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Art. 5 ZPO

Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG, Art. III-V New Yorker Übereinkommen

Regeste:

Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK – Verletzung des rechtlichen Gehörs (E. 2); Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG, Art. III – V New Yorker Übereinkommen – Schiedsspruch als Arrestgrund (E 3 ff.)

Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können, unabhängig von der Entscheidrelevanz der Eingaben. Damit das Replikrecht wahrgenommen werden kann, hat das Gericht der Partei genügend Zeit einzuräumen (E 2.1 f.). Kann eine Partei das Replikrecht nicht wahrnehmen, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Diese Verletzung kann geheilt werden, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann (E 2.3).

Der Schiedsspruch eines Schiedsgerichts, das seinen Sitz nicht in einem Vertragsstaat des Lugano Übereinkommens hat, eignet sich grundsätzlich als Arrestgrund im Sinne von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG, auch wenn er nicht vorgängig selbständig vollstreckbar erklärt worden ist bzw. im Rahmen des Arrestverfahrens nicht vollstreckbar erklärt werden kann (E. 3). Der Arrest kann daher bewilligt werden, falls der Arrestgläubiger glaubhaft machen kann, dass der Schiedsspruch in der Schweiz nach den massgebenden Normen anerkannt und vollstreckt werden kann (E. 4 ff.)

Aus den Erwägungen:

2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts umfasst der in Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können, unabhängig von der Entscheidrelevanz der Eingaben. Nach der Zustellung der Vernehmlassung ist der Partei eine gewisse Zeit zur Wahrnehmung des Replikrechts zu belassen, bevor der Entscheid gefällt wird (Urteil BGer 1B.407/2012 vom 21. September 2012 E 2.1 f.). Das Bundesgericht nahm im zitierten Entscheid dabei Bezug auf frühere Fälle, in welchen es Fristen von zwei, sieben und acht Tagen, die einer Partei nach Zustellung der Vernehmlassung für die Replik zur Verfügung standen, als ungenügend erachtete. Ferner verwies es auf einen früheren Entscheid, gemäss welchem in einer etwas allgemeineren Formulierung festgehalten wurde, dass jedenfalls vor Ablauf von zehn Tagen nicht, hingegen nach 20 Tagen von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgegangen werden dürfe (Urteil BGer 1B.407/2012 vom 21. September 2012 E. 2.2 mit Hinweisen).

2.2 Im vorliegenden Fall stellte der Arrestrichter der Beschwerdeführer die unaufgefordert eingereichte Replik der Beschwerdeführerin vom 22. November 2012 am Donnerstag, 29. November 2012 zur Kenntnisnahme zu und erliess bereits am Montag, 3. Dezember 2012 den Arresteinspracheentscheid. Die Frist zur Einreichung einer unaufgeforderten Stellungnahme war damit zu kurz bemessen, unabhängig davon, dass es sich beim Arresteinspracheverfahren um ein summarisches Verfahren handelt, das rasch durchzuführen ist. Es liegt demnach eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.

2.3 Diese Verletzung kann im vorliegenden Beschwerdeverfahren indes geheilt werden:

 

  • Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise geheilt werden, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus - im Sinne einer Heilung des Mangels - selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an eine beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 137 I 195 E. 2.3.2)

 

  • Die Beschwerdeführerin konnte ihren Standpunkt im Arrestgesuch sowie in der Vernehmlassung zur Arresteinsprache umfassend darlegen und hat davon ausgiebig Gebrauch gemacht. So umfasst das Arrestgesuch 25 Seiten und die Vernehmlassung zur Arresteinsprache 56 Seiten. Unter diesen Umständen erweist es sich nicht als besonders gravierend, dass die Beschwerdeführerin zur unaufgefordert eingereichten Stellungnahme der Beschwerdegegnerin zur Arresteinspracheantwort keine Stellung nehmen konnte. Bezeichnenderweise legt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde denn auch nicht konkret dar, zu welchen Ausführungen der Beschwerdegegnerin eine Entgegnung ihres Erachtens erforderlich gewesen wäre und inwiefern sie einen Nachteil erlitten hat, dass sie dazu nicht in der Lage war. Ist die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz somit nicht besonders schwerwiegend, besteht nach dem Bundesgericht die Möglichkeit der Heilung im Rechtsmittelverfahren, sofern die Rechtsmittelinstanz mit umfassender Kognition ausgestattet ist

