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Gerichtspraxis

Staats- und Verwaltungspraxis

Steuerrecht

Verrechnungssteuer (Rückerstattung)

Gewinnaufrechnung (Nachsteuer; verdeckte Gewinnausschüttung)

Regeste:

Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG, Art. 24 Abs. 1 lit. a StHG, Art. 24 Abs. 2 MWSTG, § 59 Abs. 1 Ziff. 2 lit. e StG - den Nachweis einer verdeckten Gewinnausschüttung hat grundsätzlich die Steuerbehörde zu erbringen (E. 5.4.2). Ergibt sich indes bereits aus mehrwertsteuerlichen Verfahren ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, ist in der Folge im Nachsteuerverfahren der direkten Steuern von der Steuerpflichtigen zu verlangen, dass sie die dort getroffenen Feststellungen substanziiert bestreitet und ihre Behauptungen belegt. Nicht ausreichend sind pauschale Rügen und appellatorische Kritik. Dies gilt umso mehr, wenn die Steuerpflichtige einen Beweisnotstand durch lückenhafte Dokumentation selbst verursacht hat (E. 6.2).

Aus dem Sachverhalt:

A.       

A.a Die A. AG, mit Sitz in C./ZG, deklarierte in der Steuererklärung 2011 (StV-act. 1) einen steuerbaren Reingewinn von Fr. 0.– (Reingewinn Fr. /. Vorjahresverluste Fr.). Auch in der Steuererklärung 2012 (StV-act. 2) deklarierte sie einen steuerbaren Reingewinn von Fr. 0.– (Verlust Fr. ./. Vorjahresverluste Fr.). In der Folge wurde die steuerpflichtige Gesellschaft für die Steuerperiode 2011 und für die Steuerperiode 2012 jeweils dementsprechend veranlagt. Die entsprechenden Veranlagungsverfügungen vom 24. Januar 2013 und 14. Januar 2014 (StV-act. 3, 4) erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.

A.b Im Februar 2016 führte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), Hauptabteilung Mehrwertsteuer (nachfolgend: Hauptabteilung MWST), bei der A. AG eine mehrwertsteuerliche Buchprüfung für die Steuerperioden 2011–2014 durch. In diesem Zusammenhang nahm sie diverse mehrwertsteuerliche Korrekturen vor. Unter anderem gelangte sie zur Auffassung, dass die Steuerpflichtige Leistungen an ihr Aktionariat im Zusammenhang mit dem Neubau eines in deren Eigentum stehenden Mehrfamilienhauses in den Jahren 2011 und 2012 nicht zum Drittpreis fakturiert habe. Gegen diese Korrektur wehrte sich die A. AG bis vor Bundesverwaltungsgericht, welches ihre Beschwerde mit Urteil A-5317/2020 vom 23. Juni 2022 grösstenteils abwies. Die Steuerpflichtige obsiegte lediglich bezüglich der Steuerperiode 2011 wegen Eintritt der mehrwertsteuerlichen Verjährung (BVGer A-5317/2020 vom 23. Juni 2022 [StV-act. 5]). Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erwuchs unangefochten in Rechtskraft (vgl. StV-act. 8 S. 1).

A.c Die durch die ESTV, Hauptabteilung MWST, über diesen Sachverhalt informierte Steuerverwaltung des Kantons Zug leitete mit Schreiben vom 3. November 2022 ein Nachsteuerverfahren gegen die A. AG ein. Darin teilte sie dieser u.a. mit, dass für die Steuerperiode 2012 ein um Fr. 39'229.– zu tiefer Reingewinn steuerlich erfasst worden sei (StV-act. 6). Am 2. Dezember 2022 wurden die Nachsteuerveranlagungen an die Steuerpflichtige versendet. Aufgerechnet als geldwerte Leistungen wurden ungenügend verbuchte Umsätze im Umfang von total Fr. 205'990.– (vgl. BVGer A-5317/2020 vom 23. Juni 2022 E. 3.4.1.2), entfallend im Umfang von Fr. 150'285.– auf die Steuerperiode 2011 (massgeblich für den Verlustvortrag) und im Umfang von Fr. 55'705.– auf die Steuer­periode 2012. Ferner wurden – nicht bestrittene – Privatanteile im Umfang von Fr. 4'700.– p.a. aufgerechnet (StV-act. 7). 

