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17.12.2014

Ethik und Religion — Wie Gott zur Welt kommt

17.12.2014
Unweihnachtlich und provozierend beginnt die längste Weihnachtsgeschichte in der Bibel. Der Himmel öffnet sich über Schafen und Hirten. In der weihnachtlichen Stunde werden die Letzten zu Ersten. ...
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Unweihnachtlich und provozierend beginnt die längste Weihnachtsgeschichte in der Bibel. Der Himmel öffnet sich über Schafen und Hirten. In der weihnachtlichen Stunde werden die Letzten zu Ersten. Eine kleine, aber feine Predigt aus aktuellem Anlass.

Von Pater Walter Wiesli

Die schönste und längste Weihnachtsgeschichte beim Evangelisten Lukas beginnt sehr unweihnachtlich und provozierend: „Zu jener Zeit ordnete Kaiser Augustus an, dass alle Bewohner des römischen Reiches in Steuerlisten erfasst werden sollten." Eine Provokation für die Juden Judäas, die seit 63 v.Chr. durch die Besetzung der Römer gedemütigt wurden und unter der Schreckensherrschaft des Herodes d. Gr. litten. Durchgeführt hat der Vorhaben der römische Vasall Quirinius, Statthalter in Syrien.

Es geht um Macht und Geld, die auch einfache Leute wie Joseph und Maria nötigen, ihren Heimatort aufzusuchen um sich eintragen zu lassen. Maria ist hochschwanger und hat sich wohl auch mit dem Nötigsten für die Geburt eingedeckt. Die Stadt Bethlehem ist überlaufen, manche richten sich notdürftig ein in umliegenden Gehöften oder einem Stall, wo nun auch Maria und Josef einen Unterschlupf finden. Hier gebiert sie ganz unspektakulär ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie ist dabei wohl allein, Geburt war damals Frauensache, wie man zeitgenössischen Berichten entnehmen kann.

Es hört sich alles so normal und gewöhnlich an: Das Kind wird in Windeln gewickelt und in eine Futterkrippe gelegt. Analog zur Verkündigung würde man Engel oder ein deutliches Zeichen vom Himmel erwarten. Nichts davon im Stall, nur Alltäglichkeit wie immer schon, auch Gott scheint nicht im Spiel zu sein.

Andernorts hingegen schon: Der Erzähler Lukas bleibt seinem Evangelium treu und lässt den Himmel sich öffnen über Schafen und Hirten, über Menschen, die nichts gelten und keinen guten Ruf haben, die religiös und gesellschaftlich deklassiert sind. Sie haben keinen Leistungsausweis, der sie für eine Begegnung mit der göttlichen Botschaft legitimieren könnte, sie sind für diese Begegnung weder vorbereitet noch speziell geeignet. Sie tun das, was Leute ihrer Gattung alle tun: Niedrigste Dienste zu niedrigstem Lohn. Sie sind Letzte die in dieser Stunde zu Ersten werden.

Mitten auf dem Feld mit kargem Schaffutter umstrahlt sie Gottes Herrlichkeit. Wer würde da im schummrigen Licht dieser Existenzen nicht geblendet und von Angst und Furcht ergriffen? Sie wissen sich am untersten Ende ihrer Möglichkeiten und sollen jetzt den Anbruch einer neuen Welt verstehen.

Ohne dieses Erschrecken ist Weihnachten nicht zu verstehen. „Heute ist euch ... der Retter geboren", ‒ nicht einfach nur damals. Wo immer dieses Heute in der Botschaft aufscheint, kommt Gott an: „Heute hat sich das Schriftwort erfüllt ...Heute ist diesem Haus Heil geschenkt ... Heute wirst du mit mir im Paradies sein". In diesem Heute laufen alle Linien des Gestern und Morgen zusammen. Dieses Heute verbindet Himmel und Erde.

Allerdings: Das Wort aus der Höhe und die Realität auf der Erde scheinen sich zu widersprechen. Hier die Herrschaftsproklamation Gottes ‒ dort der Stall mit dem Kind, hier der Retter der Welt ‒ dort arme Leute und ihr Säugling. Wie soll man darauf einen Reim finden? Nur der Glaube vermag es und Paulus bringt es mit einer gewagten Aussage auf den Punkt: Christus habe sein Gott-Sein „ausgeschüttet" (nach dem griech.Text Phil 5,7): Ein drastisches Bild: Was man ausschüttet, hat man verloren, ist verloren. Konkret heisst das nackte Fazit: „Sein Leben war das eines Menschen, sogar eines Sklaven."

Wir feiern an Weihnachten den wirklichen Gott als wirklichen Menschen, nicht als Wunderkind, sondern als Erdenkind. Er ist sosehr Mensch, dass man ihn leicht übersehen kann. Man muss in diese Nacht hineinlauschen und der Einladung zur Krippe folgen. Die Engel sind dort bereits gegangen, aber das Kind bleibt. Es lohnt, dies nicht zu vergessen und „all dies im Herzen zu bewahren", wie Maria es tat.

Pater Dr.phil. und Dr.theol.h.c. Walter Wiesli gehört der Bethlehem-Missionsgesellschaft Immensee an. Zeitlebens tätig im Schulbetrieb (Theol.Fakultät Luzern und Chur), ist u.a. Mitautor und Geschäftsleiter für die Herausgabe des Schweizer Kirchengesangbuchs. Er feiert öfters Gottesdienste in der Pfarrei St. Johannes in Zug.

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