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03.11.2020

Umherlaufen statt schnurstracks ins Ziel

03.11.2020
Beitrag Christine Hofer für Schulinfozug
CH
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Wann haben Sie sich das letzte Mal über Arbeitskolleginnen, Arbeitskollegen oder Ihre Vorgesetzten aufgeregt? Wann haben Sie – vielleicht schliessen Sie kurz die Augen zum Nachdenken – das letzte Mal gewisse Spannungsfelder in Ihrer Zusammenarbeit wahrgenommen?

Von Christine Hofer, Leiterin der Beratungsstelle für Bildungsfachleute der PH Zug

Ich bin sicher, dass Ihnen Beispiele vor dem inneren Auge auftauchen, die noch gar nicht so lange zurückliegen.Wenn solche Spannungen im Bildungsbetrieb auftauchen, generiert dies oftmals Supportanfragen bei unserer Beratungsstelle für Bildungsfachleute. Manchmal kommen diese Anfragen von Teammitgliedern, manchmal von Führungspersonen und schnell einmal fällt der Satz: «Wir brauchen unbedingt einen extern begleiteten Teamentwicklungsprozess!»

Dieser Vorschlag ist sicher nicht grundsätzlich falsch, dennoch lohnt es sich immer (!) vor dem Start eines solchen Prozesses genau hinzuschauen, denn: genauso wie ich bei Bauchschmerzen nicht zum Arzt gehe und sage: «Ich habe Bauchschmerzen und will sofort eine Blinddarmoperation» – so können auch unsere Kunden  von unserer Expertise in Prozess- und Organisationsmanagement und -beratung profitieren; und das Auftragsklärungsgespräch kann deshalb durchaus dazu führen, zunächst auf einer anderen Ebene in der Organisation anzusetzen (Ebene der Führung, der Strategie, der Struktur etc.).

Auf Bestehendem aufbauen

Die gute Einbindung eines solchen Prozesses in die Führungsstruktur und -kultur ist für uns als externe Supporter ein zentrales Element einer gelingenden Begleitung: Die spezifische Systemexpertise liegt für uns immer innerhalb des Heimat-Systems bei den Führungspersonen und den Mitarbeitenden selbst; sie kennen ihre «Firma» zum Teil seit Jahren und deshalb am besten. Der externe Support-Anbieter kann in Ergänzung und Abstimmung dazu seine Prozess-Expertise im ad-hoc-Beratungssystem einbringen.

Ein Teamentwicklungsprozess beginnt für uns als Externe deshalb immer mit intensivem Zuhören: Wie beschreiben die Mitarbeitenden die Herausforderungen, wie sind diese Themen in den Gesamtkontext der Institution (Strategie, Leitideen, Ziele etc.) eingebettet? Inwiefern lebt die Führungscrew diese Leitsätze/die entsprechende Haltung selbst vor? Und inwiefern spiegeln sich die Grundhaltungen wiederum nach unten im Umgang mit den Lernenden? Etc.

Nach dem Motto «wie oben so unten» und umgekehrt, lassen sich hie und da übergreifende systemische Themen herausschälen, die nicht bloss auf individuelle Persönlichkeitsmuster einzelner Mitarbeitenden reduziert werden dürfen; dies greift oft zu kurz. Zudem können durch den Einbezug der Führungscrew wichtige Elemente von innerorganisationalem Beziehungsmanagement im gemeinsamen «Führungs-Talk» erforscht werden. Denn: Sobald es irgendwie «emotional» wird, seitens der Führung die Dinge an externe Beratende zu delegieren, die dann das «schwierige Team / die schwierigen Mitarbeitenden» bitte möglichst schnell «flicken» sollen, damit das System-Räderwerk wieder wie geschmiert läuft, ist zwar eine verführerische Möglichkeit; es wäre aber definitiv eine verpasste Lern-Chance! Zudem sind es ja die Führungspersonen, die das System im Alltag weiterhin führen und managen – und nicht die externen Beratungspersonen! Um Nachhaltigkeit zu sichern, ist deshalb die enge Verschränkung des ad-hoc-Beratungssystems mit der Führungscrew des Regelsystems in Form eines gemeinsamen Learnings fast immer gewinnbringend!

