeschätzwerte für Bauten auf drei Nachbarsliegenschaften es dieser ermöglichen sollen, den zu veranlagenden Grundstückgewinn zu ermitteln.

2.2 Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die strittige Amtshilfe sei aufgrund steuergesetzlicher Bestimmungen zu gewähren (Art. 39 f. des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
[StHG; SR 642.14], § 110 des Steuergesetzes des Kantons Zug [StG; BGS 632.1]).

2.3 Die Beschwerdegegnerin verneint die Pflicht zur Gewährung der Amtshilfe. Einerseits seien die steuerrechtlichen Amtshilfebestimmungen, da sie keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehme, auf sie nicht anwendbar und selbst wenn, stünden andererseits datenschutzrechtliche Bestimmungen der Weiterleitung von Gebäudeschätzwerten an die Beschwerdeführerin entgegen (§ 20 GebVG bzw. Datenschutzgesetze von Bund und Kanton).

3.

3.1 Gemäss § 110 Abs. 1 StG sind Behörden und Gerichte verpflichtet, den Steuerbehörden ungeachtet allfälliger Geheimhaltungspflichten auf Verlangen aus ihren Akten Auskunft zu geben, d.h. Amtshilfe zu gewähren. Gemäss Abs. 2 dieses Paragraphen gilt die gleiche Verpflichtung für Organe von (u.a.) Anstalten, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

3.2 Es ist unstrittig, dass es sich bei der Beschwerdegegnerin um eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Kantons Zug handelt, mit gesetzlichem, kantonalem Gebäudeversicherungsmonopol (§ 1 GebVG). Die Beschwerdegegnerin ist hingegen der Auffassung, sie nehme keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und sei insbesondere nicht Teil der öffentlichen Verwaltung. Sie begründet dies aus den Umständen, dass sie nicht über den Staatshaushalt (sondern Prämien) finanziert sei, die Prämien sich aufgrund von versicherungstechnischen Risikobeurteilungen (und nicht nach Grundsätzen der Gebührenerhebung) berechneten und der Kanton Zug keine Staatsgarantie leiste.

Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. In ihren Ausführungen hält die Beschwerdegegnerin zwar fest, die Definition des Begriffs der öffentlichen Verwaltung sei nicht einfach. Einschlägige Literatur zitierend führt sie dann selber jedoch aus, öffentliche Verwaltung im funktionellen Sinn sei die Besorgung gesetzlich übertragener Staatsaufgaben (BF-act. 1, S. 5, erster Abschnitt). Die von der Beschwerdegegnerin hauptsächlich wahrgenommenen Aufgaben (Gebäudeversicherung) wurden ihr unzweifelhaft gesetzlich übertragen, basierend auf der Verfassung des Kantons Zug (KV ZG; BGS 111.1; vgl. § 14 KV ZG) und dem GebVG. Gemäss einschlägiger Literatur werden Gebäudeversicherungen in der Form der öffentlich-rechtlichen Anstalt mit staatlichem Versicherungsmonopol sodann auch als Teil der kantonalen Verwaltung gesehen (Johannes Reich, Aktuelle Juristische Praxis/AJP, 9/2013, 1402, II. A.), durch welche die Verantwortung zur Versicherung von Gebäuden gegen das Risiko von Feuer- und Elementarschäden eben gerade zur Staatsaufgabe erklärt wird (Reich, a.a.O., 1403, B. 1.). Sodann scheint auch die Beschwerdegegnerin nicht ernsthaft bestreiten zu wollen, dass diese Art der Versicherung von Gebäuden dem Gemeinwohl dient. Für die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben spricht schliesslich auch die der Gebäudeversicherung verliehene, hoheitliche Verfügungsbefugnis.

3.3 Bei dieser Sachlage ergibt sich dem Gericht unzweifelhaft, dass die Beschwerdegegnerin «Aufgaben der öffentlichen Verwaltung» wahrnimmt, somit vom Wirkungskreis von § 110 StG und der darin verankerten Pflicht zur Gewährung steuerrechtlicher Amts­hilfe grundsätzlich erfasst wird.

4.

