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24.08.2022

Überfachliche Kompetenzen – Vormachen!

24.08.2022
Überfachliche Kompetenzen fördern - die unterschiedlichen Rollen der Lehrpersonen
JJ & TE
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Johannes Jud & Tabea Eberli

Der Aufbau von überfachlichen Kompetenzen braucht Zeit, Übung und Ausdauer aller Beteiligten. Die Rollen verändern sich im Prozess. Übers Vormachen, Mitmachen und Nachmachen geht's zum Selbermachen. Die Verantwortung wandert von der Lehrperson zu den Schülerinnen und Schülern.

Von Johannes Jud, Tabea Eberli, Amina Rosenthal, Carmen Hirt & Yves Karlen*

Überfachliche Kompetenzen umfassen verschiedene Fähigkeiten, die für erfolgreiches Lernen in der Schule und darüber hinaus wichtig sind. Zu diesen zählen beispielsweise das selbstständige Setzen von Zielen, das eigenständige Einsetzen von Strategien oder das erfolgreiche Kooperieren mit anderen Personen. Durch überfachliche Kompetenzen können die Lernenden mehr Verantwortung für ihr Lernen übernehmen, ihren Lernprozess überwachen sowie regulieren und dabei Herausforderungen gezielt meistern. Überfachliche Kompetenzen entwickeln sich nicht automatisch, sondern müssen erlernt und gefestigt werden. Durch verschiedene Fördermassnahmen können die Lehrpersonen diese – an fachlichen Inhalten angeknüpft – fördern und nehmen damit eine zentrale Rolle ein.

Rollen der Lehrpersonen im Förderprozess
Der Aufbau von überfachlichen Kompetenzen braucht Zeit, Übung und Ausdauer aller Beteiligten. Doch der Aufwand lohnt sich: Schritt für Schritt eignen sich die Lernende verschiedene Kompetenzen an, um zunehmend Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen. Eine solche Entwicklung ist ein langandauernder Prozess, der durch verschiedene Handlungen seitens der Lehrperson unterstützt werden kann. Dabei hat sich der Ansatz des «Cognitive-Apprenticeship» bewährt. Das Cognitive-Apprenticeship ist gekennzeichnet durch eine stetige Kompetenzentwicklung seitens der Lernenden, die mit unterschiedlichen Rollen der Lehrperson einhergeht. Dabei werden grob vier Phasen unterschieden, die von den Lehrpersonen bzw. den Lernenden durchlaufen werden (siehe Abb.1).

Förderung überfachlicher Kompetenzen
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Am Anfang des Förderprozesses (Phase Modellieren und Demonstrieren) agiert die Lehrperson als Modell für die Lernenden. Die Lehrperson führt im Unterricht eine überfachliche Kompetenz ein, thematisiert deren Nutzen und zeigt Strategien zum Erwerb und zur Ausführung der Kompetenz auf. Als Modell zeigt die Lehrperson bestimmte Handlungen vor. Anschliessend nimmt die Lehrperson die Rolle des Coachs ein (Phase Gemeinsames Üben). In dieser Phase des Förderprozesses erstellt die Lehrperson Lernaufgaben, welche es den Lernenden erlaubt, das zuvor erworbene Wissen und die modellierten Strategien im fachlichen Kontext anzuwenden. Erst durch die Anwendung erhalten die Lernenden die Möglichkeit Erfahrungen darin zu sammeln, wie sich überfachliche Kompetenzen auf ihr Lernen auswirken. Während der Lernaufgabe werden die Lernenden aktiv durch die Lehrperson begleitet. Die Lehrperson gibt den Lernenden Rückmeldungen zu den angewendeten Strategien. Auch Rückmeldungen von Peers und ein Austausch im Plenum kann in dieser Phase unterstützend wirken. 
In der darauffolgenden Phase (Scaffolding) werden die Kompetenzen der Lernenden gefestigt und weiterentwickelt. In dieser Phase fokussiert sich die Lehrperson auf die Gestaltung der Lernumgebung und unterstützt die Lernenden partiell. Die Lehrperson kreiert Lernsituationen, die einen Transfer der erlernten Strategien in andere Situationen erlaubt, beispielsweise in weitere Unterrichtsfächer oder in andere Lernaufgaben. Die Lernenden bauen so schrittweise die Kompetenz auf, Strategien in unterschiedlichen Situationen korrekt anzuwenden und einzuschätzen, in welchen Situationen welche Strategie bzw. Kompetenz passend und für ihr Lernen zielführend ist. Zudem erlangen die Lernenden ein Bewusstsein für ihren eigenen Lernprozess und wie sie diesen erfolgreich gestalten können.
Mit zunehmender Sicherheit wenden die Lernenden die Strategien in offeneren Unterrichtssituationen (z. B. Wochenplan oder projektartiges Arbeiten) immer selbstständiger an (Phase Selbständiges Üben), da sie deren Nutzen für das Lernen kennen. Sie wissen, in welchen Situationen sie eine Strategie so anwenden können, dass diese ihr Lernen unterstützt. Die Rolle der Lehrperson besteht in dieser Phase darin, den Lernenden im Unterricht Freiräume zu gewähren, die das selbständige Üben ermöglichen. Die Lehrperson gibt lediglich noch sporadisch und gezielte Rückmeldungen zum Einsatz der Strategien, ohne jedoch die Entwicklung der Kompetenzen aus den Augen zu verlieren.

