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Art. 417 OR

Regeste:

Art. 417 OR – Herabsetzung des Mäklerlohns. Bei der Beurteilung der Angemessenheit eines Mäklerlohns ist neben der Prozentvergütung auch ein vereinbarter Mehrerlös zu berücksichtigen (Erw. 6.5.2). Im vorliegenden Fall wurde der Mäklerlohn von 4,17 % als unverhältnismässig hoch betrachtet und auf das angemessene Mass von 3 % herabgesetzt (Erw. 6.5.3).

Aus dem Sachverhalt:

X.Y. beauftragte die Beklagte, ihr für ihre Eigentumswohnung in 8049 Zürich-Höngg einen Käufer zu vermitteln. Die Provision wurde in der Höhe von 3 % des beurkundeten Verkaufspreises vereinbart, wobei bei einem Verkaufspreis von über CHF 830'000.-- der Mehrerlös hälftig geteilt werden sollte. In der Folge wurde die Wohnung für CHF 850'000.-- verkauft. Die Beklagte stellte X.Y. Rechnung für die Provisionsforderung und zog vom Rechnungsbetrag die bereits vom Käufer erhaltene «Reservationszahlung» ab. X.Y. verlangt die Herabsetzung der Provisionsforderung und Rückerstattung des zu viel bezahlten Betrages.

Aus den Erwägungen:

(...)

6.5.2  Zu klären ist zunächst, ob der Mäklerlohn gemäss Art. 417 OR neben dem Prozentversprechen auch den Mehrerlös umfasst bzw. ob dieser herabsetzbar ist. Gemäss Schweiger (Der Mäklerlohn, Diss. Zürich 1986, S. 230 f.) fällt unter den Begriff Mäklerlohn nicht nur die erfolgsbedingte Provision (Prozentsatz oder Mehrerlös), sondern auch Aufwendungsersatz. Nach Gautschi (Berner Kommentar, Bern 1964, N 4a zu Art. 417 OR) sind nicht nur unverhältnismässig hohe Prozentvergütungen, sondern auch Pauschalvergütungen und Gewinnanteile, die sich der Mäkler ausbedungen hat, herabsetzbar. Demgegenüber vertritt Streiff (Handkommentar zum Maklervertrag, Wetzikon/Zürich 2009, S. 95 f.) die Auffassung, dass nur das Basishonorar üblich sein soll, während Art. 417 OR nicht auf ein Supplementhonorar bzw. einen Bonus anwendbar sei. Die Auffassung von Streiff ist abzulehnen. Der Wortlaut von Art. 417 OR spricht nur von «Mäklerlohn», ohne zu unterscheiden, ob es sich dabei um ein Basishonorar oder ein Supplementhonorar handelt. Dasselbe gilt auch für die Verwendung dieses Begriffs in Art. 413 Abs. 1 OR, wobei zu beachten ist, dass die vom Gesetz in Art. 412-416 OR abwechselnd verwendeten Bezeichnungen «Vergütung», «Mäklerlohn» oder «Lohn» synonym sind (Ammann, Basler Kommentar, 5. A., Basel 2011, N 1 zu Art. 413 OR). Der Grundgedanke von Art. 417 OR besteht weiter darin, übermässige rechtsgeschäftliche Bindungen des Auftraggebers als schwächere Partei des Mäklervertrages zu verhindern (BGE 117 II 286 E. 5b). Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn der gesamte Mäklerlohn herabsetzbar ist. Folglich ist bei der Frage der Herabsetzung der Provision von demjenigen Mäklerlohn auszugehen, den der Mäkler insgesamt, unter Einschluss allfällig zusätzlich versprochener Mehrerlöse, erhält.

Das Bundesgericht bezeichnete in jüngerer Zeit ein Mäklerhonorar von bis zu 3 % für die Vermittlung einer überbauten Liegenschaft im Raum Zürich wiederholt als üblich, wobei es im Einzelfall bei einem Kaufpreis von CHF 2,8 Mio. auch ein solches von 3,75 % als nicht übermässig hoch einstufte (BGE 4C.151/2005 E. 4.2.2 mit Hinweisen). Sodann wurde die Anwendung der Honorarempfehlung des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft (SVIT), Sektion Zürich, Ausgabe 1983, nicht beanstandet, die für den Verkauf eines Mehrfamilien- oder Geschäftshauses bei einem Verkaufspreis von CHF 1-2 Mio. eine Provision von 2,5-3,5 % vorsah (BGE 112 II 460 E. 1 f.). In der Lehre werden im Liegenschaftshandel Provisionen von 1-2 %, ausnahmsweise von 3 % für überbaute Grundstücke und von 3-5 % für unbebaute Grund­stücke als ortsüblich (Ammann, a.a.O., N 5 zu Art. 417 OR) bzw. für die Vermittlung von Stock­werkeigentum eine Provision von 3 % als handelsüblich bezeichnet (Streiff, a.a.O., S. 93 f., und S. 96).

6.5.3  Die Wohnung von C. S. wurde für CHF 850'000.-- verkauft. Die Beklagte verlangte gemäss Rechnung vom 14. Juli 2011 eine Provision samt Mehrerlös (ohne Werbekosten) von CHF 35'500.-- (3% auf CHF 850'000.-- + CHF 10'000.--) zuzüglich Mehrwertsteuer. Der von ihr geforderte Mäklerlohn beträgt somit 4,17 % des Kaufpreises zzgl. Mehrwertsteuer. In Anbetracht der oben erwähnten Rechtsprechung ist der Mäklerlohn von 4,17 % unverhältnismässig hoch und auf das übliche Mass von 3 % herabzusetzen. Massgebend ist dabei insbesondere, dass die Beklagte als professionelle Liegenschaftsvermittlerin einerseits zwar ein berechtigtes Interesse an einer angemessenen Provision hat, zumal ihr Verdienst aufgrund des zufälligen Charakters der Mäkelei grundsätzlich unabhängig von den erbrachten Leistungen erfolgt. Zudem hat die Beklagte anerkanntermassen einen gewissen Aufwand betrieben und die Wohnung verschiedenen Interessenten gezeigt sowie auf den Kaufentschluss des späteren Käufers kausal eingewirkt, weshalb eine Unterschreitung der Provision von 3 % nicht angezeigt ist. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass C. S. im Liegenschaftshandel unbestrittenermassen unerfahren gewesen ist und der Kontakt zur Beklagten nur deshalb zustande kam, weil ihr ehemaliger Mieter und Mitbewohner der zu verkaufenden Wohnung, J. W., damals für die Beklagte arbeitete. Unter diesen Umständen erscheint C. S. auch unter Berücksichtigung ihrer Invalidität als klar schwächere Partei des Mäklervertrages. Daher ist eine Herabsetzung des Mäklerlohns auf 3 % gerechtfertigt. (...)

Entscheid des Kantonsgerichts, Einzelrichter, vom 20. Dezember 2012 (EV 2012 22).

Auf eine gegen diesen Entscheid erhobene Berufung trat das Obergericht mit Urteil vom 22. Februar 2013 nicht ein.

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