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09.06.2021

Integrative Sonderschulung auf Kurs

09.06.2021
Integrative Sonderschulung auf Kurs
BMS PL
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Belinda Mettauer Szaday* und Peter Lienhard** von der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) haben den Stand der (Link:) integrativen Sonderschulung im Kanton Zug evaluiert. Im Interview mit Martina Krieg geben sie einen Einblick in Erkenntnisse und zukünftige Arbeitsfelder.

Ihr habt die integrative Sonderschulung bereits in anderen Kantonen evaluiert. Geht ihr jeweils gleich vor oder war beim Auftrag für den Kanton Zug etwas besonders?

Die Kantone, die um unsere Mithilfe bei Evaluationen im sonderpädagogischen Bereich nachfragen, haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Die einen wünschen, dass wir den gesamten Evaluationsprozess – sei es die Evaluation von Sonderschulen oder die Evaluation der integrativen Sonderschulung (IS) – eigenständig durchführen. Der Kanton Zug hat einen anderen Weg gewählt: Die Evaluationen waren von Anfang an als Gemeinschaftswerk zwischen der Externen Schulevaluation des Kantons Zug und uns von der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) geplant. Diese Kooperation hat sich als ausserordentlich gewinnbringend erwiesen: Das Team der Externen Schulevaluation verfügt über langjährige Erfahrungen im Bereich der Schulbeurteilung und kennt die kantonalen Vorgaben und die lokalen Gegebenheiten sehr gut. Wir wiederum können unser sonderpädagogisches Know-how, unsere Evaluationserfahrung im Sonderschulbereich und unsere Erkenntnisse aus anderen Kantonen einbringen.

Evaluation IS
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Was hat euch gefreut bei dieser Evaluation?

Eine zentrale Erkenntnis aus der IS-Evaluation im Kanton Zug ist die folgende: Die überwiegende Mehrheit der integrierten Sonderschülerinnen und Sonderschüler fühlt sich in ihrer Klasse und ihrer Schule wohl. Dies berichteten nicht nur deren Eltern, wir haben es auch direkt von den betroffenen Schülerinnen und Schülern erfahren. In der schriftlichen Befragung sagten 86% der befragten Schülerinnen und Schüler (ab der 3. Klasse), dass sie Freundinnen und Freunde in ihrer Klasse haben.

Gefreut hat uns auch die Tatsache, dass in den besuchten IS-Settings und in den Interviews, die wir geführt hatten, klar eine integrative Haltung spürbar war. Der Regierungsrat des Kantons Zug verankerte 2005 in seinen kantonalen Leitsätzen das Ziel, die Integrationsfähigkeit der gemeindlichen Schulen zu verstärken. Die vor 16 Jahren formulierten Ziele wurden seither kontinuierlich verfolgt und sind heute in hohem Masse erreicht. Wir haben den Eindruck, dass sich die Schulen weniger mit der Grundsatzfrage «Macht die integrative Sonderschulung Sinn?» beschäftigen, sondern viel mehr mit der Frage «Wie gehen wir vor und was braucht es, damit wir eine gute Lernsituation für alle Schülerinnen und Schüler schaffen können?». Das ist eine eindrückliche Entwicklung.

Natürlich gibt es vereinzelt kritische Stimmen. Dabei geht es meist um die Ressourcenfrage. Wir erachten die Rahmenbedingungen und Ressourcen für die integrative Sonderschulung im Kanton Zug insgesamt als unterstützend. Natürlich ist die integrative Schule nie zu Ende gedacht. Sie ist ein fortwährender Prozess, in welchem alle Beteiligten wichtig sind. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Schulleitungen. Wir sind der Meinung, dass die Leitungspersonen der Regel- und Sonderschulen im Kanton Zug die Entwicklung hin zu integrativen gemeindlichen Schulen insgesamt stark mittragen

Evaluation IS
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Wie schätzt ihr das Zusammenspiel der Regel- und Sonderschulen ein?

Wir sehen es als grosse Chance des «Zuger IS-Modells», dass in jedem Fördersetting eine Sonderschule bzw. ein sonderpädagogisches Kompetenzzentrum mit in der Verantwortung steht. Diese sind an der Gestaltung des Settings beteiligt, bieten Einführungsveranstaltungen und Weiterbildungen an und entwickeln Instrumente für Standortgespräche und die Förderplanung. Je nach Setting und der erforderlichen behinderungsspezifischen Kompetenz sind die Fachpersonen der Sonderschulen stärker oder weniger eng am Setting beteiligt. Wir erachten die Zusammenarbeit zwischen Regel- und Sonderschulen, welche im «Zuger IS-Modell» über die letzten Jahre sorgfältig weiterentwickelt wurde, als vorbildlich.