 

  • Nach Art. 320 ZPO kann mit der Beschwerde die unrichtige Rechtsanwendung (lit. a) sowie die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) geltend gemacht werden. Die II. Beschwerdeabteilung verfügt damit in Rechtsfragen über umfassende Kognition, wogegen hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung eine beschränkte Kognition besteht. Letzteres steht einer Heilung des rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren indes nicht entgegen. Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Beschwerde einzig eine unrichtige Rechtsanwendung und erhebt keine Sachverhaltsrügen. Die Beschwerdeabteilung kann die Beschwerde damit umfassend beurteilen, womit der Beschwerdeführerin kein Nachteil entsteht. Die Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz ist damit im Beschwerdeverfahren möglich (vgl. BGE 133 I 100 E 4.9). Der Eventualantrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung nach Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin zur Arresteinspracheantwort ist damit abzuweisen.

3. Nach Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG kann der Gläubiger für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen, wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt. Der Arrestrichter kam im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass sich der von der Beschwerdeführerin ins Recht gelegte Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer der Republik Kasachstan (nachfolgend: ISG IHK) vom 11. April 2012 grundsätzlich als Arrestgrund im Sinne von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG eignet, auch wenn er nicht vorgängig selbständig vollstreckbar erklärt worden ist bzw. im Rahmen des Arrestverfahrens nicht vollstreckbar erklärt werden kann. Dieser Auffassung ist zuzustimmen, weshalb zur Begründung auf die zutreffenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid (Ziff. 7) verwiesen werden kann. Wie der Arrestrichter weiter zutreffend festhielt, kann der Arrest daher bewilligt werden, falls die Beschwerdeführerin glaubhaft machen kann, dass der Schiedsspruch in der Schweiz nach den massgebenden Normen anerkannt und vollstreckt werden kann. Dies ist umstritten.

4.1 Nach Art. III Satz 1 des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (New Yorker Übereinkommen; NYÜ), dem sowohl die Schweiz als auch Kasachstan beigetreten sind, erkennt jeder Vertragsstaat Schiedssprüche als wirksam an und lässt sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zu, sofern die in den folgenden Artikeln festgelegten Voraussetzungen gegeben sind.

4.2 Die in Art. IV NYÜ erwähnten Voraussetzungen zur Anerkennung und Vollstreckung des vorgelegten Schiedsspruchs (Urschrift oder beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs, Urschrift oder beglaubigte Abschrift der Schiedsvereinbarung, beglaubigte Übersetzungen dieser Schriftstücke) sind unstrittig gegeben.

4.3 Nach Ansicht der Vorinstanz liegen jedoch Anerkennungsverweigerungsgründe gemäss Art. V Ziff. 1 NYÜ vor. Sie hielt fest, das ISG IHK sei aufgrund der Lückenhaftigkeit der im Kaufvertrag vom 5. August 2008 enthaltenen Schiedsklausel ohne entsprechende Einigung der Parteien und ohne Bezeichnung durch das nach gescheiterten Einigungsverhandlungen von einer Partei angerufene zuständige staatliche Gericht für die Beurteilung des zwischen den Parteien entstanden Vertragsstreits mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zuständig. Es sei daher glaubhaft, dass dem Schiedsspruch vom 11. April 2012 im Falle eines ausdrücklichen Gesuchs um Vollstreckbarerklärung in Anwendung von Art. V Ziff. 1 lit. a NYÜ die Anerkennung in der Schweiz versagt werden müsse. Weiter erkannte der Arrestrichter, dass das ISG IHK das rechtliche Gehör der Beschwerdegegnerin verletzt habe. Damit sei auch der Anerkennungsverweigerungsgrund gemäss Art. V Ziff. 1 lit. b NYÜ glaubhaft gemacht. Beides wird von der Beschwerdeführerin bestritten.