4.1 Nebst § 110 StG findet die steuerrechtliche Amtshilfe ihre Rechtsgrundlage auch im Bundesrecht, so in Art. 39 f. StHG. Mit der Regelung im StHG sollte für die Amtshilfe zwischen Behörden, die bis anhin verstreut in unterschiedlichen Erlassen und Konkordaten geregelt war, eine einheitliche Grundlage geschaffen werden (Zweifel/ Hunziker, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, 4. Aufl. 2022, Art. 39 N 13).

4.2 Artikel 39 Abs. 3 StHG hält fest, dass sämtliche Behörden aller Staatstufen (somit auch der Kantone und Gemeinden) den mit dem Vollzug der Steuergesetze betrauten Behörden auf Ersuchen hin alle Auskünfte erteilen, die für die Anwendung der Steuergesetze erforderlich sind, ungeachtet ihrer rechtlichen Organisation (Zweifel/Hunziker, a.a.O., Art. 39 N 30).

In Anlehnung an die vorstehenden unter E. 3 gemachten Ausführungen ist für das Gericht unzweifelhaft, dass es sich bei der Beschwerdegegnerin, entgegen ihrer eigenen Darstellung, auch um eine Behörde i.S.v. Art. 39 StHG handelt, diese bundesrechtliche Norm zur Amtshilfe daher grundsätzlich auch für sie verbindlich ist.

4.3 Die Amtshilfepflicht gemäss StHG erstreckt sich sodann auf alle Tatsachen, die mutmasslich für die Steuerveranlagung notwendig sein können. Die ersuchte Behörde (in casu die Beschwerdegegnerin) darf die Notwendigkeit der verlangten Informationen und Dokumente wohl prüfen, die endgültige Beurteilung der Bedeutung der ersuchten Informationen obliegt jedoch der Steuerbehörde (Zweifel/Hunziker, a.a.O., Art. 39 N 36a, mit Verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung).

Es ist daher unbehelflich, wenn die Beschwerdegegnerin vorbringt, die von der Beschwerdeführerin ersuchten Gebäudeschätzwerte seien für die Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer nicht zwingend erforderlich, da alternative Bewertungs-Tools zur Verfügung stünden. Diese finale Beurteilung ist der Beschwerdeführerin zu überlassen, kann doch insbesondere beim Heranziehen von Vergleichshandänderungen an z.B. selbstgenutztem Wohneigentum (wie Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser) nicht per se ausgeschlossen werden, dass sich Landwerte in Anlehnung an die Realwertmethode (nach welcher sich der Verkehrswert als Summe von Landwert und Gebäudewert ergibt, letzterer auf Basis von Gebäudeversicherungswerten ermittelt; vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Rohner in: Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 4. Aufl. 2021, § 220 N 193), wenn sachgerecht vorgenommen, indikativ schätzen lassen (vgl. auch Richner/Frei/Kaufmann/Rohner, a.a.O., § 220 N 177 ff.).

Ob sich dann eine auf diese Art vorgenommene Landwertschätzung im Rahmen einer konkreten Grundstückgewinnsteuerveranlagung als sachgerecht erweist, wäre allenfalls im entsprechenden Rechtsmittelverfahren zu beurteilen und ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Es bleibt an dieser Stelle anzufügen, dass die von der Beschwerdegegnerin erwähnten alternativen Bewertungsmethoden mittels Steuerschätzungswert oder Katasterwert bzw. mittels Pauschalierung der Anlagekosten zwar StHG-konforme «Ersatzwerte» zum effektiv bezahlten Kaufpreis (als Teil der Anlagekosten) darstellen könnten, diese jedoch (wie es für den «Verkehrswert vor 25 Jahren» gilt) einer expliziten gesetzlichen Grundlage im kantonalen Grundstückgewinnsteuerrecht bedürften (Zweifel / Margraf / Hunziker / Oesterhelt, Schweizerisches Grundstückgewinnsteuerrecht, 2021, § 10, Rz. 123–125). Sie lassen sich im zugerischen Grundstückgewinnsteuerrecht nicht anwenden, da hier das Konzept des «Verkehrswerts vor 25 Jahren» gesetzlich verankert wurde (§ 195 Abs. 2 StG; Zweifel / Margraf / Hunziker / Oesterhelt, a.a.O., § 10, Rz. 126).

