Schule in einer herausfordernden Zeit

Auch ein temporäres Versagen ist lehrreich. Und die Erfahrung sicher hilfreich in einer Welt, die gerade für die jungen Schweizerinnen und Schweizer noch viele Herausforderungen bereithalten wird. Die Schule als eine der wichtigsten Zukunftsstützen ist gefordert.
Von Felix Zulauf*
Die Schule bildet eine der wichtigsten Stützen für unsere Zukunft. Ohne Bildung gibt es keinen Fortschritt, keine Innovation und keinen Wohlstand. Deshalb hat die Schule die vornehme Aufgabe, unseren Kindern das notwendige Basiswissen zu vermitteln, damit sie sich beruflich und auch menschlich entfalten können und zu entscheidungsfähigen, aber auch kritischen Mitbürgern werden. Die Schule vermittelt Grundsätzliches, das unseren Kindern im Leben, im Alltag, im Beruf und im Zusammenleben mit Mitbürgern hilft, gute und begründete Entscheidungen zu treffen. Nicht nur für sich selbst, sondern auch zum Wohl der Gemeinschaft. Nach der obligatorischen Schulzeit können die Berufs-, Fachhoch- und Hochschulen weiteres spezifisches Wissen vermitteln.
Die Welt ist in einem grossen Umbruch punkto Weltordnung, Handel, Wirtschaft, Technologien, Migration, Gesellschaft sowie vorherrschendem Zeitgeist. Zukünftig könnte die Idylle in der Schweiz auch von Wirren und Verwerfungen im Ausland tangiert werden. Manche Bürger merken, dass etwas nicht mehr stimmt, aber viele können es nicht einordnen, glauben dieses oder jenes, aber nicht unbedingt das Richtige. Die Desorientierung hat auch mit dem Versagen unserer Medien zu tun, die seit einigen Jahren ein gleichgeschaltetes Bild unserer Welt vermitteln, so wie es Journalisten und die Mehrheit der Politiker gerne hätten, aber nicht zwangsläufig der Realität entspricht. Als vierte Gewalt im Staat sollten Medien Meinungsvielfalt pflegen, kritische Fragen aufwerfen und diskutieren, damit sich die Öffentlichkeit aus der faktenbasierten Information und der Meinungsvielfalt selbst ein Bild machen kann.
Gemäss einer Selbstdeklaration stufen sich in der Schweiz 76 % der Journalisten als politisch links ein. Bürgerlich denkende Menschen nehmen die Medien heute zu 90 % als links und etwas realitätsfremd wahr. Es ist nicht alles falsch, was von links und auch nicht alles richtig, was von rechts kommt. Aber die liberal-konservative Grundhaltung des Schweizervolks gepaart mit dem einzigartigen Demokratiemodell und hoher Leistungsbereitschaft hat der Schweiz in den letzten 175 Jahren zu hohem Ansehen und Wohlstand verholfen.
Dagegen hat das Experiment mit Sozialismus am Beispiel Osteuropas in den Abgrund geführt. Auch das sogenannte kapitalistische Modell zeigt Schwächen, weil wir uns immer mehr von einer Markt- zu einer Planwirtschaft entwickeln (z. B. Energiewende). Seit der Aufhebung von wichtigen Stabilitätsankern (z. B. Abschaffung Goldstandard, Abschaffung der Hartwährung D-Mark) intervenieren Regierungen und Notenbanken immer mehr und setzen Marktmechanismen ausser Kraft, weil das Resultat unangenehm wäre. Ohne diese korrigierenden Marktmechanismen laufen deshalb die meisten Industrieländer in eine immer grössere Schuldenwirtschaft mit steigender Staatsquote [1]. Sie beträgt in der Schweiz etwas über 40 %, in Deutschland aber bereits 50 % und in Frankreich steht sie nahe 60 %. Der Staat erarbeitet keine Erträge, weshalb der immer grösser werdende Staat von einem anteilsmässig schrumpfenden Privatsektor finanziert werden muss.
Wohlstand muss erarbeitet und kann nicht mit Schulden und Gelddrucken herbeigezaubert werden. Das zunehmend sozialistische Europa fällt deshalb immer weiter zurück und verliert laufend an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Amerika und Asien und damit langfristig an Wohlstand. Dieser Sackgassenweg wird zu Systemschocks führen. Deshalb wird die heutige wirtschaftspolitische Ausrichtung der meisten Industrieländer zukünftige Wirren und Instabilitäten auslösen, welche die heutige Generation unvorbereitet treffen wird.