Mit Einspracheentscheid vom 6. Juni 2023 (Versanddatum) wies die Steuerverwaltung die am 3. Januar 2023 erhobene Einsprache (StV-act. 8) gegen die Nachsteuerveranlagungsverfügung 2012 vom 2. Dezember 2022 ab (StV-act. 9).

B. Mit Eingabe vom 6. Juli 2023 gelangte die A. AG ans Verwaltungsgericht und beantragte sinngemäss die Aufhebung des Einspracheentscheids vom 6. Juni 2023. Es sei im Sinne der Einsprache die Aufrechnung betreffend die Steuerperiode 2012 aus zu tief verbuchten Umsätzen von Fr. 55'705.– nicht vorzunehmen und es sei als Ergebnis der Rechnung 2012 ein Verlust von Fr. 16'476.– festzusetzen (act. 1).

C. Die Steuerverwaltung beantragte am 29. August 2023 vernehmlassend die Abweisung des Rekurses, soweit darauf einzutreten sei. Der Einspracheentscheid vom 6. Juni 2023 sei zu bestätigen (act. 5).

D. Am 3. Oktober 2023 liess sich die Rekurrentin nochmals vernehmen und sinngemäss an ihren Anträgen festhalten (act. 7). Diese kurze Stellungnahme wurde der Steuerverwaltung am 4. Oktober 2023 zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 8).

E. Die ESTV, Hauptabteilung direkte Bundessteuer, liess sich während des Verfahrens nicht vernehmen.

 

Aus den Erwägungen:

(…)

5.

5.1 Gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG und § 59 Abs. 1 Ziff. 2 lit. e StG (vgl. auch Art. 24 Abs. 1 lit. a des Steuerharmonisierungsgesetzes [StHG; SR 642.14]) gehören zum steuerbaren Reingewinn u.a. auch offene und verdeckte Gewinnausschüttungen und geschäftsmässig nicht begründete Zuwendungen an Dritte.

5.2 Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass erstens die leistende Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft für ihre Leistung keine oder keine gleichwertige Gegenleistung erhält, zweitens die Beteiligungs­inhaberin oder der Beteiligungsinhaber der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft direkt oder indirekt einen Vorteil erlangt, drittens die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft diesen Vorteil einem Dritten unter gleichen Bedingungen nicht zugestanden hätte (Drittvergleich; sog. Grundsatz des «dealing at arm's length») und viertens der Charakter dieser Leistung – insbesondere das Missverhältnis zur Gegenleistung – für die Organe der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft erkennbar gewesen ist, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Begünstigung beabsichtigt war (BGE 144 II 427 E. 6.1; 140 II 88 E. 4.1; 138 II 57 E. 2.2; 131 II 593 E. 5.1; BGer 2C_400/2020, 2C_405/2020 vom 22. April 2021 E. 3.1.1; 2C_578/2019 vom 31. März 2020 E. 3.3). Stets vorausgesetzt ist, dass die Zuwendung ihren Rechtsgrund im Beteiligungsverhältnis hat (BGer 2C_400/2020, 2C_405/2020 vom 22. April 2021 E. 3.1.1; 2C_449/2017 vom 26. Februar 2019 E. 2.3).

5.3 Damit von einem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gesprochen werden kann, genügt jedenfalls eine geringfügige Differenz nicht. Das Missverhältnis muss wesentlich bzw. offensichtlich sein, d.h. die Gegenleistung des Anteilsinhabers oder der nahestehenden Person muss der Leistung der Kapitalgesellschaft in einem solchen Ausmass nicht entsprechen, dass die Kapitalgesellschaft von unbeteiligten Dritten in jedem Fall eine höhere Gegenleistung verlangen würde und dies nach den Verhältnissen auf dem Markt auch tun könnte. Fehlt ein objektiv beobachtbarer Vergleichswert, dann kommt die Preisbildung auch unter Dritten innerhalb einer relativ grossen Bandbreite zustande. Eine Bandbreite kann je nach Sachverhalt und diesem zugrundeliegenden rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingen unterschiedlich hoch sein, um als krasses Missverhältnis qualifiziert zu werden (Oesterhelt/Mühlemann/Bertschinger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], 4. Aufl. 2022, Art. 58 N 68 ff. mit weiteren Hinweisen [nachfolgend zitiert: Kommentar DBG]).