4.4

4.4.1 Im Grundstückgewinnsteuerverfahren kann die steuerrechtliche Amtshilfe (§ 110 StG) sodann auch Daten von nicht am Veranlagungsverfahren beteiligten Personen (Drittparteien) betreffen. Dies ergibt sich dem Gericht aus der einschlägigen Literatur und umfangreichen Praxis des Bundesgerichts zur Verkehrswertbestimmung von Bauland, welche sich primär nach der sogenannten (Preis-)Vergleichsmethode zu richten hat. Diese Methode basiert darauf, dass aufgrund von vergleichbaren Objekten, welche tatsächlich verkauft wurden (Vergleichshandänderungen) auf den Wert des zu schätzenden Grundstücks geschlossen wird. Sie wird in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis deutlich favorisiert, und zwar unabhängig davon, ob es sich um unüberbaute oder überbaute Grundstücke, die es zu schätzen gilt, handelt. Nebst der Vergleichstauglichkeit (wie Lage, Zone, Grösse etc.) ist von ausschlaggebender Bedeutung, dass die herangezogene Vergleichshandänderung zwischen echten Drittparteien stattgefunden hat, so dass der bezahlte Vergleichskaufpreis als Marktpreis gilt, von dem sich der Wert des zu schätzenden Grundstücks ableiten lässt. Nicht unbesehen übernommen werden dürfen folglich z.B. unter Verwandten oder Freunden bezahlte Gefälligkeitspreise (Richner/Frei/Kaufmann/Rohner, a.a.O., § 220 N 139 und 156; Zweifel /Margraf/Hunziker/Oesterhelt, a.a.O., § 10, Rz. 97; BGE 122 I 168 E. 3.a; BVGer A-742/2019, A-978/2019 vom 18. Februar 2020 E. 4.3).

Der Umsetzung der Vergleichspreismethode ist daher immanent, dass die Grundstückgewinnsteuerbehörde auf Liegenschaftswerte und -daten von Drittparteien (bzw. Handänderungen an Drittliegenschaften) greifen kann und darf, um im Grundstückgewinnsteuerverfahren für das zu schätzende Grundstück den Verkehrswert ermitteln zu können. Handelt es sich bei den herangezogenen Vergleichshandänderungen um überbaute Grundstücke, muss dies sachlogisch auch für die «Gebäudedaten», wie die Schätzungswerte der kantonalen Gebäudeversicherung, gelten.

4.4.2     Eine andere Frage ist, ob bzw. in welcher Form die Grundstückgewinnsteuerbehörde diese (allenfalls auch von der Gebäudeversicherung erhaltenen) Liegenschaftsdaten von Drittparteien der von der Grundstückgewinnsteuerveranlagung betroffenen (steuerpflichtigen) Person offenlegen kann und darf. Hierauf wird an späterer Stelle eingegangen (vgl. E. 8 nachfolgend).

4.5       Im Sinne eines ersten Zwischenresultats ergibt sich, dass die Amtshilferegelungen sowohl gemäss § 110 StG als auch Art. 39 f. StHG auf die Beschwerdegegnerin im Grundsatze Anwendung finden.

5.

5.1       Die Beschwerdegegnerin argumentiert weiter, dass ihr selbst bei Bejahung der Anwendung der Amtshilferegeln gemäss StG und StHG die Herausgabe von Gebäudeschätzwerten an die Beschwerdeführerin gemäss § 20 Abs. 3 des kantonalen GebVG untersagt sei. Gemäss diesem Paragraphen dürften Schätzungswerte nicht an Dritte weitergegeben werden, worunter auch die Beschwerdeführerin falle. Das GebVG gehe als "jüngeres" Recht bzw. lex specialis dem StG vor und ein Widerspruch zu höherrangigem Bundesrecht liege nicht vor, da das StHG, bzw. dessen Amtshilferegelung, nicht direkt anwendbar sei.

