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05.03.2019

Beurteilen und Fördern – ein Spannungsfeld

05.03.2019
Interview mit einer schulischen Heilpädagogin zum Thema Beurteilen und Fördern.

Im Spannungsfeld von Beurteilen und Fördern

Im Spannungsfeld von Beurteilen und Fördern
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Fördern, beurteilen, bewerten – diese Tätigkeiten stecken ein klassisches Spannungsfeld der Schule ab. Das Zuger Handbuch «Beurteilen und Fördern, B&F» zeigt, wie die Lehrerinnen und Lehrer damit umgehen können. Ich habe Sarah Schmid unter anderem gefragt, wie sie in ihrer Schulzeit gefördert wurde, wie sie heute «B&F» lebt und was sie von den Noten hält.

Von Lukas Fürrer

Sarah Schmid*, gibt es Tipps oder Ratschläge von Ihren Lehrerinnen und Lehrern, an die Sie sich noch erinnern?
An spezifische Tipps oder Ratschläge kann ich mich nicht erinnern. Vielmehr sind mir die allgemeinen Dinge geblieben, welche mich ermutigt oder demotiviert haben. Gerne erinnere ich mich an die Lehrpersonen, welche Humor hatten, natürlich und echt waren, erreichbare Ziele setzten, Interesse an meiner Person zeigten und konsequent und transparent handelten. Eigenschaften, welche meine Berufsbiographie positiv beeinflussten. Ungern denke ich an Situationen zurück, bei denen die Lehrpersonen meine Stärken nicht erkannten, sondern sich auf meine Defizite konzentrierten. Menschen, die mich beim Stärken meiner Stärken und Schwächen meiner Schwächen unterstützt haben, sind mir in positiver Erinnerung geblieben. "Nicht gegen den Fehler, sondern für das Fehlende" (P. Moor), ist für mich eine wichtige Grundhaltung.

Wie wurden Sie sonst beurteilt und gefördert? Ich meine jetzt nicht Ihre Noten, sondern die Art und Weise der Beurteilung und Förderung.
Ich denke an eine leistungsorientierte Schulzeit zurück, welche sich sehr über die Noten definierte. Eine Zeit, in der die individuelle Förderung kein grosses Thema war. Die Selektion ist mir stark in Erinnerung geblieben. Vielleicht, weil ich stets kämpfen musste, um gute Leistungen zu erbringen, damit ich mein Berufsziel verwirklichen konnte.

Die Kompetenzformulierungen, so heisst es in den Fragen und Antworten zum Lehrplan 21, eröffnen Möglichkeiten für Entwicklungen im Bereich der formativen Beurteilung. Hier ist der Kanton Zug mit «Beurteilen und Fördern» schon einen Schritt weiter. Wie bauen Sie solche Rückmeldungen zum Lernstand in Ihren Unterricht ein?
Als Schulische Heilpädagogin bin ich mit meinen Schülerinnen und Schülern stets in einem Prozess des Förderkreislaufs und dieser beinhaltet zum einen die formative Beurteilung. Neben formativen Lernkontrollen setze ich die Selbst- und Fremdbeobachtung ein, die Selbstbeurteilung, Lerngespräche und auch Lerntagebücher sind Bestandteile, um einen Lernprozess zu diagnostizieren und zu unterstützen. Dadurch bekomme ich Hinweise, wie das weitere Lernen und die Förderung aussehen können. Wie man im Handbuch "Beurteilen und Fördern" lesen kann, handelt es sich dabei um eine förder- und prozessorientierte Beurteilung, welche sich entweder auf die Individualnorm oder Sachnorm bezieht.

Beurteilen und Fördern (Bild: Michel Gilgen)
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Daneben gibt es die summative Beurteilung. Diese richtet das Augenmerk, so steht es in den Ausführungen zum Lern- und Unterrichtsverständnis im Lehrplan 21, auf den Leistungsstand der Schülerin oder des Schülers nach Abschluss eines längeren Zeitraums. Hier geht es dann um eine abschliessende Bilanz, wie es um die Lernzielerreichung steht. Sehen Sie eine Schwierigkeit darin, eine solche Bilanz zuletzt in einen Notenwert zu übersetzen?
Was ist das Ziel von dieser Bilanz? Es soll zeigen, wo der Schüler und die Schülerin steht und bei Übergängen eine Richtung weisen oder eine Selektion machen. Ich befürworte einen differenzierten Bericht, er ist für mich aussagekräftiger. Ich möchte dies gerne an einem Beispiel von Schülerinnen und Schülern mit einem Lernbericht aufzeigen. Aus dem Lernbericht ist zum Beispiel ersichtlich, dass das Rechnen mit Grössen vorhanden ist und das räumliche Vorstellungsvermögen nicht. Dies ist für eine zukünftige Lehre, um den passenden Beruf zu finden wegweisender als eine Note im Zeugnis, welche sich im besten Fall auf den Lehrplan bezieht. Noten werden mit bestem Wissen und Gewissen gemacht. Sie sind für mich jedoch zu wenig aussagekräftig. Was bedeutet eine 3-4 in der Mathe? Wo liegen die Stärken und wo die Schwächen? Ist eine Matheschwäche vorhanden, fehlt ein Teilbereich oder liegt es an der mangelnden Lernmotivation? Eine komplexe Sache. Deshalb ist ein mündlicher Austausch bei den Übergängen zentral.

