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§ 72 PBG, § 9 Abs. 1 + 2 BO Walchwil
Art. 22 Abs. 1 PRG, § 44 Abs. 1 PBG, § 19 PBG

Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG, Art. 11 Abs. 2 USG, Art. 7 Abs. 1 LSV, § 21 PBG, § 36 BO Zug, § 20 Altstadtreglement Zug

Regeste:

Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG, Art. 11 Abs. 2 USG, Art. 7 Abs. 1 LSV, § 21 PBG, § 36 BO Zug, § 20 Altstadtreglement Zug – Umnutzung eines bestehenden Gebäudes in der Altstadtzone Zug für eine Gaststube mit Tapas-Werkstadt und Vinothek, Zonenkonformität des geplanten Restaurationsbetriebes in der Altstadtzone? Zulässigkeit der Lärmimmissionen des Restaurationsbetriebes in der Altstadtzone?

Aus den Erwägungen:

6. Die Beschwerdeführenden bringen zudem vor, das Bauvorhaben sei nicht zonenkonform. Nach § 20 Abs. 1 Altstadtreglement vom 11. Januar 1983 (AR) seien im Erdgeschoss «nach Möglichkeit Ladengeschäfte, öffentlich zugängliche Lokale oder nicht störende Kleingewerbe vorzusehen». Aus der genannten Bestimmung folge eindeutig, dass in der Kernzone A «Altstadtzone» (KA) nach den Bestimmungen des AR nur nicht störende Gewerbebetriebe zulässig seien. Unter diesen Umständen stelle sich die Frage, ob der geplante Restaurationsbetrieb im Sinne von § 20 Abs. 1 AR als nicht störendes Kleingewerbe gelten könne. Das müsse klar verneint werden. Ein Bar- und Restaurationsbetrieb mit Aussenbestuhlung stelle kein nicht störendes Kleingewerbe dar – erst recht nicht, nachdem gemäss neuem Betriebskonzept auch regelmässige abendliche «Events» durchgeführt werden sollten, für welche auch längere Öffnungszeiten als die verfügten Betriebszeiten der Aussensitzplätze bewilligt werden könnten. Ferner sei es seit Inkrafttreten des Rauchverbots gerichtsnotorisch, dass zahlreiche Gäste dem Rauchgenuss im Freien und meistens gruppenweise nachgehen würden. Die von der Vorinstanz verfügten Betriebszeiten für die Aussensitzplätze würden sich vor diesem Hintergrund als nicht geeignet erweisen, Lärmimmissionen auch nach 22.00 bzw. 23.00 Uhr zu verhindern. Ausserdem habe das Bundesgericht im Entscheid 1A.132/1999 für die Liegenschaft Ober Altstadt 18 bestätigt, dass Restaurationsbetriebe bzw. Barbetriebe nicht als nicht störende Gewerbebetriebe qualifiziert werden könnten. Im genannten Entscheid sei dem AR selbständige Bedeutung neben den bundesrechtlichen Umweltvorschriften beigemessen und der geplante Betrieb einer Bar trotz diverser betrieblicher Auflagen als mit § 20 Abs. 1 AR unvereinbar qualifiziert worden. Dazu werde auch auf das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 22. April 1999 in derselben Sache verwiesen. Zu betonen sei, dass die erwähnte Bar, welche Gegenstand der vorerwähnten Entscheide gebildet habe, im Gegensatz zum vorliegend zu beurteilenden Bauvorhaben keine Aussensitzplätze vorgesehen habe. Das Verwaltungsgericht habe die fehlende Zonenkonformität mit dem lärmigen Verhalten von Gästen begründet, welches erfahrungsgemäss auch ausserhalb des Betriebs auftrete und bei den beengten Verhältnissen im südlichen Teil der inneren Altstadt besonders störend in Erscheinung trete.

a) Gemäss Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG müssen Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen. Das Bauvorhaben muss mit anderen Worten zonenkonform sein (Peter Hänni, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 5. Aufl. Bern 2008, S. 144). Das Baubewilligungsverfahren dient somit der Abklärung, ob Bauten und Anlagen der im Nutzungsplan ausgedrückten räumlichen Ordnungsvorstellung entsprechen (BGE 116 Ib 53). Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Zonenkonformität bilden die für den betreffenden Zonentyp geltenden Vorschriften (Bernhard Waldmann/Peter Hänni, Raumplanungsgesetz, Bern 2006, N 21 zu Art. 22 RPG).