5.1 Nach Art. V Ziff. 1 lit. a NYÜ darf die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, nur versagt werden, wenn diese Partei der zuständigen Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, den Beweis erbringt, dass die Parteien, die eine Vereinbarung im Sinne von Art. II NYÜ geschlossen haben, nach dem Recht, das für sie persönlich massgebend ist, in irgendeiner Hinsicht hierzu nicht fähig waren, oder dass die Vereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, ungültig ist.

5.2 In der in Ziffer 10 des Kaufvertrags vom 5. August 2008 abgeschlossenen Schiedsvereinbarung bestimmten die Parteien als Schiedsgericht das «Schiedsgericht der Republik Kasachstan», das gemäss ihrer übereinstimmenden Darstellung bereits zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht mehr existierte. Allerdings besteht Einigkeit zwischen den Parteien darüber, dass ungeachtet dieses Umstandes Streitigkeiten der Parteien aus dem Kaufvertrag vom 5. August 2008 einem Schiedsgericht in Kasachstan vorzulegen sind. Selbst die Beschwerdegegnerin, welche die Zuständigkeit des von der Beschwerdeführerin angerufenen ISG IHK bestreitet, hielt im Arresteinspracheverfahren in ihrer Eingabe vom 22. November 2012 fest, sie würde sich in keiner Weise dem Versuch widersetzen, in schiedsfreundlicher Auslegung der unwirksamen Klausel ein Schiedsgericht zu finden, dem die Streitigkeit in Kasachstan un-terbreitet werden könne (act. 10 Ziff. 23 im Verfahren …). Diesen Standpunkt hielt sie auch im Beschwerdeverfahren aufrecht (act. 5 Ziff. 32). Demgemäss besteht ein übereinstimmender Wille der Parteien, dass Streitigkeiten aus dem Kaufvertrag vom 5. August 2008 von einem Schiedsgericht in Kasachstan zu entscheiden sind. Die an sich ungültige Schiedsklausel kann damit gleichwohl rechtswirksam werden, falls das kasachische Recht eine Möglichkeit vorsieht, das Schiedsverfahren in Gang zu bringen, und entsprechend verfahren worden ist.

5.3 Dem Schiedsspruch des ISG IHK vom 11. April 2012 kann entnommen werden, dass der Präsident der Industrie- und Handelskammer der Republik Kasachstan auf entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. Februar 2012 am 13. Februar 2012 in Anwendung von Art. IV des Europäischen Übereinkommens über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (EÜIH) das ISG IHK für die oben erwähnte Streitigkeit bestimmt und sich das ISG IHK gestützt darauf als zuständig erklärt hat.

5.4 Der Arrestrichter erachtete es als unzulässig, die Schiedsklausel mit der in Art. IV EÜIH vorgesehenen Regelung zu ergänzen. Er führte aus, es gehe nicht an, ohne Ergründung dessen, welche Regelung die Parteien getroffen hätten, wenn ihnen die Nichtexistenz des von ihnen bezeichneten Schiedsgerichts bewusst gewesen wäre, die Schiedsklausel einfach mit Gesetzesrecht zu ergänzen, welches auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien mangels Ratifizierung des EÜIH durch die Schweiz nicht einmal subsidiär anwendbar wäre. Falls diese von der Beschwerdeführerin kritisierte Schlussfolgerung zuträfe, wäre nicht dargetan, dass das kasachische Recht eine Möglichkeit vorsieht, das Schiedsverfahren in Gang zu bringen, womit die Schiedsklausel nicht geheilt werden könnte. Doch selbst wenn die Bestimmung des für die Parteien massgebenden Schiedsgerichts entgegen der Ansicht des Arrestrichters nach den Regeln des EÜIH zulässig wäre, wäre der Anerkennungsverweigerungsgrund gemäss Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ glaubhaft gemacht, wie bereits die Vorinstanz ausgeführt hat.