Als Vater kann ich den Schwierigkeitsgrad einer Prüfung nicht einschätzen. Das wäre aber eine wichtige Information für mich, weil es ja schon entscheidend ist, ob nur mein Kind das Lernziel nur teilweise erreicht oder ob die ganze Klasse noch Schwierigkeiten hat. Was würden Sie antworten?
Weshalb genau ist es für Sie wichtig zu wissen, ob die anderen Lernenden ebenfalls Schwierigkeiten haben? Ich gehe davon aus, dass in der beschriebenen Situation der Fokus aus Vatersicht auf ihrem Kind liegt. Wo steht mein Kind, was ist sein/unser Ziel, was sind seine Ressourcen, wo braucht es Unterstützung? Wie Sie vielleicht erahnen, bin ich kein grosser Freund von Noten. Gut formulierte Berichte sind für mich aussagekräftiger als Noten. Doch gehen wir zurück zu den Noten und der Einschätzung von Prüfungen hinsichtlich deren Schwierigkeitsgrad. Summative Beurteilungen sollten sich auf die Kriterien Objektivität, Reliabilität und Validität stützen. Mit Hilfe der Taxonomiestufen nach Bloom (Wissen, Verständnis, Anwendung, Analyse, Synthese und Beurteilung) kann die Komplexität von Lernzielen analysiert werden. Sie sehen, Prüfungen ohne Vorwissen einzuschätzen, ist nicht ganz einfach. Deshalb sind Vertrauen und Austausch mit der Lehrperson wichtig. Sie können als Eltern nicht alle Zusammenhänge verstehen. Dies wäre ja so, wie wenn ich die Arbeit eines Arztes oder eines Finanzbeamten in allen Zusammenhängen verstehen könnte. Dort stellt sich diese Frage weniger. Wahrscheinlich hängt dies damit zusammen, dass wir alle in der Schule waren und eine Vorstellung von gutem und schlechtem Unterricht haben. Kurz gesagt, fragen Sie bei ihrem Kind nach und bleiben sie im Gespräch mit der Lehrperson.

Beurteilen und Fördern (Bild: Michel Gilgen)
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Wie kann es gelingen, dass Sie die Leistungen oder auch Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler vergleichbar einschätzen wie ihre Kolleginnen und Kollegen im gleichen Schulhaus oder in der gleichen Gemeinde?
Als Schulische Heilpädagogin konzentriere ich mich sehr auf das Einschätzen und Beurteilen der einzelnen Kompetenzen der Lernenden. Dabei orientiere ich mich am Lehrplan 21. Durch das Formulieren der Lernziele im Lernbericht habe ich die Möglichkeit, sehr detailliert und individuell zu beurteilen, wo die/der Lernende steht. Diese Beurteilung mache ich in Zusammenarbeit mit den beteiligten Lehrpersonen. Dies sichert eine Vergleichbarkeit. Der Austausch in den Stufenteams oder Unterrichtsteams bietet die Möglichkeit, vergleichbare und einheitliche Unterrichtsmaterialien und Tests herzustellen.

Das Feedback der Schülerinnen und Schüler wird noch etwas zurückhaltend eingesetzt. Dabei können auch diese sehr verlässliche Rückmeldungen zur Wirkung einer Lehrperson machen. Haben Sie Ihre Schülerinnen und Schüler zum Beispiel schon einmal gefragt, ob diese ihre künftigen Kinder zu Ihnen in die Schule schicken würden?
Eine super Fragestellung. Genau mit dieser Frage gehe ich morgen auf meine Schülerinnen und Schüler zu. Feedback geben gehört auch zum Partizipieren im Unterricht. In diesem Bereich hat die Schule eine Entwicklung gemacht. Die Schülerinnen und Schüler werden nach Ihrer Meinung gefragt, auch mit Blick auf die Wirkung einer Lehrperson. Doch sicherlich gibt es in diesem Bereich noch Entwicklungspotential. Man darf nicht vergessen, dass Rückmeldungen oft auch in den Gesprächen eingeholt werden, sei es schriftlich oder mündlich. Feedback geben muss geübt werden, wie auch Kritik annehmen können. Dies ist für alle ein Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung und wichtig für das Weiterkommen. Mit allen meine ich auch die Lehrpersonen. Ein Wechselspiel aller Beteiligten, damit das Wohl und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen gewährleistet werden können.

*Sarah Schmid ist Heilpädagogin auf der Oberstufe in Baar. Als Schulische Heilpädagogin und ehemalige Klassenlehrerin begleitet sie Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg Richtung Berufswelt. Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, Lösungsstrategien und eine Portion Humor sind wichtige Eigenschaften, welche Sarah Schmid den Jugendlichen mitgeben will.

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