Das Grundstück Ober Altstadt 18a (GS 1166) liegt gemäss Zonenplan der Stadt Zug in der Kernzone A (KA) Altstadtzone. Gemäss § 21 PBG schaffen oder erhalten die Kernzonen Stadt-, Orts- oder Quartierzentren. Sie dienen Dienstleistungs- und Gewerbebetrieben sowie dem Wohnen. Für die Kernzone A sieht § 36 der Bauordnung der Stadt Zug vom 7. April 2009 (BO) einen Wohnanteil von mindestens 60 % vor und lässt mässig störende Betriebe zu. Des Weiteren verweist die Bauordnung für die Bauweise auf das Altstadtreglement der Stadt Zug vom 11. Januar 1983 (AR). Dieses geht als Spezialregelung grundsätzlich dort den Bestimmungen der Bauordnung vor, wo es andere oder weitergehende Bestimmungen enthält. Wo sich das Altstadtreglement nicht äussert, gelangen grundsätzlich die Vorschriften der Bauordnung zur Anwendung (Hans Hagmann, Kommentar zur Bauordnung der Stadt Zug, S. 113). Auch aus § 7 Abs. 2 AR ist dieser Vorrang erkennbar, wonach die Bauordnung der Stadt Zug vom 7. April 2009 für die Altstadt lediglich dann gilt, soweit deren Bestimmungen sinngemäss angewendet werden können und dem Altstadtreglement nicht zuwiderlaufen.

Nach § 1 AR gilt für die im Zonenplan ausgeschiedene Altstadtzone das Altstadtreglement, umfassend die innere und äussere Altstadt sowie die Vorstadt. Als innere Altstadt gilt das Gebiet seeseits der Linie Graben-Kolinplatz-Grabenstrasse-Seelikon. Das Baugrundstück liegt in der inneren Altstadt und damit im Geltungsbereich des Altstadtreglements. Als Grundsatz gilt, dass die Altstadt in ihrem Gesamtbild, ihrer Massstäblichkeit und inneren Struktur sowie – wo immer möglich – in ihrer historischen Substanz zu erhalten ist. Die städtebauliche und architektonische Eigenart und Qualität ist zu bewahren oder wiederherzustellen. Zweckmässige Massnahmen, wie die Schaffung von Läden und Wohnraum (insbesondere für Wohnungen mit drei und mehr Zimmern) sowie die Unterbringung von Kleingewerbe, sollen eine Aufwertung und Belebung herbeiführen. In der inneren Altstadt, die eine in sich besonders geschlossene Einheit darstellt, gelten die Bestimmungen zur Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung in verstärktem Masse (§ 2 AR). Die zulässige Nutzungsart der Liegenschaften in der Altstadtzone wird durch § 20 AR bestimmt. Danach sind im Erdgeschoss nach Möglichkeit Ladengeschäfte, öffentlich zugängliche Lokale oder nicht störende Kleingewerbe vorzusehen (Abs. 1). Im Hinblick auf den Wohnanteil ist festzuhalten, dass die Vorschrift in § 20 Abs. 2 AR, mit welcher für die Altstadtzone ein geringerer Mindestwohnanteil als in der Bauordnung der Stadt Zug (§ 36 BO) festgesetzt wurde, mit dem Inkrafttreten der an der Urnenabstimmung vom 24. Juni 1990 angenommenen Volksinitiative für höhere Wohnanteile aufgehoben worden ist (vgl. RRB vom 28. Juni 1990; Hans Hagmann, a.a.O., S. 113).

Mit dem Inhalt der Nutzungsbestimmung von § 20 AR hat sich das Verwaltungsgericht des Kantons Zug unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze gemäss § 2 AR mit Urteil vom 22. April 1999 (V 1997/56) einlässlich auseinandergesetzt. Dabei war inhaltlich zu beurteilen, ob die Baubewilligung für den Einbau einer Bar im Wohn- und Geschäftshaus Ober Altstadt 18 zu Recht erteilt wurde. Das Verwaltungsgericht hielt im genannten Urteil Folgendes fest:

«Gemäss § 2 soll die Aufwertung und Belebung u.a. durch die «Unterbringung von Kleingewerbe» herbeigeführt werden. Nach den besonderen Bau- und Zonenvorschriften sind im Erdgeschoss nach Möglichkeit Ladengeschäfte, öffentlich zugängliche Lokale oder nicht störende Kleingewerbe vorzusehen. Diese Umschreibung der Nutzungsart umfasst gewiss auch Gaststätten. Die gewählte Formulierung erlaubt ein breites Spektrum von Nutzungsarten. Anderseits ist nicht zu übersehen, dass der Gesetzgeber «nicht störende» Kleingewerbe nennt. Der Begriff «nicht störende Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe» war sowohl der Bauordnung 1981 eigen wie auch der gültigen Bauordnung 1994. Als nicht störend wird jenes Gewerbe bezeichnet, das in Wohnzonen zugelassen ist. Ladengeschäfte sind ebenfalls nicht störend, insbesondere was die Ladenöffnungszeiten und die Einhaltung der Nacht- und Sonntagsruhe betrifft. Aufgrund der mittleren bis kleinen Gebäudegrundrisse in der inneren Altstadt ergeben sich in diesem Bereich der Altstadtzone ohnehin nur beschränkte Möglichkeiten hinsichtlich der Grösse von Ladengeschäften. Der Begriff «öffentlich zugängliche Lokale» ist im gleichen Sinne zu verstehen wie die Nutzung für Ladengeschäfte oder nicht störende Kleingewerbe. Eine Auslegung, welche Kleingewerbe nur zulassen wollte, wenn sie nicht stören, anderseits aber öffentlich zugängliche Lokale auch dann bewilligen wollte, wenn sie stören, wäre in sich widersprüchlich. Das gleiche gilt von der Auslegung nach dem Grundsatz gemäss § 2 AR. Die Schaffung von Läden und Wohnraum sowie die Unterbringung von Kleingewerbe sind nicht als gegensätzliche und konfliktträchtige Ziele zu verstehen, sondern sollen miteinander verträglich eine Aufwertung und Belebung herbeiführen. Anderseits verbietet das Altstadtreglement keineswegs Restaurants, Hotels oder Bars. Hinsichtlich der baulichen Gestaltung, der Nutzung und der Lärmbelastung ist die Altstadtzone aber durch starke Unterschiede gekennzeichnet. Das Reglement unterscheidet zwischen der äusseren und der inneren Altstadt, in welcher die Bestimmungen über Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung in verstärktem Masse gelten. Die Differenzierung ist aber auch im Gesamtbild, in der Massstäblichkeit und inneren Struktur angelegt, welche gemäss § 2 AR zu erhalten ist. Bei der Anwendung des Altstadtreglementes verbietet sich eine rein normativ-abstrakte Beurteilung über die Zonenkonformität einer Baute, sondern ist die gewachsene Struktur, welche zu erhalten und zu beleben ist, zu berücksichtigen. Diese Struktur beinhaltet grosse Unterschiede, beispielsweise hinsichtlich Geschosszahl, hinsichtlich Lärmbelastung und Eignung für die Wohnnutzung oder hinsichtlich der denkmalpflegerischen Schutzwürdigkeit. Diese Unterschiedlichkeit in der Massstäblichkeit und inneren Struktur verbietet auch, die Zulässigkeit eines Bauvorhabens ohne Berücksichtigung dieser Struktur aus dem Bestehen einer anderen Baute im Altstadtgebiet zu begründen.»

Aus den vorgenannten Zonenbestimmungen ergibt sich, dass nicht störende Ladengeschäfte, nicht störende öffentlich zugängliche Lokale und nicht störende Kleingewerbe in der Altstadtzone grundsätzlich zulässig sind. Soweit die Vorinstanz daher ausführt, dass die Bauordnung der Stadt Zug in der gesamten Kernzone A mässig störende Betriebe vorsehe, kann ihr demnach nicht gefolgt werden. Denn mit § 36 weitet die Bauordnung der Stadt Zug das Spektrum der zulässigen Nutzungsarten aus und läuft damit dem Altstadtreglement zuwider (§ 7 Abs. 2 AR i.V.m. § 73 BO). Weiter ist festzuhalten, dass das Altstadtreglement Restaurants, Hotels oder Bars nicht verbietet. Mit der Umschreibung der Nutzungsarten auf nicht störende Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe ist deshalb noch keineswegs die Frage beantwortet, ob das hier umstrittene Bauvorhaben zonenkonform ist oder nicht. Vielmehr müssen aufgrund von § 2 AR die in der Altstadtzone vorhandenen Unterschiede hinsichtlich der baulichen Gestaltung, der Nutzung und der Lärmbelastung in die Beurteilung der Zonenkonformität miteinbezogen werden. Da aus diesem Grund das Altstadtreglement eine rein normativ-abstrakte Beurteilung über die Zonenkonformität einer Baute verbietet, ist vorab der Charakter respektive die gewachsene Struktur der inneren Altstadt im Bereich der Liegenschaft Ober Altstadt 18a zu ermitteln, die es insbesondere auch mit dem geplanten Projekt zu erhalten und beleben gilt.