Die integrierten Schülerinnen und Schüler fühlen sich offensichtlich in den meisten Fällen wohl. Wie ist die Qualität der Förderung einzuschätzen?

Die zur Verfügung stehenden Ressourcen werden in den meisten Settings gezielt und wirksam eingesetzt. Dabei sind die an den Standortgesprächen vereinbarten Ziele für die Gestaltung der Fördersituation wegleitend. In der grossen Mehrheit der besuchten Settings waren wir beeindruckt, wie sehr auch die Lehrpersonen die spezifischen Bedürfnisse der IS-Schülerinnen und -Schüler im Blick hatten und im Unterricht mitberücksichtigten. Die spezifische Förderung wird nicht einfach an die Fachperson in Schulischer Heilpädagogik (SHP) oder Logopädie delegiert, sondern als gemeinsamer Auftrag verstanden. Man zieht am «gleichen Strang».

Evaluation IS
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Welches sind die wichtigsten Entwicklungsschritte für die integrative Sonderschulung im Kanton Zug?

Sowohl in der schriftlichen Befragung als auch in den Interviews kam eine Unzufriedenheit mit der integrativen Sonderschulung bei verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern zum Ausdruck. Die derzeitige Regelung, dass eine integrative Sonderschulung bei Verhaltensauffälligkeit meist erst nach einer separativen Sonderschulung beantragt werden kann, wirft Fragen auf. Die restriktive Regelung ist ein Ausdruck der Befürchtung, dass es im Bereich Verhalten unkontrollierbar viele Zuweisungen zu integrativer Sonderschulung geben könnte. Diese Befürchtungen sind verständlich, sollten aber nicht dazu führen, dass bei starken Verhaltensauffälligkeiten praktisch nur der separative Weg möglich ist. Wir empfehlen deshalb unter anderem, das Ressourcenpaket und die Formen der Unterstützung im Bereich Verhalten zu flexibilisieren – in Richtung Beratung und Unterstützung (des Schülers/der Schülerin, des schulischen Umfelds, des familiären Umfelds) sowie Coaching (z.B. bei einer Autismus-Spektrum-Störung oder bei ADHS).

Wir empfehlen auch eine stärkere Vernetzung der sonderpädagogischen Kompetenzzentren im Bereich integrative Sonderschulung. So würden wir einen kontinuierlichen fachlichen Austausch zwischen den IS-Verantwortlichen der sonderpädagogischen Kompetenzzentren als gewinnbringend erachten (z.B. über die Formen der Integrationsunterstützung, die Instrumente in der Förderplanung). Im Rahmen dieses fachlichen Austauschs können auch aktuelle Entwicklungen besprochen, Fragen geklärt und Elemente einer «good practice» der integrativen Sonderschulung herausgeschält werden. So kann die Qualität der integrativen Sonderschulung kantonsweit noch breiter gesichert werden.

Ihr dürft den Zauberstab schwingen: Wie sieht das ideale Zukunftsmodell für die integrative Sonderschulung aus?

Die integrative Sonderschulung ist im Kanton Zug auf sehr gutem Weg. Eindrücklich ist dabei unter anderem das grosse Engagement der Beteiligten, das gute Zusammenspiel zwischen Regel- und Sonderschulen sowie die Unterstützung der integrativen Sonderschulung durch die kantonalen Stellen.

Beibehalten würden wir auf alle Fälle den verbindlichen Einbezug der Sonderschulen bzw. der sonderpädagogischen Kompetenzzentren. Dies ist wichtig für eine weiterhin hohe Qualität der integrativen Unterstützung von Schülerinnen und Schüler mit einer starken Beeinträchtigung.

Hervorheben möchten wir auch die Bedeutung der Schulleitungen. Sie sind nicht nur für die Organisation und Administration der IS-Settings zuständig, sondern spielen auch eine wichtige Rolle im Hinblick eine gute Umsetzung der integrativen Sonderschulung.

Zu den Personen

BMS PL
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* Belinda Mettauer Szaday ist Lehrerin und Sonderpädagogin. Sie ist an der (Link:) Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) schwerpunktmässig in Dienstleistungen tätig. Sie berät und unterstützt Kantone und Schulen in sonderpädagogischen Themen und in Qualitätsfragen.  ** Peter Lienhard ist Lehrer, Psychologe, Sonderpädagoge und Ethiker. Seine Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem die Konzeption und Evaluation von sonderpädagogischen Angeboten sowie Fragen der Förderplanung und des Nachteilsausgleichs.

Weitere Informationen

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