5.2       Wie vorstehend ausgeführt (E. 4.1), sollte mit der Regelung im StHG für die Amtshilfe zwischen Behörden, die bis anhin verstreut in unterschiedlichen Erlassen und Konkordaten geregelt war, eine einheitliche Grundlage geschaffen werden. Das StHG setzt daher den verbindlichen Rahmen für das Abweichen vom Amtsgeheimnis im Bereich des Verkehrs zwischen Steuerbehörden und Drittbehörden (Zweifel / Hunziker, a.a.O., Art. 39 N 33).

Der Beschwerdegegnerin ist zuzustimmen, wenn sie ausführt, es bestehe sowohl für den Bund als auch für die Kantone ein gewisser Spielraum, Ausnahmen von der behördlichen Auskunftspflicht vorzusehen. Die von ihr zitierte Literaturstelle (Zweifel/Hunziker, a.a.O., Art. 39 N 31) erwähnt dabei sowohl bundesrechtliche wie auch kantonalrechtliche Ausnahmeregelungen. Die steuerliche Amtshilfe ist aber gemäss § 110 StG «ungeachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht» (die sich typischerweise aus der für die Drittbehörde anwendbaren Gesetzgebung ergeben dürfte) zu leisten. Der Amtshilfepflicht entgegen stehen einzig spezielle, gesetzlich ausdrücklich statuierte Geheimnisse, wie etwa das Postgeheimnis oder die Geheimhaltungspflicht der Notare (vgl. Zweifel/ Hunziker, a.a.O., Art. 39 N 31). In diesem Sinne und was die steuerrechtliche Amtshilfe betrifft, kommt in casu, entgegen der Argumentation der Beschwerdegegnerin, dem StG der Charakter der «lex specialis» zu und nicht dem GebVG. Bei dieser Betrachtungsweise ist es denn auch unwesentlich, welches der beiden Gesetze das "jüngere" ist. Als lex specialis geniesst § 110 StG (Pflicht zur Amtshilfe) Vorrang gegenüber § 20 GebVG (Verbot der Weitergabe von Schätzungswerten an Dritte).

5.3       Bei dieser Sachlage könnte an sich offenbleiben, ob § 20 Abs. 3 GebVG die Anwendung auch zu versagen ist, weil er den höherrangigen, bundesrechtlichen Amtshilfe­regelungen gemäss StHG widerspricht, wie dies von der Beschwerdeführerin bejaht, von der Beschwerdegegnerin jedoch verneint wird. Dennoch soll an dieser Stelle auch auf diesen Punkt eingegangen werden.

Nach den Vorbringen der Beschwerdegegnerin soll dem StHG im Bereich der Amtshilfe deshalb die direkte Anwendung versagt sein, weil die in Art. 39 StHG vorgesehene Regelung mit § 110 StG ins kantonale Recht überführt worden sei und diese kantonalrechtliche Amtshilferegelung der im StHG vorgesehenen Regelung nicht widerspreche. Damit falle gemäss Art. 72 Abs. 2 StHG die direkte Anwendbarkeit von Art. 39 StHG (bundesrechtliche Amtshilferegelung) ausser Betracht und die Beschwerdegegnerin könne daher auch nicht gestützt auf diese Bestimmung unter dem Grundsatz «Bundesrecht bricht kantonales Recht» (Art. 49 Abs. 1 BV) zur Herausgabe der fraglichen Daten verpflichtet werden.

Zu den Voraussetzungen und Grenzen der direkten Anwendung des StHG als Bundesrecht äussert sich die einschlägige Literatur vorwiegend in Fällen, wo kantonalrechtliche Regelungen dem StHG widersprechen oder kantonalrechtliche Umsetzungsregeln gänzlich fehlen.