Dennoch: Wenn wir uns einmal entscheiden, dass wir mit dem betreffenden Subsystem/Team einen Entwicklungsprozess anstossen, dann geht es um das Design eines solchen Prozesses.

SM
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Ausreichend Zeit – Verlangsamung – kein Erwartungsdruck

Folgende Gelingensbedingungen lassen sich aus Erfahrung bei emotionalen Spannungsfeldern in Teams herausschälen:

  • Ausreichend Zeit! Geduld!
  • Verlangsamung!
  • Kein Erwartungsdruck, keine Outputorientierung!

Und hier zeigen sich oftmals bereits erste Hürden: die grösste ist die Ressource ZEIT! Teamentwicklungsmeetings, bei denen es um die Klärung / die Arbeit an emotionalen zwischenmenschlichen Beziehungsthemen geht, brauchen Zeit: auch bei kleinen Teams (4-7 Personen) sind Gefässe von 2-3 Stunden wünschbar. Wir Menschen können nicht auf Knopfdruck in einem Gruppensetting die emotional besetzten Themen subito auf den Tisch bringen. Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass die Beteiligten sich erst nach einer Stunde oder mehr den emotional besetzten Knackpunkt-Themen nähern und das «vertrauensvolle, geschützte, diskursive Feld» soweit installiert ist, dass sich die Menschen gegenseitig öffnen.

Der Begriff Diskurs stammt vom lateinischen discursus, was etwa so viel wie «umherlaufen» bedeutet. Es geht also darum, einen diskursiven Raum zu schaffen, in dem die Gedanken «umherlaufen», «organisch fliessen» können, ohne dass subito eine Lösung (ein Output) auf dem Tisch liegen muss. Ein natürlicher Flusslauf mäandert, er sucht sich selten den schnellsten geraden und direkten Weg… es sind wir Menschen, die die Flussläufe begradigen, um sie Jahrzehnte später aufwendig zu renaturieren.

Zu einem solch fliessenden Prozess gehört natürlich nebst dem «Reden» genauso das «Zuhören» - erst dieses schafft Annäherung und Verständnis, denn unsere Sprache ist nie so eindeutig wie wir das immer meinen; Begriffe müssen geklärt, «umrundet», «umspült» werden, damit sie halbwegs fassbar sind, damit die je anderen Perspektiven eingefangen werden können.

CH
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Unser Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung wechseln kann (Francis Picabia, franz. Schriftsteller 1879-1953)

Gedankliche Richtungswechsel passieren in solch diskursiven Gefässen weder subito noch absolut und vollständig; sie vollziehen sich meist in kleinen graduellen Schritten, in ersten Irritationen, die das grössere Mindset-Systemgefüge in Bewegung bringen. Und sie geschehen definitiv NICHT, wenn sie gezielt erwartet oder sogar angeordnet werden: Dies würde zu sehr nach «Nacherziehung» auf Erwachsenen-Ebene riechen, als dass ein gesunder – mit halbwegs normal entwickeltem Autonomiebedürfnis ausgestatteter Mensch - sich freiwillig darauf einlassen würde – Widerstand ist deshalb in solchen Fällen meist vorprogrammiert!

Falls der Einstieg in einen solchen Team-Prozess jedoch gelingt, lohnt es sich, bei einem späteren Zwischenhalt erste Bewegungen/Unterschiede (auch im Aussen) bewusst wahrzunehmen und in Worte zu fassen: Es sind die kleinen Dinge, die es zu beachten und zu benennen gilt – nicht die grossen Revolutionen! Und durch das Benennen der kleinen Unterschiede stärken wir den Lernprozess und fördern die Stabilisierung neuer Verhaltensweisen und neuer Qualitäts-Niveaus in der professionellen Zusammenarbeit!

Angebot der Beratungsstelle für Bildungsfachleute

Die Beratungsstelle für Bildungsfachleute der Pädagogischen Hochschule Zug bietet prozessorientierte Begleitungen an – sowohl in pädagogischen, psychologischen Belangen wie auch in Fragen des Managements, der Zusammenarbeit und der Personalentwicklung.

Mehr Infos und Kontakt: www.beratung.phzg.ch

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