b) Dem Regierungsrat sind die örtlichen Verhältnisse der inneren Altstadt bekannt. Zusätzlich wurde am 12. April 2013 in der vorliegenden Beschwerdesache ein Augenschein durchgeführt. Es konnte dabei festgestellt werden, dass die Gassen sowie die Nachbarschaft der inneren Altstadt eng gestaltet sind und sich auf der gesamten Länge der Ober Altstadt-Gasse diverse Geschäfte eingemietet haben. Bei diesen Erdgeschossnutzungen handelt es sich unter anderem um Geschenk- und Accessoireläden, Kleidergeschäfte, einen Coiffeursalon, eine Apotheke, eine Musikschule, eine Kinderkrippe und Kunstgalerien. Diese Nutzungsarten haben gemeinsam, dass sie einerseits auf die üblichen Ladenöffnungszeiten und anderseits auf das Gebäudeinnere beschränkt sind. Die Ober Altstadt-Gasse wird daher in der Regel nur kurzzeitig für das Aufsuchen und Verlassen der Wohnungen und Ladengeschäfte passiert und beansprucht. Die daraus resultierende Lärmkulisse ist für die Anwohner meist nur zu den Arbeitszeiten (07.00 bis 19.00 Uhr) wahrnehmbar. Abgesehen davon steht in der Ober Altstadt-Gasse die Wohnnutzung im Vordergrund. Dies zeigt sich nicht nur aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse, sondern ergibt sich auch aus den rechtlichen Vorgaben, wonach der Wohnanteil in der Kernzone A mindestens 60 % beträgt. Insgesamt ist damit ersichtlich, dass die Ober Altstadt hinsichtlich der bestehenden Nutzung und Lärmbelastung über eine einheitliche, homogen gewachsene Struktur verfügt, unabhängig davon, ob man sich im nördlichen oder im südlichen Teil der Gasse befindet.

c) Die Vorinstanz führt im angefochtenen Entscheid aus, dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. April 1999 (V 1997/56) zwischen dem mehr lärmbelasteten nördlichen Bereich und dem weniger belasteten südlichen Bereich der inneren Altstadt unterschieden habe. Das Vorhaben liege rund 50 m vom Restaurant Rathauskeller mit Gartenwirtschaft sowie rund 60 m vom Restaurant Fischmarkt, ebenfalls mit Gartenwirtschaft entfernt, mithin also im belebteren nördlichen Teil der Altstadt. Beide benachbarten Gaststätten würden die Gartenwirtschaft bis 24.00 Uhr betreiben können. Im Gegensatz zum südlichen Teil der Altstadt herrsche im nördlichen Teil unter anderem ausgehend von den Restaurants Rathauskeller und Fischmarkt, dem Hotel Aige Esdewebe, dem Weinrestaurant Felsenkeller sowie dem Barbetrieb an der Unter Altstadt 12 mehr Betrieb als im erwähnten, durch das Bundesgericht beurteilten Fall nahe der Liebfrauen-Kirche und dem Greth-Schell-Brunnen an der Ober Altstadt 18. Nebst Wohnnutzung komme in diesem Teil der Altstadt der Restauration grosses Gewicht zu. Entsprechend sei der nördliche Teil der Altstadt eher frequentiert als der südliche Teil. Die konkrete Umgebung spreche daher für die Zonenkonformität der geplanten Tapas-Bar mit Vinothek.

