Meine «Aufklärung» war unzureichend. Aber kann die Schule überhaupt auf die Verwirrung durch die Hormone vorbereiten?

Eine Kolmune von Silvano Cerutti*

Wir wurden in der Schule vom Pfarrer aufgeklärt. Das ist jetzt auch schon eine Weile her. Und für einen Mann, der zumindest offiziell keine Praxiserfahrung hatte, schlug er sich wacker, das sei der Fairness halber gesagt. Vielleicht musste er das Amt ja auch übernehmen, weil Fachkräftemangel kein neues Phänomen ist. Anyway, ich wusste nachher nicht mehr, als was im Aufklärungsbuch gestanden hatte, das Mutter für meine Schwestern und mich gekauft hatte. Mit einer rudimentären Vorstellung der Missionarsstellung und deutlich detaillierten Kenntnissen über die Entwicklungsstadien eines Embryos, hatte ich also alles, was es fürs Leben so braucht – und wiederum der Fairness halber, das war wohl schon viel mehr, als was meine Eltern zuhause mitbekommen hatten.

Die handelsüblichen Verwirrungen, die einen so existenziell durchschütteln und das Thema erst so richtig brisant machen, überkamen mich also ziemlich überraschend. Dass sich der Schniedel auch mal regt, obwohl der Kopf sich wehrt, dass «mann» halbe Tage mit einem Ständer in der Hose verbringen muss, für den es keinen offensichtlichen Grund gibt (jaja, später wird man sich wünschen, in begründeten Fällen noch einen zu kriegen), dass das Begehren eine Waffe der Evolution ist, gegen die eine Pumpgun quasi Präzisionswaffe – es wäre hilfreich gewesen, ich hätte irgendwo mal gehört gehabt, dass das alles völlig normal ist.

Meine «Aufklärung» ist jetzt mindestens 35 Jahre her, so genau mag ich es nicht ausrechnen. Der Sexualunterricht von heute ist nicht mehr zu vergleichen mit jenem, den ich erlebt habe. Aber ist das Sprechen über Sex heute so viel unverkrampfter? Ich habe nicht den Eindruck – und das liegt vielleicht sogar in der Natur der Sache. Sex lebt ja auch ein wenig vom «Ruch des Verbotenen» und ein neues Paar steht immer hoch auf dem Menuplan des Tagesgesprächs, wo es mit allerlei verbalem Aromat und Maggi angereichert wird. Sex ist ein Skandal. Deshalb wage ich zu behaupten: Je normaler wir diesem Tumult begegnen können, desto erfolgreicher war die Aufklärung.

Ich wünsche Ihnen ganz viel Gelassenheit.