5.5 Das ISG IHK hielt im Beschluss vom 11. April 2012 fest, aus der Schiedsklausel im Kaufvertrag vom 5. August 2008 ergebe sich, dass sich die Parteien auf ein ständiges Schiedsgericht mit Sitz in Kasachstan geeinigt hätten. Dieser Ansicht kann gefolgt werden. Allerdings sieht Art. IV Abs. 5 EÜIH Folgendes vor: Haben die Parteien vereinbart, die Regelung ihrer Streitigkeiten einem ständigen Schiedsgericht zu unterwerfen, ohne dass sie das ständige Schiedsgericht bestimmt haben, und einigen sie sich nicht über die Bestimmung des Schiedsgerichts, so kann der Kläger diese Bestimmung gemäss dem in Art. IV Abs. 3 EÜIH vorgesehenen Verfahren (Bezeichnung durch den Präsidenten der Handelskammer am Schiedsort oder am gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz der beklagten Partei) beantragen. Voraussetzung dafür, dass der Präsident einer Handelskammer das Schiedsgericht bestimmen kann, ist mithin ein vorgängiger erfolgloser Einigungsversuch der Parteien. Einen solchen Versuch hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht nachgewiesen. Vielmehr hat der Präsident der Industrie- und Handelskammer der Republik Kasachstan das ISG IHK laut dem Schiedsspruch vom 11. April 2012 gestützt auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. Februar 2012 am 13. Februar 2012 ohne Weiterungen bestimmt. Desgleichen hat das ISG IHK für die Begründung seiner Zuständigkeit keinen solchen Nachweis verlangt.

5.6.1 Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, sie habe bereits vor Einleitung des Schiedsverfahrens mit der Beschwerdegegnerin kommuniziert und versucht, eine einverständliche Lösung zu finden. Auf ihr diesbezügliches Schreiben vom 16. Dezember 2011 habe die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 20. Januar 2012 reagiert. Bereits mit diesem Schreiben, in welchem sich die Beschwerdegegnerin mittels Vorschieben einer Reihe von unhaltbaren, teilweise ehrenrührigen Vorwürfen ihren Vertragspflichten zu entziehen versucht habe, sei mehr als deutlich geworden, dass sie sich jeglicher Kooperation und auch einem Schlichtungs- bzw. Einigungsverfahren verweigern würde. Eine einverständliche Lösung sei angesichts dieser Verweigerungstaktik schlichtwegs unrealistisch gewesen, was die nachfolgende Korrespondenz und der weitere Gang des Schiedsverfahrens deutlich bestätigten.

5.6.2 Diese Ausführungen überzeugen nicht. Im Schreiben vom 16. Dezember 2011 forderte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen auf, die ausstehende Summe von USD 31'407'201.70 bis zum 10. Januar 2012 zu begleichen, andernfalls die in Übereinstimmung mit dem schweizerischen Zivilrecht nötigen Schritte zur Durchsetzung der Forderung ergriffen würden (act. 1/10 f. im Verfahren …). Ein Vorschlag zur Unterbreitung der Sache an ein kasachisches Schiedsgericht wurde damit nicht gemacht. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin offenbar nach der ablehnenden Reaktion der Beschwerdegegnerin vom 20. Januar 2012, welche die geltend gemachte Forderung bestritten und eine Gegenforderung gestellt hat (act. 1/12 im Verfahren …), am 8. Februar 2012 den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer der Republik Kasachstan angerufen zur Bezeichnung eines Schiedsgerichts, ohne die Beschwerdegegnerin darüber zu informieren. Nachdem die Beschwerdeführerin keinen Versuch gemacht hat, sich mit der Beschwerdegegnerin zur Erledigung der Vertragsstreitigkeiten auf ein kasachisches Schiedsgericht zu einigen, kann sie auch nichts daraus ableiten, dass die Beschwerdegegnerin ihre Aufforderung vom 16. Dezember 2011 sowie ihre weiteren Mahnungen zur Begleichung des geltend gemachten Ausstandes abgelehnt und – wie sie sich ausdrückt – unkooperativ verhalten hat.

