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05.09.2023

Steigende Asylzahlen: Koordination und Solidarität

05.09.2023
Interview Johannes Furrer, Ukraine-Koordinator für die gemeindlichen Schulen.
JF
Bild Legende:

Johannes Furrer ist Ukraine-Koordinator für die gemeindlichen Schulen. In diesem Bereich haben sich die Asylzahlen stabilisiert. Im regulären Asylbereich steigen die Zahlen. Im Interview mit www.schulinfozug.ch gibt er Auskunft zu seiner Arbeit und zur Lösung der anstehenden Probleme.

Johannes Furrer*, was koordinierst Du genau?
Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine und dem darauffolgenden Flüchtlingsstrom übernahm ich die Koordination der gemeindlichen Schulen in Belangen der Bildung für die ukrainischen Schülerinnen und Schüler. In erster Linie ging und geht es immer noch um transparente Information, das Sammeln von Anliegen aller Beteiligten, Koordination und, wenn notwendig, um Entscheide seitens Kanton Zug. Schnell standen auch finanzielle Fragen im Vordergrund. Da hat der Kanton Zug meiner Meinung nach schnell und unkompliziert gehandelt. Als Beispiel verweise ich auf den Kantonsratsentscheid zum Solidaritätsausgleich unter den Schulen, damit die finanzielle Last der Beschulung der ukrainischen Kinder auf alle Gemeinden solidarisch verteilt werden kann. Die Zahlen werden vierteljährlich bei den gemeindlichen Schulen erhoben und nach einem Verteilschlüssel (Einwohnerzahl) den Gemeinden in Rechnung gestellt. Die Bildungsdirektion sprach in einer ersten Phase auch Leitungspensen zur Koordination innerhalb den einzelnen Gemeinden zu – als Sofortmassnahme. Ich bin für die konkreten Fragen und Anliegen der gemeindlichen Schulen im Kanton Zug und die Koordination mit anderen Gremien zuständig.

Wie setzt sich die Arbeitsgruppe Asyl der gemeindlichen Schulen zusammen und welche Aufgaben hat sie?
Die AG Asyl Schule (mit Vertretungen aller gemeindlichen Schulen unter dem Lead von Beat Schäli, Rektor Walchwil, und mir) tauschte sich zu Beginn wöchentlich aus. Zudem koordinierte ich den Austausch mit der Arbeitsgruppe Bildung (AgS, Amt für Mittelschulen, IBA und Pro Arbeit Zug) und ich stand und stehe immer noch in engem Kontakt mit Vertretungen der Direktion des Innern, besonders mit Stefan Ziegler als Leiter und weiteren Mitarbeitenden der Sozialen Dienste Asyl (SDA). Der Direktion des Innern möchte ich ein Kränzchen winden. Die offene Art der Kommunikation und Zusammenarbeit schätze ich sehr.

In der AG Asyl Schule sammelten wir Anliegen und Fragen: Wie werden Auffangklassen gebildet? Wie sieht die Stundentafel aus? Wie sieht das ukrainische Schulsystem überhaupt aus? Alphabet? Werden Noten gemacht? Wie sieht der Übertritt in die Oberstufe aus? Was ist mit einzelnen Fächern? Wie können stark belastete Gemeinden unterstützt werden? Unterstützung im Umgang mit Traumata? Und, und, und. In verschiedenen Gruppen wurden diese Fragen beantwortet und in einem Q&A allen Schulbeteiligten zur Verfügung gestellt. Wöchentliche Infobulletins mit Zahlen und Fakten ergänzen die Kommunikation.

Bild Michel Gilgen
Bild Legende:

Wie viele Kinder und Jugendliche aus der Ukraine besuchen die Zuger Schulen und in welchen Gemeinden gehen sie zur Schule?
Die Zahlen der Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine an den Zuger Schulen sind sehr stabil geblieben. Einige gehen, andere kommen. Die Zahl bewegte sich in den letzten Monaten um die 160 Schülerinnen und Schüler, wovon die einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich betroffen sind. Viele Schülerinnen und Schüler gehen in Menzingen, in der Stadt Zug, in Baar, Risch und Cham zur Schule. In anderen Gemeinden hatte es keine oder nur vereinzelte Kinder, welche dann in Regelklassen integriert worden sind (inklusive Unterstützungsangebote). Beeindruckt hat mich die Solidarität unter den gemeindlichen Schulen. So hat beispielsweise die Schule Baar gut 20 Kinder aus Menzingen aufgenommen und dabei auch Transport, Verpflegung und Betreuung koordiniert. Auch die Schule Neuheim unterrichtet Kinder aus den kantonalen Unterkünften in Menzingen. Andere Gemeinden haben ihre Bereitschaft zur Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine signalisiert. Gelebte Solidarität in Zug!