Soweit kantonale Steuergesetze harmonisierungsrechtliche Vorgaben auch StHG-konform übernommen haben, wie dies für § 110 StG im Bereich der steuerlichen Amtshilfe durch die Beschwerdegegnerin selber erkannt wurde, wird in Literatur und Praxis immerhin die Meinung vertreten, dass solch kantonales Steuerrecht dem verfassungsrechtlichen Anwendungsgebot von Art. 190 BV unterliege. Den mit dem StHG übereinstimmenden kantonalen Steuerrechtsnormen soll diesbezüglich die Bedeutung eines blossen Umsetzungs­aktes zukommen (BGer 2C_599/2012 vom 16. August 2013 E. 2.5.; Hunziker/Bigler, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, 4. Aufl. 2022, Art. 72 N 12). In diesem Sinne StHG-konformes kantonales Steuerrecht wird somit insofern auf die Stufe von Bundesrecht gehoben. Folgt man diesem Ansatz für den vorliegenden Fall, bleibt für die hier vorgebrachte Argumentation der Beschwerdegegnerin wenig Raum; vielmehr würde, so man die Amtshilferegelung gemäss StHG nicht direkt anwenden wollte, § 110 StG selbst zu höherrangigem Recht, welches divergierendes kantonales Recht (wie § 20 GebVG) allenfalls zu brechen vermöchte (Art. 49 Abs. 1 BV), jedenfalls aber bei dessen Auslegung zu berücksichtigen ist.

5.4 Im Sinne eines weiteren Zwischenresultats ergibt sich daher für das Gericht, dass die Beschwerdegegnerin gestützt auf § 110 StG bzw. Art. 39 StHG zu Gewährung der steuerlichen Amtshilfe an die Beschwerdeführerin verpflichtet ist und diese nicht gestützt auf § 20 Abs. 3 GebVG verweigern darf.

6.

6.1 Die Beschwerdegegnerin führt weiter aus, dass selbst wenn die Amtshilfe gemäss § 110 StG bzw. Art. 39 StHG bejaht würde, sie die hier interessierenden Daten (Schätzungswerte von individualisierten Gebäuden vor 25 Jahren) aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht an die Beschwerdeführerin herausgeben dürfe.

6.2 In Anlehnung an das vorstehend in E. 3 Festgestellte (wonach die Beschwerdegegnerin als Teil der öffentlichen Verwaltung qualifiziert) ist der Beschwerdegegnerin zuzustimmen, dass datenschutzrechtlich das Datenschutzgesetz des Kantons Zug Anwendung findet (DSG ZG; BGS 157.1).

6.3 Der Beschwerdegegnerin dürfte ebenfalls zuzustimmen sein, wenn sie ausführt, Schätzungswerte der Gebäudeversicherung bildeten Personendaten im Sinne des DSG ZG; so wird diese Position zumindest in einem Teil der Literatur vertreten (Beat Rudin, in: Stämpflis Handkommentar zum DSG, 2. Aufl. 2023, Art. 5 N 7).

6.4 Die Beschwerdegegnerin führt in diesem Zusammenhang weiter das Folgende aus: Die Bearbeitung von Personendaten, worunter auch die Herausgabe der interessierenden Schätzungswerte falle, dürfe nur rechtmässig erfolgen (§ 4 Abs. 1 DSG ZG). Der Grundsatz von Treu und Glauben und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit müssten beachtet werden (§ 4 Abs. 1 lit. d DSG ZG). Die erhobenen Daten dürften sodann nur zu dem Zweck bearbeitet werden, der bei der Beschaffung angegeben worden sei (§ 4 Abs. 1 lit. c DSG ZG) und die Beschaffung von Personendaten und der Zweck ihrer Bearbeitung müssten für die betroffene Person erkennbar sein (sog. Transparenzgebot; § 4 Abs. 1 lit. b DSG ZG). Personendaten dürften sodann nicht ohne Einverständnis der betroffenen Person bearbeitet werden (§ 5b Abs. 1 lit. a i.V.m. § 5 DSG ZG), sofern hierfür kein Rechtfertigungsgrund (namentlich ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse) bzw. keine gesetzliche Grundlage hierfür und keine Unentbehrlichkeit für eine in einer gesetzlichen Grundlage umschriebenen Aufgabe (§ 5 Abs. 1 DSG ZG; wobei bereits der Begriff «unentbehrlich» eine äusserst restriktive Auslegung dieses Rechtfertigungsgrunds indiziere) bestehe. Die Herausgabe von Daten sei sodann ausdrücklich untersagt, wenn öffentliche Interessen oder offensichtlich schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person entgegenstünden (§ 10 Abs. 1 lit. a DSG ZG) oder aber wenn eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht oder eine besondere Datenschutzvorschrift die Herausgabe verbiete (§ 10 Abs. 1 lit. b DSG ZG).