5.7 Damit bleibt es dabei, dass der von der Beschwerdeführerin angerufene Präsident der In-dustrie- und Handelskammer der Republik Kasachstan das ISG IHK ohne vorgängigen Einigungsversuch der Parteien und ohne die Beschwerdegegnerin überhaupt zu konsultieren bestimmt hat und sich das fragliche Schiedsgericht im Schiedsspruch ohne Weiterungen für zuständig erklärt hat. Diese Vorgehensweise verletzt das von den vorerwähnten Instanzen angerufene EÜIH. Das Schiedsgericht erklärte sich damit unter Verletzung der kasachischen Verfahrensvorschriften als zuständig. Dies führt dazu, dass die mangelhafte Schiedsklausel im Vertrag vom 5. August 2008 nicht geheilt werden konnte, womit der Anerkennungsverweigerungsgrund gemäss Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ glaubhaft gemacht ist.

5.8 Dem Arrestrichter ist sodann beizupflichten, dass es der Beschwerdegegnerin nicht schadet, im Schiedsverfahren die Einrede der Unzuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichts unterlassen zu haben. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn sich die Beschwerdegegnerin vorbehaltlos auf das Schiedsverfahren eingelassen oder darauf verzichtet hätte, einen Vorentscheid über die Zuständigkeit im Sitzstaat mit der Rüge anzufechten, das Schiedsgericht habe sich zu Unrecht für zuständig gehalten (Bernhard Berger/Franz Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, Bern 2006, N 1892). Beides trifft indes nicht zu. Die Beschwerdegegnerin liess sich nicht auf das Schiedsverfahren ein und das ISG IHK erliess keinen anfechtbaren Vorentscheid über seine Zuständigkeit. Überdies hat die Beschwerdegegnerin den Schiedsspruch des ISG IHK angefochten und dessen Zuständigkeit bestritten. Demgemäss kann die Beschwerdegegnerin nicht nur im Exequaturverfahren, sondern auch im vorliegenden Arrestverfahren, in welchem glaubhaft gemacht werden muss, dass der Schiedsspruch in der Schweiz anerkannt und vollstreckt werden kann, vortragen, dass sich das ISG IHK aufgrund einer unwirksamen Schiedsabrede, deren Mangel nicht geheilt wurde, für zuständig erklärt hat.

5.9 Zutreffend sind schliesslich die Ausführungen der Vorinstanz, wonach auch im Exequaturverfahren noch eingewendet werden kann, die Schiedsvereinbarung sei ungültig; das Schiedsgericht sei mithin nicht zuständig, weshalb ein Anerkennungsverweigerungsgrund vorliege (vgl. dazu E. 8.2.4 des angefochtenen Entscheids sowie Berger/Kellerhals, a.a.O., N 607 f.).

6.1 Ist somit der Anerkennungsverweigerungsgrund gemäss Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ glaubhaft gemacht, kann offen gelassen werden, ob auch der von der Vorinstanz angenommene Anerkennungsverweigerungsgrund gemäss Art. V Abs. 1 lit. b NYÜ glaubhaft ist. Der Beschwerdeführerin ist es damit nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass der Schiedsspruch des ISG IHK vom 11. April 2012 in der Schweiz anerkannt und vollstreckt werden kann. Damit liegt für die geltend gemachte Arrestforderung kein definitiver Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG vor. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Arrestrichter mit Entscheid vom 3. Dezember 2012 in Gutheissung der Arresteinsprache den Arrestbefehl (…) vom 7. September 2012 aufgehoben hat. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.

Obergericht, II. Beschwerdeabteilung, 7. Februar 2013

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