Es ist zutreffend, dass das Verwaltungsgericht des Kantons Zug im genannten Urteil vom 22. April 1999 erwogen hat, dass dem Gericht die örtlichen Verhältnisse in der Altstadtzone, insbesondere auch im mehr lärmbelasteten nördlichen Bereich der inneren Altstadt und im weniger belasteten südlichen Bereich bekannt seien. Daraus geht jedoch noch nicht hervor, welche Gebiete der inneren Altstadt dem lärmbelasteten nördlichen Bereich bzw. dem weniger belasteten südlichen Bereich im Sinne des Gerichts zuzuordnen sind. Die Vorinstanz weist die Liegenschaft Ober Altstadt 18a aufgrund von dessen Lage und räumlichen Distanz zum Fischmarkt dem belebteren (lärmbelasteteren) nördlichen Teil zu. Wie bereits ausgeführt wurde, ist die innere Altstadt hinsichtlich der baulichen Gestaltung, der Nutzung und der Lärmbelastung durch starke Unterschiede gekennzeichnet. Es muss daher für jedes Bauvorhaben innerhalb der Kernzone A die gewachsene Struktur der Umgebung ermittelt werden, welche zu erhalten und zu beleben ist (§ 2 AR). Eine fiktive Grenzziehung, welche den Perimeter der inneren Altstadt beispielsweise in der Mitte trennt und damit das Gebiet in einen südlichen und nördlichen Bereich unterteilt, ohne dass dafür sachliche Gründe vorliegen, ist deshalb abzulehnen. Wie bereits vorangehend aufgezeigt wurde, verfügt die Ober Altstadt über eine einheitliche innere Struktur, deren Rechnung zu tragen ist. Diese gilt es insbesondere zu erhalten und in diesem Rahmen auch zu beleben. Denn die baurechtlichen Gebote der Erhaltung und Wiederherstel-lung setzen der Verbesserung durch Aufwertung und Belebung zum vornherein Grenzen (vgl. § 2 AR; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 22. April 1999, E. 2a [V 1997/56]). Die von der Vorinstanz angefügten Restaurationsbetriebe befinden sich allesamt nicht in der Ober Altstadt und sind daher auch nicht geeignet, den ermittelten Charakter dieses Stadtteils entsprechend zu beeinflussen. So ist festzuhalten, dass der Barbetrieb an der Unter Altstadt 12 durch zwei Häuserzeilen von der Ober Altstadt-Gasse getrennt ist und dieser somit hinsichtlich Nutzung und Lärmbelastung nicht zugerechnet werden kann. Daran ändert insbesondere auch die Schwanengasse nichts, welche die Unter mit der Ober Altstadt verbindet. Das Restaurant Rathaus und das Restaurant Fischmarkt (beide mit Gartenwirtschaft) haben ihren Standort am Fischmarkt. Deren Haupteingänge als auch deren Aussensitzplätze sind zu diesem Platz hin ausgerichtet und liegen nicht innerhalb der Ober Altstadt-Gasse. Der Charakter des Fischmarktes unterscheidet sich somit aufgrund der vorhandenen Gaststätten mit Aussenbewirtschaftung und den damit einhergehenden Lärmbelastungen ebenfalls deutlich von den Verhältnissen in der Ober Altstadt. Dasselbe gilt für das Hotel Aige Esdewebe und das Weinrestaurant Felsenkeller. Diese liegen in der Nähe des Kolinplatzes und der stark befahrenen, lärmintensiven Neugasse bzw. Grabenstrasse. Sie sind zudem auf den Kolinplatz bzw. die Grabenstrasse ausgerichtet. Der Regierungsrat gelangt daher zur Auffassung, dass der bestehende Charakter der Ober Altstadt nicht mit der gewachsenen Struktur der Unter Altstadt, des Fischmarktes, des Kolinplatzes und der Grabenstrasse verglichen werden kann. Aus diesem Grund müssen auch bei der Beurteilung der Zonenkonformität diese Gebiete der Altstadt klar voneinander abgegrenzt werden. Würde man darauf verzichten, hätte dies zur Folge, dass die vorhandenen Unterschiede in der Altstadtzone nicht mehr erhalten werden könnten und mit der Zeit vollständig verloren gingen. Dies ist mit den Grundsätzen des Altstadtreglements nicht vereinbar (vgl. § 2 AR).

