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05.05.2021

Integrität vs. Loyalität: Spannungen aushalten

05.05.2021
Integrität vs. Loyalität – ein spannendes Verhältnis (oder viel mehr spannungsvolles?) Verhältnis. Von Christine Hofer PH Zug.

Integrität vs. Loyalität – ein spannendes (oder viel mehr spannungsvolles?) Verhältnis

CH
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Mit Begriffen wie «Integrität» oder «Loyalität» sind wir meist relativ zügig unterwegs – wir meinen zu verstehen, was damit gemeint ist.  Doch sind diese Begriffe so klar wie sie uns erscheinen?

Von Christine Hofer*

Gerade im professionellen System-Zusammenhang – hier insbesondere in den Bereichen der Führungs-, Kommunikations-, Feedback-, Vertrauens- und Zusammenarbeitskultur – sind beide Begriffe durchaus zentral und erzeugen hie und da Spannungsfelder, deren Konfliktlinien mitten durch einzelne Persönlichkeiten, aber auch mitten durch Teile des Systems oder anders gesagt – mitten durch Prozesse der professionellen Beziehungsgestaltung verlaufen.

Integrität – Ganzheit – Glaubwürdigkeit
Integrität ist eine ethische Forderung des philosophischen Humanismus nach möglichst weitgehender Übereinstimmung zwischen den eigenen Idealen und Werten und der tatsächlichen Lebenspraxis. Oder: Persönliche Integrität wird auch als Treue zu sich selbst gekennzeichnet; ich bin als «Ganzheit» unterwegs und erscheine somit «glaubwürdig», d.h. das, was ich sage, zeigt sich auch in meinem Handeln.

Im Gegensatz zu integer bezeichnet korrumpierbar eine Person, die sich in ihrem Verhalten nicht in erster Linie von eigenen Werten und Prinzipien, sondern von Drohungen oder Verlockungen/Belohnungen durch äussere und innere Einflüsse leiten lässt: Dies können Dinge wie Arbeitsplatzsicherheit, Lohn (inkl. Boni) oder spezielle Privilegien «von seiner oder ihrer Gnaden» (der Vorgesetzten) oder ganz einfach erhoffte Anerkennung und Wertschätzung sein («ich will geliebt werden»).

Loyalität – Commitment – Verbundenheit
Loyale Mitarbeitende identifizieren sich im positiven Falle intrinsisch motiviert und freiwillig mit der eigenen «Firma» und ihrem Sinn und Zweck. Doch hie und da sind die Grenzlinien zwischen «freiwillig» und «von oben erwartet» fliessend und diffus. Plötzlich getrauen sich erwachsene Menschen nicht, «ihre Wahrheit» zu sagen, sondern kippen in einen Modus der «sozialen Erwünschtheit» (ich sage das, was oben erwartet wird) und gebärden sich hie und da fast wie Kinder, die vom «lieben Mami/Papi-Chef» nur eines wollen: «geliebt» werden. Ist das dann immer noch loyal? Oder wo und wann kippt eine scheinbar «korrekte» Loyalität in Korruptheit? Wo lasse ich mich als Mitarbeitende quasi «kaufen»? Und auf der anderen Seite: Wieviel kritische, mal vielleicht auch etwas «freche», konfrontative Rückmeldung erträgt eine Führungscrew?

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Feedback-Kultur aufbauen
Hier zeigt sich nun das oben angesprochene Spannungsfeld in aller Deutlichkeit: Wie gelingt der Aufbau einer gesunden, offenen, zeitnahen und vertrauensvollen Feedback-Kultur im System? Feedback-Prozesse werden oft im Rahmen eines elaborierten Qualitätsmanagementsystems (QM) in institutionellen Bahnen verankert. Dann geschieht dies einerseits durch formalisierte bilaterale Mitarbeitenden-Gespräche (MAG) und andererseits durch breitflächig angelegte regelmässige Mitarbeitenden-Umfragen zur Arbeitszufriedenheit, Führungs- und Zusammenarbeitskultur u.a. Hie und da wird auch das Instrument eines 360° Führungsfeedback beigezogen (Feedbacks an die Adresse einer Führungsperson von vier Seiten – Untergebene, Vorgesetzte, interne Peers und externe Kunden). Mit welchem Instrument auch immer: Es zeigt sich, dass solche «Tools» und Verfahrens-Konzepte sich nicht von selbst umsetzen. Sie schaffen es kaum, in einer eher vertikal hierarchisch geprägten Führungskultur das zwingend notwendige Vertrauen zu erzeugen, um offene, ehrliche und konstruktiv-kritische Feedbacks einzuholen. Untergebene Mitarbeitende antworten immer wieder erstaunlich «linientreu-korrekt-loyal», um ihre Arbeitsplatzsicherheit oder ihre Laufbahnentwicklung/Karriere nicht zu gefährden.

Es ist deshalb nicht immer klar, ob die Führungsspitze nur die Anforderungen des QM erfüllt haben will oder ob es tatsächlich um den Aufbau einer lebendigen und lernfreudigen gemeinsamen Organisations-Kultur geht.

Chess
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Truth – Trust – Transparency
Doch was wären denn die «Zutaten» zum Aufbau einer ebensolchen Kultur? Im Juni 2013 publizierte Sharam Fouladgar-Mercer im Young Entrepreneur Council einen Artikel: The 3 T's Of A Great PR Experience: Truth, Trust And Transparency – Wahrheit, Vertrauen und Transparenz als Grundlagen einer gedeihenden und gelingenden Unternehmenskultur.

Umgesetzt auf das oben Gesagte: Von der Führungscrew offen kommunizierte «Wahrheiten» – auch unangenehme – über die Entwicklungen inner- und ausserhalb des Systems holen die Mitarbeitenden ins Boot, lassen sie mitdenken und mittragen und gemeinsam Lösungen entwickeln (z. B. in diskursiven Round-Tables anstatt in unzähligen bilateralen Einzelgesprächen); «Vertrauen» in die vielfältigen Potentiale der Mitarbeitenden lassen diese erstarken und erblühen und: «Transparenz» bezüglich eigener offener Fragen und Lernprozesse (inkl. Fehler und Umwege) auf Ebene der obersten Führung lässt die Hierarchie-Ebenen zusammenrücken und die übergreifende (auch begrenzte und verletzliche) Menschlichkeit spür- und erfahrbar werden.

Leadership gefragt…
Voraussetzung: Echte Leadership an der Spitze, die durchaus Freude am kreativen Widerspruch, an einer konstruktiven Streitkultur hat und selbst im «Lern-Modus» ist und bleibt; konkret: offene, souveräne, kommunikationsstarke und kritikfähige Persönlichkeiten gepaart mit klarer, mutiger, visionärer und transparenter Entscheidungsfreude. Denn: Eine lebendige Kritik-Kultur ist KEINE basisdemokratische, aber sehr wohl eine partizipativ-lernende Organisationskultur! In Zeiten rasanten Wandels und steigender Komplexitäten ist dies nicht ein «Nice-to-have», sondern ein «Must-have»!


*Christine Hofer ist Leiterin der Beratungsstelle für Bildungsfachleute der Pädagogischen Hochschule Zug.

Angebot der Beratungsstelle für Bildungsfachleute
Die Beratungsstelle für Bildungsfachleute der Pädagogischen Hochschule Zug bietet prozessorientierte Beratungen/Coachings an – sowohl in pädagogischen, psychologischen Belangen wie auch in Fragen der Zusammenarbeit, der Führung, der System- und Personalentwicklung.

Mehr Infos und Kontakt: www.beratung.phzg.ch

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