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09.05.2018

Zusammenarbeiten – KLP und SHP

Die Zusammenarbeit zwischen KLP und SHP ist ein Schlüsselgelände der Integration. Wie kann sie gelingen? Erfahrungsberichte aus Zug und Risch zeigen einen Weg. Zwischen den beiden ...
Annelies Kreis
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Die Zusammenarbeit zwischen KLP und SHP ist ein Schlüsselgelände der Integration. Wie kann sie gelingen? Erfahrungsberichte aus Zug und Risch zeigen einen Weg. Zwischen den beiden Praxisbeiträgen findet sich ein Interview mit Prof. Kreis von der PH Zürich.

Zusammenarbeit zwischen KLP und SHP an den Stadtschulen Zug

Von Bruno Küng*

Bei den Stadtschulen Zug wird für alle Schülerinnen und Schüler (SuS) und Schularten eine weitgehend integrative Förderung verwirklicht. Diese Vorgabe setzt eine differenzierte Rollenklärung aller Beteiligten voraus. Zentral ist sie in der Zusammenarbeit zwischen KLP und SHP. Integration bedeutet also bei den Stadtschulen multiprofessionelle Zusammenarbeit. Umgesetzt wird das kooperativ-​flexible Modell (nach Peter Lienhard, HfH Zürich). Merkmale sind:

  • KLP und SHP betrachten sich als Unterrichtsteam (Unterricht und Unterrichtsentwicklung stehen im Zentrum).
  • Für die dazu notwendige gemeinsame Planung nehmen sich KLP und SHP verbindlich Zeit.
  • Die Fachkompetenz der SHP wird genutzt, um den Unterricht zu differenzieren und so zu gestalten, damit möglichst alle SuS optimal lernen können.
  • Die Zusammenarbeitsformen sind nicht fest vorgegeben, sondern orientieren sich daran, was für das Lernen in der Klasse gerade hilfreich ist (Arbeit Niveaugruppen, gemeinsam geführter Unterricht / Team-​Teaching, temporäre Fördergruppen, Einzelförderung, Inputs der SHP für die ganze Klasse, ...).

Die SHP arbeiten in jeder Klasse (Ausnahme Sekundarschule). Die Stadtschulen gehen davon aus, dass es in jeder Klasse SuS mit Förderbedarf gibt. Als Regel gilt: 5 Zeiteinheiten pro Woche und Klasse. Viel Gewicht wird der Vorbereitung des gemeinsam verantworteten Unterrichts beigemessen. Dazu stehen jeder KLP und SHP pro Klasse und Woche eine halbe Zeiteinheit Besprechungszeit zur Verfügung (im Stundenplan fixiert). Besprechungspunkte betreffen den Bereich Unterricht (Planung, Lerninhalte, Förderumfang, ...), Bereich SuS (Austausch zum Verhalten und zur Leistung, Wirksamkeit der eingeleiteten Massnahmen, ...), Bereich weitere Beteiligte (Vorbereitung von Gesprächen mit Erziehungsberechtigten, Schulleitung, ...).

Ziel ist es, die Zusammenarbeit entlang von Leitfragen zu gestalten:

  • Welche Lernphilosophie und welches Menschenbild haben wir?
  • In welchen Bereichen sind wir stark?
  • Wo haben wir Entwicklungspotenzial?
  • Welche Aufgabe möchten wir besonders in den Fokus nehmen?
  • Wie gehen wir mit Spannungen und Konflikten um?

Die Stadtschulen empfehlen den SHP und KLP für die Zusammenarbeit den Einsatz der KoKa-​Kooperationskarten der HfH und/oder der Kooperationslandkarte von Max Himmelsbach, Baar. Sie ermöglichen gezielte Diskussionen zu den Tätigkeiten Unterrichten, Fördern, Beraten und Begleiten.
Und zum Schluss noch dies:
"Eine wirklich umgesetzte Integration aller Kinder, muss sich letztlich darin zeigen, dass von Integration nicht mehr gesprochen wird, weil sie selbstverständlich geworden ist."
(Feuser, 1989)

Bruno Küng
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Bruno Küng

Arbeiten wir schon zusammen? 6 Fragen an Prof. Dr. Annelies Kreis** zur Zusammenarbeit zwischen Klassenlehrperson und SHP.

Frau Prof. Kreis, welche Rolle hat eine SHP in einer Klasse?

Im Kern ist die SHP zusammen mit der Klassenlehrperson und ev. weiteren Fachlehrpersonen dafür verantwortlich, eine möglichst förderliche Lernumgebung für alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse zu gestalten. Basierend auf ihrer speziellen Expertise nimmt die SHP dabei mehrheitlich Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf in den Blick. Worin das «Besondere» besteht, ist dabei vielfältig und abhängig von der Gesamtsituation. Damit fällt auch die Rolle der SHP in einer Klasse – welche Erwartungen an sie gestellt werden und was sie selbst als ihre Aufgaben betrachtet – unterschiedlich aus. Welche Kinder oder Jugendlichen sind beispielsweise in dieser Klasse? Wie gross sind die Differenzen bezüglich Lernen und Verhalten? Wie oft kann die SHP regelmässig mit der Klasse, mit Gruppen oder einzelnen Schülerinnen oder Schülern arbeiten? Wie partnerschaftlich arbeitet sie mit der oder den anderen Lehrpersonen der Klasse zusammen? Welche Ausbildungen und Erfahrungen bringt sie mit? Welche weiteren Fachpersonen (z. B. Schulsozialarbeiter, Therapeutin) arbeiten mit der Klasse? Dies bringt mit sich, dass immer wieder ausgehandelt werden muss, wer welche Rollen und Funktionen übernimmt.