Auch unser Land ist unter Druck. Gewisse Kreise wollen die Schweiz schrittweise in die EU integrieren, weil sie glauben, dass dies wirtschaftliche Sicherheit bietet. Andere versprechen sich von der Selbstbestimmung kombiniert mit klarer Neutralität eine bessere Zukunft, die uns aus diversen Wirren wie in vorherigen Generationen heraushalten kann. Das einzigartige Modell der direkten Demokratie gibt es ausserhalb der Schweiz in der ganzen Welt nicht mehr. Wenn wir unsere Souveränität mit diesem einzigartigen Modell hergeben, dann wird die Schweiz für kommende Generationen nie mehr das sein, was sie war und ist. Wenn die Paste einmal aus der Tube ist, dann bringt man sie nicht mehr dorthin zurück.
Unser privilegiertes staatspolitische Modell erfordert jedoch engagierte und kritische Bürger, die aufgrund von intelligenten Überlegungen wichtige Entscheide für unsere Zukunft treffen. Entsprechend müssen sie Pro und Kontra abwägen können. Die Schule darf jungen Menschen bewusst machen, dass in der Schweiz zu leben ein Privileg ist, weshalb man durchaus patriotisch und dankbar sein darf.
Das Elternhaus vermittelt Werte entsprechend der elterlichen Gesinnung - das soll auch so sein. Wenn die Schule versucht ihre Schüler ideologisch zu indoktrinieren, so ist das falsch. Wenn ein Schüler die Schule verlässt, so muss er in der Lage sein, die Welt eigenständig und kritisch selbst zu beurteilen. Die heutigen Schüler werden als Erwachsene ihre eigene Zukunft und die ihrer Nachkommen bestimmen.
Deshalb kann die Schule nicht nur ein Vermittler von Basiswissen in Mathematik, Sprache, Geschichte, Musik, usw. sein, sondern muss zwingend auch das analytische und kritische Denken schulen. Gerade in einer Zeit der gleichgeschalteten Medien wäre es von Vorteil, wenn die Schule und einzelne Lehrkräfte etwas weniger Zeit für zeitgeistige Modetrends wie Gendern oder Klimamoralismus verwenden und dafür mehr das kritische Denken fördern würden. Auch kommen meines Erachtens wirtschaftliche Grundkenntnisse viel zu kurz. Jeder Bürger ist später Chef eines Haushalts mit Budget und muss sich überlegen, wie er sein Geld nicht nur verdient, sondern auch sinnvoll ausgibt, spart und anlegt, also vorsorgt. Meine zurückhaltende Kritik an der heutigen Schule ist denn auch, dass sie punkto Gewichtung der Ausbildung zu wenig realitätsbezogen unterrichtet.
Die heutige Gesellschaft mit immer mehr Umverteilung und sozialer Unterstützung à gogo wird scheitern, wenn nicht Vernunft und mehr Eigenverantwortung einkehrt. Die dann entstehenden Enttäuschungen wären enorm – für alle. Deshalb plädiere ich für eine Schule, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch kritisches Denken. Die Schule muss Einsatz und Fleiss fördern und Leistung und Resultate fordern. Auch ein temporäres Versagen ist lehrreich und sollte zu mehr Einsatz einladen. Denn dies ist die beste Vorbereitung auf ein Leben in einer voraussichtlich sehr herausfordernden Zukunft.
*Felix W. Zulauf (1950) war als Fondsmanager, globaler Anlagestratege und Leiter des institutionellen Portfolio Managements bei der UBS tätig. 1990 gründete er seine eigene Zulauf Asset Management AG und verwaltete Vermögen für primär institutionelle Anleger aus der ganzen Welt. Seit dem Verkauf des Geschäfts berät er institutionelle Anleger auf 5 Kontinenten und über 30 Ländern zu Anlagefragen mit dem Schwergewicht Geopolitik, Makroökonomie und Finanzmärkte. Er wohnt seit über 30 Jahren in Zug.
[1] red. Die Staatsquote zeigt, wie viel der Staat im Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung eines Landes ausgibt. Eine sehr niedrige Quote (unter 20 %) kann bedeuten, dass der Staat wenig soziale Sicherheit bietet. Eine sehr hohe Quote (über 50 %) kann auf zu hohe Staatsausgaben, Bürokratie oder Krisen hinweisen.