Im Kasten ist der beschriebene Förderprozess anhand des Cognitive-Apprenticeship-Ansatzes am Beispiel der zu erwerbenden überfachlichen Kompetenz «Wissen organisieren» dargestellt. Ein solcher Prozess kann sich über längere Zeit erstrecken, verläuft meist nicht linear und wiederholt sich laufend. Um den Überblick über die Kompetenzentwicklung der einzelnen Lernenden nicht zu verlieren, bietet es sich an, ein Lerntagebuch oder ein Kompetenzprofil in der Klasse einzuführen. Darin können Lernende nicht nur Strategien festhalten, sondern auch ihre Erfahrungen in deren Anwendung dokumentieren (siehe Abb. 2). Diese Notizen wiederum können als Bestandteil von Coaching-Gesprächen oder Beurteilungen verwendet werden. 

Praxisbeispiel zur Förderung der Kompetenz «Wissen organisieren» nach dem Cognitive-Apprenticeship-Ansatz

In der Phase des Modellierens und Demonstrierens erklärt die Lehrperson die Bedeutung der Wissensorganisation und zeigt beispielhaft vor, wann und wie man beim Lesen von Fachtexten das Wissen mit Hilfe eines Mindmaps organisieren kann. Nachdem die Strategie des Mindmaps demonstriert und gemeinsam erarbeitet wurde, erfolgt die Phase des gemeinsamen Übens. Die Lehrperson händigt einen Sachtext passend zum fachlichen Inhalt der Lektion aus und bittet die Schülerinnen und Schüler in Partnerarbeit die wichtigsten Begriffe und Inhalte in einem Mindmap darzustellen. Als Hilfestellung kann die Lehrperson vorgängig ein paar fachlich relevante Begriffe vorgeben, welche im Mindmap integriert werden sollen. Im Anschluss werden die gemachten Erfahrungen in der Anwendung des Mindmaps besprochen. In der Phase des Scaffoldings kreiert die Lehrperson eine Lernsituation, in denen die Schülerinnen und Schüler selbständig ein Mindmap erstellen und dies über mehrere Lektionen hinweg weiter ausbauen können. So kann die Lehrperson beispielsweise eine Auswahl an Themen sowie Literatur, die im Rahmen des Fachunterrichts bearbeitet werden sollen, zur Verfügung stellen, verbunden mit dem Auftrag, die wichtigsten Inhalte später der Klasse anhand des Mindmaps zu präsentieren. Ebenso empfiehlt es sich, dass die Schülerinnen und Schüler das Mindmap in anderen Fächern anwenden. In der Phase des selbständigen Übens nutzen sie beispielsweise das Mindmap, um Ideen und selbsterarbeitete Inhalte im Rahmen einer Projektarbeit zu sammeln und zu ordnen. Auch hier ist ein Austausch zu den gemachten Erfahrungen empfehlenswert und als gewinnbringend für den weiteren Entwicklungsprozess zu erachten.