Während die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge (Status S) im Moment recht stabil ist, steigen bei den regulären Asylbewerberinnen und -bewerbern (R-Bereich) die Zahlen. Wie präsentiert sich die Lage aktuell?
Die Zahlen im regulären Asylbereich steigen und werden weiter steigen, da der Bund keine Kapazitäten mehr hat und vorzeitige Zuweisungen (auch ohne laufende Asylverfahren) in die Kantone vornehmen wird. Dies kann aktuell auch den Medien entnommen werden. In Zug verläuft der reguläre Flüchtlingsbereich im Moment gemäss den Erwartungen, wird aber im Laufe des Herbstes weiter zunehmen. Prognosen gehen von rund 50 zusätzlichen Schülerinnen und Schülern aus. Diese werden in den kommenden Monaten in kantonale Unterkünfte aufgenommen und stammen vor allem aus der Türkei, Afghanistan, Eritrea, Algerien und Syrien.

Welche Vorkehrungen müssen getroffen werden und an welchen Themen arbeitet ihr jetzt?
In erster Linie geht es um die Unterbringung und Betreuung der Asylsuchenden. In einem nächsten Schritt wird die Beschulung der Kinder und Jugendlichen angegangen. Kinder und Jugendliche in der Schweiz haben das Recht auf Schule. Um dieser Situation gerecht zu werden, braucht es unabhängig von einem Asylbescheid pragmatische Lösungen. Es geht primär um das Erlernen der deutschen Sprache und erste Integrationsbemühungen. Herausfordernd ist es, den aktuellen Bildungsstand der Kinder zu erheben, um diese dann möglichst gezielt fördern zu können. Kinder und Jugendliche, welche noch nie in einer Schule waren, also zuerst alphabetisiert werden müssen, stellen die Schulen vor zusätzliche Herausforderungen. Wie bei der Ukraine-Situation werden dabei die Gemeinden sehr unterschiedlich belastet werden. Wiederum werden Solidarität und unkomplizierte Zusammenarbeit unter den gemeindlichen Schulen gefordert sein.

Im Moment stehen zwei Integrationsklassen (Stadtschulen Zug und neu in Risch) zur Verfügung, wobei beide bereits bei Schulbeginn gut gefüllt sind. Es braucht zusätzliche Integrationsklassen, um den Herausforderungen im Herbst und Winter gerecht zu werden. Zusätzliche Integrationsklassen brauchen Schulraum und personelle Ressourcen, beides stellt in der aktuellen Situation eine grosse Herausforderung dar. Eine Integrationsklasse Sek I ist in Menzingen in Planung, kann aber erst auf das Schuljahr 2024/25 eröffnet werden. Weil es weiterhin nicht sicher ist, wie sich die Situation entwickelt, wird weiterhin in den eingespielten Strukturen eng mit den Sozialen Diensten Asyl koordiniert und ausgetauscht.

Beschäftigte uns im letzten Schuljahr primär die Beschulung der ukrainischen Kinder, so hat sich das vor den Sommerferien auf den regulären Asylbereich verlagert und ich würde mich nun eher als Koordinator Asyl-Bildung sehen. Für die Belange der Bildung bin ich die Ansprechperson oder SPOC (Single Person of Contact), um eine transparente Koordination zu gewährleisten. Es ist mir ein grosses Anliegen, den gemeindlichen Schulen an dieser Stelle zu danken. Nach Covid-19 und der Ukraine-Situation steht bereits die nächste Herausforderung vor der Türe und es ist beeindruckend, wie engagiert alle Beteiligten die besten Lösungen für die Kinder und Jugendlichen suchen. 


*Johannes Furrer hat als Primar- und Sekundarlehrer gearbeitet und leitet seit 2010 die Abteilung Schulevaluation im Amt für gemeindliche Schulen des Kantons Zug. Er war Schulleiter in Littau und an der Schweizer Schule in Singapur. Die Affinität zu Asien (speziell Indonesien) ist geblieben, aus sportlicher Sicht machen ihm Basketball und [seltsamerweise - die Red.] Borussia Dortmund Freude.

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