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11.12.2018

Weihnachtszeit – Verwandlungszeit

11.12.2018
Staunend die Welt verändern Von Andreas Haas* Eine Dezembernacht im Jahre 1515. Es ist kalt, die Felder und Wälder sind tief verschneit. Sterne und Mond funkeln in den Schneekristallen. Ein ...
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Staunend die Welt verändern

Von Andreas Haas*

Eine Dezembernacht im Jahre 1515. Es ist kalt, die Felder und Wälder sind tief verschneit. Sterne und Mond funkeln in den Schneekristallen. Ein Mann fährt in seinem Pferdeschlitten durch die Nacht. Das geheimnisvolle Leuchten an den Tannen lässt ihn nicht kalt. Es versetzt ihn in staunen, rührt ihn in seinem Innersten an. Auch ein paar Tage später empfindet er eine himmlische Kraft, wenn er an die funkelnden Sternendiamanten an den Tannen denkt. Wie eine Erleuchtung kommt es über ihn: Er könnte dieses Leuchten in die Stube holen, indem er den Tannenbaum nicht nur mit Früchten und Gebäck schmückt, sondern auch mit Kerzen. Er tut es und weckt so bei den Menschen, die das sehen, auch ein freudiges Staunen.

Etwa so könnte es gewesen sein, als – wie die Legende sagt – Martin Luther den Lichterbaum ins Leben rief. Aus einem tiefen Staunen heraus ist der Brauch entstanden, dass wir Kerzen und Lichter an die Christbäume hängen. So wird auch das Wort des Propheten Jesaja erlebbar: „Das Volk, das im Finstern wandert, sieht ein grosses Licht." (Jes 9,1) Die heutigen Lichter an den Bäumen und Fenstern erinnern uns daran, dass in uns allen ein grosses Licht ist. Allerdings wird dieses oft durch Hektik und Konsum gerade in der Weihnachtszeit in den Schatten gestellt. Dieses Licht können wir in uns wieder entfachen, wenn wir – wie Martin Luther – über die Schönheit der Natur staunen können, wenn wir nicht über die staunenden Augen der Kinder vor den Kerzen am Baum lachen, sondern durch diese Kinderaugen hindurch die Welt neu betrachten. In einem gewissen Sinne betrachten wir sie dann nämlich durch Gottes Augen. So bringen die Lichter am Baum neues Leben in die oft finstere Welt.

Auch biologisch betrachtet fördert die Kombination von Baum und Licht das Leben. In der Photosynthese entsteht durch das Sonnenlicht, welches auf die Blätter bzw. Nadeln trifft, in einem Verwandlungsprozess der lebensnotwendige Sauerstoff. Dieser ermöglicht den Menschen und Tieren zu atmen. Der Sauerstoff macht Leben erst möglich. Nicht zuletzt deshalb ist der Tannenbaum mit seinen Lichtern ein Symbol für das Weihnachtsgeschehen geworden. Das Licht Gottes trifft auf uns Menschen. „Er ist das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der zu Welt kommt" heisst es im Johannesevangelium (Joh 1,9). Die Weihnachtszeit und ganz konkret der Christbaum mit seinen Kerzen können uns Anstoss geben für unsere eigene, innere Photosynthese. Das heisst, dass wir aus diesem Licht in uns, aus diesem Licht, das alle mit allen verbindet, Lebensenergie bekommen. Vielleicht mögen Sie es in den kommenden Tagen ausprobieren: schauen Sie sich selbst, Ihre Schülerinnen und Schüler, beliebige Menschen, die Ihnen begegnen, einmal mit einem neun, staunenden Blick an. „Ich bin vom wahren Licht erleuchtet." „Dieser, der mich derart ärgert, ist vom wahren Licht erleuchtet – wirklich?!" Mir zumindest gibt diese spielerische Übung immer wieder neue Luft zum Atmen – und Grund zum Staunen: über mich selbst, über meine Mitmenschen und über das wahre Licht, welches wir Christinnen und Christen Gott nennen.

Ja, Staunen ist ein Katalysator, der die innere Photosynthese beschleunigt: staunen über das diamentene Funkeln der Sterne im Schnee, über das Ergriffensein von Kindern, wenn sie die Kerzen am Baum sehen, staunen auch über den Prozess der Photosynthese und darüber, dass in jedem Menschen Gott ein Mensch wird.

Ich wünsche Ihnen lichtvolle und überraschende Weihnachten, mit zahlreichen Gelegenheiten, zu staunen.

*Andreas Haas ist seit 26 Jahren reformierter Pfarrer in der Stadt Zug. Er war mehr als 20 Jahre Seelsorger an der Psychiatrischen Klinik Zugersee. Seelsorge und spirituelle Begleitung sind Schwerpunkte seiner pfarramtlichen Tätigkeit. Er leitet die Steuergruppe der www.citykirchezug.ch und ist Stiftungsratspräsident der Stiftung
www.hospiz-zentralschweiz.ch.

 

 

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