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Art. 417 OR

Art. 162 HRegV und Art. 2 ZGB

Regeste:

Art. 162 HRegV und Art. 2 ZGB – Wer in derselben Streitsache mit demselben Rechtsbegehren und ähnlicher Begründung ein viertes Gesuch um Registersperre einreicht, verstösst gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Aus den Erwägungen:

(...)

5. Gemäss Art. 2 Abs. 1 ZGB hat jedermann in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Art. 2 Abs. 2 ZGB verhindert die Durchsetzung bloss formaler Rechte, wenn diese in offensichtlichem Widerspruch stehen zu elementaren ethischen Anforderungen. Eine allgemein anerkannte Definition des Rechtsmissbrauchs ist nicht möglich. Art. 2 Abs. 2 ZGB stellt eine Vorschrift für die Lösung von Einzelfällen dar. Die Norm dient als korrigierender «Notbehelf» für die Fälle, in denen formales Recht zu materiell krassem Unrecht führen würde (Honsell, Basler Kommentar, 4. A., Basel 2010, N 24 ff. zu Art. 2 ZGB).

Im vorliegenden Fall weist die Gesuchstellerin selber darauf hin, dass das Gesuch auf den ersten Blick rechtsmissbräuchlich erscheinen könnte, da es bereits das fünfte Gesuch in dieser Angelegenheit sei. In der Tat wurden in derselben Streitsache beim Kantonsgericht Zug bereits vier Verfahren eingeleitet, welche mittlerweile alle erledigt worden sind. Beim ersten Verfahren ging es um die Einberufung der Generalversammlung der Gesuchsgegnerin; bei den drei folgenden Verfahren wurde mit Bezug auf die an der Generalversammlung der Gesuchsgegnerin vom 29. Juli 2011 getätigten Wahlgeschäfte Registersperren verlangt. Das Rechtsbegehren des vorliegenden Gesuches ist identisch mit den Rechtsbegehren der Verfahren ES 2011 461, ES 2011 629 und ES 2011 810. Auch die Begründungen sind in allen Gesuchen ähnlich. Die vier Gesuche betreffend Registersperre wurden so terminiert, dass kurz nach Abweisung eines Gesuches beim Handelsregisteramt Zug erneut eine Registersperre verlangt wurde. Mit dieser Kaskade von Gesuchen ist es den Gesuchstellern bisher gelungen, eine rechtskräftige Erledigung der Streitsache zu verhindern, ohne dass gegen die vorangehenden Entscheide ein Rechtsmittel ergriffen worden ist. Dieses offensichtlich koordinierte Vorgehen der Gesuchsteller steht zwar dem Wortlaut von Art. 162 HRegV, welcher für den Einspruch Dritter keine absolute Zeitlimite kennt, nicht entgegen, wohl aber dem Willen des Gesetzgebers, welcher ein solches Vorgehen mit Bestimmtheit nicht zulassen wollte. Indem nun die Gesuchstellerin in derselben Streitsache mit demselben Rechtsbegehren und ähnlicher Begründung ein viertes Gesuch um Registersperre eingereicht hat, verstösst sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da kein plausibler Grund ersichtlich ist, weshalb die Gesuchstellerin gegen die Beschlüsse vom 29. Juli 2011 nicht schon früher Einspruch erhoben hat. Die Gesuchstellerin macht nicht geltend, sie habe von den fraglichen Wahlgeschäften vom 29. Juli 2011 erst viel später Kenntnis erhalten. Das vorliegende Gesuch ist offensichtlich missbräuchlich, weshalb es keinen Rechtsschutz verdient. Das Gesuch ist daher abzuweisen.

Entscheid des Kantonsgerichts, Einzelrichter, vom 20. März 2012 (ES 2012 98)

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