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05.12.2022

Spielend lernen – die Kraft des Spiels

05.12.2022
Spielend lernen in der Schule. Warum die Kraft des Spiels der vielleicht wichtigste Lernmotor von Kindern im Alter von 4-8 Jahren ist. Von Catherine Lieger und Natalie Geiger.
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Warum die Kraft des Spiels der vielleicht wichtigste Lernmotor von Kindern im Alter von 4-8 Jahren ist.

Von Catherine Lieger* und Natalie Geiger**

Die liebste und wichtigste Beschäftigung von Kindern im Alter von 4 – 8 Jahren ist das Spielen. Das Spiel ist ein natürlicher Lernmotor, der den Kindern hilft, die Welt wahrzunehmen und zu begreifen. Kinder lernen, indem sie selbst wirksam werden, erproben, experimentieren und mit anderen in Interaktion treten. Kennen Sie ein Kind, das nicht von sich aus motiviert ist zu spielen (--> intrinsische Motivation)?

Wie Kinder lernen PHZH 2022
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Abbildung 1: Wie Kinder lernen (Schwerpunktprogramm Elementarbildung PHZH 2022)

Mit dem Lehrplan 21 wird die Kompetenzorientierung und somit das Handeln der Schülerinnen und Schüler stärker in den Fokus gerückt. Für den Zyklus 1 (Kindergarten sowie 1. und 2. Klasse Primarstufe) bedeutet Kompetenzorientierung, Unterrichtsinhalte und Settings vom Kind ausgehend zu planen und zu gestalten, die Schülerinnen und Schüler auf ihrer individuellen Entwicklungsstufe abzuholen und sie darin zu unterstützen, sich in konkreten alltagsnahen Situationen als kompetent zu erleben.

Dabei ist das fächerübergreifende, projektartige Lernen besonders wichtig, denn es berücksichtigt die Verbindung von Spielen und Lernen in für Kinder relevanten Kontexten. Im Projekt Spielen Plus widmen sich seit 2019 über 30 Schulklassen vom Kindergarten bis zur 2. Klasse intensiv dieser wichtigen Thematik (Link: spielenplus.ch). In Zusammenarbeit mit der pädagogischen Hochschule Zürich verfolgen sie ein gemeinsames Ziel: Spielen und Lernen zu verbinden und den Unterrichtsalltag näher an den tatsächlichen Bedürfnissen der Kinder zu gestalten.

Gemeinsame Fragen sind dabei handlungsweisend:

  • Wie lernen Kinder im Alter von 4 – 8 Jahren eigentlich bzw. wie sieht Lernen in dieser Altersstufe aus der Perspektive der Kinder aus?
  • Welche Bedürfnisse zeigen sich in heutigen Schulklassen?
  • Wie können wir diesen gerecht werden?

Tatsächlich zeigen sich für den gesamten 1. Zyklus ähnliche Herausforderungen, wie etwa die jünger eintretenden Kinder mit einem hohen Bedürfnis an Bewegung und entwicklungsorientiertem Spiel sowie die insgesamt stärker wahrnehmbare Heterogenität in den Schulklassen. Insbesondere, wenn es um die fliessende Gestaltung von Lernprozessen im Schulsystem geht, stehen zwei Übergänge stark im Zentrum: Der Übergang von zuhause/ der Kita und/oder Spielgruppe in den Kindergarten sowie der Übergang vom Kindergarten in die 1. Klasse.

Abbildung 2: Übergänge im 1. Zyklus (Schwerpunktprogramm Elementarbildung 2022)
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Abbildung 2: Übergänge im 1. Zyklus (Schwerpunktprogramm Elementarbildung PHZH 2022)

Damit die Kinder weniger starke Diskrepanzen erleben und Lernen möglichst fliessend geschehen kann, ist es wichtig, die Entwicklung der Kinder sowohl in der Schule wie auch zu Hause stärker in den Fokus zu rücken und ihre Bedürfnisse, die sie auf diesem Entwicklungsweg zeigen, ernst zu nehmen.

Bereits von Geburt an lernen Kinder, in dem sie ihre Umwelt aktiv wahrnehmen und im entdeckenden Spiel sowie der Interaktion mit anderen erschliessen. Sie lernen auf vielfältige Weise, beim Beobachten, Imitieren, Mitmachen, Gestalten sowie in Interaktion mit anderen (Bildungsdirektion 2017). So bietet gerade der Alltag für sie zahlreiche spannende und lehrreiche Situationen, die ihr Interesse wecken und sich nahe an ihrer erlebten Welt bewegen - sei dies zu Hause, beim Spielen mit anderen Kindern, in der Schule oder in einer Betreuungssituation.

Die folgende Grafik ist vereinfacht, zeigt aber deutlich auf: Das beiläufige, selbstaktive und entdeckende Lernen ist für Kinder der Altersstufe vier bis acht immer noch hochrelevant.

