Lebenskompetenzen fördern: Studie und Programm "Abenteuerinsel"

Neben den kognitiven Fähigkeiten stehen heute auch die emotionalen und sozialen Kompetenzen im Zentrum der schulischen Arbeit. Eine Möglichkeit, diese zu fördern, ist das Programm Abenteuerinsel von feel-ok.ch. Es stellt Lehrpersonen viele Materialien zur Verfügung.
Von Olivier Favre*
Das vielseitige Angebot von feel-ok.ch richtet sich insbesondere an Jugendliche. Auf der Online-Plattform finden sie Informationen zu Themen wie Sucht, psychische und physische Gesundheit sowie zu Entwicklungsaufgaben. Zudem werden Erwachsenen, die mit Jugendlichen arbeiten, verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie sie die Themen mit den Jugendlichen bearbeiten können. Ein weiterer Bereich, den die Plattform abdeckt, ist die Gesundheitskompetenz. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Stärkung der persönlichen, sozialen und methodischen Lebenskompetenz. Dazu dient auch das Angebot Abenteuerinsel.
Die Entwicklung dieses Angebots zur Förderung der Lebenskompetenzen wurde von einer Studie begleitet, die von Gesundheitsförderung Schweiz, dem Fonds für Alkoholprävention (BAG) und von 20 Kantonen unterstützt wurde. Ziel war es, Fragen im Zusammenhang mit der Lebenskompetenz zu beantworten. Dabei lag der Fokus auf folgenden Themen: Selbsteinschätzung der Jugendlichen, Fremdeinschätzung der Lehrpersonen, soziodemographische Unterschiede, dem Zusammenhang zwischen Lebenskompetenzen und Selbstvertrauen sowie den Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Lebenskompetenzen, welche im Programm Abenteuerinsel aktiv bearbeitet werden.
Die Lebenskompetenzen wurden von der World Health Organisation (WHO) definiert, es sind die folgenden 10 Kompetenzen:
- Selbstwahrnehmung
- Empathie
- Emotionsregulation
- Stressbewältigung
- Beziehungsfähigkeit
- Kommunikationsfertigkeiten
- Kritisches Denken
- Kreatives Denken
- Problemlösefertigkeiten
- Entscheidungen treffen
Im Rahmen des Programms Abenteuerinsel wurden zu diesen 10 Lebenskompetenzen noch vier weitere Fähigkeiten aufgenommen: Gefühlswahrnehmung, Umgang mit Gefühlen, Achtsamkeit und selbstkritisches Denken. All diese Kompetenzen werden im Unterricht durch die Arbeit der Lehrpersonen mit den Kindern und Jugendlichen aktiv gefördert. Nebst den bereits genannten Kompetenzen, ermöglicht die Methode Themen wie Sucht, psychische sowie körperliche Gesundheit zu bearbeiten. Zudem unterstützt sie aber auch bei der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben, in dem z. B. das Selbstvertrauen und der Selbstwert gestärkt werden.

Mittels eines Fragebogens wurde in der Studie, welche die Entwicklung des Programms begleitete, versucht, die vielfältigen Facetten der 14 Lebenskompetenzen abzubilden. Auf einer 5-stufigen Skala von «nie» bis «immer» sollten die Schülerinnen und Schüler verschiedene Aussagen (z. B. «Ich weiss, ob ich glücklich, traurig, geborgen oder verängstigt bin oder andere Gefühle erlebe.») bewerten. Zusätzlich wurden die Lehrerinnen und Lehrer gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, um die Lebenskompetenzen ihrer eigenen Klasse einzuschätzen. Hierbei musste unter anderem für folgende Aussage eine Einschätzung abgegeben werden: «Die Schülerinnen und Schüler wissen, wer sie sind, welche Stärken und Schwächen sie haben, was für sie gut oder schlecht ist und können erfüllte Ziele als eigene Leistung bewerten.»
Insgesamt zeigt sich, dass die Jugendlichen ihre eigenen Kompetenzen positiv einschätzen. Dies lässt sich daraus ableiten, dass sie ihre Lebenskompetenzen gemäss ihrer Selbsteinschätzung gelegentlich oder häufig wirksam nutzen. Nicht zuletzt ist dies auch den Bemühungen der Schulen und der Lehrpersonen zu verdanken. Die Schule hat einen positiven Einfluss nicht nur auf die Resilienz, sondern auch auf die Selbstwirksamkeit der Jugendlichen. Massnahmen zur Förderung der Kompetenzen können zur Stärkung derjenigen genutzt werden, welche sich als weniger lebenskompetent einschätzen. Denn diese verfügen über eine gute Ausgangslage, um ihre Kompetenzen weiter zu stärken. Gezielte kompetenzfördernde Massnahmen sind auch bei denjenigen zu empfehlen, die sich selten (oder nie) als lebenskompetent beurteilen.
Unterschiede in der Einschätzung der Lebenskompetenzen sind weder zwischen den 13- bis 15-jährigen Mädchen und Jungen noch zwischen den Gemeinden der Schulklassen festzustellen. Werden jedoch die Individuen untereinander verglichen, zeigen sich teils enorme Unterschiede. Diese Ergebnisse deuten auf die Notwendigkeit individueller Massnahmen für einzelne Schülerinnen und Schüler hin. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Stigmatisierung von Jugendlichen mit schlechteren Ergebnissen kommt.
Interessanterweise hat die Befragung der Lehrpersonen ergeben, dass sie die Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler tiefer einschätzen als die Jugendlichen selbst. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Lehrpersonen die Kompetenzen anhand eines Fragebogens für die gesamte Klasse und nicht für jeden Jugendlichen einzeln beurteilt haben. Zudem zeigen andere Forschungsergebnisse, dass zwischen der Fremd- und der Selbsteinschätzung stets grosse Unterschiede bestehen. Eine weitere mögliche Erklärung für diese Unterschiede ist, dass Lehrkräfte und Jugendliche jeweils unterschiedliche Ereignisse als Bewertungsgrundlage heranziehen. Solche Unterschiede können aber auch als Chance genutzt werden. Dies vor allem dann, wenn sie in einem entwicklungsfördernden Klima ausführlich besprochen werden. Ein solcher Austausch stärkt nicht nur das gegenseitige Verständnis, sondern wirkt auch respektfördernd. Das kann dazu führen, dass eigene Schwächen erkannt und anerkannt werden. Das wiederum kann zur Stärkung der Lebenskompetenzen beitragen.
Die Lebenskompetenzen beeinflussen nebst der psychischen Gesundheit verschiedene weitere Aspekte. Dazu gehören unter anderem auch die Sucht- und Gewaltprävention, die Förderung der sexuellen Gesundheit, eines positiven Körperbildes oder einer ausgewogenen Ernährung. Die Studie legt nahe, dass die Schule bzw. die Lehrpersonen einen wichtigen Beitrag zu den Lebenskompetenzen und damit zur Gesundheit der Jugendlichen leisten. Die Methode Abenteuerinsel scheint dabei ein besonders hilfreiches Instrument zu sein, um die spezifischen Fertigkeiten zusätzlich zu fördern.
Links und rechts
- Das gesamte Programm Abenteuerinsel, ist auf der Website von feel-ok.ch aufgeschaltet. Die ganze Studie Lebenskompetenzen. 2022 findet man unter diesem Link.
- feel-ok.ch - Feuer und Flamme für deine Gesundheit (für Lehrpersonen / Fachpersonen)
- Abenteuerinsel | Eine multithematische Methode zur Förderung von Lebenskompetenzen
- Studie Lebenskompetenzen 2022