Für die Beurteilung des vorliegenden Falls sei sodann besonders bemerkenswert, dass die hier fraglichen Daten von Personen stammten, welche am Veranlagungsverfahren nicht beteiligt seien. Vielmehr noch: Die Beschwerdeführerin müsse diese Daten (von Dritten) nach aktueller Rechtsprechung im Streitfall dem Steuerpflichtigen mitteilen, damit dieser die Veranlagung prüfen und allenfalls anfechten könne. Mit anderen Worten sollten Daten von Drittpersonen an Steuerpflichtige (und damit nicht nur an Behörden, sondern auch an andere Privatpersonen) in Veranlagungsverfahren herausgegeben werden, an welchen die von der Herausgabe betroffenen Personen nicht beteiligt seien.

Vor diesem Hintergrund stehe fest, dass die Herausgabe der hier strittigen Daten gestützt auf das DSG ZG nicht erfolgen dürfe, da die Herausgabe nicht verhältnismässig wäre (insbesondere nicht für die von der Herausgabe betroffenen Personen); der Zweck der Datenbearbeitung in keiner Art und Weise mit dem Zweck der damaligen Beschaffung übereinstimmen würde; die Bearbeitung und der Zweck derselben für die betroffenen Personen nicht transparent wäre; das Einverständnis der betroffenen Personen nicht vorläge; und kein Rechtfertigungsgrund (insb. keine öffentliches Interesse, welches sich die von der Datenherausgabe betroffenen Personen entgegenhalten lassen müssten) vorhanden sei. Sodann seien die hier strittigen Daten für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe nicht unentbehrlich. Der verlangten Datenherausgabe stünden offensichtlich schutzwürdige Interessen von Privaten (nämlich jene der von der Datenherausgabe betroffenen Eigentümern) entgegen und mit § 20 Abs. 3 GebVG bestehe eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht i.S.v. § 10 Abs. 1 lit. b DSG ZG. Damit sei die Herausgabe der strittigen Daten auch aufgrund des DSG ZG unzulässig, weshalb die Beschwerdegegnerin die Herausgabe zu Recht verweigert habe.

6.5 Den Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

6.5.1 Gemäss § 5b Abs. 1 lit. a DSG ZG dürfen Personendaten bekanntgegeben werden, sofern (u.a.) für die Bekanntgabe die Voraussetzungen erfüllt sind, wie sie gemäss § 5 Abs. 1 und 2 DSG ZG für die Bearbeitung von Personendaten gelten. Letzteres setzt voraus, dass (u.a.) hierfür eine gesetzliche Grundlage (§ 5 Abs. 1 lit. a DSG ZG) in einem formellen Gesetz (§ 5 Abs. 2 lit. a DSG ZG) besteht. Das Bestehen einer solchen formellen gesetzlichen Grundlage kann vorliegend in der steuerrechtlichen Amtshilferegelung gemäss § 110 StG bzw. Art. 39 StHG gesehen werden.

6.5.2 Gemäss einschlägiger Literatur zum Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) gehen spezialgesetzliche Amtshilfebestimmungen als lex specialis dem DSG vor (zur ab 1. September 2023 in Kraft stehenden Regelung: Claudia Mund, in: Stämpflis Handkommentar zum DSG, 2. Aufl. 2023, Art. 36 N 14; so ferner auch schon zur früheren Fassung: Mund, in: Stämpflis Handkommentar zum DSG, 2015, Art. 19 N 13). Die steuerrechtlichen Amtshilferegelungen gemäss § 110 StG bzw. Art. 39 StHG stellen in diesem Sinne spezialgesetzliche Amtshilfebestimmungen dar. Diese Sichtweise des Vorrangs steuerrechtlicher Auskunftspflichten gegenüber Bestimmungen des Datenschutzes wird denn auch in der steuerrechtlichen Literatur und Praxis vertreten (Richner/Frei/Kaufmann/
Rohner, a.a.O., § 121 N 6, mit Verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung). Dies entspricht dem unter E. 5.2 vorstehend in Relation zum GebVG Festgestellten und erscheint daher auch im Verhältnis zum DSG sachlogisch.

