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05.12.2022

Schläfrigkeit ist lebensgefährlich

05.12.2022
Brief von Werner Hegglin, im Dezember 2009. Aus: Menschsein ist schon ein Beruf.

L. F., «Menschsein ist schon ein Beruf»: Hirtenbriefe von Pater Werner Hegglin. Christoph Schwyzer verdanken wir, dass er rund vierhundert dieser Briefe in einem Buch zusammenfasst und für die Nachwelt zugänglich macht. Das Buch kann briefweise gelesen werden und begleitet wunderbar durchs Jahr. Kurz: Wer noch nach einem Weihnachtsgeschenk sucht, muss nicht weiter suchen. Mit Einwilligung des Herausgebers veröffentlichen wir einen Brief passend zum Advent. Das Buch kann bei ihm direkt bestellt werden: chris.schwyzer@bluemail.ch.


PWH
Bild Legende:

Liebe Leserin, lieber Leser*

Der Advent beginnt am ersten Sonntag mit dem Aufruf: Seid wachsam! Was stellen wir uns dabei vor? Eine Schildwache? Ein Wachhäuschen? Das Wörterbuch hilft. «Haltet euch wach!», heisst das griechische Wort. Da wissen wir sofort, um was es geht. Wir sind im Auto, auf der Autobahn. Wir werden schläfrig; wir haben Mühe, uns wach zu halten. Schläfrig sein ist lebensgefährlich. Einnicken und aufschrecken und immer noch mit einhundertzwanzig Stundenkilometer auf der Fahrbahn, ein Horror!

Schläfrigkeit ist lebensgefährlich, nicht nur im Auto. Sich wach halten ist heute höchst aktuell der Werbung gegenüber. Sie attackiert uns von überall her; Plakate rundum an allen Wänden, dazu TV und Computer. Warum soll Werbung lebensgefährlich sein? Weil sie auf eine sanfte Art lügt und weil sie mir etwas verkauft, was ich eigentlich nicht brauche. Wenn ich schläfrig bin, schafft sie es, mir einzutrichtern, dass ich das und jenes und vieles andere wirklich brauche. Sie schafft es, mein Leben zu verfälschen. Darum: Haltet euch wach!

Ein anderer Bereich, mich wach zu halten, sind die Geräte. Wir leben heute in einer Welt voller Geräte: in der Küche, im Haushalt, im Büro und im Verkehr. Das beginnt mit der Kaffeemaschine am Morgen, geht über alle elektronischen Berufsgeräte bis zum Auto und zum allgegenwärtigen Handy. Jedes Gerät ist eine interessante Erfindung; deshalb kann jedes mich faszinieren. Bin ich schläfrig, wird das Gerät mich einfangen und es kann so weit gehen, bis es mein Leben tyrannisiert. Nicht das Auto ist lebensgefährlich, sondern der schläfrige bis bewusstlose Gebrauch, den wir davon machen. Darum: Haltet euch wach! Ihr zerstört das Leben auf Erden nur einmal!

Leider gibt es auch eine religiöse Schläfrigkeit. Auch sie ist lebensgefährlich. Manchmal bete ich am Abend, aber ich bin nicht recht dabei; ich merke nicht mehr, um was es geht. Auch am Sonntag im Gottesdienst; auch bei der Adventsfeier in der Familie: ich bin schon noch da, aber richtig wach halten kann ich mich nicht. Wäre ich wach, würde mich die Gegenwart Gottes ergreifen, erfüllen und verändern.

Es würde etwas passieren mit mir.
Die religiöse Schläfrigkeit könnte eine Radikalkur brauchen – wie auf der Autobahn, wenn ich die nächste Raststätte anfahre, das Auto parkiere und eine Runde tief schlafe. Danach wäre ich wieder imstande, hell und wach zu sein.

Man schläft dann ja nicht, um sich vom Autofahren endgültig zu verabschieden; man will nachher wieder fähig sein, sich wach zu halten und sein Leben zu retten.

Werner Hegglin, im Dezember 2009

*«Menschsein ist schon ein Beruf» – Gesammelte Briefe von Werner Hegglin
Werner Hegglin ist nicht nur vielen Menschen in der Zentralschweiz in eindrücklicher Erinnerung, sondern auch weit darüber hinaus: Von 1975 bis 1995 war er Direktor des katholischen Lehrerseminars St. Michael in Zug. Danach, bis im Sommer 2013, leitete er zusammen mit Sr. Hildegard Willi das Bildungshaus Stella Matutina, Hertenstein. Am 20. Oktober 2019 ist er verstorben.

Während seiner Zeit in Hertenstein, 2006, begann er, wöchentlich einen sogenannten „Sonntagsbrief" für die „Wochen-​Zeitung" aus Vitznau zu schreiben. Rund vierhundert dieser Briefe hat Christoph Schwyzer gesammelt, gesichtet und mit einem Vorwort versehen als Buch herausgegeben. Jeder Brief versucht nichts mehr und nichts weniger, als die grossen Fragen zu entfalten, vor denen sich kein Mensch dauerhaft verschliessen kann: Wie findet der ans Zeitliche gebundene Mensch zum Ewigen? Wie wird unser Leben durchscheinend – von Gott her und auf Gott hin? Wie entgehen wir der Gefahr, in einem von Waren-​ und Medienkonsum, von ausgeklügelter Technik in Schwung gehaltenen Alltag, zu einfallslosen, mutlosen Massenmenschen zu werden? Kurz und bündig: Es geht um Bildung, um Menschenbildung.

Welthaltig sind Werner Hegglins Briefe, vielfältig, nichts ausser acht lassend, katholisch im eigentlichen Sinne des Wortes: die Zaubernuss, Hamamelis, die mitten im Winter blüht; der See, sein Wellenglanz, die knapp übers Wasser sirrenden Schwalben; das Kirchenjahr mit Fasten-​ und Festzeiten; die Stadt am Horizont, Häuser und Strassen – und dazwischen, mittendrin, die Menschen: verstorbene und lebende, grosse Heilige und solche, die unerkannt ein heiligmässiges Leben führen; Menschen, die uns etwas zu sagen haben.

Werner Hegglin, «Menschsein ist schon ein Beruf», erweiterte Neuauflage November 2020, 640 Seiten, gebunden, farbiger Innenteil, CHF 45.- (plus Porto und Verpackung). Das Buch ist nicht über den Buchhandel, sondern direkt über den Herausgeber, Christoph Schwyzer, zu beziehen: chris.schwyzer@bluemail.ch.

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