Spielen und Lernen, Lieger 2014
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Abbildung 3: Spielen und Lernen, Lieger 2014

Je älter Kinder werden, umso eher sind sie fähig, Lerninhalte zu abstrahieren, also beispielsweise Rechnungen in einer konstruierten Aufgabe, z. B. mit Plättchen oder auf einem Arbeitsblatt, losgelöst von einem alltäglichen Kontext zu bearbeiten. Je älter wir werden, umso leichter fällt es uns also, bewusst, abstrakt und stark kognitiv zu lernen. Junge Kinder entdecken den Alltag und alles, was sie umgibt, im Vergleich zu uns Erwachsenen noch viel stärker über das direkte Erleben. Dabei sammeln sie wertvolle Erfahrungen, die Ihnen helfen, die Welt zu verstehen.

Im Projekt «SPIELEN PLUS» beschäftigen sich Schulleitungen, Lehr- und Betreuungspersonen mit der Lernentwicklung junger Kinder und dem hohen Lernpotential, das im Spiel steckt. Dazu gehört unter anderem die Berücksichtigung der Spielentwicklung. Die folgende Grafik zeigt eindrucksvoll, dass mit zunehmender Entwicklung bei den Schülerinnen und Schülern nicht nur eine Veränderung der Lernformen und -bedürfnisse vom beiläufigen Lernen hin zu einem bewussten Lernen stattfindet, sondern dass die Spielbedürfnisse auch sehr vielfältig sind:

Entwicklung der Spielformen (Lieger 2021 in Anlehnung an Heimlich 2015)
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Abbildung 4: Entwicklung der Spielformen (Lieger 2021 in Anlehnung an Heimlich 2015)

Das Funktionsspiel oder auch Explorationsspiel ist die frühste Spielform, die bereits bei Kleinkindern zu beobachten ist. Dabei experimentieren die Kinder mit Materialien in ihrer Umwelt (z. B. Wasser, Sand oder Papier) und erweitern zudem ihre eigenen Fähigkeiten wie z. B. die Steuerung und Bewegung ihres eigenen Körpers (z. B. in dem sie verschiedene Fortbewegungsarten ausprobieren). Je besser die Kinder ihre Umwelt kennenlernen und die Funktion der Gegenstände und Materialien um sie herum kennen, umso eher sind sie fähig, sie umzufunktionieren. So wird im Symbolspiel aus einem Holzstecken plötzlich ein Zauberstab oder eine Kartonschachtel wird im Spiel als Auto genutzt. Noch etwas anspruchsvoller ist das Rollenspiel. Dabei versetzen sich die Kinder selbst in unterschiedliche Rollen, nehmen so andere Perspektiven wahr und lernen in Interaktion mit anderen Kindern. Im Konstruktionsspiel bauen die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe von Rohmaterialien und Werkzeugen geplante Gebilde, z. B. einen Turm aus Klötzen, eine Poststelle aus Karton oder ein Haus aus Naturmaterialien im Wald. Dabei wird unter anderem ihre räumliche Vorstellung, aber auch ihr logisches und kreatives Denken sowie ihr Durchhaltevermögen geschult. Regelspiele, die stark auf das bewusste Lernen abzielen, haben oft bereits einen festen Platz im Unterricht, etwa in Form eines Lernspiels, um das 1 x 1 zu üben, einem Würfel- oder Kartenspiel. Auch Spiele im Kreis oder im Sport mit festen Regeln gehören dazu (Heimlich, 2001; Lieger, 2014: Burkhardt Bossi, Lieger, von Felten, 2009). Oft sind im Spiel mehrere Spielformen parallel zueinander sichtbar. Ein vielfältiges Spielangebot in Schulen auf allen Entwicklungsebenen ist eine Antwort auf die jünger werdenden Schülerinnen und Schüler sowie die stärker werdende Heterogenität im Klassenzimmer (Filme zu allen Spielformen finden Lehrpersonen und Eltern unter spielenplus.ch/eltern).

Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für erfolgreiches Lernen, der in Studien nachgewiesen wurde, ist das gemeinsame, das kooperative Lernen. Dabei ist die professionelle Begleitung ein Schlüsselfaktor. Hierbei kommt es insbesondere auf die Haltung der erwachsenen Begleitpersonen an (Hattie und Zierer 2020, Pyle und Danniels, 2017):  

  • Werden die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder aktiv wahrgenommen und einbezogen? 
  • Entsteht in der Kooperation ein förderliches Zusammenwirken aller Beteiligten (sowohl unter den Kindern (Peers), als auch zwischen den Erwachsenen und den Kindern)?
  • Erkennen die Lehrpersonen/ Eltern an, dass Kinder sich wichtige überfachliche und fachliche Kompetenzen im Zusammenspiel aneignen können?
  • Sind sie in der Lage durch eine zurückhaltende Begleitung wichtige Impulse und Anregungen zu geben, die das Spiel und somit das Lernen bereichern?