Ziel des Drittvergleichs ist es, das offensichtliche Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu bestimmen, wobei das kantonale StG und das DBG – vorbehältlich Art. 58 Abs. 3 DBG – keine allgemeinen Grundsätze für die Bestimmung des angemessenen Vergleichspreises enthalten. Das Bundesgericht orientiert sich an der sog. objektiven «Ist-Besteuerung» (BGE 107 Ib 325 = Pra 1982 Nr. 130, 318 ff.). Diese Ist-Besteuerung ergibt sich bereits aus dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wonach nur ein effektiv erzielter Gewinn besteuert werden darf. Der für das zu untersuchende Rechtsgeschäft bekannte Wert bzw. der Marktpreis gilt als objektiver Mass­stab, d.h. als «realer Vergleichspreis», wobei dieser «richtige Preis» bzw. «Drittpreis» auf den Konditionen basiert, welche die Gesellschaft mit einem unabhängigen Dritten vereinbaren würde. Gibt es keinen Marktpreis, wurden aber vergleichbare Geschäfte bereits mit unabhängigen Dritten getätigt, gelten die bei diesen Fällen vereinbarten Bedingungen als Massstab für das gesuchte Fremdverhalten (Oesterhelt/Mühlemann/Bertschinger, in: Kommentar DBG, Art. 58 N 71 ff. mit weiteren Hinweisen).

5.4     

5.4.1 Auch im Nachsteuerverfahren gelten die allgemeinen Grundsätze zur Beweislast und Mitwirkungspflicht im System der gemischten Veranlagung (vgl. Art. 153 Abs. 3 DBG; § 146 Abs. 3 StG). Die Beweisführungslast liegt aufgrund der behördlichen Untersuchungspflicht bei der Veranlagungsbehörde (Art. 130 Abs. 1 DBG; § 130 Abs. 1 StG), doch untersteht die steuerpflichtige natürliche oder juristische Person einer weitreichenden Mitwirkungspflicht (Art. 123 ff. DBG; § 124 ff. StG). Sie muss alles tun, um eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen (Art. 126 Abs. 1 DBG; § 127 Abs. 1 StG; vgl. etwa BGE 150 II 321 mit weiteren Hinweisen; BGer 2C_1067/2017 vom 11. November 2019 E. 2.2.1).

Auch wenn im harmonisierten Steuerrecht an sich das Beweismass der vollen Überzeugung («Regelbeweismass») herrscht (vgl. einlässlich BGE 150 II 321 E. 3.6.3), bedarf es keiner absoluten Gewissheit. Es genügt, dass die Veranlagungsbehörde nach erfolgter Beweiswürdigung und aufgrund objektiver Gesichtspunkte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen eines rechtserheblichen Sachumstandes überzeugt ist (BGer 2C_480/2019 vom 12. Februar 2020 E. 2.3.1). Es ist zulässig und oft notwendig, dass sich die Behörden in ihrer Beweiswürdigung auch auf Indizien stützen und daraus Schlüsse auf relevante Tatsachen ziehen (sog. natürliche Vermutungen). Der Steuerpflichtigen steht es sodann frei, diese natürliche Vermutung zu entkräften (vgl. im Übrigen kritisch zur Fortgeltung des Regelbeweismasses im Steuerrecht das Bundesgericht in einem obiter dictum vom 2. April 2024, BGE 150 II 321 E. 3.6.4). Gelangt die Behörde zu keiner derart gewichtigen Überzeugung, kommen die Beweislastregeln von Art. 8 ZGB zur Anwendung. Im Abgaberecht gilt demnach, dass die Veranlagungsbehörde die Beweislast für die abgabebegründenden und -erhöhenden Tatsachen trägt, während die abgabepflichtige Person für die abgabeaufhebenden und -mindernden Tatsachen beweisbelastet ist (sog. Normen­theorie; BGE 143 II 661 E. 7.2).