Kompetenzprofile
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Die Lehrperson als Teamplayer

Die Förderung von überfachlichen Kompetenzen gelingt am besten durch die Integration in den fachlichen Unterricht. Bei einer Anwendung in alltagsnahen, spannenden, fachlichen Lernsettings, die Wahlmöglichkeiten und Eigenverantwortung benötigen, entwickeln die Lernenden die Kompetenz, Lernstrategien anzuwenden und deren Nutzen für das Lernen zu erfahren. Diese Erfahrungen und die damit verbundene Kompetenzentwicklung kann gesteigert werden, indem die Förderung über unterschiedliche Fächer hinweg koordiniert wird. Einerseits kann die Vermittlung von Wissen und Strategien zu überfachlichen Kompetenzen unter den Lehrpersonen aufgeteilt und zeitlich geplant werden, um Doppelspurigkeit zu vermeiden und den geleisteten Aufwand pro Lehrperson zu verringern. Ein schulweites Curriculum gibt Struktur, um überfachliche Kompetenzen systematisch zu fördern. Andererseits ermöglichen Absprachen im Lehrerkollegium den Transfer von eingeführten Kompetenzen in die Unterrichtssettings unterschiedlicher Fächer. Da ein Transfer anspruchsvoll ist und nicht immer automatisch gelingt, sind die Lernenden auf Unterstützung der Lehrpersonen angewiesen. Umso besser, wenn die Lehrpersonen hierbei auf Strategien, die in einem anderen Fach eingeübt wurden, konkret zurückgreifen können. Ohne Absprachen ist dies kaum möglich. Die Lernenden erhalten so die Möglichkeit, Strategien in fachlich unterschiedlichen Lernsituationen anzuwenden, was schliesslich zu einer erhöhten Kompetenz in deren Anwendung führt.

Die Lehrperson als Vorbild
Analog der Förderung von fachlichen Kompetenzen erfordert die Förderung von überfachlichen Kompetenzen verschiedene Kompetenzen seitens der Lehrperson: Wissen und Strategien zu den einzelnen Kompetenzen sowie Wissen darüber, wie deren Förderung im Unterricht gelingt. In diesem Zusammenhang ist es zudem lohnenswert, sich Gedanken zu den eigenen überfachlichen Kompetenzen zu machen. Wie beispielsweise die eigenen Französisch-Fähigkeiten für den Fremdsprachenunterricht hilfreich sind, so ist es ebenso für die Förderung von überfachlichen Kompetenzen zentral, selbst über solche zu verfügen. Auf dieser Grundlage können Handlungen im Unterricht besser vorgezeigt und modelliert sowie Lernende kompetenter beraten werden. Des Weiteren helfen eigene überfachliche Kompetenzen dabei, die Perspektive der Lernenden einzunehmen und so den Unterricht auf deren Entwicklungsprozess auszurichten.

Verschiedene Ideen und Materialien für den Unterricht verfügbar
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Förderung von überfachlichen Kompetenzen für die Zukunft der Lernenden von grosser Bedeutung ist und dieser Prozess durch die Lehrpersonen in verschiedenen, sich ändernden Rollen unterstützt werden kann. Um die Lehrpersonen in diesen Rollen zu unterstützen, stehen verschiedene Materialien für die unterschiedlichen Förderschritte zur Verfügung. Das Dokument «Überfachliche Kompetenzen stärken» bietet Konzepte, Ideen, Anregungen und Unterstützung für Lehrpersonen und Schulen, die sich vertieft mit den überfachlichen Kompetenzen auseinandersetzen möchten. Beim neuen Podcast «Kompetent?!» widmen sich zudem die ersten drei Folgen der Förderung von überfachlichen Kompetenzen. Konkrete Materialien zur Integration überfachlicher Kompetenzen in den Unterricht sowie weitere Informationen finden sich ausserdem auf unserer Website.


*Autorinnen und Autoren der (Link:) Professur für pädagogisch-psychologische Lehr- und Lernforschung (PPLL) der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Quellen

  • Collins, A., Brown, J. S., & Newman, S. E. (1987). Cognitive Apprenticeship: Teaching the art of reading, writing, and mathematics. National Institute of Education.
  • Karlen, Y., Bühlmann, F., Compagnoni, M., Pfaffhauser, R., Schuler, N., & Zimmerli, C. (2022). Überfachliche Kompetenzen stärken. Anregungen für die Planung, Förderung und Einschätzung überfachlicher Kompetenzen. Pädagogische Hochschule FHNW. http://dx.doi.org/10.26041/fhnw-4237
  • Karlen, Y., Hirt, C. N., Jud, J., Rosenthal, A., Eberli, T. D., & Zimmerli, C. (2022). Gewusst wie! Überfachliche Kompetenzen diagnostizieren, fördern und beurteilen. Unterlagen für den Unterricht [Manuskript in Vorbereitung]. Pädagogische Hochschule FHNW.

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