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29.08.2019

Schulrecht – Ferien, Arbeit, Krankheit

29.08.2019
Entschädigung für Arbeiten von Lehrpersonen trotz bzw. nach Krankheit?»

Entschädigung für Arbeiten von Lehrpersonen trotz bzw. nach Krankheit?»

DBO
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Welche Ansprüche entstehen, wenn Lehrpersonen in den Ferien erkranken und Arbeiten für die Schule liegenbleiben? Und welche Ansprüche entstehen, wenn eine Lehrperson bei Krankheit zu Hause weiterarbeitet? Zwei knifflige Fälle aus dem Schulrecht.

Von Denise Buxtorf-Otter*

Fall 1: Eine kantonale Lehrperson hatte für die Schulferien umfangreiche Arbeiten geplant. Sie erkrankte jedoch in den Schulferien und wurde mit Arztzeugnis 100 % krankgeschrieben. Hat sie ein Anrecht darauf, dass die Arbeiten von einem Stellvertreter oder einer Stellvertreterin erledigt werden? Oder darf sie die Arbeiten selber erledigen, wenn sie wieder gesund ist und die Zeit separat in Rechnung stellen, da sie ja gewissermassen ihre eigene (nachholende) Krankheits-Stellvertretung übernimmt?

Lehrpersonen sind verpflichtet, ihren Lehr- bzw. Berufsauftrag nach den gesetzlichen Regelungen und den Weisungen der Schulbehörde zu erfüllen1. Für alle Belange, die in den Erlassen über die Kantonalen Schulen nicht geregelt sind, finden das Schulgesetz2, das Lehrpersonalgesetz3 sowie das Personalgesetz4 und die Personalverordnung5 Anwendung. Gemäss § 13 der Personalverordnung6 wird ein erkrankter Arbeitnehmer durch eine Kollegin oder einen Kollegen gemäss den Weisungen der vorgesetzten Stelle vertreten. Dies führt zu keiner zusätzlichen Entschädigung7 8. Erst wenn es sich um eine längerfristige Abwesenheit handelt, kann der Regierungsrat die Stellvertretung mit einem Beschluss anders regeln9. Ordnet die vorgesetzte Stelle keine Stellvertretung an (wie im vorliegenden Fall), so wird auch die Lehrperson, die ihre eigene Arbeit (nach Genesung) verrichtet, nicht zusätzlich entschädigt.

Die Jahresarbeitszeit für die gemeindlichen Lehrpersonen wird im Berufsauftrag verbindlich festgelegt. Der Berufsauftrag wird durch das Schulgesetz definiert10 und dient der Lehrperson zur Selbstkontrolle bei der Einteilung und Überprüfung ihrer eigenen Arbeitszeit; gleichzeitig unterstützt er die Lehrperson bei der Gestaltung des eigenen Zeitmanagements.
Die Gesamtarbeitszeit wird von den kantonalen Lehrpersonen gemäss § 12 Abs. 1 der Verordnungen über die kantonalen Schulen in einem dreiteiligen Berufsauftrag erfüllt, wobei sie sich aufteilt in die Unterrichtszeit, in die von der Schulleitung festgelegte Zeit und in die von den Lehrpersonen frei gestaltbare Arbeitszeit11. Das Arbeiten neben dem Unterricht fällt in die von den Lehrpersonen frei gestaltbare Arbeitszeit.
Allen Lehrpersonen ist es somit freigestellt, ob sie beispielsweise Korrekturarbeiten während der unterrichtsfreien Zeit oder aber während den Schulwochen vornehmen. Wenn es die Umstände erfordern, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Verwaltung zur Leistung von Überstunden verpflichtet, soweit ihnen dies nach Treu und Glauben zugemutet werden kann12. Kommt hinzu, dass jene, die höher als in der 19. Gehaltsklasse eingereiht sind, keinen Anspruch auf Vergütung haben, soweit die Überstundenarbeit nicht durch Freizeit kompensiert werden kann13. Mittelschullehrpersonen fallen unter diese Regelung.

Ausserdem kommt dem Arbeitgeber beim Entscheid darüber, wie er ferien- und krankheitsbedingte Abwesenheiten organisatorisch auffängt, ein erheblicher Ermessensspielraum zu, wobei Ferien stets eine tatsächliche Erholung zu ermöglichen haben14.

Eine Entschädigung für das Erledigen der (eigenen) Arbeiten kann somit nicht geltend gemacht werden.

Rechtliche Ausführungen zur Erkrankung von Lehrpersonen während den «Ferien»
Sind Mitarbeitende der Verwaltung wegen Krankheit verhindert, sich während der Ferien zu erholen, so wird der Ferienbezug aufgehoben und der Ferienanspruch für die betroffenen Tage bleibt bestehen. Ferienunfähigkeit wird aber nur in den Fällen angenommen, in denen der Erholungszweck gänzlich unmöglich ist (wie z. B. bei Bettlägerigkeit, Beinbruch am ersten Tag der Skiferien, Unmöglichkeit der Abreise in die Ferien wegen Krankheit usw.) und dies mehrere Tage andauert. Arbeitsunfähigkeit heisst also nicht automatisch auch Ferienunfähigkeit. Ausserdem gelten bei den Lehrpersonen von den zwölf Schulferienwochen nur vier Wochen als Ferien. Die übrigen acht Wochen gelten als unterrichtsfreie Zeit und sind ordentliche Arbeitszeit. Die Lehrperson kann relativ frei bestimmen, welche der zwölf Wochen Schulferien sie als Ferien bezieht. Erkrankt sie während der Schulferien, kann deshalb in der Regel nicht genau bestimmt werden, ob die Krankheit in die unterrichtsfreie Zeit oder in die Ferien fällt. Mit Blick auf zwölf Wochen Schulferien wird jedoch grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Lehrperson trotzdem ihre vier Wochen Ferien im Laufe des Schuljahres während der Schulferien beziehen kann. Lehrpersonen haben daher keinen Anspruch auf einen Nachbezug der Ferien während der Unterrichtszeit15.
Daraus ergibt sich, dass die von der Lehrperson geleisteten Arbeiten auch unter diesem Aspekt als reguläre Arbeitszeit gelten, welche keinen zusätzlichen Lohn- bzw. Ferienanspruch zulassen.