5.4.2   Bei verdeckten Gewinnausschüttungen ist es grundsätzlich Aufgabe der Steuerbehörde, den Nachweis dafür zu erbringen, dass einer Leistung der Gesellschaft in tatsächlicher Hinsicht keine oder keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Ist ein solches Missverhältnis nachgewiesen, begründet dies in steuerrechtlicher Hinsicht die (natürliche) Vermutung, es liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Vermag die Gesellschaft nicht nachzuweisen, dass ihr Vorgehen einem Drittvergleich genügt, hat sie die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Diese bestehen in der Aufrechnung (BGE 140 II 88 E. 7; 121 II 257 E. 4c/aa; BGer 2C_16/2015 vom 6. August 2015 E. 2.5.5). Präzisierend ist anzufügen, dass bei genügend durch die Steuerbehörde vorgebrachten Indizien, welche auf die Unangemessenheit der Gegenleistung schliessen lassen, es der steuerpflichtigen Person obliegt, den Nachweis für die gegenteilige Behauptung zu erbringen (BGer 2C_400/2020, 2C_405/2020 vom 22. April 2021 E. 3.1.2; 2C_343/2019 vom 27. September 2019 E. 5.2).

5.5      Im Mehrwertsteuerrecht kommt Art. 24 Abs. 2 MWSTG zur Anwendung, wenn ein zu niedriges Entgelt deklariert wird, also ein nicht mit dem Drittpreis übereinstimmender Betrag; nicht nötig ist dabei ein offensichtliches Missverhältnis, wie es bei den direkten Steuern in Bezug auf verdeckte Gewinnausschüttungen verlangt wird (Bossart/Clavadetscher, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015, Art. 24 N 53; allerdings wird in der Literatur auch kritisch postuliert Art. 24 Abs. 2 MWSTG im Sinne einer «Missbrauchsregelung» eng auszulegen und dessen Anwendung auf Fälle zu beschränken, in denen die Voraussetzungen der direktsteuerlichen verdeckten Gewinnausschüttung – zumindest sinngemäss – vorliegen [vgl. hierzu Bossart/Clavadetscher, a.a.O., Art. 3 N 164 f.; Patrick Scherrer, Der Grundsatz «dealing at arm's length» im interkantonalen Steuerrecht der Schweiz, Unter besonderer Berücksichtigung der Bestimmung und Korrektur von Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen im interkantonalen Verhältnis, SStR, Band/Nr. 28, 2023, S. 229; Philipp Robinson, Der Drittvergleich im Schweizer Mehrwertsteuerrecht, Überlegungen zum Grundsatz des «dealing at arm's length» in: Panoptikum des Steuerrechts, Festschrift für Madeleine Simonek, 2024, S. 381, je mit Hinweisen]). Das Mehrwertsteuerrecht übernimmt damit den Grundsatz des Drittvergleichs («dealing at arm's length»), wie er bei der direkten Steuer gilt (Bossart/Clavadetscher, a.a.O., Art. 3 N 164 f. und Art. 24 N 53 ff.). Zur Ermittlung des massgeblichen Drittpreises können auch für die Mehrwertsteuer die Methoden, die auch bei den direkten Steuern Anwendung finden, herangezogen werden (vgl. BGer 2C_443/2020 vom 8. Oktober 2020 E. 3.2.2 mit Hinweisen).

6.       

6.1 Mit der Steuerverwaltung ist einig zu gehen, dass vorliegend im Mehrwertsteuerverfahren mit dem ermittelten Drittpreis ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ausgewiesen wurde. Dieser Drittvergleich wurde durch die Hauptabteilung Mehrwertsteuer der ESTV detailliert und nachvollziehbar dargelegt und in der Folge durch das Bundesverwaltungsgericht überprüft (BF-act. 5; StV-act. 5). Darauf kann verwiesen werden. Der Steuerpflichtigen ist es in der Folge nicht gelungen, konkret und nachvollziehbar aufzuzeigen, inwiefern die im mehrwertsteuerlichen Verfahren zugrunde gelegten Vergleichswerte nicht einschlägig gewesen sein sollten. Soweit dies auf ihre weitgehend fehlende Dokumentation des «Auftrags D.» zurückzuführen ist, für den sie offensichtlich nicht die im Verkehr mit Dritten übliche Dokumentation (z.B. Arbeitsrapporte, Abrechnungen, etc.) angefertigt hat, muss sie sich dies im Rahmen der Beweiswürdigung entgegenhalten lassen. Erwähnenswert ist zudem, dass sie selber mit Schreiben vom 24. Juni 2016 an die Steuerverwaltung erklärt, es sei für den hier fraglichen Auftrag ein Materialkostenanteil von 45 % als angemessen einzusetzen (und basierend darauf die Umsätze hochzurechnen; vgl. Schreiben in StV-act. 8). Der geltend gemachte Materialkostenanteil von 45 % weicht doch erheblich ab vom effektiv verrechneten in Höhe von 60 %, was auf ein Missverhältnis schliessen lässt. Zum Beweis ihrer Auffassung legt die Steuerpflichtige sodann – betreffend einen Vergleichszeitraum von immerhin zwei Jahren – lediglich einen Vergleichsauftrag vor (Betonarbeit für Garage und Remise in Menzingen mit einem behaupteten Materialkostenanteil von 50 %, der sich indes aus der unterbreiteten Dokumentation nicht erschliesst) und verweist auf eine weitere Arbeit, die sie kurz vor dem strittigen Projekt in E. realisiert haben will (ohne dies zu belegen; beides in StV-act. 8). Auch hieraus kann die Steuerpflichtige nichts für ihren Standpunkt ableiteten, sondern bestärkt sich der Schluss, es sei jedenfalls der «Auftrag D.» zu vorteilhafteren Konditionen abgewickelt worden als vergleichbare Drittaufträge.

