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12.06.2023

Schulreise aus Sicht Schulrecht

12.06.2023
Der Leiter Rechtsdienst der Zuger Bildungsdirektion über Anforderungen an eine Schulreise und andere Ausflüge aus Sicht Recht.
AL
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Zu meinem zehnjährigen Jubiläum als Mitarbeiter im Rechtsdienst der Direktion für Bildung und Kultur erlaube ich mir einen kleinen Rückblick auf den ersten Text, den ich für die Schulinfo verfasst habe. Ein damals wie heute – nicht nur aufgrund der Jahreszeit – aktuelles Thema: Schulreisen und Ausflüge.

Von Alexander Lioris*

Die Kernaussage des damaligen Textes war, dass es neben einer guten Vorbereitung für eine Lehrperson zentral ist, sich auf ihr Bauchgefühl zu verlassen. Damals habe ich das folgendermassen umschrieben:

«Insbesondere bei Kindern kann jedoch nicht von vornherein gesagt werden, eine Lehrperson habe ihre Sorgfaltspflicht bereits erfüllt, wenn sie eine Bergtour sorgfältig vorbereitet und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer richtig instruiert hat. Ausschlaggebend müssen immer die konkreten Umstände an dem Tag sein, an welchem der Ausflug stattfindet. Gefragt sind also nebst der Beachtung der Vorschriften immer, wenn nicht zur Hauptsache, der gesunde Menschenverstand, das Bauchgefühl der Lehrperson und nicht zuletzt eine gehörige Portion Mut und Eigenständigkeit, um auch unpopuläre Anordnungen zu treffen. Wie zum Beispiel: Wir kehren um!»

Schulreise
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Gut erinnere ich mich, wie ich damals, am Anfang meiner Tätigkeit als Verwaltungsjurist, um für die Praxis taugliche, klare Aussagen gerungen habe. Denn da bestand und besteht ein Dilemma: Diese Erwartungshaltung korrespondiert so ganz und gar nicht mit dem, was uns zuvor im Studium während Jahren eingebläut wurde. Nämlich, dass es in der Juristerei keine klaren Antworten gibt (zumindest bis der Sachverhalt vollständig geklärt ist).

Und so gaben und geben wir bei Anfragen in der Regel zuerst einmal zur Antwort, was der anfragenden Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Zornesröte ins Gesicht treibt: Es kommt darauf an! Zur Illustration dafür, dass diese Antwort in den allermeisten Fällen notwendig und korrekt ist, folgendes Beispiel (entnommen dem sehr zu empfehlenden Leitfaden für Lehrpersonen «Rechtliche Verantwortlichkeit von Lehrpersonen im Beruf», herausgegeben vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, 1. Auflage: Zürich, August 2021):

Plant eine Lehrperson, mit ihrer Klasse als Anschauungsunterricht einen Imker zu besuchen, so muss sie sich über vorbestehende Allergien in der Klasse erkundigen. Entsprechend den Rückmeldungen hat die Lehrperson dann die notwendigen Vorsichtsmassnahmen zu treffen. Wird von keinem der Schülerinnen und Schüler auf eine Allergie hingewiesen, reichen die üblichen Massnahmen, etwa die Zurverfügungstellung von Schutzkleidung oder das Aufstellen von Verhaltensregeln. Werden jedoch Allergien gemeldet, sind weitere Sicherheitsmassnahmen nötig.

Und wenn die Lehrperson nicht alle Infos hat?
Was ist nun aber, wenn Allergien bestehen, die betreffenden Schülerinnen und Schüler oder deren Eltern dies der Lehrperson jedoch nicht mitteilen. Kann die Lehrperson in einem solchen Fall trotzdem zur Verantwortung gezogen werden? Kann sie nicht. Eine Lehrperson kann nicht für etwas zur Verantwortung gezogen werden, das sie nicht wissen konnte und mit dem sie (aufgrund der Nachfrage) auch nicht rechnen musste. An Lehrpersonen dürfen keine unrealistischen Anforderungen gestellt werden. Selbst bei sorgfältiger Vorbereitung und Planung können nicht sämtliche Gefahrenquellen ausgeschlossen werden. Von Lehrpersonen kann deshalb nur verlangt werden, dass sie erkennbare Risiken vermeiden.

Was sind erkennbare Risiken?
Bleibt also noch die Frage, was erkennbare Risiken sind bzw. ob eine Lehrperson allenfalls damit rechnen muss, dass eine Schülerin oder ein Schüler nichts von einer Allergie weiss und deshalb auch Vorkehrungen für einen solchen Fall treffen muss? Bei einer Wanderung in den Bergen nicht, beim Besuch eines Imkers schon. Massgebend ist die Eintretenswahrscheinlichkeit eines Bienenstichs. Mit anderen Worten: Es kommt darauf an!

Also doch mit dem Anwalt zu Berge?
Beisst sich nun also die Katze doch in den Schwanz? Braucht es also doch einen Anwalt für jeden Schulausflug? Eine klare Aussage dazu (und nochmals ein Zitat aus dem damaligen Text): «Mitnichten! Die Schweizer Rechtsprechung weiss um die Besonderheiten der Schule und trägt diesen durchaus Rechnung. Wer sich und seine Klasse gut vorbereitet und auf der Schulreise führt, dem gelingt die Schulreise – auch aus juristischer Sicht. Anwälte braucht es auf der Schulreise keine, es sei denn als umsichtige Begleitpersonen.» Geplant, geführt, gelungen! Oder anders ausgedrückt: Bereiten Sie sich gut vor, beachten Sie die konkreten Umstände, vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl und dann los. Denn auch der Schlusssatz des damaligen Textes trifft noch immer zu: Schulreisen zählen mit zu den schönsten Erlebnissen meiner Schulzeit. Herzlichen Dank an alle meine Lehrerinnen und Lehrer dafür!


*Alexander Lioris ist stellvertretender Generalsekretär und Leiter Rechtsdienst der Direktion für Bildung und Kultur.

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