Kantonsspital Zug Andreas Busslinger
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Fall 2: Eine kantonale Lehrperson musste umfangreiche Prüfungen vorbereiten und erkrankte mit Arztzeugnis belegt. Da sie sich ihrer Klasse gegenüber sehr verpflichtet fühlte, machte sie trotz 100 % Krankschreibung die ganzen Prüfungsvorbereitungen, so dass die Stellvertretung mit perfekt vorbereiteten Vorlagen die Prüfungen abhalten konnte. Dadurch wurde ein Grossteil der Stellvertretungskosten gespart und die Klasse hatte bestmögliche Prüfungsbedingungen.
Darf dieser Lehrperson, die während ihrer Krankheit den Grossteil ihrer «Stellvertretungsarbeit» selber übernommen hat, diese zusätzliche (freiwillige) Arbeitsleistung separat ausbezahlt werden?

Präsentismus bezeichnet das Verhalten von Arbeitnehmenden, trotz Krankheit zur Arbeit zu gehen, obwohl das Fernbleiben aufgrund des Gesundheitszustandes legitim wäre oder sogar vom Arzt geraten wurde16. Die Fürsorgepflicht erlegt den Arbeitgebern im Zusammenhang mit Präsentismus zwei Hauptpflichten auf; sie haben erstens mittels Weisung kranke Arbeitnehmende nach Hause zu schicken bzw. von der Arbeit abzuhalten, sofern und soweit diese ansonsten sich oder Dritte gefährden würden. Zweitens haben Arbeitgebende ein Betriebsklima zu schaffen, welches eine Krankmeldung zulässt. Ziel ist, dass kranke Arbeitnehmende gar nicht oder nur so viel arbeiten, wie dies nach ihrer gesundheitlichen Situation sinnvoll ist. Dies erfordert eine Arbeitsorganisation mit adäquaten Stellvertretungsregelungen17.
Als Korrelat zur Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden sieht Art. 321a OR eine allgemeine Treuepflicht der Arbeitnehmenden vor. Die Arbeitnehmenden sind verpflichtet, die berechtigten Interessen der Arbeitgebenden in guten Treuen zu wahren. Dazu gehört, bei Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zu einer möglichst raschen Genesung beizutragen und bei wieder erlangter (Teil-)Arbeitsfähigkeit die Arbeitsleistung unverzüglich wieder aufzunehmen.
Die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmenden, bei Krankheit zu arbeiten, findet dort ihre Grenzen, wo die eigene Gesundheit oder jene von Dritten gefährdet oder wo die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist18. Wer trotz Krankheit arbeitet, verletzt also unter Umständen seine Treuepflicht.
Die Arbeitnehmenden haben im Arbeitsverhältnis nach Treu und Glauben Eigenverantwortung zu übernehmen. Diese zeigt sich insbesondere in der Obliegenheit, den Arbeitgeber über eine Überlastung zu informieren und auf Mängel in der Arbeitsorganisation hinzuweisen; der Arbeitgeber kann in der Regel nur tätig werden, wenn er informiert ist19.
Daraus ergibt sich, dass eine Lehrperson, die sich trotz Krankheit verpflichtet fühlt, Arbeiten auszuführen, keine zusätzlichen Forderungen daraus geltend machen kann.

*Denise Buxtorf Otter ist Rechtsanwältin und arbeitet im Rechtsdienst der Direktion für Bildung und Kultur,

 

Quellen
1 § 47 des Schulgesetzes (SchulG; BGS 412.11); § 15 Abs. 1 Bst. a des Gesetzes über die kantonalen Schulen (BGS 414.11); sowie §12 der Verordnungen über die kantonalen Schulen (BGS 414.111, BGS 414.112, BGS 414.19).
2 BGS 412.11.
3 BGS 412.31.
4 BGS 154 21.
5 BGS 154.211.
6 BGS 154.211.
7 vgl. RRB Gehaltszulagen für Stellvertretungen vom 28.02.2017.
8 Für gemeindliche Lehrpersonen muss das entsprechende gemeindliche Personalreglement geprüft werden.
9 Personalhandbuch Kanton Zug, «Stellvertretung».
10 §§ 47, 53, 54, 61 und 63 SchulG.
11 § 13 Abs. 1 der Verordnungen über die kantonalen Schulen.
12 § 31 Abs. 1 des Personalgesetzes (BGS 154.21; PG).
13 § 31 Abs. 3 PG.
14 vgl. Ziffer 2 unten sowie Urteil des BGer 4C.68/1999 vom 5. Juli 2000 E. 4b und A-4147/2016 vom 4. August 2017, E. 7.5.2.
15 Personalhandbuch Kanton Zug, «Krankheit»; sowie Plotke Herbert, Schweizerisches Schulrecht, S. 600; BJM 1985, S. 46.
16 Pärli/Hug, Arbeit, Krankheit, Invalidität, 2015, S. 262.
17 Pärli/Hug, a.a.O., S. 273.
18 Pärli/Hug, a.a.O., S. 274.
19 A-4147/2016 vom 4. August 2017, E. 7.5.2.

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