Hinzu kommt: Mit der Steuerverwaltung stellen – zumindest im aktuell zu beurteilenden Fall – Mehrwertsteuer und direkte Steuern beide gleichermassen auf ein Missverhältnis ab und trachten danach, dieses aufzulösen, indem sie für ein Geschäft unter Nahestehenden einen Marktpreis festlegen. Die Feststellungen aus dem mehrwertsteuerlichen Verfahren sind zwar für das vorliegende Verfahren der direkten Steuern nicht direkt bindend. Vor dem Hintergrund der Gleichartigkeit der sich stellenden Fragen sowie dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung – dem im Abgabenrecht grosse Bedeutung zukommt – ist aber wünschenswert, dass in der direktsteuerlichen Betrachtung nicht ohne triftige Gründe von einer vertretbaren Auffassung der mit der Mehrwertsteuer befassten Behörden abgewichen wird (vgl. zum Ganzen BGE 144 II 273 E. 2.2.7 mit Hinweisen). Daraus folgt, dass grundsätzlich die Steuerverwaltung davon ausgehen durfte, es habe die rechtskräftige Aufrechnung bei der Mehrwertsteuer die Vermutung der Richtigkeit für sich, was in der Folge durch die Steuerpflichtige detailliert zu bestreiten gewesen wäre (vgl. analog auch Martin Kocher, Die Besteuerung von AG und Aktionär: Aspekte eines zweidimensionalen Verhältnisses, in: ZBJV 2021 S. 496).