Können Stellenbeschriebe oder vielleicht auch so etwas wie eine schriftliche Grundsatzvereinbarung zwischen Klassenlehrperson und SHP eine Hilfe sein, um zu einem gemeinsamen Bild dieser Rolle zu gelangen?

Enorm wichtig für eine erfolgreiche und eine möglichst konstruktive gemeinsame Förderung der Schülerinnen und Schüler ist ein geklärtes und möglichst auch gemeinsames Verständnis der Lehrperson und SHP über ihren gemeinsamen Auftrag und die individuellen Zuständigkeiten. Während unausgesprochene Erwartungen meist zu Frustration und oft auch zu Konflikten führen, sind klare Verhältnisse eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Kooperation. Stellenbeschreibungen und Konzepte, die möglichst auch unter Mitwirkung des Teams erarbeitet wurden, bieten eine günstige Voraussetzungen zur Klärung. Sie stecken idealerweise einen Rahmen ab und sind für die Beteiligten eine Referenz, die den sachlichen und frühzeitigen Dialog zur Klärung ihrer Aufgaben unterstützt. Wie im Bericht aus den Schulen Risch und Zug geschildert, können Instrumente wie beispielsweise der Kooperationsplaner, die Kooperationskarten (KoKa) der HfH, oder das Leporello wertvolle Dienste leisten in der Klärung der Aufgaben zwischen SHP und Klassenlehrperson.

Die Qualität der Zusammenarbeit zwischen Klassenlehrperson und SHP entscheidet massgeblich über Erfolg oder Misserfolg der Integration. Erfährt diese Zusammenarbeit vor diesem Hintergrund die nötige Aufmerksamkeit? Zum Beispiel in der Ausbildung der SHP bzw. der Lehrpersonen?

Kooperation ist mittlerweile an den Ausbildungsinstitutionen ein Thema geworden, das Wissen über Kooperation und diesbezügliche Erfahrungen sind in den letzten 20 Jahren deutlich gewachsen. Insbesondere bedeutsam ist aber auch, dass Studierende in Praktika multiprofessionelle Kooperation an den Schulen erleben und daran selbst aktiv teilhaben. Es geht dann darum, dass sie die geteilten Aufgaben integrativer Förderung, die kooperative Planung und Durchführung von Unterricht bewusst gestalten und ihr Handeln hinsichtlich seiner Wirkungen und Grenzen reflektieren.

Welche Kriterien sind für eine positive Zusammenarbeit zwischen der Klassenlehrperson und der SHP zentral?

Meine persönlichen Top-​Five sind:

  1. geklärte Erwartungen und Zuständigkeiten (Was machen wir gemeinsam, was machen wir in Absprache oder füreinander oder unabhängig voneinander? Was wollen, was müssen, was können wir leisten?)
  2. professionelle Expertise und Wille zum Weiterlernen
  3. Partnerschaftlichkeit, gegenseitiger Respekt und Vertrauen
  4. geklärte Ressourcen, verbindliche Zeitfenster für die Zusammenarbeit
  5. Humor und Offenheit für Veränderungen

Kommunizieren heisst nur zu oft, einander nicht zu verstehen: Wie kann man mit widersprüchlichen Wirklichkeitskonstruktionen umgehen?

Die Volksweisheit weiss, miteinander reden hilft weiter – und wenn die Differenzen gross sind, braucht es vielleicht ein paar Runden mehr. Entscheidend ist hierbei, ob und welche Emotionen ins Spiel kommen. Je nach dem, wie ich eine Situation interpretiere, erlebe ich diese als mehr oder weniger belastend oder beflügelnd. Es hilft sicher, wenn sich alle Beteiligten bewusst sind, dass ihre jeweils eigenen Wahrnehmungen von Wirklichkeit und vor allem auch Bewertungen und Ziele jeweils nur eine unter vielen plausiblen Möglichkeiten sind. Differenz ist aus dieser Sicht der verbreitete Normalzustand. Wenn ich Differenzen als normal betrachte, kann ich mich vielleicht darüber freuen, wenn wir uns trotzdem oft verstehen, statt mich aufzuregen, wenn dies nicht klappt? Es ist dann weniger dramatisch, dass wir uns manchmal nicht verstehen und wir können vielleicht besser sachlich argumentieren und aushandeln.

Was können die Schulleitungen für eine gelingende Zusammenarbeit zwischen Klassenlehrperson und SHP tun?

