Risiko Lehrpersonenmangel & Steuersenkung
Kürzlich hatte ich mit Lehrerverbänden aus St. Gallen und Bern Kontakt. Bei dieser Gelegenheit tauschten wir uns über die aktuelle Stellensituation für Lehrpersonen aus. Die beiden Gewerkschaftskolleginnen schauten mich mit grossen Augen an, als ich sagte, dass in meiner Gemeinde für zwei Stellen 18 Bewerbungen eingegangen seien. In St. Gallen sei es normal, dass auf ein Stelleninserat zwei, drei Bewerbungen eingehen, im Kanton Bern häufig gar keine.
Da erstaunt es nicht, dass es zur Normalität wird, wenn Stellen von Personen besetzt werden, die nicht über das erforderliche Lehrdiplom verfügen. Je einfacher es ist, ohne Lehrdiplom eine Anstellung zu erhalten, desto weniger attraktiv erscheint mir auch die Ausbildung an einer pädagogischen Hochschule. Warum sollte man ein jahrelanges Studium auf sich nehmen, wenn man auch ohne Studium sofort (und in anderen Kantonen nicht selten unbefristet) eingestellt wird?
Im Kanton Zug ist der Lehrpersonenmangel noch nicht so dramatisch, aber die Situation spitzt sich ebenfalls zu. Lehrpersonen für Heilpädagogik und Logopädie sind schon seit längerer Zeit schwer zu finden. Die Mangellage zeigt sich aber zunehmend auch bei Kindergartenlehrpersonen und bei der Suche nach Schulleiterinnen und -leitern. Für die anderen Schulstufen zeichnet sich in der Tendenz ebenfalls eine Abnahme bei der Anzahl Bewerbungen ab.
Dem Kanton Zug gelingt es immer weniger, sich mit seinen Anstellungsbedingungen von anderen Kantonen abzuheben. Die Kantone Zürich und Aargau haben ihre Löhne in den letzten Jahren deutlich angehoben und nun bröckelt auch der wichtige Lehrpersonennachschub aus dem Kanton Luzern, zumal eine Kindergartenlehrperson beim Berufseinstieg im Kanton Zug deutlich weniger verdient.
Das Projekt Anstellungsbedingungen soll mit diversen Gesetzesanpassungen Gegensteuer geben und die Attraktivität des Kantons Zug erhöhen. Der Kanton Zug lässt sich die Verbesserungen auch etwas kosten. Die Mehrkosten für den Kanton und die Gemeinden im Bereich der Lehrpersonen belaufen sich auf rund 7 Millionen Franken.
Was nach viel Geld klingt, wird aber kaum ausreichen, um dem Kanton Zug entscheidende Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Der Einstiegslohn ist seit 2009 auf den Franken genau gleich und der Aufholbedarf entsprechend gross. Es bräuchte eine deutliche Lohnsteigerung, wie sie der LVZ durch eine Reallohnerhöhung von 2.5% und eine Erhöhung der Lohnklassen für die Volksschule fordert.
Die Reallohnerhöhung für alle öffentlichen Angestellten würde mit weiteren rund 7 Millionen zu Buche schlagen. Aber kann sich der Kanton Zug solche Mehrausgaben leisten?
Die Überschüsse der Zuger Gemeinden oszillieren mittlerweile um 100 Millionen herum, der Kanton Zug verzeichnete für das Jahr 2020 einen Überschuss von 285 Millionen Franken. Kein Wunder werden Forderungen nach einer Steuersenkung laut. Die Regierung hat daher die achte Teilrevision des Steuergesetzes auf den Weg gebracht und rechnet mit Mindereinnahmen von rund 72 Millionen für den Kanton und rund 54 Millionen für die Gemeinden.
Der Kanton Zug könnte sich spielend ein Lohnniveau leisten, mit dem der Lehrpersonenmangel beseitigt werden kann. Gute Anstellungsbedingungen führen nicht nur dazu, dass Lehrpersonen angezogen werden, sie steigern auch den Wert der pädagogischen Arbeit, das Ansehen und die Verbleibdauer im Beruf. Das ist entscheidend, denn solange Lehrpersonen ihrem Beruf nicht treu bleiben, wird sich der Lehrpersonenmangel nicht beheben lassen.