6.2      Mit Blick auf den im rechtskräftigen mehrwertsteuerlichen Verfahren vorgenommenen Drittvergleich greift nach dem vorstehend Dargelegten in beweisrechtlicher Hinsicht das Bestreitungserfordernis. Mit der Steuerverwaltung ist festzuhalten, dass die Rekurrentin nicht substantiiert darlegt, weshalb die dort angewandte Berechnungsmethode – mit dem Vergleich von Materialaufwand und Ertrag bei unbestrittenermassen tatsächlich erbrachten Baumeisterarbeiten an unabhängige Dritte im selben Zeitraum – (auch) vorliegend nicht sachgerecht sein sollte. Sie vermag mit ihren pauschalen Rügen weder das Resultat des vorgenommenen Drittvergleichs noch die angewandte Methode oder die Schlussfolgerungen des Bundesverwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich ferner mit den Vorbringen der Rekurrentin – etwa bezüglich der Grösse des Betriebes, der Vergleichbarkeit der Drittleistungen («Auftrag F.») und der Thematik um SIA-Norm 416 – in überzeugender Art und Weise auseinandergesetzt (vgl. BVGer A-5317/2020 vom 23. Juni 2022 E. 3.5.3). Auch diesbezüglich begnügt sich die Rekurrentin im vorliegenden Verfahren mit lediglich appellatorischer Kritik. Abgesehen davon lässt sich dem rechtskräftigen Bundesverwaltungsgerichtsurteil entnehmen, dass die Buchhaltung der Rekurrentin ungenügend war (BVGer A-5317/2020 vom 23. Juni 2022 E. 3.4.1.1), was vorliegend gänzlich unbestritten bleibt. Aus den aufgelegten Akten ist sodann ersichtlich, dass für das streitgegenständliche Neubauprojekt – offenbar im Gegensatz zu anderen Bauprojekten der Rekurrentin – etwa auch keine Stundenrapporte vorliegen, die beispielsweise den Nachvollzug des tatsächlich geleisteten Personalaufwands erlauben würden (vgl. hierzu etwa die Ausführungen der Rekurrentin im Schreiben an die ESTV vom 5. Dezember 2018 unter dem Titel «Berechnung ausgehend von Arbeitsstunden», worin sie die entstandenen Lohn- und Arbeitskosten mithilfe einer «Hilfsrechnung» bzw. einer «indirekten Berechnung» «annäherungsweise» ermittelt haben will; sowie ihre Ausführungen im Schreiben an die ESTV vom 24. Juni 2016, wonach für die Arbeiten «D.» keine Arbeitsrapporte bestünden [beide Schreiben in StV-act. 8]). Die Rekurrentin kam damit ihren Mitwirkungspflichten, eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen, offensichtlich nicht nach. Entsprechend ist nicht zu beanstanden, dass auch vorliegend auf die Berechnung des Drittpreises der ESTV und damit auf eine ermessensweise Schätzung des marktüblichen Entgelts anhand eines Vergleichs von tatsächlich getätigten Drittgeschäften abgestellt wird bzw. abgestellt werden muss. Die Differenz zwischen dem gewährten «Vorzugspreis» und dem ermittelten Drittpreis ist sodann als wesentlich einzustufen. Die ermittelte Differenz des Material­anteils für Baumeisterarbeiten von rund 29 % bei Projekten für unabhängige Dritte mit jenem für Baumeisterarbeiten im Zusammenhang mit dem Bauprojekt der Anteilseigner von rund 60 % schlägt sich in Aufrechnungen von geldwerten Leistungen von total Fr. 205'990.– (Steuerperiode 2011: Fr. 150'285.–; Steuerperiode 2012: Fr. 55'705.–) nieder (vgl. act. 5 S. 4; StV-act. 5 und 7). Damit liegen hinreichende Indizien vor, um auf die Unangemessenheit der Gegenleistung schliessen zu können. Folglich stünde es der Rekurrentin in beweisrechtlicher Hinsicht offen, die begründete Vermutung der Unangemessenheit der erbrachten Gegenleistung zu entkräften. Mit ihren pauschalen Rügen gelingt es ihr jedoch nicht den Nachweis für die gegenteilige Behauptung zu erbringen (vgl. vorstehende E. 5.4.2).

Angesichts dieser grossen (Preis-)Differenz erscheint es nachvollziehbar, dass die Steuerverwaltung das Kriterium des «offensichtlichen Missverhältnisses» im nachsteuerlichen Veranlagungs- und Einspracheverfahren implizit als gegeben erachtete. Mit dem Verzicht der Rekurrentin auf ein marktmässiges Entgelt für die getätigten Baumeisterleistungen haben die begünstigten Aktionäre offensichtlich einen Vorteil erlangt. In Anbetracht der doch deutlichen Abweichung zwischen dem hypothetischen Fremdvergleichspreis und dem tatsächlich entrichteten Preis ist schliesslich darauf zu schliessen, dass die unvollständige Gegenleistung für die Organe der Rekurrentin erkennbar gewesen sein musste, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Begünstigung beabsichtigt war (vorstehende E. 5.2; vgl. in diesem Zusammenhang etwa BGer 9C_37/2023 vom 11. Juni 2024 E. 3.7). Hierfür spricht denn auch, dass seitens der Rekurrentin erst gar keine Stundenrapporte für das Bauprojekt der Anteilseigner geführt wurden, was den Schluss nahelegt, dass von vornherein nicht beabsichtigt war, die tatsächlich erbrachten Baumeisterleistungen in vollem Umfang zu verrechnen.

6.3      Zusammenfassend liegen sämtliche Gesichtspunkte einer verdeckten Gewinnausschüttung bzw. Gewinnvorwegnahme vor. Die pauschalen Rügen der Rekurrentin vermögen nichts daran zu ändern, dass sie die streitgegenständlichen Aufrechnungen (auch) gewinnsteuerlich hinzunehmen hat.

7.        Der Rekurs erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet. Er ist dementsprechend abzuweisen.

(…)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2024 A 2023 16
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