Trotz der oben angesprochenen vielfältigen Wirklichkeitskonstruktionen und Wertesysteme braucht eine Schule verbindliche Ziele und Prozesse zur Erreichung dieser Ziele. Die Schulleitung spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, im Team eine geteilte Auffassung darüber zu entwickeln, wie es gelingen kann, eine möglichst optimale Lernumgebung für möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu schaffen. Sie schafft die Voraussetzungen für geklärte Spielräume, innerhalb derer die Lehrpersonen gemeinsam oder autonom handeln können.

Annelies Kreis
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Annelies Kreis

Zusammenarbeit zwischen KLP und SHP an den Schulen Risch

Von Doris Wismer***

Als Lehrerin mit vierzig Jahren Schulpraxis habe ich viele Veränderungen in unserer Schule hautnah miterlebt. Besonders einschneidend war der Übergang zur integrativen Schule. Fragen tauchten auf: Welches sind die Aufgaben und Kompetenzen der KLP und SHP? Was braucht es für eine gut funktionierende Zusammenarbeit? Für Sandra Wüthrich, welche in Rotkreuz als Schulische Heilpädagogin tätig ist, hat sich die Kooperation zwischen den KLP und SHP kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert: «Ich erlebe die Zusammenarbeit an den Schulen Risch als wertschätzend, wertvoll und konstruktiv.»

Welchen Weg haben die Schulen Risch in den letzten Jahren diesbezüglich eingeschlagen? Ausschlaggebend war die Aussensicht der Externen Evaluation betreffend besonderer Förderung und Zusammenarbeit an den Schulen Risch und dem daraus entstandenen Massnahmeplan.
Es ging zu Beginn vor allem darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die kantonalen Richtlinien besondere Förderung sowie die Orientierungshilfe zur Umsetzung der integrativen Förderung wertvolle Unterstützung in dieser Thematik bieten. Die Schulen Risch suchten zusätzlich einen Weg auf drei Ebenen:

  1. Entwicklung einer gemeinsamen Haltung betreffend Kooperation.
  2. Kennenlernen diverser Kooperationsinstrumente für den fortlaufenden Austausch auf der Metaebene.
  3. Sichtung und Umsetzung der kantonalen Papiere und Erarbeitung gemeindlicher Dokumente.

Bereits 2015 fand im Rahmen einer SCHILW ein aufrüttelnder Input mit Raphael Gschwend (Dozent PH Zürich) statt. Mit den vorgestellten Instrumenten, z. B. dem Kooperationsplaner, entwickelten die Lehrpersonen in den Teams einen ersten Austausch auf der Metaebene.
Ein Jahr später stellten uns Meike Wolters und Michaela Studer (HfH Zürich) mit den Kooperations-​Karten ein weiteres Instrument vor.
Eindrücklich war die KANBAN-​Methode, vorgestellt durch Urs Baumgartner (Coach).
Eine vierte SCHILW befasste sich 2017 mit der Broschüre «Zusammenarbeit in der integrativen Schule» (HfH Zürich) und der Erarbeitung vorläufiger Standards an unserer Schule. Den SHP wurde als weiteres Instrument die Kooperationslandkarte nähergebracht.

Damit steht an unserer Schule ein vielfältiges Repertoire an Instrumenten zur Verfügung, welche die Kooperationsteams in ihrer Arbeit unterstützen sollen.
Zudem wird aufs Schuljahr 2018/19 partizipativ das gemeindliche Papier «Kooperation und besondere Förderung Schulen Risch» erarbeitet. Dieses Papier ist die Grundlage für eine gemeindespezifische Vereinheitlichung der Zusammenarbeit.
Die getroffenen Regelungen sollen jedoch nicht zu starr sein. Je nach Schulklasse, Zusammensetzung der KLP/SHP-​Teams sowie den personellen Ressourcen sollen Aufgaben, Kompetenzen und Zuständigkeiten immer wieder neu definiert, ausgehandelt und vereinbart werden. Gut funktionierende Zusammenarbeit ist ein fortlaufender und nie abgeschlossener Prozess.

Doris Wismer
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Doris Wismer

*Bruno Küng arbeitet seit 2002 als Schulentwickler bei den Stadtschulen Zug. Zunächst im Teilpensum und seit 2007 im Vollpensum. Der ehemalige Primar-​, Kleinklassen-​ und Werkschullehrer, Stufeninspektor und Heilpädagoge tat sich schwer, die praktische Arbeit im Klassenzimmer ganz aufzugeben.

**Dr. Annelies Kreis ist Inhaberin der Professur für Professionsentwicklung und Bereichsleiterin Berufspraktische Professionalisierung Primarstufe an der PHZH. Sie forscht und lehrt zu den Schwerpunkten Coaching, Mentoring und Kooperation von Lehrpersonen und leitete die SNF-​Studie KosH – Kooperation im Kontext schulischer Heterogenität.

***Doris Wismer ist Primarlehrperson an den Schulen Risch und Vertreterin der Lehrerschaft in der Schulkommission der Gemeinde Risch.

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