In der Folge ist somit zu prüfen, ob mit dem geplanten Bauvorhaben die ermittelte innere Struktur der Ober Altstadt erhalten und belebt wird.

d) Die Gesuchstellerin plant den Umbau und die Umnutzung der Ankenwaage zu einer Tapaswerkstatt und Vinothek. Das Projekt umfasst ausserdem 20 Aussensitzplätze und eine 2.65 m lange Sitzbank, welche entlang der West- und Südfassade des Gebäudes bereitgestellt werden sollen. Die Vorinstanz hat die Betriebszeit für die Aussensitzplätze von Sonntag bis und mit Donnerstag auf 22.00 Uhr bzw. für den Freitag und Samstag auf 23.00 Uhr festgelegt. Ferner sind gemäss Betriebskonzept auch Events vorgesehen, im Sinne von Themenabende für Weinliebhaber und Degustationen mit Weinbauern sowie kleinere kulturelle Anlässe. Daraus ist ersichtlich, dass es sich vorliegend um einen Betrieb handelt, der sich weder auf die üblichen Ladenöffnungszeiten noch auf das Gebäudeinnere beschränkt. Die Besonderheit eines solchen Lokals liegt gerade darin, dass eine mit Lärmemissionen verbundene Tätigkeit schwergewichtig in der Ruhe- (19.00 bis 22.00 Uhr) und Nachtzeit (22.00 bis 07.00 Uhr) entfaltet wird. Die Aussensitzplätze laden zum Verweilen ein und verursachen damit auch ausserhalb der üblichen Arbeitszeit eine permanente Lärmkulisse, die mit derjenigen in der Ober Altstadt-Gasse, so wie sie heute besteht, nicht vergleichbar ist. Hinzu kommt, dass gemäss Betriebskonzept für die Parkierungsmöglichkeiten auf das nahe gelegene Casino-Parkhaus verwiesen wird. Die Besucher der Tapas-Bar – namentlich diejenigen, welche mit dem Auto anreisen – werden daher nicht notwendigerweise entlang der viel befahrenen Grabenstrasse und via Ankengasse, sondern auch über den Kolinplatz oder von Süden her über die Ober Altstadt-Gasse zur Ankenwaage gelangen. Diesen letztgenannten südlichen Zugang werden vorzugsweise auch diejenigen Automobilisten wählen, welche ihr Fahrzeug im ebenfalls nahe gelegenen Parkhaus Frauensteinmatt abstellen werden. Gerade bei den engen räumlichen Verhältnissen der Altstadt ist deshalb davon auszugehen, dass sich das lärmige Verhalten der Gäste im Aussenbereich der Ankenwaage sowie der dazugehörige Kundenverkehr besonders störend auf die umliegenden Liegenschaften auswirkt, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden. Mit dem hier umstrittenen gewerblichen Betrieb werden demnach die bestehenden Verhältnisse empfindlich gestört und die Wohnqualität erheblich beeinträchtigt. Angesichts dessen ist festzuhalten, dass mit der geplanten Nutzung, die weder an die üblichen Ladenöffnungszeiten gebunden ist noch im Gebäudeinneren stattfindet, der bestehende Charakter der Ober Altstadt hinsichtlich Nutzung und Lärmbelastung offensichtlich missachtet wird. Somit wird dem Grundsatz, die Ober Altstadt in ihrem Gesamtbild, ihrer Massstäblichkeit und inneren Struktur zu erhalten und in diesem Sinn zu beleben, nicht ausreichend Rechnung getragen. Das umstrittene Projekt widerspricht daher den einschlägigen Zonenbestimmungen des Altstadtreglements (§ 20 Abs. 1 i.V.m. § 2 AR) und ist deshalb am gewählten Standort nicht zonenkonform. An dieser Beurteilung ändert insbesondere auch der Hinweis der Vorinstanz auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen nichts. Wie vorangehend ausgeführt wurde, ist in der Altstadtzone eine rein normativ-abstrakte Beurteilung über die Zonenkonformität einer Baute nicht zulässig. Vielmehr verlangt die Auslegung des Altstadtreglements die differenzierte Berücksichtigung der gewachsenen Struktur in den einzelnen Stadtteilen. Der vorliegende Entscheid hat sich an dieser Vorgabe orientiert. Eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen liegt daher nicht vor. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des Stadtrates Zug vom 27. November 2012 aufzuheben.