6.5.3 Die Beschwerdeführerin bringt sodann vor, die Herausgabe von Daten sei ausdrücklich untersagt, wenn öffentliche Interessen oder offensichtlich schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person entgegenstünden (§ 10 Abs. 1 lit. a DSG ZG) oder aber wenn eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht oder eine besondere Datenschutzvorschrift die Herausgabe verbiete (§ 10 Abs. 1 lit. b DSG ZG).

Vorab ist hier festzustellen, dass § 10 DSG ZG (als generelle Schranke der Bekanntgabe von Daten an Organe) nebst der Möglichkeit, gar keine Daten bekanntzugeben, vorsieht, Daten eingeschränkt oder verbunden mit Auflagen bekanntzugeben (§ 10 Abs. 1 DSG ZG). Paragraph 10 DSG ZG findet sodann in der bundesgesetzlichen Regelung sein Pendant in Art. 36 Abs. 6 DSG. Hier ist allerdings von Bedeutung, dass der datenbesitzenden Behörde (in casu die Beschwerdegegnerin) in den Fällen von Art. 36 Abs. 6 lit. a und b DSG ein weitaus kleinerer Ermessenspielraum zusteht als im Falle der Auskunftsverweigerung gestützt auf das persönliche Auskunftsrecht. Diese Abschwächung wird in der Literatur damit gerechtfertigt, dass es in den Fällen von Art. 36 DSG nicht um Gesuche der betroffenen Personen um Akteneinsicht bzw. Herausgabe von Daten, die sich auf sie beziehen, handelt, sondern um Gesuche, die von anderen Behörden des Bundes oder der Kantone gestellt werden (Mund, in: Stämpflis Handkommentar zum DSG, 2. Aufl. 2023, Art. 36 N 32 ff.). Ein Recht, vorliegend die Herausgabe von Gebäudeschätzwerten vollends zu verweigern, lässt sich daher, entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin, nicht aus § 10 DSG ZG ableiten.

6.5.4 In Anlehnung an das in E. 5.3 vorstehend Ausgeführte, können die steuerrechtlichen Amtshilferegelungen schliesslich als "höherrangig" angesehen werden und gehen auch aus diesem Grunde den kantonalen Datenschutzbestimmungen (DSG ZG) vor.

(…)

8.

8.1 Eine andere Frage ist, in welcher Form die Beschwerdeführerin betreffend die einmal von der Beschwerdegegnerin erhaltenen Gebäudeschätzwerte im hängigen Grundstückgewinnsteuerverfahren der steuerpflichtigen Person Akteneinsicht zu gewähren hat. Diese Frage steht ausserhalb dieses Verfahrens; dennoch scheint es dem Gericht wichtig, an dieser Stelle darauf einzugehen, um den Gesamtkontext herzustellen.

8.2 Der von Literatur und Praxis favorisierten (Preis-)Vergleichsmethode (vgl. E. 4.4.1 vorstehend) ist inhärent, dass es der grundstückgewinnsteuerpflichtigen Person im Rahmen ihres rechtlichen Gehörs möglich sein muss, sich zur Vergleichstauglichkeit der herangezogenen Vergleichshandänderung äussern zu können. Dies bedingt nicht nur die Offenlegung der Eigenschaften des Vergleichsgrundstücks, sondern richtig betrachtet auch deren Parteien, um beurteilen zu können, ob aussergewöhnliche oder persönliche Verhältnisse den bezahlten Vergleichspreis beeinflusst haben. Es wurde diesbezüglich in der Literatur erkannt, dass die Offenlegung dieser Drittparteiendaten angesichts bestehender Steuer- bzw. Amtsgeheimnisse nicht unproblematisch ist, so dass hier durch die Steuerbehörde eine Güterabwägung vorzunehmen ist und zwar zwischen dem rechtlichen Gehör der zu veranlagenden Person auf der einen und dem Steuer- bzw. Amtsgeheimnis der von Drittparteien herangezogenen Vergleichsdaten auf der anderen Seite. Beim Beizug von ganzen Liegenschaftshandänderungen zwischen Drittparteien (Vergleichspreismethode) wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass in der Regel der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs überwiegt, insbesondere dann, wenn es um Daten zu Vergleichshandänderungen geht, die bereits 20 und mehr Jahre zurückliegen (Richner/Frei/Kaufmann/Rohner, a.a.O., § 220 N 225).