Eine kanadische Studie zeigte eindrücklich auf, dass insbesondere das gemeinsame Spiel ein hohes Potential für nachhaltige und wirksame Lernerlebnisse birgt. Eine gute Balance zwischen komplett freien Spielsequenzen mit wenig bis gar keinem Einfluss durch erwachsene Begleitpersonen oder anderen Kindern und stark angeleiteten vorstrukturierten Settings unterstützt sowohl zu Hause wie auch in der Schule das Lernen der Kinder.

Abbildung 5 Kontinuum spielbasiertes Lernen
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Abbildung 5: Kontinuum spielbasiertes Lernen

Im gemeinsamen Zusammenspiel erhalten Kinder die Möglichkeit ihre eigenen Fähigkeiten engagiert und motiviert zu erproben und weiterzuentwickeln (Peer-Learning). Gleichzeitig erhalten sie durch eine professionelle Begleitung die Möglichkeit, sich wichtige fachliche und überfachliche Kompetenzen wie Kommunikation, Kooperation und Kreativität anzueignen.

Infobox
Möchten Sie erfahren, welche weiteren Bereiche das Spiel in der Schule und zu Hause unterstützen? Auf der Website www.spielenplus.ch finden Sie Filme für Schulteams und Eltern rund um das Thema Spielen und Lernen.

Zudem erhalten Schulen auf der Website www.8-Schritt-Modell.ch eine Hilfestellung in 8 Schritten zur erfolgreichen Verankerung von Spielanlässen und -projekten im Schulalltag: 

  • Schritt 1 zeigt Möglichkeiten auf, wie durch den Einbezug der kindlichen Perspektive zeitgemässe und anregende Lernräume entstehen können.
  • Schritt 2 fokussiert eine durchdachte Planung und Einleitung, sodass ein zügiger Einstieg in die aktive Spiel- und Lernphase gelingt.
  • Schritt 3 veranschaulicht konkrete Umsetzungsmöglichkeiten in Bezug auf das Spiel sowie zentrale Merkmale kompetenzorientierter Aufgabenstellungen und Lernsettings.
  • Schritt 4 beschreibt binnendifferenzierte Spielangebote, welche die individuelle Entwicklung der Kinder berücksichtigen.
  • Schritt 5 ist auf die Lehrperson als Lernbegleiterin und Strukturgeberin ausgerichtet.
  • Schritt 6 gewichtet die kognitiv anregenden Interaktionen zwischen den Schülerinnen und Schülern.
  • Schritt 7 thematisiert das Nachdenken über das Lernen sowie gegenseitiges Feedback als wichtige Elemente von Unterricht. 
  • Schritt 8 zeigt Beispiele auf, wie Lernfortschritte auf motivierende und lernförderliche Art und Weise sichtbar gemacht werden können.
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*Catherine Lieger, Dr. phil., Leiterin Schwerpunktprogramm Elementarbildung PHZH, Dozentin und Beraterin, Tätigkeit in verschiedenen Entwicklungs- und Forschungsprojekten.

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**Natalie Geiger, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Schwerpunktprogramm Elementarbildung der Pädagogischen Hochschule Zürich, Leitung von Weiterbildungen, Tätigkeit in verschiedenen Entwicklungs- und Forschungsprojekten.


Mehr Infos zur Elementarbildung unter diesem Link: https://phzh.ch/elementarbildung.


Quellen

Bildungsdirektion des Kantons Zürich, Hrsg. 2017. «Grundlagen» In Lehrplan für die Volksschule des Kantons Zürich: Gesamtausgabe. Auf der Grundlage des Lehrplans 21, vom Bildungsrat des Kantons Zürich am 13. März 2017 erlassen, 21–54. Zürich: Bildungsdirektion des Kantons Zürich.

Burkhardt Bossi, Carine; Catherine Lieger und Regula von Felten. 2009. Spielen als Lernprozess. Planen, begleiten und beobachten. Broschüre mit DVD. Hohengehren: Schneider Verlag. Heimlich, Ulrich. 2001. Einführung in die Spielpädagogik. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Hattie, John und Klaus Zierer. 2020. Lernen sichtbar machen: Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von «Visible Learning». Hohengehren: Schneider Verlag.

Heimlich, Ulrich. 2015. Einführung in die Spielpädagogik. 3., aktual. Aufl. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Lieger, Catherine. 2014. Professionelle Betreuung in Kindergärten. Praxistaugliche Erfassung der Betreuungsqualität. Marburg: Tectum Verlag.

Lieger, Catherine, Natalie Geiger und Nadine Bühlmann. 2020. «Das 8-Schritt-Modell zur Kompetenzorientierung – konkrete Umsetzungsmöglichkeiten im Zyklus 1» Zürich: Volksschulamt Bildungsdirektion Kanton Zürich.

Lieger, Catherine und Wiltrud Weidinger. 2021. Spielen Plus: Ein Handbuch für Kindergarten, Schule und Betreuung. Bern: hep Verlag.

Pyle Angela und Danniels Erica. 2017. A Continuum of Play-Based Learning: The Role of the Teacher in Play-Based Pedagogy and the Fear of Hijacking Play, Early Education and Development, 28:3, 274- 289, DOI:10.1080/10409289.2016.1220771.

 

 

 

 

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