7. (…)

8. Die Lärmemissionen einer neuen ortsfesten Anlage müssen nach den Anordnungen der Vollzugsbehörde im Rahmen der Vorsorge so weit begrenzt werden, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Zudem dürfen die von der Anlage allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte nicht überschreiten (Art. 11 Abs. 2 Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 [USG; SR 814.01] und Art. 7 Abs. 1 LSV). Die Planungswerte quantifizieren ein Mass, bei welchem höchstens geringfügige Störungen auftreten (BGE 123 II 325). Das Lärmgutachten vom 20. September 2012 hält fest, dass der Restaurant-Standort Ober Altstadt 18a mit Aussensitzplätzen in Richtung Ober Altstadt aus rein lärmtechnischer Sicht nicht optimal sei. Mit einem uneingeschränkten bzw. unkontrollierten Betrieb einer solchen Anlage sei die lärmrechtliche Anforderung «höchstens geringfügige Störungen» kaum einzuhalten. Gleichwohl sei ein Betrieb im Rahmen der lärmrechtlichen Anforderungen, unter Einbezug weitergehender Lärmschutzmassnahmen, möglich. Die Vorinstanz hat aus diesem Grunde und in Beachtung des lärmrechtlichen Vorsorgeprinzips unter anderem die Betriebszeiten der Aussensitzplätze von Sonntag bis und mit Donnerstag auf 22.00 Uhr und am Freitag und Samstag auf 23.00 Uhr festgelegt. Diese Unterscheidung wird damit begründet, dass auf die besonders lärmempfindliche Einschlafphase der Anwohnerschaft insbesondere unter der Woche Rücksicht zu nehmen sei. An Freitagen und Samstagen hingegen verschiebe sich die Einschlafphase eines Grossteils der Bevölkerung erfahrungsgemäss auf später. An diesen Abenden folge für einen grossen Teil der Anwohnerschaft ein arbeitsfreier Tag, was bei der Festlegung der Betriebszeiten berücksichtigt werden dürfe. Diese Ausführungen stützt die Vorinstanz wörtlich auf das Urteil Nr. VB.2010.00257 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. September 2011.

Hierzu ist anzumerken, dass nach den Anhängen zur LSV die Nacht – je nach Lärmart – zwischen 19.00 Uhr (Anhang 6: Industrie- und Gewerbelärm) und 22.00 Uhr (Anhänge 3 und 4: Verkehrslärm) beginnt. Auch nach der cercle bruit-Richtlinie der Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute zur Ermittlung und Beurteilung der Lärmbelastung durch den Betrieb öffentlicher Lokale vom 10. März 1999 beginnt die Nacht um 22.00 Uhr. Nach der Praxis des Bundesgerichts ist jedenfalls die Nachtruhe der Bevölkerung in der Zeit zwischen 22.00 und 23.00 Uhr besonders schutzwürdig, handle es sich doch dabei um die besonders lärmempfindliche Einschlafphase (Bundesgerichtsentscheid vom 24. Juni 1997, URP 1997 495 ff., E. 6d; 1A.282/2000 vom 15. Mai 2001). In Bezug auf die Schutzwürdigkeit der Einschlafphase unterscheidet die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht zwischen dem Wochenende (Freitag und Samstag) und den restlichen Wochentagen. Dasselbe gilt für die LSV und die cercle bruit-Richtlinie. Hinzu kommt, dass für den Lärm von Restaurants und Gartenwirtschaften die LSV keine Grenzwerte enthält und daher auch keine Regelung über den Beginn der Nachtruhe vorsieht. Es ist deshalb nicht von vornherein unzulässig, hierfür die kommunalen Lärmschutzbestimmungen heranzuziehen, als Ausdruck der in einer Gemeinde vorherrschenden Meinung oder Gepflogenheiten hinsichtlich des Ruhebedürfnisses der örtlichen Bevölkerung (vgl. BGE 126 II 366, E. 4a und 5b; Bundesgerichtsentscheid 1A.282/2000 vom 15. Mai 2001; Wolf, a.a.O., N 13 zu Art. 25 USG). Die Stadt Zug verfügt über ein Lärmreglement, welches eine generelle Nachtruhe von 22.00 bis 07.00 Uhr statuiert. Somit ist auch unter diesem Aspekt nicht ersichtlich, aus welchen sachlichen Gründen sich die schutzwürdige Einschlafphase an Freitagen und Samstagen im Vergleich zu den restlichen Wochentagen um eine Stunde nach hinten verschieben sollte. Ein unbesehenes Abstellen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. September 2011 überzeugt jedenfalls nicht, ist doch die Ausgangslage im genannten Urteil nicht mit der vorliegenden identisch. Insbesondere hat die Vorinstanz den aus lärmtechnischer Sicht heiklen Standort der Ankenwaage sowie die örtlichen Gepflogenheiten, die sich aus dem Lärmreglement ergeben, nicht in ihre lärmrechtliche Beurteilung einfliessen lassen.

Regierungsrat, 26. November 2013

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