Dieser Meinung hat sich das Gericht in der Vergangenheit angeschlossen, wenn in einem Grundstückgewinnsteuerverfahren der Erwerbspreis (als Teil der Anlagekosten) des veräusserten Grundstücks aufgrund dessen «Verkehrswert vor 25 Jahren» (§ 195 Abs. 2 StG) zu bestimmen war (VGer ZG A 2018 26 vom 19. November 2019 E. 4.7). Es hat dabei im Rahmen der vorzunehmenden Güterabwägung erwogen, dass die Grundstückgewinnsteuerbehörde der steuerpflichtigen Person ein lediglich eingeschränktes Akteneinsichtsrecht zu gewähren habe. Das volle Einsichtsrecht in die Originalakten der Vergleichshandänderungen bleibe dabei beschränkt auf die Einsichtnahme «in der Amtsstelle», d.h. in den Räumlichkeiten der Grundstückgewinnsteuerbehörde, ohne Möglichkeit der Erstellung von Fotokopien oder Fotografien der Originaldokumente. Dies bedeute im Gegenzug, dass von der Grundstückgewinnsteuerbehörde der steuerpflichtigen Person allenfalls ausgehändigte Angaben zu den Vergleichsgrundstücken derart zu anonymisieren seien, dass Rückschlüsse auf die Eigentümer der Vergleichsgrundstücke nicht mehr möglich sind. Solche ausgehändigten Angaben dürften daher das Datum der Handänderung, die Gebietsangabe, die Zonenzugehörigkeit, die Art des Rechtsgeschäfts (wie Kauf, Schenkung etc.) und den Preis/m2 beinhalten, jedoch keine Informationen zu Namen und Adressen der Eigentümer, Adressen der Vergleichsparzellen, deren Grundbuchnummern und Grundstücksgrössen sowie zum Verkaufspreis. Die Gewährung eines derart eingeschränkten Einsichtsrechts in die Akten zu den Vergleichshandänderungen erschien dem Gericht im erwähnten Entscheid auch deshalb korrekt, da das verfassungsmässig garantierte Akteneinsichtsrecht grundsätzlich nur das Einsichtsrecht «in der Amtsstelle» beinhaltet, nicht aber ein Recht auf Aushändigung oder Zustellung der Akten (Praxis bestätigt in VGer ZG A 2020 16 vom 21. Februar 2022 E. 3.2; vgl. auch Richner/Frei/Kaufmann/Rohner, a.a.O., § 124 N 17). Ein in diesem Sinne eingeschränktes Akteneinsichtsrecht sei daher auch im Lichte von § 112 Abs. 1 und 2 StG, welcher sich über das Akteneinsichtsrecht ausspricht, als angemessen zu betrachten.

8.3 Für das Gericht gibt es keine Gründe, von dieser Praxis abzuweichen. Bezogen auf den vorliegenden Fall hat dies zur Konsequenz, dass die von der Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin zu übermittelnden Dokumente und Daten zu den Gebäudeschätz­werten im Rahmen des hängigen Grundstückgewinnsteuerverfahrens der steuerpflichtigen Person ebenfalls nur «in der Amtsstelle», d.h. in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin und auf Verlangen der steuerpflichtigen Person, ohne Möglichkeit der Erstellung von Fotokopien oder Fotografien, zugänglich gemacht werden dürfen. Von der Beschwerdeführerin der steuerpflichtigen Person im Grundstückgewinnsteuerverfahren allenfalls ausgehändigte Angaben und Daten der Gebäudeversicherung sind folglich derart zu anonymisieren, dass keine Rückschlüsse auf die Eigentümer der Gebäude und das Gebäude als solches (wie Lage, Adresse, Gebäudeschätzwerte und dergleichen) möglich sind.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. September 2023, A 2021 22
Gegen das Urteil ist eine Beschwerde vor BGer (9C_659/2023) hängig.
Vollständiges Urteil auf der Entscheiddatenbank www.verwaltungsgericht.zg.ch.

 

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