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Gerichtspraxis

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Zivilrecht

Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Ordentliches Verfahren

Art. 22 SchKG

Regeste:

Art. 22 SchKG – Wird eine aufgrund eines rechtzeitig erhobenen Rechtsvorschlags eingestellte Betreibung ohne vorgängigen Erlass einer entsprechenden Verfügung des Betreibungsamtes fortgesetzt, erweist sich dies als nichtig, falls der Schuldner nicht durch sein Verhalten für die Fortsetzung der Betreibung Anlass gegeben hat.

Aus den Erwägungen:

(...)

2.3.1 Verstossen Verfügungen gegen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind, so sind sie nichtig (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 SchKG).

2.3.2 In BGE 73 III 147 f. hielt das Bundesgericht fest, wenn feststehe, dass ein Zahlungsbefehl infolge Rechtsvorschlags nicht zum vollstreckbaren Titel geworden sei, aber versehentlich gleichwohl eine Fortsetzungshandlung stattfinde, so sei die Fortsetzung der Betreibung als nichtig zu betrachten und jederzeit als solche aufzuheben. Wenn jedoch das Betreibungsamt die Gültigkeit eines Rechtsvorschlags verneine und dies den Beteiligten, sei es auch nur in konkludenter Weise durch Fortsetzung der Betreibung, zur Kenntnis gebracht habe, so werde seine Verfügung rechtskräftig, falls der Schuldner nicht binnen der Frist von Art. 17 Abs. 2 SchKG Beschwerde führe. Ebenso verhalte es sich, wenn zwar der Rechtsvorschlag vom Betreibungsamt als gültig erachtet, dann aber ebenso eine Rückzugserklärung als verbindlich entgegengenommen worden sei. Habe der Gläubiger eine entsprechende Anzeige und der Schuldner eine eindeutige amtliche Mitteilung mindestens konkludent durch die Fortsetzung des Verfahrens erhalten, so müsse ihm, wenn er es dabei nicht bewenden lassen wolle, füglich die Beschwerdeführung binnen gesetzlicher Frist zugemutet werden. In BGE 85 III 16 f. zweifelte das Bundesgericht diese Rechtsprechung an und hielt fest: «Man kann sich ernstlich fragen, ob einem Schuldner, dessen rechtzeitig erklärter Rechtsvorschlag vom Betreibungsamt als ungültig zurückgewiesen wird, wirklich zugemutet werden dürfe, bei Gefahr der Unwirksamkeit des Rechtsvorschlags binnen der Frist von Art. 17 Abs. 2 SchKG Beschwerde zu führen, wenn ihm das Betreibungsamt seine Entscheidung nicht durch eine formelle Verfügung, sondern einfach dadurch zur Kenntnis bringt, dass es die Betreibung fortsetzt. Gegen eine solche Zumutung bestehen auf jeden Fall dann erhebliche Bedenken, wenn nicht gesagt werden kann, der Schuldner oder ein Dritter, für den einzustehen dem Schuldner zugemutet werden darf (wie etwa seine Ehefrau; vgl. BGE 73 III 145 ff.), habe durch eine missverständliche und vom Betreibungsamt auch tatsächlich missverstandene Erklärung oder auf andere Weise zur Fortsetzung der Betreibung Anlass gegeben. Es lässt sich die Ansicht vertreten, in solchen Fällen dürfe der Schuldner, der fristgemäss Rechtsvorschlag erhoben hat, nicht durch blosse Fortsetzung der Betreibung nochmals vor eine - ihm zudem nicht ausdrücklich angesetzte - Verwirkungsfrist gestellt werden, sondern unter derartigen Umständen seien die Fortsetzungshandlungen ohne Rücksicht darauf, ob die Beschwerdefrist eingehalten worden sei oder nicht, von Amtes wegen aufzuheben.» Auch wenn das Bundesgericht in diesem Entscheid darüber nicht abschliessend befunden hat, ist diesen Bedenken zuzustimmen. Wird demnach eine aufgrund eines rechtzeitig erhobenen Rechtsvorschlags eingestellte Betreibung ohne vorgängigen Erlass einer entsprechenden Verfügung des Betreibungsamtes fortgesetzt, erweist sich dies als nichtig, falls der Schuldner nicht durch sein Verhalten für die Fortsetzung der Betreibung Anlass gegeben hat.

Obergericht, II. Beschwerdeabteilung als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, 31. Oktober 2012

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