Verantwortung für Schüler und Tiere

Tierschutz und Schule gehören zusammen. Es geht um Wissen, Sensibilisierung und Verhalten. Das Thema muss aber nicht ständig mit dem Mahnfinger vermittelt werden. Spielerisch und schülergerecht geht auch. Die Schülerinnen und Schüler spüren, dass Tierschutz Teil unserer Humanität ist.
Von Peter V. Kunz*
Wer kennt nicht den Spruch, der im Kern indes eine tiefe Lebensweisheit beinhaltet und unter anderem eine der Rechtfertigungen für unser Schulsystem darstellt: «Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr». Das Leben in sozialen Gemeinschaften, also beispielsweise das Verhalten gegenüber anderen Mitmenschen sowie ebenso der Umgang mit Tieren, erfolgt nicht immer spontan (oder natürlich), sondern muss oftmals erlernt werden.
Wünschenswert wäre natürlich, dass sozusagen die «Schule des Lebens» im Elternhaus stattfindet. Doch da dies leider nicht immer und heutzutage immer seltener der Fall zu sein scheint, und weil allfällige Anleitungen durch «Family & Friends» fehlgeleitet sein können, bedarf es verantwortungsvoller Lehrpersonen. Nicht bloss eine eigentliche Wissensvermittlung muss Aufgabe der Schulen sein, sondern nicht zuletzt das Vermitteln von Sozialkompetenzen.
Eigentlich sollte es heute längst zum Allgemeinwissen gehören: Tiere sind keine Spielzeuge, die zu Weihnachten oder zum Geburtstag an Kinder verschenkt werden. Trotzdem kommt dies immer wieder vor, etwa durch zwar wohlmeinende, allerdings meist etwas verantwortungslose oder ignorante Eltern, Grosseltern oder Paten von (zu) jungen Kindern. Tiere dürfen niemals als «Trainingscamps» für Kinder zum Einsatz gelangen.
Tierquälereien auch durch Kinder und Jugendliche erscheinen durchaus verbreitet, als missverstandene «Mutprobe» oder aus jugendlicher Dummheit. Viele unter uns dürften sich noch erinnern, dass vor zwei Jahren zwei Jugendliche aus der Schweiz eine junge schwarze Katze grässlich gequält und getötet haben, lachend – und ihr Treiben haben sie mit dem Handy aufgezeichnet. Wie verroht und empathielos können Kinder und Jugendliche eigentlich sein?
Wer die Hoffnung hatte (oder hat), dass die Gesellschaft heute und in Zukunft tierfreundlicher wird, braucht einen Realitätscheck, nicht zuletzt in der Schweiz. Im Zusammenhang mit dem Tierschutz führen wir nämlich fast jedes Jahr politische Abstimmungen zu Volksinitiativen oder über Gesetzesreferenden durch, und «Hans» stimmt immer gleich: «Nein». Weshalb sollte also «Hänschen» anders denken oder sich tierfreundlicher verhalten?
Meines Erachtens sind die schweizerischen Schulen auf sämtlichen Stufen heute und in Zukunft (noch mehr) gefordert. Es geht bei unseren Schülern nicht allein um die Wissensvermittlung im Hinblick auf die Tiere, beispielsweise betreffend Tierhaltung, Tierbedürfnisse oder Tiernutzung. Mit der stärkeren Thematisierung von Tieren im Schulunterricht wird vielmehr die Basis für einen korrekten Umgang mit den Tieren gefördert: die Sensibilisierung der Schüler.
Selbstverständlich soll und kann an Schulen nicht alles und jedes gelehrt und gelernt werden. Das Wehklagen zur Überforderung nicht bloss der Schüler, sondern ebenso der Lehrpersonen ist laut und verbreitet. Das tiergerechte Verhalten sollte nicht ständig mit erhobenem Zeigefinger angemahnt werden, sondern schülergerecht und spielerisch; immerhin könnte (und sollte) erwähnt werden, dass bei Tierquälerei eine Freiheitsstrafe von drei Jahren droht.

Die Schulen führen ihren Unterricht immer wieder ausserhalb der Schulräume durch, beispielsweise im Rahmen von Exkursionen oder Studienwochen. Dies ist zwar mit einem riesigen Aufwand gerade für die Lehrpersonen verbunden, doch in diesen Bereichen liegen enorme Chancen. Haben Sie schon einmal die grossen und leuchtenden Augen von Schülern bei Zoobesuchen gesehen? Gerade die Zoos dienen einer zusätzlichen Tiersensibilisierung.
Gelegentlich kann es vorkommen, dass Lehrpersonen ihre eigenen Tiere – etwa ihren Hund, ihre Katze oder ihren Hamster – in den Unterricht mitnehmen, natürlich nur in Absprache mit der Schulleitung. Dies geht in Ordnung, wenn bei diesen «Botschaftertieren» deren Schutz und Wohl im Vordergrund steht. Solche «Gäste» dürfen weder zeitlich noch sonst wie überfordert werden. Denken Sie daran: Das Gegenteil von «gut» ist «gut gemeint».
Den Lehrpersonen kommt eine Vorbildfunktion gegenüber ihren Schülern zu, was nicht zuletzt auf den persönlichen Umgang mit Tieren zutrifft. Ausserdem sollte im Unterricht, in den jeweils passenden Lehrgefässen, auch über tagesaktuelle Tierthemen, die ebenso ausserhalb der Schule interessieren, pro und contra debattiert werden: Wolfsregulierung, Stallbrände in der Schweiz, «Überschusstiere» in Zoos, Tierversuche, der Fall «Hefenhofen» etc.
Einige private Tierschutzorganisationen kennen spezifische Angebote, so dass sich Kinder für Tiere einsetzen können. Die grösste und älteste Organisation in der Schweiz, der bereits im Jahr 1861 gegründete Schweizerische Tierschutz STS, bietet mit «Krax» – einem blauen Raben – Tierschutz im Unterricht und in Ferienlagern an. Der «Krax Club» sowie die «Krax Schule» wenden sich an Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 15 Jahren. Alle Informationen finden sich unter diesem Link: krax.ch. |
Der Einsatz zum Schutz und zum Wohl von Tieren stellt nicht nur ein Thema für Erwachsene dar. Gerade die Kinder und Jugendlichen – und damit unsere Schülergenerationen – sollten sich damit beschäftigen. Dies darf natürlich nicht mit einer weltanschaulichen Mission verbunden sein, denn der Tierschutz ist weder (partei-)politisch noch ideologisch. Beim Schutz von Tieren geht es vielmehr um ein menschliches Anliegen: Tierschutz ist Teil unserer Humanität.
*Prof. Dr. Peter V. Kunz, Rechtsanwalt, LL.M., ist seit 2005 ordentlicher Professor für Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Bern. Er ist der geschäftsführende Direktor am Institut für internationales und nationales Wirtschaftsrecht (IWR). Die Forschungen und die Lehrtätigkeiten von Prof. Kunz sind fokussiert auf das Wirtschaftsrecht, mit Schwergewichten im Gesellschafts- und Aktienrecht sowie im Finanzmarkt- und Bankenrecht; seit einigen Jahren widmet er sich zusätzlich dem Tierrecht. Seit dem 1. April 2025 ist Peter V. Kunz Präsident vom Schweizer Tierschutz STS.