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Gerichtspraxis

Verwaltungspraxis

Grundsätzliche Stellungnahmen

Aus der Praxis der Datenschutzstelle

Vorbemerkungen

Bekanntgabe der Aufenthalts- bzw. Zustelladresse von Personen, die sich in einem Heim oder in einer Anstalt befinden

Zur Datenbekanntgabe der Einwohnerkontrolle an private Pensionskassen und Verbandsausgleichskassen

Regeste:

Art. 87 BVG; Art. 49 und Art. 56 AHVG i.V.m. Art. 32 Abs. 1 ATSG – Gewährung der Amtshilfe durch die Einwohnerkontrolle an private Pensionskassen und an Verbandsausgleichskassen nur im Einzelfall und nur wenn ein schriftlich begründetes Gesuch vorliegt.

Aus dem Sachverhalt:

Die Einwohnerkontrolle einer Einwohnergemeinde wurde regelmässig von privaten Pensionskassen bzw. privaten Verbandsausgleichskassen telefonisch um Auskunft über Geburtsdatum und Zivilstand von Einwohnern angefragt. Die Einwohnerkontrolle gelangte an den Datenschutzbeauftragten mit der Frage, ob sie die verlangten Auskünfte nach § 8 Datenschutzgesetz (BGS 157.1) erteilen müsse oder ob die Anfragenden sich nicht vielmehr direkt an die versicherte Person wenden müssten.

Aus den Erwägungen:

1. Bundesrechtliche Bestimmungen

a. Private Pensionskassen

Als Bundesaufgabe nach Art. 113 Bundesverfassung (SR 101) ist die berufliche Vorsorge dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Private Pensionskassen gelten im Bereich der obligatorischen zweiten Säule als mit der Durchführung des BVG betraute Organe, wenn sie von der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde in das Register für berufliche Vorsorge eingetragen wurden (Art. 48 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVG, SR 831.40]; vgl. auch BVGE 2012/14 E. 4.2 S. 278).

Private Pensionskassen können gestützt auf Art. 87 BVG Verwaltungs- und Rechtspflegebehörden des Bundes, der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden sowie die Organe der anderen Sozialversicherungen mit schriftlicher und begründeter Anfrage im Einzelfall um kostenlose Amts- und Verwaltungshilfe ersuchen, wenn sie Personendaten benötigen, die erforderlich sind für

a. die Kontrolle der Erfassung der Arbeitgeber;
b. die Festsetzung, Änderung oder Rückforderung von Leistungen;
c. die Verhinderung ungerechtfertigter Bezüge;
d. die Festsetzung und den Bezug der Beiträge;
e. den Rückgriff auf haftpflichtige Dritte.

Die Einwohnerkontrollen sind Verwaltungsbehörden der Gemeinden im Sinne von Art. 87 BVG und somit zur kostenlosen Amts- und Verwaltungshilfe verpflichtet, dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Pensionskassen in jedem Einzelfall eine schriftliche und begründete Anfrage an die Einwohnerkontrolle richten (Art. 87 BVG). Bei Unklarheiten muss die Einwohnerkontrolle rückfragen und eine Ergänzung des Gesuchs verlangen, bevor sie Amtshilfe leistet.

b. Private Ausgleichskassen bzw. Verbandsausgleichskassen

Die Verbandsausgleichskassen sind zwar von der Bundesverwaltung unabhängige juristische Einheiten, gehören aber zu den gesetzlich bezeichneten Durchführungsstellen der Alters- und Hinterlassenenversicherung, nehmen öffentliche Aufgaben wahr und unterstehen der Aufsicht des Bundes (Art. 49 und Art. 56 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG, SR 831.10]). Sie gelten somit als Organe der Sozialversicherung.

Betreffend Amts- und Verwaltungshilfe ist für den AHV-Bereich Art. 32 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1) anwendbar. Demgemäss geben die Verwaltungs- und Rechtspflegebehörden des Bundes, der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden den Organen der einzelnen Sozialversicherungen auf schriftliche und begründete Anfrage im Einzelfall kostenlos diejenigen Daten bekannt, die erforderlich sind für:

a. die Festsetzung, Änderung oder Rückforderung von Leistungen;
b. die Verhinderung ungerechtfertigter Bezüge;
c. die Festsetzung und den Bezug der Beiträge;
d. den Rückgriff auf haftpflichtige Dritte.

Auch hier muss die Einwohnerkontrolle bei Unklarheiten einer konkreten Anfrage im Einzelfall rückfragen und eine Ergänzung des Gesuchs verlangen, bevor sie Amtshilfe leistet.

2. Fazit

Der datenschutzrechtliche Grundsatz lautet: Daten sind in der Regel bei der betroffenen Person zu beschaffen (§ 4 Bst. b DSG).

Auskunftsbegehren von privaten Pensionskassen oder Verbandsausgleichskassen an die Einwohnerkontrollen richten sich nicht nach § 8 DSG, sondern nach den Amtshilfebestimmungen in den einschlägigen Spezialgesetzen des Bundesrechts.

Die Einwohnerkontrolle hat Amtshilfe zu leisten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, wenn somit ein schriftlich begründetes Gesuch der Pensionskasse oder der Ausgleichskasse vorliegt und es sich um einen konkreten Einzelfall handelt.

Die anfragende Institution muss in ihrem Gesuch insbesondere darlegen weshalb und wozu sie die Auskunft benötigt (Kontrolle der Erfassung der Arbeitgeber; Festsetzung, Änderung oder Rückforderung von Leistungen; Verhinderung ungerechtfertigter Bezüge; Festsetzung und den Bezug der Beiträge; Rückgriff auf haftpflichtige Dritte).

Grundsätzlich kann die anfragende Institution bei der Einwohnerkontrolle Auskunft über alle für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten einer Person verlangen. Sie muss aber die Angaben, die sie von der Einwohnerkontrolle benötigt, genau bezeichnen und deren Notwendigkeit begründen.

Bei Unklarheiten muss die Einwohnerkontrolle rückfragen und eine Ergänzung des Gesuchs verlangen, bevor sie Amtshilfe leistet.

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